Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Das Europäische Kultur- parlament in Athen
Dienstag, 5. Oktober 2010
Kloos up von Luise Kloos Heuer trafen zum neunten Mal rund 160 Delegierte aus 43 Ländern zum Europäischen Kulturparlament 2010 in Athen zusammen. Botschafter Karl-Erik Norrman initiierte 2001 dieses Parlament und ladet seither gemeinsam mit seinem Senat, unter dem Vorsitz von Minister Pär Stenbäck, KünstlerInnen, Kulturschaffende, PhilosophInnen, LiteratInnen, WissenschafterInnen, JournalistInnen aus sämtlichen europä-
ischen Ländern ein, um über wesentliche Fragen des europäischen Kulturlebens zu debattieren. 2003 war die Europäische Kulturhauptstadt Graz Gastgeberin für die zweite Session. Einen äußerst aufrüttelnden Vortrag hielt damals die Journalistin und Autorin Anna Politkovskaya, die über die prekäre Situation von freier Meinungsäußerung in Russland, die Verletzung der Menschenrechte, Korruption, über den Krieg in Tschetschenien und über ihre eigene persönliche Bedrohung berichtete. Frau Politkovskaya wurde bekanntlich 2006 im Treppenhaus ihrer Wohnung ermordet. Mehrere Male verabschiedete das ECP eine Resolution an die Regierungen in Russland und heuer an Bulgarien, um russischen Künstlern, die politisch verfolgt werden, erfolgreich zu ihrem Recht zu verhelfen.

In Athen wird heuer das Jubiläum 25 Jahre Europäische Kulturhauptstadt als erfolgreichste Einrichtung der Europäischen Union zelebriert. In einem Vortrag wurde Bilanz über die bisherigen 42 Kulturhauptstätte mit über 30 000 Projekten gezogen. Unter anderem wurde darüber berichtet, dass Graz für die besten Leistungen in der Tourismusentwicklung, Thessaloniki für die besten Leistungen im Gebäudebau und Lille für die herausragende Leistung in Nachhaltigkeit innerhalb der Europäischen Kulturhauptstätte gewürdigt wurden.

Den Eröffnungsvortrag in Athen hielt „das Gewissen der griechischen Nation“, der Komponist, Autor und Politiker Mikis Theodorakis. In seiner Rede wies er darauf hin, dass wir derzeit nicht nur eine Wirtschaftskrise erleben, sondern ganz besonders durch eine Krise der Werte gehen. In Athen seien vor 2500 Jahren die demokratischen Grundprinzipien wie Leben, Liebe, Harmonie und Frieden als zentrale Grundwerte für das Zusammenleben der Menschen ausformuliert worden, jedoch verwendeten gerade die Medien gegenteilige Methoden: Sie berichteten fast ausschließlich über Chaos, Gewalt und Katastrophen. Die Auswahl der Nachrichten zerstöre Menschen und Nationen. Europa habe der Menschheit viele Geschenke gegeben, wie Demokratie, Wissenschaft und Philosophie. Und auch heute habe Europa eine Schlüsselposition für Harmonie, Frieden und Wohlbefinden der Menschen. Mikis Theodorakis führt aus, dass die Philosophie zu stärken sei, um die Krise zu meistern. „Es darf der Wechsel zum Negativen nicht erlaubt werden. Europa muss sich für die kulturelle Renaissance, für die Demokratie und die Menschenrechte einsetzen.“ Und weiters führte er aus: „Seid euch des Chaos bewusst! Der Mensch benötigt Körper, Seele und Geist, um das Glück des Lebens zu schmecken und die Kreativität zu entwickeln.“

Am Ende des diesjährigen ECP wurde auf dem historischen Platz der Demokratie in Pykna die diesjährige Deklaration verlesen. In einer Periode von Finanz- und Wertekrise tragen Kunst und KünstlerInnen wesentlich zu neuen Lösungen bei. Sie inspirieren neue Zukunftsmodelle auf Basis des griechisch / europäischen Kulturerbes. Dabei wurde auch auf die Kraft der jungen Menschen in diesem Prozess der Zukunft hingewiesen. Der kreative Sektor und die Künste haben sich zu einem starken Wirtschaftsfaktor entwickelt und sollten großen Einfluss auf Bildung, Kulturprojekte und auf die Netzwerke der jungen Menschen nehmen.

Die Realität der heutigen Demokratie ist weit weg von ihren Wurzeln. Es gibt Desillusion und viel Zynismus. Rassismus und Nationalismus schüren Angst und Schrecken über das „Anderssein“. Jedoch gibt es keine europäische Identität ohne das Anderssein. Die wirkliche und nötige Veränderung ist vielleicht durch die Kultur möglich und durch die Besinnung auf das griechische Vermächtnis.

www.kulturparlament.com


Autorin: www.luisekloos.at
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