Im Rahmen des zweijährigen Leonardo da Vinci Projektes „JOS – Job open with Sign language“ wurde unter der Koordination des bfi Steiermark, in Zusammenarbeit mit einer internationalen Projektpartnerschaft, ein Bildungs- und Berufsberatungsmodell für gehörlose Menschen entwickelt. Im Rahmen einer großen Verbreitungskonferenz in der Fachhochschule JOANNEUM wurden am 10. Dezember 2008 die finalen Ergebnisse des Projektes präsentiert.
Gehörlose Menschen sehen sich nach wie vor einer europaweit katastrophalen Ausbildungssituation in der Berufsausbildung ausgesetzt. Das Bildungsniveau ist generell niedrig, die meisten gehörlosen Menschen verfügen, wenn überhaupt, nur über einen niedrigen Qualifikationsstand, was mit einer geringen gesellschaftlichen Integration und starken Minderwertigkeitsgefühlen verbunden ist. Das Projekt Job Open with Sign Language konnte erstmalig eine Tür zum zukunftsorientierten Berufsbild des/der Mechatronikers/in für diese Zielgruppe zugänglich machen und dadurch die Fähigkeiten und Kompetenzen dieser Menschen tatsächlich signifikant erhöhen.
Das Berufsförderungsinstitut Steiermark beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der beruflichen und persönlichkeitsbildenden Qualifizierung von Menschen mit unterschiedlichen Formen von Benachteiligung. Ein ganzheitlicher, die gesamte Persönlichkeit berücksichtigender Ansatz prägt die Arbeit des bfi Steiermark. Vor allem die berufliche Aus- und Weiterbildung von benachteiligten Menschen ist das wichtigste Tätigkeitsfeld des bfi Steiermark. Gerade Ausbildungen im Bereich Metall und Elektronik sind ein wichtiger Teil der Angebotspalette des bfi und es existieren hier jahrelange Erfahrung und Expertise.
Verbesserter Zugang zu Ausbildungen für gehörlose Menschen. Zahlreiche VertreterInnen von sozialen Einrichtungen, Zielgruppenvertretungen und Organisationen konnten sich bei der Ergebnispräsentation am 10. Dezember 2008 über die Möglichkeit der Verbesserung des Zuganges zu hochqualifizierten technischen Ausbildungen für gehörlose Menschen, die davon aufgrund fehlender sonderpädagogisch aufbereiteter sowie in Gebärdensprachen übersetzter Schulungsmaßnahmen weitgehend ausgeschlossen sind, überzeugen.
Da eine zentrale Ursache dieser Missstände fehlende Berufsbildungsangebote in Gebärdensprache sind, konnte das Projekt JOS gerade hier ein aktives Zeichen setzen und einen innovativen Lösungsansatz einbringen. Dass sich dieses Projekt einem für Gehörlose wenig traditionellen technischen Beruf widmete hatte mehrere Gründe:
- das Berufsbild ist derzeit europaweit besonders nachgefragt und kombiniert mechanische und elektronische Ausbildungsinhalte zu einem zukunftsorientierten und modernen Beruf; - leider gibt es bis dato besonders in den technischen Berufen kaum Ausbildungskonzepte bzw. Unterrichtsmaterialien, die für Gehörlose zugänglich sind - technische Berufe sind in gewissen Arbeitsbereichen weniger kommunikations-intensiv als andere Berufe, was Gehörlosen entgegenkommt - das Berufsbild ist als solches europaweit vorhanden und anerkannt, was eine hohe Transparenz der Ausbildungsinhalte und Vergleichbarkeit bedingt und somit auch die (berufliche) Mobilität von Gehörlosen unterstützt - das Berufsbild beinhaltet Ausbildungsteile, die auch eine eigenständige berufsbildnerische Wirkung entfalten können (ECDL CAD als eigenständiger Teil)
Aufklärung Hörender über die besonderen Bedürfnisse Gehörloser. Die „hörende Welt“ ist wenig bis gar nicht kompetent was Sprache und Kultur von Gehörlosen betrifft, weswegen hörende Menschen nur unzulänglich die Probleme, Kommunikations-, Denk- und Lernmuster von Gehörlosen verstehen können. Dies gilt auch für AusbildnerInnen im technischen Bereich, für Manager und Bedienstete von Bildungseinrichtungen und Betrieben sowie für KollegInnen während der Ausbildung bzw. der Beschäftigung. Ihnen allen mangelt es an sprachlicher und kultureller Kompetenz bei der Kooperation mit Gehörlosen. Hörende Menschen haben einen anderen Zugang zu Bildung und Weiterbildung wie auch andere Vorstellungen zur Thematik der Hörbehinderung als gehörlose Menschen selbst. Daraus ergeben sich vielerlei Missverständnisse und Vorurteile, die wiederum sehr hinderlich im gegenseitigen Umgang sind. Eine der Ursachen ist, dass nach wie vor die Problematik der Anderssprachigkeit und der damit verbundenen anderen Kultur nicht erkannt wird. Der Informations- und Vorentlastungsworkshop für Hörende im Rahmen des JOS-Projektes dient dem Abbau dieser Vorurteile und der Aufklärung über die besonderen Bedürfnisse der gehörlosen Menschen … Das Projekt JOS stellte sich zur Aufgabe, diesem Problemfeld ganzheitlich zu begegnen. Im Rahmen des Projektes wurden für diese Zielgruppe Vorentlastungs- und Sensibilisierungsworkshops methodisch-didaktisch aufbereitet und in Österreich, Italien und der Tschechischen Republik umgesetzt, um „hörende“ Personen im Hinblick auf die speziellen Bedürfnisse und die speziellen Lebensbedingungen der gehörlosen Menschen zu sensibilisieren. Der JOS-Pilotkurs wurde im bfi Steiermark im November und Dezember 2008 mit sieben gehörlosen TeilnehmerInnen erfolgreich durchgeführt.
Kontakt – Projektkoordination: Michaela Meier, bfi Steiermark, Bildungszentrum Graz West Eggenberger Allee 15, 8020 Graz Tel. +43 (5) 7270 DW 2205 Mobil: +43 (664) 807278 2203 Weitere Infos: http://www.jos-eu.org
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