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„Hip-Hop ist der rebellische Schrei der Entrechteten“
Mittwoch, 10. Juni 2009
Raquel Cepeda kennt den amerikanischen Hip-Hop wie ihre Westentasche: Die Publikation „And It Don’t Stop“, die sich mit der Symbiose zwischen Hip-Hop und Journalismus auseinandersetzt, hat sie herausgegeben; der Dokumentarfilm „Bling: A Rock Planet“, der dem Faible vieler Rapper für glitzernde Schmuckutensilien nachspürt, wurde von ihr produziert. Cepeda kommt Anfang Juli zum Four Elements Festival nach Graz (siehe Kasten) – mit Gregor I. Stuhlpfarrer sprach sie über die guten und weniger guten Seiten des Hip-Hop

In Ihrem Buch „And It Don’ Stop“, das 2004 erschienen ist, widmen Sie sich zusammen mit anderen Journalisten „25 Jahren Hip-Hop“. Was sind Ihrer  persönlichen Einschätzung nach die einschneidendsten Entwicklungen innerhalb dieses Vierteljahrhunderts?
In den frühen 1980er Jahren war es für Journalisten eine Nische, über Hip-Hop, dessen Kultur mitsamt Graffiti und Tanz zu berichten. Erst später in den 1990er Jahren, als Hip-Hop Teil der Populärkultur wurde änderte sich das: So heizte man den „Krieg“ zwischen West Coast/East Coast medial an. Danach, ab den späten 1990er Jahren, wendete sich das Blatt erneut: Jene Autoren und Journalisten, die in ihren Musik-Publikationen auf die Behandlung der Hip-Hop-Kutur verzichteten, laufen Gefahr etwas Irrelevantes zu machen – der Einfluss dieser Kultur ist also stetig gestiegen.

Sie haben auch den Dokumentarfilm „Bling: A Rock Planet“ produziert, der den Bogen von der  Hip-Hop-Kultur in den Vereinigten Staaten bis hin zum Bürgerkrieg in Sierra Leone knüpft. Wie sind diese scheinbar von einander losgelösten Themenkreise zu verknüpfen?
Naja, wenn man sieht, wie die Menschen rund um den Globus leben, dann versteht man auch besser, wie unser Leben – in Bezug auf mich und die Hip-Hop-Community betrifft das die Vereinigten Staaten – von Konflikten betroffen ist, die sich in weit entfernten Ländern abspielen.  Ich habe mich dabei auch dafür interessiert, wie die Jugendkultur Hip-Hop dafür verwendet, sich – mit Hilfe von Mode, Tanz etc. – selbst zu definieren und gleichzeitig das, was rundherum in der Welt passiert, einzuordnen.

Glauben Sie, dass Hip-Hop auch dahin gehend wichtig ist, Menschen für globale respektive soziale Themenstellungen zu sensibilisieren?
Hip-Hop hat seinen Ursprung bei jungen, sozial benachteiligten Männern New Yorks und ist bestenfalls eine Form eines offen gelebten Widerstands. Hip-Hop ist auch zu verstehen als der rebellische Schrei der entrechteten jungen Menschen, die das wenige, das ihnen vom Leben gegeben wurde, in performative Kunst umwandelten. Das Resultat ist faszinierend: Hip-Hop hat in der Vergangenheit wie eine Art Therapieform, ausgehend von einer amerikanischen Gegenkultur, Menschen verschiedener Generationen inspiriert und geheilt – das Schöne daran ist, dass davon Israelis ebenso wie Palästinenser, Südafrikaner gleich wie Maoris und sämtliche Menschen dazwischen betroffen waren. Wenn die Menschen hier in den Vereinigten  Staaten diese Kraft des Hip-Hop wahrnehmen und anerkennen können, ist viel gewonnen: Dann nämlich inspiriert Hip-Hop zu globalem Bewusstsein und wirklichem Wandel.

Wie würden Sie Ihre Arbeit als Frau inmitten eine männlich dominierten Community beschreiben?
Eine farbige Frau in der Hip- Hop-Industrie, als Journalistin, als Filmemacherin – das war eine der größten Herausforderungen meines Lebens. Bislang habe ich vieles durchgehalten, aber die herablassende und paternalistische Haltung von Menschen, die ausschließlich Zugang zu Geld und Macht haben, kann erdrückend sein.

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