Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
„Wenn Qualität geboten wird, kann es davon nicht genug geben“
Montag, 12. Januar 2009
Der Vorarlberger Christoph Thoma ist seit 6. Oktober 2008 künstlerischer und kaufmännischer Leiter der Grazer Spielstätten GesmbH (Orpheum, Dom im Berg, Kasemattenbühne). Er hat Trompete, Dirigieren und Kulturmanagement studiert und Jugend- und Amateurorchester geleitet. Ab 2002 führte er bei Jeunesse in Wien viereinhalb Jahre lang den Bereich Musikvermittlung, von 2006 bis 2008 war er Geschäftsführer der kommunalen Bludenzer KulturgesmbH. Mit Christoph Thoma sprach Christian Stenner.

Zum ersten Mal haben drei wichtige Grazer Veranstaltungsorte eine gemeinsame Geschäftsführung, mehr noch, eine gemeinsame Intendanz. Was dürfen wir uns davon erwarten?

Zunächst einmal, dass Synergien erzeugt werden, dass wir ein Netzwerk bilden, das auch anderen Veranstaltern hilft. Ich möchte die Auslastung steigern, Zusatzprojekte entwickeln, die nicht Konkurrenz schüren, sondern eine logische Ergänzung zum bestehenden Programm in der ganzen Steiermark darstellen, internationalen Touch reinbringen und ein Profil entwickeln, das zu Graz und der Steiermark passt.

Heißt das, dass bestimmte Veranstalter nicht mehr in Ihren Häusern unterkommen werden?
Im Großen und Ganzen werden die Fremdveranstalter ihr Programm weiter bei uns spielen können; es muss aber erlaubt sein zu hinterfragen, wofür die Spielstätten stehen.

Welche Schwerpunkte wollen Sie selbst in den einzelnen Häusern setzen?
Das Orpheum ist ein Haus der Jugend- und Popkultur, es gibt auch einen politischen Auftrag, daran festzuhalten, der sich mit meiner Intention deckt. Ich hielte es aber für sinnvoll, das Haus zu verjüngen, auch, was seine Wahrnehmung durch das Publikum betrifft. Das Angebot möchte ich breiter fächern und internationalisieren. Neben der Arena in Wien und dem Linzer Posthof ist das Orpheum ja das dritte Haus in Österreich, wo man größere internationale Acts veranstalten kann. Als neuer Schwerpunkt wird auch Literatur geboten werden – Literatur in Loungeatmosphäre gibt’s schon im März. Und in Zukunft auch der Jazz eine wichtigere Rolle spielen. Die Jazzwerkstatt Graz wird hier ihre neue Heimat finden, es gibt auch Überlegungen, den kleinen Saal im ersten Stock als Klub zu adaptieren.

Die Kasemattenbühne wird umgebaut und neu eröffnet, da stehen uns ersten Ankündigungen zufolge einige interessante Veranstaltungen ins Haus …

Ja, die Kasemattenbühne eignet sich hervorragend für massentaugliche Veranstaltungen mit Ereignischarakter, und dort möchte ich auch selbst ein eigenes Programm fahren. Ein Schwerpunkt dabei wird Weltmusik sein; damit fangen wir ja auch schon an – nämlich mit den Veranstaltungen zur Neueröffnung von 15. bis 17. Mai. Am 15. gibt’s die türkische Nacht mit der Sängerin Aynur und am 16. die Fado-Nacht mit Cristina Branco. Im Juli folgt dann das Kuba-Festival im Rahmen der von Kulturlandesrat Kurt Flecker initiierten steirisch-kubanischen Kulturkooperation.

Und der Dom im Berg? Ich erinnere mich noch an die großspurigen Ankündigungen, dass dort nur hochkarätige Veranstaltungen an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technik stattfinden würden – davon hört man nichts mehr …
Der Dom im Berg hat meines Erachtens derzeit kein wirkliches Profil, er wird ja in erster Linie für Clubbings gemietet. Er hat ein Image als geniale Spielstätte mit vielen technischen Möglichkeiten, die aber zu wenig genutzt werden. Hier möchte ich auch ein anderes Publikum reinbringen. Im März wird hier etwa das Familienkonzert „Es rieselt, es knistert, es kracht“ gespielt werden, das vom in Vorarlberg lebenden türkischen Komponisten Murat Üstün stammt und in dem es im weiteren Sinne um seine Heimatsuche geht. Das ist ein multimediales Ereignis mit einer grandiosen Bühnebild-Installation von Norbert Brunner. Das Andersen-Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ werden wir in einer Kooperation mit den Veranstaltern Carré Rotonde aus Luxemburg und dem Kindertheaterfestival Mantua auf die Bühne bringen.

Ihre Vorstellungen gehen deutlich über den Mainstream hinaus.
Sicherlich, ich komme ja aus der Musikvermittlung und für mich ist kulturelle Bildung ein ganz wichtiges Thema. Ich will Menschen aller Altersgruppen dazu bringen, dass sie sich bewusst mit Kultur auseinander setzen. Dazu gehört auch die Partizipation am künstlerischen Geschehen, selbst aufzutreten und Projekte zu entwickeln, bei denen junge Menschen künstlerisch aktiv sind – dafür gibt es ja im Orpheum ausreichend Spielraum. Darum streben wir auch Kooperationen mit Schulen an – eine erste mit der Gabelsbergerschule ist bereits fixiert. Aber auch beim Programm, das wir anbieten, soll es immer wieder Platz für Partizipation geben.

Das eigene Programm gibt’s nicht zum Nulltarif – wie hoch ist das Budget der Spielstätten?
Wir haben 1,9 Mio für alle drei Häuser zur Verfügung, inklusive der eigenen Produktionen. Das heißt natürlich, dass wir zusätzliches Geld benötigen. „Des Kaisers neue Kleider“ soll nach Möglichkeit ein EU-Projekt werden. Ich versuche auch Unterstützung vom Bund zu bekommen, gerade heute ist die Nachricht eingelangt, dass die Spielstätten prinzipiell vom Bund förderbar sind. Und natürlich gibt es auch den Versuch der Kooperation mit privaten Sponsoren. So ist es uns gelungen, einen dreijährigen Kooperationsvertrag mit der Volksbank Graz-Bruck abzuschließen.

Orten Sie Nervosität bei anderen Grazer Veranstaltern wegen des zusätzlichen Angebotes?
Naja, der Leiter einer Grazer Institution hat mir gegenüber erklärt, dass er ziemlich erschrocken darüber sei, dass ich auch Veranstaltungen seiner Branche vorhabe. Ich habe ihn aber beruhigt und ihm erklärt, dass wir natürlich auf Kooperationen orientieren – nur: Es kann nicht sein, dass wir das gar nicht machen dürfen, weil er’s auch macht. Ich bin immer noch der Ansicht, wenn Qualität geboten wird, kann es davon nicht genug davon geben.
» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >