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Pluspunkt – weithin sichtbar
Sonntag, 16. Mai 2010
kulturIMcontext von Herbert Nichols-Schweiger Vor fünf Jahren gingen die Verhandlungen für das neue Kunst- und Kulturförderungsgesetz in der Steiermark in die Endrunde. Der breit angelegte Prozess mit ernsthafter Einbeziehung, ja sogar Beauftragung der Betroffenen und externer legistischer Beratung, tat nicht nur dem Ergebnis gut, es fand trotzdem einstimmige Annahme im Landtag (damals mit F-, aber ohne KPÖ), und das ein paar Monate vor der heiß umkämpften Wahl 2005!
Nach dem bescheidenen Kulturförderungsgesetz 1985 unter absoluter ÖVP-Mehrheit war das ein Meilenstein. Nicht nur in der Steiermark: viele Amtsleiter in anderen Bundesländern hatten zunächst nur Häme bereit: Überregulierung, Beamtenüberlastung und daraus resultierende Augenauswischerei. Nicht erst jetzt weiß man es besser. Trotz mit dem Gesetz beschlossener, aber von der Landesverwaltung verweigerter Personalaufstockung und trotz reduziertem Kulturbudget schon im vergangenen Jahr stehen die Säulen des Gesetzes fest: 14-Wochenfrist für die Antragsbehandlung, klare Empfehlungen durch den Förderungsbeirat und weitgehende Exekutierung durch den Kulturreferenten Flecker, seit sieben Monaten durch die Kulturreferentin Vollath.
Neben der in der Praxis schnell bewährten Systematik des Gesetzes ist ein Komplex noch auf der Suche nach einer adäquaten Umsetzung, sind noch immer Verständnishürden zu überwinden: bei der mutwillig in den 1990er Jahren sistierten und 2005 völlig neu aufgestellten Kunst im öffentlichen Raum. Im Gesetz taucht sie erst auf, nachdem die Möglichkeiten und Grenzen der Förderungen von gewissermaßen domestizierter Kunst festgeschrieben wurden.
So war es auch gemeint: Kunst im öffentlichen Raum ist das andere! Nicht immer in den künstlerischen Methoden, aber umso mehr in der Gestaltung, Wirksamkeit und Wahrnehmung. Und zwar potentiell in der Wahrnehmung von allen Menschen, nicht nur von jenen, die ihretwegen Museen, Galerien usw. besuchen. Ihr Gestus, ihr Vokabular sollen mit der für sie gewählten Umgebung korrespondieren. Die ist meist belebter und bewegter Alltag. Selten ist Platz und Zeit für eingehende Erklärungen. Das Kunstwerk muss seine Vermittlung mit sich bringen, muss Kommunikation auslösen können, immer wieder auch (kontrollierten) Konflikt.
Hier könnte die in den letzten Monaten (und in der Vergangenheit immer wieder) forcierte Kunstvermittlung ansetzen und, davon ausgehend, mit ihrer Verpflichtung rundum im „Garten der Kunst“ ausschwärmen. Da treffen einander nicht nur das von EinzelkünstlerInnen und KuratorInnen entwickelte Werk.
Das im Herbst 2006 unter der Leitung von Univ.-Doz. Dr. Werner Fenz eingesetzte Institut Kunst im öffentlichen Raum bewältigt diese Herausforderungen beispielhaft, sowohl die bei ihm deponierte Intention einer steirischen Linie als auch ein diskursives Verhältnis zur (interessierten) Bevölkerung – und zu den Behörden, die ja zur Bewilligung ermächtigt sind, nach Möglichkeit unter Minimierung ihres persönlichen Kunstgeschmacks. Der seit Jahrzehnten international geladene Kurator Fenz und sein kongeniales Team brachten dafür beste Voraussetzungen mit. Dieses Institut ist nicht nur für Qualitätstests und Kostenkontrolle da (das auch und gar nicht schlecht), es hat auch selbst einen Kunstwillen und zwar im Auftrag dieses Gesetze im Interesse von Menschen, die ihr geistiges Auge nicht immer vor der Blickwelt schützen wollen.
Allerdings leiden Landesrechnungshof und einige „Zentralstellen“ der Landesverwaltung unter den Spätfolgen des Herberstein-Syndroms. Aus vielen Gründen okay, aber nicht immer ist Förderung drin, wo Förderung drauf steht. Jedenfalls nicht gleich viel. Es lebe der Unterschied zwischen Wohnbau, Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft, Umwelt, Sozialhilfe, Jugend, Wissenschaft, Gesundheit, Sport und auch Kunst. Unter jeder dieser Überschriften finden sich ziemlich unterschiedliche Förderwelten, aber nicht immer der klassische Förderbegriff. Bei vielen ist schon der Ausdruck governmental (welche fachlich unterschiedlichen Qualitäten haben Förderer und Geförderte?). Bei anderen wieder geht es in Richtung Auftrag: dieses Land und seine Regierung wollen (hoffentlich) nicht nur eine Raumgestaltung aus den Funktionen und Zwängen von Wirtschaft und Verkehr. Diese überall im Land anzutreffende Wüstenei wäre doch einer von vielen sinnvollen Auslösern von Kunst im öffentlichen Raum.
Obwohl sie nicht mit Design verwechselt werden darf, aber dessen lokaler Hype in der Steiermark ist ein bohrender Fingerzeig. Die momentane Begeisterung verdeckt nur oberflächlich, dass sein roher und gewalttätiger Verlust vor und während des Zweiten Weltkriegs bis vor kurzem ignoriert wurde. Steirische Produkte waren über sehr lange Zeit nicht von des Gedankens und der Schönheit Blässe angekränkelt. Nur sehr langsam erreicht ein neues Qualitätsmaß die Produktionswirtschaft und noch langsamer kommen neue Arbeitsplätze in neuen Produktionssparten.
Wenn also die sich zu Ende neigende Legislaturperiode noch einen weithin zu bemerkenden Gutpunkt einfahren will, sollte Kunst im öffentlichen Raum schnell auf solide Verwaltungsbeine gestellt werden. Querelen in der Verwaltung sind der Anfang vom Ende, schon gar in Zeiten des Sparens.

Sie erreichen den Autor unter: herbert.nichols-schweiger@aon.at.
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