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Budgetsanierung: „Behinderte Menschen als Sparefroh der Nation“ |
Mittwoch, 8. Dezember 2010 | |
Eiseskälte weht derzeit Sozialorganisationen und benachteiligten Menschen nicht nur auf den Straßen um die Ohren. Inwiefern die geplante Haushaltssanierung von Bund und Land die Schwächsten der Gesellschaft trifft, erklärt Jugend am Werk Geschäftsführer Walerich Berger im Interview. (pr)
„Minus 25 Prozent“ tönt es aktuell aus Radio, TV und Zeitung. Leider kein vorweihnachtlicher Sonderschlussverkauf, sondern bittere Realität. Was sagen Sie als Geschäftsführer von Jugend am Werk, das mit über 600 MitarbeiterInnen zu den größten Sozialorganisationen des Landes zählt, zum angedrohten Sparkurs? Ich finde, diese drei Wörter haben wirklich Potenzial, zum Unwort des Jahres 2010 gekürt zu werden. Sparen ist natürlich notwendig, um den Haushalt in den Griff zu bekommen, das bestreitet ja auch niemand. Aber das dieser Tage im Bund präsentierte Budget ist schlichtweg sozial ungerecht: Es beschneidet unterschiedlichste Anspruchsgruppen ganz grundlegend in ihren BürgerInnenrechten und tritt etwa die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung, die die Regierung mit dem Ziel der Inklusion ratifiziert hat, regelrecht mit Füßen. Seien es die Kürzungen bei Bundessozialamts- oder AMS-Projekten, seien es die angedrohten Einschnitte im Landesbudget im Behinderten- und Sozialbereich: Unterm Strich bleiben wieder einmal jene über, die es ohnehin schon schwer haben und am Rande der Gesellschaft stehen. Können Sie das näher ausführen? Nehmen wir als Beispiel Menschen mit Behinderung her. Ohne Unterstützung können Sie vielfach ihren Alltag nicht gestalten, von der damit verbundenen geminderten Lebensqualität ganz zu schweigen. Einschnitte wie etwa Streichungen oder erschwerte Zugänge zum Pflegegeld, und das ist nur ein Beispiel, wirken direkt auf die Betroffenen und leider meist existenzbedrohend, wie es auch Franz Wolfmayr vom Dachverband der Steirischen Behindertenhilfe unlängst treffend formulierte. Allein im Bundessozialamtsbereich werden viele Angebote und Leistungen nicht mehr in der bisherigen Form angeboten werden können. Das bewirkt, dass Menschen mit Behinderung ihren Arbeitsplatz verlieren oder überhaupt keinen mehr bekommen, da z.B. auch Einstellungshilfen dem Sparstift zum Opfer fallen würden. Inklusion kann unter solchen Bedingungen dann höchstens nur mehr am Papier stattfinden. Menschen mit Behinderung und jene, die sich für sie einsetzen, werden hier wirklich zu Unrecht als Sparefroh der Nation missbraucht. Und das ist noch nicht alles… Genau. Auch die massiven Rückgänge bei AMS-Projekten spüren wir schon ganz konkret. Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen am ersten Arbeitsmarkt keinen Job finden, werden durch wegfallende oder teilnehmer- Innenreduzierte Maßnahmen teilweise ihrer Zukunftsperspektiven beraubt. Insgesamt führen die Kürzungen beim AMS und im Bundessozialamt – allein in der Steiermark ist die Rede von 42 Millionen – zur Reduktion von rund 100 Transitarbeitsplätzen, Ausbildungen fallen weg. Da frage ich mich schon: In welcher Gesellschaft leben wir, wo sich Manager und Banken uneingeschränkt noch mehr und höhere Gagen auszahlen können, während jene, die es wirklich brauchen, als Fußabtreter benutzt werden? Was wäre ihr Vorschlag? Eine grundlegende Verwaltungsreform, die Auflösung doppelgleisiger Strukturen und eine Besteuerung von Vermögen würden meiner Meinung nach erste Schritte sein. Ihr Wunsch für 2011? Ich bin kein Fan von Wünschen, ich handle lieber. Wir lassen uns das natürlich nicht einfach so gefallen und setzen mit gemeinsamen Protestaktionen Signale. Die Fachtagung „Armut und Behinderung“, die die Behindertenhilfe und seine Mitgliedsorganisationen wie auch Jugend am Werk für 7. Dezember organisiert haben, war ein erster Anlass, auf die Situationen aufmerksam zum machen. Und das werden wir weiterhin tun. Wir müssen alles in unserer Macht stehende versuchen, um die aktuell massiv bedrohte Qualität von Dienstleistungen halten, Rahmenbedingungen verbessern und Arbeitsplätze unserer MitarbeiterInnen bewahren zu können.
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