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Jakominiplatz-Geschichten – Endgültiges Ende für das „mocca in“? |
Mittwoch, 8. Dezember 2010 | |
Während in Graz reihenweise Kaffeehäuser zusperren und Wettcafés aus dem Boden schießen, droht nun auch dem „mocca in“ in der Klosterwiesgasse das Ende. Denn Bruno Wakonig, Alleineigentümer des so genannten „Steinfeldhauses“, unterbrach einen seit Jahren schwelenden Rechtsstreit mit Nico Brandt und Miki Bencik mit einen Konkursantrag. Damit ist die Klärung der Frage, ob für das Lokal eine Miete von 20 oder von 9 Euro pro Quadratmeter legitim ist, sozusagen mit einem Gewaltakt eingefroren. Seit 11. Oktober ist die Bencik & Brandt OG im Konkurs und nun hat der Masseverwalter das Sagen.
Am 22. Oktober gab das Duo bereits ein Abschlussfest. Doch den Gläubigern ist klar, dass aus einem gut florierenden Lokal mehr rauszuholen ist als aus einem geschlossenen. Weshalb der Betrieb einstweilen weiterläuft und an einer Lösung gearbeitet wird, bei der das „mocca in“ von einer neuen Gesellschaft mit Brandt und Bencik als Geschäftsführer weiter geführt wird. Mitte Dezember werden wichtige Entscheidungen fallen. Problem Mieten. Das Problem hoher Mieten in der Grazer Innenstadt ist nicht neu. So auch im „Steinfeldhaus“, eine mit Innenhof 3.392 m2 große Immobilie direkt am Jakominiplatz. So verwundert auch nicht die hier herrschende Fluktuation. Die „Konditorei Macher“ ist nach dem „Maredo“ und dem „Chi Chi‘s“ bereits der dritte Mieter binnen kurzer Zeit. Und auch wenige Meter weiter versucht nach „Sgetties“ und dem „Kornspitzparadies“ schon der dritte Mieter sein Glück. Probleme gab es schon früher. Nachdem Bruno Wakonig im Mai 1997 das Modehaus Steinfeld, einen Grazer Familienbetrieb mit Tradition, geschlossen hatte, gab es große Pläne: bereits im März 1998 sollte dort eine „Galeria Graz“ mit 54 Läden und sechs Lokalen eröffnet werden. Daraus wurde nichts und weitere Einkaufscenterpläne, so ein „Amazon“, zerschlugen sich durch die Libro-Pleite. Die internationalen Interessenten blieben aus. 2001 waren für die „Kleine Zeitung“ die seit vier Jahren leeren Auslagen zum „Symbol für den Zustand des Platzes“ geworden. Der rote Bezirksvorsteher und die blaue Wirtschaftsstadträtin machten für „die jahrelange Tristesse“ die „wahnsinnig hohen Mieten“ verantwortlich, die „zum Teil ja wirklich astronomisch“ seien. Bruno Wakonig damals: „Die Höhen der Mieten sind für diese Lage normal, und bei dieser Größenordnung ist es auch normal, dass es nur noch internationale Interessenten gibt.“ So dauerte es drei weitere Jahre, bis sich das sanierte Steinfeldhaus wieder zu füllen begann. Pläne, Fenster in den Boden des Innenhofs einzuschneiden und gläs erne Torbögen zu errichten, blieben jedoch Fiktion. Und von den „internationalen Interessenten“ ist heute nur eine „Admiral Sportwetten“-Filiale sichtbar. Die Wurzeln. Das Engagement der Familie Wakonig am Jakominiplatz reicht viele Jahrzehnte zurück. Am 1. Mai 1958 berichtete die „Neue Zeit“ von einem Firmenjubiläum, bei dem ein hochrangiger Kammervertreter gratulierte: „Luise Steinfeld steht seit 20 Jahren dem Geschäft vor“. Tatsächlich wandte sich der Rechtsvertreter von Luise Wakonig am 29. April 1938 an den Gauwirtschaftsberater, betreffend das Modehaus S. L. Schwarz, damals ein Flagschiff des Grazer Handels: „Da die Firma derzeit in jüdischen Händen liegt und die Hauptsaison für die von der Firma geführten Waren in der ersten Maiwoche beginnt, wäre es äußerst günstig, wenn die Vertragsgenehmigung schon derart zeitgerecht erfolgen könnte, dass in der Sonntagsausgabe der Grazer Zeitungen vom 1. Mai 1938 ein entsprechendes Inserat eingerückt werden könnte.“ Bereits am nächsten Tag wurde der „Arisierung“ zugestimmt und mit den jüdischen Geschäftseigentümern, die wohl beide nach Palästina emigrieren konnten, ein „Kaufvertrag“ geschlossen. Entschädigung im Konsens. Wie Bilanzen zeigen lief schon während der NS-Zeit das Modehaus Steinfeld sehr profitabel. Luise Steinfeld alias Günther, geborene Wakonig, konnte jedenfalls nach dem Ende der NS-Herrschaft aufgrund der Rückstellungsgesetze 1947 die Ex-Firmeninhaber Fritz Kadisch und Therese Tischler im Konsens entschädigen – und 1948-50 alle zersplitterten Eigentumsanteile an der Immobilie erwerben. Über die Jahre wurde aus dem früher als „Jakominihaus“ bezeichneten Gebäude das „Steinfeldhaus“. Alleineigentümer wurde nach Luise Steinfelds Tod 1974 ihr Neffe Bruno Wakonig. Wirtschaftsförderung. Höchst umstrittene Förderwege geht die Stadt Graz. Zur Belebung des Viertels wurden die Straßen rund um den Block um 65.000 Euro mit einer roten „Laufbahn“ beschichtet. Weiters erhalten Gewerbetreibende in der Jakoministrasse und Klosterwiesgasse drei Jahre lang beträchtliche Mietförderungen. Sprich: kurzfristig ziehen in schon ewig leer stehende Räume kleine Unternehmen ein, was die Vermieter freut. Und da die Förderung mit 9 Euro pro m2 gedeckelt ist, ist ein Verbleib nach Zeitablauf wirtschaftlich nur schwer möglich. | Hans-Peter Weingand
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