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Mesut Y. Tufan: Zerbrochene Spiegel |
Sonntag, 14. November 2010 | |
Das Festival Salam.Orient macht Station in der Steiermark – ein Highlight ist die Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“ des türkischen Fotografen und Soziologen Mesut Y. Tufan, die noch bis 9. Dezember im Grazer Orpheum zu sehen ist.
Das Osmanische Reich, einst eine machtvolle politische Einheit, ist im Zug des Ersten Weltkriegs zerbrochen. Aber: War es denn je eine Einheit im Sinne eines monolithischen Staates? „Natürlich nicht“, lächelt der Fotograf Mesut Tufan – „genau so wenig wie sein langjähriger Gegenspieler, die österreichisch-ungarische Monarchie“. 1914, zur Zeit des Ausbruchs des ersten Weltkriegs, machten z.B. die Christen einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Bevölkerung aus. Darüber hinaus aber ist der Islam genauso wenig eine einheitliche Religion wie das Christentum: das sind die zwei zentralen Erkenntnisse, die man bei der Betrachtung der Fotos Tufans gewinnt. Entstanden sind die Lichtbilder auf einer Reise von Sarajewo bis Jerusalem, die ihrerseits der Vorbereitung eines Filmprojektes mit dem libanesischen Regisseur Jacques Debs diente: „European Muslims, Middle Eastern Christians: Broken Mirrors“ beschäftigt sich mit dem (Alltags)Leben von Muslimen und Christen in diesem Raum und wurde 2006 von ARTE ausgestrahlt. Ein Bild statt eines wissenschaftlichen Artikels. Ein weiteres Spezifikum der Ausstellung: Mesut Tufan ist nicht nur Journalist und Fotograf, sondern er hat auch ein Soziologiestudium an der renommierten Universität Paris VIII absolviert. „Die Sicht des Fotografen und jene des Soziologen ergänzen sich – manchmal benötigt man eine profundere Analyse, um eine Situation zu verstehen, aber manchmal kann ein Bild einen ganzen wissenschaftlichen Artikel zusammenfassen, weil es Details preisgibt, die den Blick öffnen.“ Und, ein nicht zu unterschätzender Vorteil: „Der Fotograf kann seine Erkenntnisse leichter mit anderen teilen.“ Zum Beispiel die Erkenntnis, dass abseits von unterschiedlichen religiösen Bekenntnissen Menschen die gleichen Grundbedürfnisse teilen, dass die Kriegshandlungen in Jugoslawien oder im Libanon sichtbare Folgen für die psychosoziale Struktur einer Gesellschaft haben und dass eine menschenwürdige Bewältigung des Alltags überall die gleiche Mühe bedeutet. Zur Finissage der Ausstellung findet am 9. Dezember um 19.00 im Orpheum ein Podiumsgespräch mit Landtagspräsident a.D. Dr. Kurt Flecker, dem Soziologen Univ.-Prof. Dr. Max Haller und dem Orientalisten Univ.-Doz. Dr. Kurt Galter statt. | Christian Stenner
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