Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Das Gestern im Heute – absolutely free
Mittwoch, 13. Mai 2009
„Absolutely free“ im Grazer Joanneum erinnert sich noch bis Mitte August an Woodstock und seinen Effekt auf die Steiermark. Dabei ist man versucht nicht allzu sehr in die Nostalgie-Falle zu tappen, vielmehr bietet man jungen KünstlerInnen viel Raum zur Auseinandersetzung. „Ein guter Anfang für etwas, was noch nicht zu Ende ist.“ Diese Bedeutung hat Woodstock anno 2009 für Wolfgang Neubauer, Inhaber des Grazer Plattenladens DUX Records und einer von insgesamt 39 Zeitzeugen, die ihre ganz persönliche Perspektive zum bemerkenswertesten Open Air Festival aller Zeiten im Rahmen der Ausstellung „absolutely free“ skizzieren. Neubauers Porträt befindet sich im Raum „Gegengesellschaft“ gemeinsam mit künstlerischen Interventionen – in diesem Fall unter anderem in Form einer Wandgestaltung von Ulrich Reiterer und Christina Helena Romierer – sowie historischen Basics. Auf insgesamt 12 Räumen ist „Absolutely Free“ dem „Woodstock Effekt“ auf der Spur. Erforscht, hinterfragt und erinnert wird dabei nicht mittels chronologischer Gliederung, sondern anhand thematischen Schwerpunkten: Die einzelnen Räume fokussieren „Free Love“, „Drogen“, „Revolution“ oder „Dark Room“, ferner ziert jeden Raum ein Zitate von „Woodstock - 3 Days of Peace & Music“, also jenem Filmdokument, welches das Treiben und Treiben lassen im August 1969 nicht ohne Wirkung in die ganze Welt transportiert hat. „It’s a free concert from now on“, heißt es da im ersten Raum – eine bahnbrechende Nachricht von Woodstock-Ansager „Chip“ Monck angesichts der gröberen logistischen Unzulänglichkeiten des Festivals, denen sich der Veranstalter schließlich beugte.

Utopie. Bis heute wird Woodstock mit der Utopie eines aufgeklärten Miteinanders im Spannungsfeld zwischen Love, Peace und rotzigem Protest assoziiert. Welche Rolle diese Utopie heute tatsächlich noch zu spielen im Stande ist, investigiert absolutely free ebenfalls. Bevor die Ausstellung die BesucherInnen wieder freisetzt, konfrontiert sie eben diese mit künstlerischen Arbeiten zu diesem Thema, darunter auch jene des Grazer Künstlerduos Zweintopf; Gerhard Pichler und KORSO-Redakteurin Eva Pichler haben eine „Utopiemaschine“ installiert, die, hinter einem weißen Würfel verborgen, nur mittels Leiter erkundet werden kann. Oben angekommen ist der Blick frei auf einen Kreislauf aus einem Computer, einen Drucker und einen Reißwolf. Demnach wird Utopie im World Wide Web zuallererst gesucht, gefunden, gedruckt und schlussendlich vernichtet. Die längst zerstörte Utopie verschwindet aber nicht, vielmehr häuft sie sich an und sorgt somit für Raum.

Breites Programm. Rund um die Ausstellung bietet Absolutely free bis 16. August ein reichhaltiges Programm an Performance- und Musikveranstaltungen. Gerade um zu gewährleisten, dass sich dieses Kulturfestival nicht ausschließlich allfällige nostalgische Gefühle befriedigt beziehungsweise reflektiert respektive nicht im Historisieren stecken bleibt machen diese beiden Elemente, die von Ed Hauswirth (Performance) und Christoph Marek (Musik) kuratiert werden auch Sinn. Ideengeber Karl Stocker und Erika Thummel, die als Gestalterin und Künstlerin für das Design des Projekts verantwortlich ist, haben allenfalls eine geballte Ladung an Gestern ins Heute verpflanzt. Eine Affinität zur Nostalgie ist dabei keine Voraussetzung; schaden tut sie allerdings auch nicht.
\ Gregor I. Stuhlpfarrer
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