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Bettina Vollath: „Ethnische Unterschiede sind nur ein kleiner Teil der gesellschaftlichen Diversität
Mittwoch, 8. Dezember 2010
Ein in der aktuellen Integrationsdebatte immer wieder gehörtes Argument lautet: Die Sozialdemokratie trägt mit Schuld an den Stimmengewinnen der extremen Rechten, weil sie die Integrationsprobleme nicht anspricht.
Man darf existierende Probleme natürlich nicht aus falsch verstandener Multi-Kulti-Romantik totschweigen. Gleichzeitig möchte ich aber das Bewusstsein dafür wecken, dass auch viele  Menschen ausländischer Herkunft bei uns ihre Heimat haben – die sind hier und bleiben hier, weil sie hier und nirgendwo anders zuhause sind.
Zusammenleben ist immer schwierig, ob in der Partnerschaft oder unter verschiedenen Generationen. Und es wird nicht einfacher, wenn es vor dem Hintergrund verschiedener Kulturen stattfindet. Ich plädiere dafür, den Fokus stärker auch auf andere Diversitätsmerkmale zu lenken – in dieser Gesellschaft leben Menschen mit und ohne Behinderung, Gebildete und Bildungsferne, sozial Schwache und sozial Starke … der Migrationshintergrund sollte angesichts dieser greifbaren Unterschiede eher in den Hintergrund treten.

Manchmal drängt sich der Eindruck auf, die schleichende Desintegration unserer Gesellschaft wird eindimensional auf die MigrantInnen projiziert. Probleme mit der deutschen Sprache haben zum Beispiel nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, Grundbildungsdefizite betreffen generell Menschen aus den unteren sozialen Schichten.
Daran zeigt sich genau das, was ich eben angesprochen habe: Integration ist ein allgemeines gesellschaftliches Ziel, das nicht nur auf MigrantInnen beschränkt bleiben darf.
Umgekehrt kann es natürlich keine Debatte über die Menschenrechte geben, die ja auch Teil der Bundesverfassung sind; zum Beispiel sind bei uns Mann und Frau gleichberechtigt und Gewaltausübung ist auch dann verboten, wenn sie religiös motiviert ist.

Wenn wir schon bei den Wahrheiten über Integration sind: Ein zentrales Problem scheint zum Beispiel in Graz wie in Wien darin zu bestehen, dass im Gemeindebau betagte ruhebedürftige „einheimische“ BewohnerInnen auf kinderreiche Familien mit Migrationshintergrund treffen.
Auch an diesem Beispiel zeigt sich, dass Konflikte weniger mit dem ethnischen Hintergrund zu tun haben als mit der jeweiligen Lebenssituation.

Als probate Mittel, interkulturelle Konflikte zu entschärfen, nennen ExpertInnen Maßnahmen wie Mediation, die Installierung von AnsprechpartnerInnen an den Konflikt-Brennpunkten etc. Werden diese Ansätze in Hinkunft vom Land stärker berücksichtigt und gefördert, vielleicht auch von Ihrem neuen Ressort selbst initiiert werden?
Integration ist eine Querschnittsmaterie. Das heißt, dass es Handlungsbedarf im Bildungs-, im Wohnungs-, im Gesundheitsressort usw. gibt. Das Integrationsressort muss Strategien entwerfen, als Motor fungieren und als Kompetenzstelle nach innen – in der Landesverwaltung – und nach außen wirken, also als Know-how-Träger.

Welche Rolle spielen bei diesen Plänen die NGOs, die im Integrationsbereich tätig sind?
Eine große, sie sind mit ihrer Kompetenz aus diesem Prozess nicht wegzudenken. Das Land wird eine Integrationscharta entwickeln, an deren Ausgangspunkt das Integrationsleitbild steht, das von der Integrationsplattform erarbeitet wurde.

Noch einmal: Wird es gar keine eigenen Aktivitäten des Ressorts geben?
Natürlich, und zwar in Partnerschaft mit Kommunen, die das auch selbst wollen: Mit diesen werden wir gemeinsam konkrete Maßnahmen vor Ort unterstützen – vom Kindergarten bis zum Gemeindebau.

Ihr Integrations-Credo?
Die notwendige Diskussion muss mit einem positiven Zugang geführt werden, wir leben in einer Gesellschaft, die von Diversität in verschiedensten Formen geprägt ist; ethnische Unterschiede sind nur ein kleiner Teil davon. Dafür müssen wir das Bewusstsein wecken.
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