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Stadtsenats-Mehrheit will keinen unabhängigen Altstadtanwalt
Archiv - Lokales
Donnerstag, 7. September 2006
Image Stadtrat Rüsch sieht im Altstadtanwalt eine „Mogelpackung“, LH-Stv. Flecker ein Mittel zur Herstellung von Rechtssicherheit

Das neue, von LH-Stv. Kurt Flecker vorgelegte Grazer Altstadterhaltungsgesetz 2007 sorgt für Unstimmigkeiten zwischen Stadt und Land: Die VP-/SP-Mehrheit im Grazer Stadtsenat wendet sich vor allem gegen die Installation eines Altstadtanwaltes, der in altstadtrelevanten Bauverfahren Parteienstellung haben soll; die KP-Stadträtinnen Kahr und Monogioudis stimmten gegen die ablehnende Stellungnahme.

Wofür die Stadt Graz bis September brauchte, das hatte eine Bürgerinitiative rund um die Aktivbürgerin Karin Steffen in kürzester Zeit zustande gebracht: Das neue GAEG zu durchleuchten und eine fundierte Stellungnahme abzugeben (KORSO berichtete in der Juli-Ausgabe ausführlich). Die AltstadtschützerInnen kamen damals allerdings zum diametral entgegengesetzten Ergebnis wie jetzt der Stadtsenat: Sie lobten den Entwurf und unterstrichen die Notwendigkeit des darin vorgesehenen Altstadtanwaltes: Bis jetzt gibt es ja außer dem jeweils befassten Amt selbst keine Institution mit Parteienstellung, welche die Anliegen des Altstadtschutzes in Bauverfahren wahrnehmen kann.

Rüsch: „Da kann man in der Praxis wenig machen.“ Die Stadt Graz, erläutert der zuständige Stadtrat DI Gerhard Rüsch, setzt statt dessen auf den von ihm in Auftrag gegebenen Masterplan, von dem ein kleiner Teil – die Paulustorvorstadt – bereits vom Duo DI Christian Andexer und Dr. Wiltraud Resch realisiert wurde: „Der Masterplan soll Rahmenbedingungen für Schutzzonen schaffen – damit können 80% der strittigen Fälle schon im Vorhinein ausgeräumt werden“, hofft Rüsch. Was einen zweiten von der Stadt beeinspruchten Passus des neuen Gesetzes betrifft, nämlich den Erhaltungsauftrag für verfallende Bauten – Anlassfall dafür war wohl das Kommod-Haus, das von seinem Besitzer dem Verfall preisgegeben wurde, worauf von der Stadt Graz der Abbruchbescheid erging – gibt der Stadtrat sich resigniert: Da könne man in der Praxis wenig machen.
Den „Altstadtanwalt“ lehnt der Stadtrat als „Mogelpackung mit Lippenbekenntnissen“ ab, da sich seine Parteienstellung auf Entscheide beschränke, die nicht den Vorschlägen der Altstadtsachverständigendiskussion folgten.

Flecker: Kompromissbereitschaft bei der Bestellung des Altstadtanwaltes. Der Spiritus Rector des Gesetzes, LH-Stv. Dr. Kurt Flecker, erklärt gegenüber KORSO seine Beweggründe für die Einrichtung des Altstadtanwaltes: „Es gibt letztendlich nur zwei Möglichkeiten – entweder wir bleiben bei der bestehenden Gesetzeslage, dann müssen wir auch weiter damit leben, dass die Politik einen in Rechtskraft erwachsenen Bescheid für nichtig erklären kann – mit dem Ergebnis, dass die Causa dann beim Verwaltungsgerichtshof landet. Die einzige andere Möglichkeit ist die Schaffung eines weisungsunabhängigen Organes, das Parteienstellung hat und auch Rechtsmittel ergreifen kann – ich kann nicht erkennen, welche Gefahr darin liegen soll, zumal auch der Landesverfassungsdienst in der Bestellung eine Altstadtanwalts die einzige Lösung für das geschilderte Dilemma sieht. Ich bin auch gerne bereit, falls es Bedenken wegen der zu bestellenden Person gibt, diese alternierend von der Stadt und vom Land benennen zu lassen.“ Nachsatz: „Die Stellungnahme der Stadt ist nicht sehr prägnant – aber ich werde natürlich versuchen, die Bedenken in Gesprächen auszuräumen.“    

Christian Stenner

» 2 Kommentare
1"Was sind die Alternativvorschläge ?"
am Donnerstag, 1. Januar 1970 00:33von Gast
Noch vor ca. 2 Jahren hatten sich ALLE Grazer Gemeinderratsklubs einhellig für eine Verbesserung des Altstadtschutzes ausgesprochen. Nun liegt ein konkreter Novellierungsvorschlag auf dem Tisch und insbesondere von der ÖVP hört man Ablehnung. Was sind denn die Gegenvorschläge? Oder waren die Ankündigungen (BM Nagl schlug sogar eine intenational besetzte Kommission vor!) gar nicht so ernst gemeint? 
2Kommentar
am Donnerstag, 1. Januar 1970 00:33von Gast
Der von Stadtrat Rüsch (VP) erwähnte Masterplan ist ein bisher weitgehend unbekanntes Instrument aus den Händen der derzeitigen Stadtregierung. Das wenige daraus bekannt Gewordene verheißt nichts Neues: Zubauen und Zupflastern, wo es geht. Siehe das Beispiel Pfauengarten, der ursprünglich eine Freifläche "als Bestandteil der Fortifikation" (Waltraud Resch) war, nun aber gewidmetes Bauland ist. Eine Rückwidmung kommt anscheinend nicht in Frage. 
Grazer Bürger werden bei eingreifenden Änderungen, wie z. B. bei dem geplanten Kastner-Projekt, nicht einmal mehr durch sonst übliche Informationsveranstaltungen zum Bebbauungsplan informiert - wen wundert es, dass die Installation eines weisungsfreien Altstadtanwaltes gefordert wird. Traurig, dass sich ausgerechnet die Grazer VP dagegen ausspricht!
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