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Der internationale Kunsthafen von Graz |
Mittwoch, 8. Dezember 2010 | |
Im Rondo in der Grazer Keplerstraße betreut die Kulturservice Gesellschaft Steiermark zwölf Ateliers, die heimischen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern zur Verfügung stehen. Am 17. Dezember öffnen sich die Ateliertüren zum jährlichen Rondo-Fest.
Als gelernter Grazer jammert man immer wieder gerne darüber, wie provinziell es hier doch ist, und zugleich ist man manchmal stolz darauf, dass sich die Stadt in der Kunst, aber auch in der Wissenschaft und Forschung ab und an zu internationaler Größe aufschwingt. Zumindest ist Graz auf diesen Gebieten ein Ort, wo sich immer wieder Ausblicke über den Alpenrand hinaus auftun. Eines der Fenster in die große, weite Welt befindet sich hinter der glatten, gewölbten Fassade des „Rondo“ in der Keplerstraße. Im vierten und fünften Stock des markanten, von Markus Pernthaler entworfenen Gebäudes sind zwölf Ateliers untergebracht, die von der Kultur Service Gesellschaft Steiermark (KSG) betreut und die zum Teil in Graz ansässigen, zum Teil internationalen Künstlerinnen und Künstlern zur Verfügung gestellt werden. Und zwar für jeweils maximal ein Jahr. In der Teeküche im vierten Stock des Rondo wird vorwiegend Englisch gesprochen, denn von hier führt der Flur zu den acht Arbeitsateliers der KSG. „Es ist fantastisch, wenn man hört, wie die anderen Künstlerinnen und Künstler hier arbeiten“, sagt die Autorin Kate Howlett Jones über die Stimmung im Rondo. „Ich mag es, die Energie zu spüren, die in diesen Räumen entsteht. Und ganz besonders gefällt mir die unprätentiöse Arbeitsatmosphäre hier.“ Kate Howlett Jones kommt aus Großbritannien und lebt in Graz, gleich wie die aus dem Iran stammende Fotografin Maryam Mohammadi (siehe KORSO-ARTBox vom Juni 2010) oder die deutsche Medienkünstlerin Christine Clara Oppel. Oppels Arbeiten positionieren sich an den Schnittstellen Klang/Raum/Installation/Skulptur. „Der Klang wird in spezifisch ausgewählten Räumen, Situationen und Gegenständen implantiert, sodass sich das optische Environment mit der klanglichen Substanz vermischt und verbindet“, so die Künstlerin. Wie das ausschaut und sich anhört, davon kann man sich am 17. Dezember vor Ort überzeugen, wenn die KSG anlässlich des 3. Geburtstags vom Rondo das Fest „Rondomat“ ausrichtet und dazu einlädt, einen Blick hinter die transluzide Fassade des Gebäudes bzw. auf die Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler zu werfen. Der iPod im Baumstamm. Christine Clara Oppel arbeitet Tür an Tür mit dem deutschen Komponisten und Medienkünstler Gerriet K. Sharma, dem aus Dresden stammenden Komponisten und Performancekünstler Peter Venus sowie dem Grazer Siegmar Brecher, seines Zeichens Saxofonist und einer der Masterminds der Jazzreihe „Fat Tuesday“ und der Jazzwerkstatt Graz. Siegmar Brecher wird übrigens mit seinem Trio am 17. Dezember für die musikalische Gestaltung des Rondo-Fests verantwortlich zeichnen. Ein Sounderlebnis der anderen Art hat unterdessen das Kreativduo KMKG (Martin Kern & Georg Kettele) entworfen. Die beiden Architekten und Designer haben zuletzt mit dem iTree international Aufsehen erregt. Ihr iTree ist ein bis zu vier Meter langer, entrindeter und mit Lautsprechern bestückter Baumstamm, der als Dockingstation für den iPod fungiert und ein im doppelten Wortsinn naturnahes Klangerlebnis verheißt. Neben KMKG war 2010 ein weiteres Künstlerduo im Rondo aktiv und kreativ, nämlich das Duo 0512 (Martin Marthy & Steffan Strassnig, porträtiert in der KORSO-ARTBox vom Juli 2010), das in seinen künstlerischen Settings naturwissenschaftliche Aussagen hinterfragt. Der Tränenautomat. Die aus Venezuela stammende, seit 2005 in Deutschland lebende Künstlerin Nayari Castillo, die aktuell in einem der Wohnateliers lebt und arbeitet, beschäftig sich in ihren Installationen und Videos mit sozialen Netzen, Geschichtsschreibung und verdrängten Erinnerungen. So entwickelte sie beispielsweise für eine Installation über deutsche und belgische KZs eine Art Kaugummiautomat, aus dem man echte menschliche Tränen, in Plastikröllchen eingeschweißt und in transparenten Kugeln verpackt, erwerben konnte. Aktuell entwirft sie eine Installation, bei der alte medizintechnische Apparaturen zum Einsatz kommen. Gänzlich anders ausgerichtet ist die Kunst der in London lebenden Südkoreanerin Jae Yeon Chung. Die Absolventin des Chelsea Collage of Fine Art and Design Fine Art thematisiert in ihren Werken, wie sehr die Gesellschaft die Darstellung von Sprache, Text und Zeichen beeinflusst. Auf den Fenstern ihres Ateliers hat sie mit Klebefolie einen Tonsatz von Mozart in abstrahierter Form affichiert. Jae Yeon Chung wird noch bis Ende des Jahres in Graz bleiben. über ihren Aufenthalt sagt sie schon jetzt: „Das Rondo war fast wie ein Paradies für mich, ich konnte mich voll auf meine Arbeit und auf Recherchen konzentrieren.“ – Die im Vergleich zu London ruhigere Gangart von Graz hat also durchaus ihre anziehenden Seiten für Künstlerinnen und Künstler. International gefragt. „Die Ateliers im Rondo sind international sehr gefragt“, weiß KSG-Geschäftsführerin Angelika Vauti-Scheucher. „In einer Umgebung, die zentral gelegen ist, aber nicht für alle Einheimischen auch tatsächlich so codiert ist, zieht mit jedem neuen Jahrgang an Künstlerinnen und Künstlern ein frischer Wind in das architektonisch faszinierende Gebäude ein.“ Und auch Kulturlandesrat Christian Buchmann, für den Internationalität ein wesentlicher Aspekt der steirischen Kulturpolitik ist, findet lobende Worte für die Künstlerateliers: „Mit organisatorischer Unterstützung der Kultur Service Gesellschaft Steiermark gelingt im Rondo eine modellhafte Integration, die eine Win-win-Situation sowohl für die partizipierenden Künstler als auch für die heimische Szene sicherstellt.“ | Werner Schandor RONDOMAT – Jahresfeier im Atelier Rondo, Freitag, 17. Dezember 2010, ab 18:30 Uhr, Marienplatz 1, 8020 Graz, 4. und 5. OG Weitere Infos: Kultur Service Gesellschaft Steiermark, Tel. 0316 877-2446, E-Mail: office@kulturservice.steiermark.at, www.kulturservice.steiermark.at
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