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Künstlerischer Gedankenstrich
Montag, 19. Juli 2010
Sieben Künstlerinnen präsentieren zehn Kunstwerke und zwei Performances in einer Bandbreite von Video über Foto und Installation bis zur Literatur. Soweit nicht ungewöhnlich. Nicht alltäglich aber ist es, den Scheinwerfer bewusst vom Werk in Richtung dessen UrheberIn zu schwenken und in Zeiten von zunehmender Pseudonymisierung auf eine Beschäftigung mit dem Künstlersubjekt zu richten. Nach wie vor fixiert sich der Kunstbetrieb auf die Einzelperson und ihren Lebenslauf, weiterhin bleibt das Subjekt per se bedeutungstiftend für das Werk
(-stück). Genau an diesem Punkt setzt die Ausstellung „Ohne Titel“ im Kunstverein Medienturm, die von Birgit Rinagl und Franz Thalmair (Gruppe CONT3XT.NET) kuratiert wurde, den Hebel an: beim KünstlerInnen-Status und seinem Einfluss auf die Rezeption.

Zur textuellen Objektivierung.
Kommen wir zum Untertitel: „Der/die Autorin tituliert Texte durch eine versuchsweise Kunst“ ist nicht unmittelbar durch ein Subjekt generiert, vielmehr zeichnet ein Ausstellungsobjekt dafür verantwortlich: www.worte.at von Eva Beierheimer und Miriam Laussegger verfügt als interaktives Tool über 3500 Wörter aus dem so genannten „Kunstsprech“. Im Rahmen von Bedingungen, die vom User ausgewählt werden, kombiniert es diese zu einem eigenständigen Text, der durchaus brauchbar ist. Ergänzt wird diese Texterarbeitung durch eine „Worte“-Rauminstallation. Eine Bezeichnung, die auch für Nikolaus Gansterers Denkfigur Gültigkeit besitzt – wörtlich verstanden ein räumlich aus Textzeilen gespanntes Wissensgebilde. Jörg Piringer steuert abstrakte Textkompositionen bei, die sich zugunsten von (Video)Bild und Klang aus ihrem ursprünglichen Medium lösen und Michael Kargl nimmt mit „misunderstanding“ die gängige Ausschreibungsmethodik im Internet, das In-den-Wind-Generieren von Ideen, als Anlass zum gezielten Scheitern: don’t lose time anymore.

Die Frau als Künstlerin.
Die Konstellationen auf bekannten historischen Gruppenportraits von Künstlervereinigungen hat Anna Artaker untersucht. Die Tatsache, dass jeweils nur eine (Quoten)Frau vertreten ist, veranlasste sie in der beigestellten Umrisslegende alle männlichen Gestalten mit Namen von Künstlerinnen zu versehen, während die einzig wirkliche Frauengestalt mit „unbekannt“ tituliert wird. In der plakathaften Auflistung „Some Of The Names Of Photoshop“ ermöglicht Artaker einen ausführlichen Blick auf eine alltägliche Hierarchie der Urheberschaft. Miriam Bajtala versucht als Künstlerin sich selbst aus dem Werk auszunehmen – ihre beiden Videos am Schauplatz der ehemaligen Ankerbrotfabrik konzentrieren sich auf die Mitte eines präzise fragmentierten Kreises, wo eine Schauspielerin in starrer Pose verharrt, und umreißen eine Platzhalterschaft, die ihren Höhepunkt im Anzünden eines Feuerzeugs definiert. Weiters schafft sie mit „arbeiten für ohne titel“ fiktive Bildserien, deren Inhalte sich in der Umkehrung gerade nur über den Titel definieren. „die sehnsucht war ein längenmaß“ wird ihre visuelle Erfüllung demnach leider nicht finden.

| Eva Pichler

Bis 21. August im Kunstverein Medienturm
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