Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Mit neuer Energie raus aus der Krise
Mittwoch, 13. Mai 2009
Wir erleben – neben der Verteilungskrise – einen globalen Strukturwandel. Fossile Konzepte sind nicht mehr brauchbar, neue Energieträger und Energiesparen können zum Jobmotor werden.

Der aktuelle Wirtschaftseinbruch bringt es zutage: In manchen Branchen, die von den zu Ende gehenden fossilen Energieträgern abhängen wie die Autoindustrie, ist  eine echte Strukturkrise aufgebrochen.
Langsam setzt sich  die Erkenntnis durch, dass Arbeitsplätze, die in den zum Untergang verurteilten Wirtschaftsbereichen verloren gehen,  in anderen, zukunftsträchtigen geschaffen werden müssen: An vorderster Stelle sind das die so genannten „Green Industries“, Unternehmen, die sich mit Ökotechnologie wie mit der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern beschäftigen. Während andere Branchen Umsatzeinbrüche bis zu 70% zu verzeichnen haben, kann Bernhard Puttinger, Geschäftsführer des Öko-Clusters ECO WORLD STYRIA, eine positive Bilanz ziehen: „Unsere Unternehmen hatten im Vorjahr ein Beschäftigungswachstum von durchschnittlich 10%, und die ersten Zahlen für 2009 deuten darauf hin, dass auch heuer kein Einbruch stattfinden wird.“ Bei den 140 Unternehmen, die Mitglieder von ECO WORLD STYRIA sind, waren im Vorjahr insgesamt 20.000 ArbeitnehmerInnen angestellt; davon waren ca. 7000 in der Steiermark und im engsten Sinne mit „Green Technology“ beschäftigt. Puttinger: „In diesem Bereich konnten 2008 ca. 700 neue Arbeitsplätze geschaffen werden; wobei man bei vorsichtiger Schätzung davon ausgehen kann, dass für jeden dieser neuen Jobs im Kernbereich der Green Industries ein weiterer im Vorfeld geschaffen wird.“
Auch AMS-Chef Karl-Heinz Snobe weiß: „Dieser Bereich ist eines der Hoffnungsgebiete für den steirischen Arbeitsmarkt. Wir analysieren gerade den Bedarf an Angeboten zur arbeitsmarktpolitischen Stützung dieses Sektors.“
Besonders stark gewachsen ist die Sparte „Erneuerbare Energie“ des Öko-Clusters, die – ohne Wasserkraft, die hauptsächlich durch Andritz Hydro vertreten ist – 40% der Beschäftigten Arbeit gibt; auch hier gibt es Indizien dafür, dass die Branche auch heuer wieder mehr Arbeitskräfte benötigen wird. Und: Während die Ausfuhren der Autozulieferer in den Keller rasseln, wächst das Exportvolumen der Solaranlagen- und Biomasse-Kessel Erzeuger zwischen 8 und 12% pro Jahr.

Jobmotor thermische Sanierung. Nicht zuletzt auch das Arbeitsplatzargument beginnt nun auch in der Landespolitik einen spürbaren „Klimawandel“ in Richtung einer neuen Energiepolitik herbeizuführen. Dabei geht es gar nicht nur um die Erzeugung von Energie – auch mit Energieeinsparungen lassen sich – zumindest über einen gewissen Zeitraum – sogar mehr neue Jobs schaffen. „Alle Studien zum Thema zeigen, dass durch die Investition von einer Million Euro in die thermische Gebäudesanierung insgesamt 22 Arbeitsplätze ausgelöst werden – 14 in direktem Zusammenhang mit den Arbeiten, acht weitere im Vorfeld“ sagt Landesenergiebeauftragter Wolfgang Jilek. An zweiter Stelle im Ranking folgt die Umstellung auf Erneuerbare Energie: Hier löst die Investition von einer Million Euro insgesamt 12 bis 14 Arbeitsplätze aus. Mit der „Ökologischen Wohnbauförderung Neu“, die seit 1. April in Kraft ist, hat das Land Steiermark hier bereits einen Schritt gesetzt; „umfassende Sanierungen“ werden dabei besonders gut gefördert, und der Bund lässt  zusätzlich Geld für solche Maßnahmen springen. Befragte Unternehmer aus der Baubranche bestätigen bereits die Wirksamkeit der Förderungen. Baumeister Heribert Hegedys, Spezialist für Passiv- und Niedrigenergiehäuser und biologische Baustoffe, berichtet von vermehrten Anfragen v.a. für Fassadensanierungen mit Wärmeschutz, wobei er selbst sich weiterhin eher auf Aufträge konzentriert, „die weiter gehen und den Niedrigenergie oder Passiv­hausstandard zum Ziel haben.“ Baumeister Alois Doppelhofer aus Floing berichtet von „spürbar mehr Aufträgen“, entgegen ursprünglicher Befürchtungen kann er seine Belegschaft dadurch bis auf weiteres erhalten. Er befürwortet Förderungen für die thermische Sanierung auch deswegen, weil „den großen Baufirmen ohnehin durch die Infrastrukturprojekte aus dem Konjunkturpaket geholfen wird.“ Während bei diesen aber hauptsächlich Maschinen zum Einsatz kommen, ist bei Sanierungsarbeiten primär die menschliche Arbeitskraft gefragt. Innungsmeister Alexander Pongratz schließlich bestätigt auch vermehrte Anfragen an seine eigene Firma, „vor allem aber auch an kleinere Unternehmen, die sich auf den Fassadenbau spezialisiert haben – die berichten mir, dass sie spürbar besser ausgelastet sind.“ Dennoch sollten noch mehr Mittel für Sanierungsmaßnahmen bereitgestellt werden; Pongratz hofft auf Zuschüsse des Landes für die Bundesförderung, mit der die Sanierung von Gewerbebauten unterstützt wird.

Neue Programme. Die thermische Sanierung ist auch Teil eines Forderungsprogrammes, das – auf Bundesebene – von einer Plattform aus Biomasseverband, Betrieben aus dem Solarenergiesektor und dem Pelletsverband vertreten wird: Mit Förderungen von 1,3 Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln sollen über 80.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Dazu sollen in den Jahren 2009 bis 2012 jährlich 100.000 Wohnungen so saniert werden, dass sie mit 50% der ursprünglichen Kosten beheizt werden können. Ebenso wie diese Maßnahmen sollen der Einbau von Pelletskesseln, der Anschluss an die Fernwärme sowie die Installation von Solarkollektoren mit 50% der Investitionskosten gefördert werden. Mit einer Gesamtsumme von 1,3 Mrd Euro an öffentlichen Mitteln sollen durch diese Maßnahmen 80.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Ein ähnliches Programm – allerdings zentriert auf die Gewinnung von Energie aus Biomasse – haben ÖVP, KPÖ und Grüne im steirischen Landtag gegen die Stimmen der SPÖ beschlossen, die ein bis Sommer zu erwartendes Aktionsprogramm abwarten möchte, mit dessen Ausarbeitung der Landesenergiebeauftragte Wolfgang Jilek betraut wurde. Mit 215 Mio Euro Förderungen soll ein Investment von insgesamt 1 Mrd Euro ausgelöst und 17.500 Arbeitsplätze geschaffen werden, zur Finanzierung sollen die nicht zweckgebundenen Rücklagen der ESTAG angezapft werden.  l  cs

 

6. Zukunftswerkstatt der ECO WORLD STYRIA

Mittwoch, 13. Mai 2009, ab 18.00
Alte Universität Graz
Hofga sse 14 
www.eco.at

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