Ein kahler Raum, ein Tisch, einander gegenüber zwei Stühle. Eine räumliche Gesprächssituation zwischen Psychiatrie und Kriminalistik, Ort der Erkenntnis, ja der Wahrheit. Handelt es sich um einen nackten Interviewraum oder doch um einen Verhörraum? Wird hier ein Befund oder ein erpresstes Geständnis geschrieben?
Bevor Sie weiter lesen, durchsuchen sie kurz ihr bildliches Erinnerungsvermögen. Kennen Sie solche Räume? Ja? Sie werden feststellen, dass Ihr Gedächtnis in diesem Fall auf Filmszenen zurückgreift. Genau diese, wie auch immer erzwungene, Befragungssituation, die wir alle zu kennen glauben, beschreibt Dariusz Kowalskis Interrogation Room. Nicht ganz, ist da noch ein wichtiges Detail: der Spiegel. Spiegel einerseits. Andererseits Beobachtungsfenster. Die Machtposition des hinter dem semitransparenten Spiegel stehenden Beobachters, der alles Geschehen von außen überblickt, abhört, mitfilmt. Gefühlte Beklemmung und völliges Ausgeliefertsein trifft hier auf die Autorität des Überwachers, des Voyeurs, der alles kontrolliert und doch unerkannt bleiben kann, getrennt nur durch eine dünne Scheibe. Durchsichtig auf der einen, verspiegelt auf der anderen Seite. Versteckte Augen, die der Beobachtete spürt, nicht aber zu sehen vermag. Das Medium Film wird begehbar. Für die dritte Kooperation der Diagonale mit dem Kunsthaus Graz untersucht Dariusz Kowalski in seiner Ausstellung das Bild eines solchen Raumes, das sich in den meisten Fällen als ein Filmisches erweist, haben wir einen solchen Raum in anderer Form doch selbst nie gesehen. Kowalski arbeitet dabei mit unterschiedlichen Ebenen: ein Modell des Verhörraumes, das begehbare Filmset und der Film selbst, der bereits als Trailer für die diesjährige Diagonale seit Mitte Februar in den Kinos gezeigt wird. Diese unterschiedlichen Erscheinungsformen ein und desselben Raumes nähern sich dem einseitigen Machtverhältnis an, das diesen Raum so dominiert. Besonders im Film. Interrogation Room ist also sowohl Filmset als auch real vorhandener Ort und thematisiert damit letztlich die Diskrepanz zwischen der Realität in einer Ausstellungssituation und der Distanziertheit des Kinos. Dort lebt der Verhörraum mit Spiegel vom Hin und Her zwischen Innen und Außen. Den Beobachtenden lernen wir oft gar nicht kennen, er wendet das Gesicht von uns ab, dem Spiegelfenster zu, ist nur schematisch zu sehen, wird vielleicht durch einen weißen Mantel in einer Funktion definiert. Und trotzdem ist es wichtig zu wissen, dass jemand zuschaut, jemand alles weiß. Wie aber korrespondieren die realen Räume mit ihrer filmischen Rolle? Wie viel Macht haben die gezeigten Blickkonstruktionen in Kowalskis Trailer über die vorhandene, bloße Architektur, was ist es, das die Kamera aus diesem Raum in unserer Fantasie zu konstruieren vermag? All das gilt es in Interrogation Room mit Dariusz Kowalskis Hilfe zu erforschen. Bis 24.04.2009 im Kunsthaus zu sehen.
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