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Erklärung von Graz: 30 Jahre Entwicklungszusammenarbeit als Grassroots-Projekt
Dienstag, 9. Dezember 2008
Seit 30 Jahren unterstützt die „Erklärung von Graz“ (EVG) entwicklungspolitische Projekte in den Ländern der sogenannten Dritten Welt. Das Besondere daran: Ein bedeutender Teil des Geldes wird durch die Beiträge der EVG-Mitglieder aufgebracht.

Was hat sich eigentlich in den Jahrzehnten seit der Gründung der EVG im Jahr 1978 aus ihrer Sicht in der Entwicklungzusammenarbeit geändert, frage ich die in der Privatwohnung von EVG-Obfrau Univ.-Prof.in Elisabeth List versammelten EVGlerInnen der ersten Stunde. „Die staatliche Verwaltung zieht sich in der Mehrheit der betroffenen Länder aus den Entwicklungsprojekten zurück, Top-Down-Projekte sind out“, sagt Mag.a Burgi Gerhold. Das bringe mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Projektpartner und auch mehr Kontrolle, „denn so wissen wir genau, wer uns Rechenschaft schuldig ist.“

Dörfliche Entwicklung. Als Beipiel zitiert Gerhold die EVG-Projekte in der Region Babati in Tansania, das die dörfliche Entwicklung zum Ziel hat: Hier arbeitet die EVG direkt mit einer jungen NGO zusammen. Für die Bauern und Bäuerinnen des Dorfes Halla wurde ein Trainingsprogramm entwickelt, das von der Erzeugung und Anwendung von Kompost über die Fruchtwechselwirtschaft, verbesserten Ställen für die Kühe bis hin zum Bau einfacher Biogasanlagen eine ganze Palette an Schulungsinhalten vermittelt. „Schließlich wurden Musterhöfe errichtet, wo die Milchbauern der gesamten Gegend sehen, wie bewährte Methoden funktionieren.“ Auch die Errichtung wichtiger Infrastruktur wird unterstützt: Etwa der Bau von Wasserleitungen – „die sind von der Dorfbevölkerung selbst errichtet worden“, betont Tina Weisshaupt.

Hilfe für Frauen, Nachhaltigkeit. Die EVG unterstützt Projekte, die den Entwicklungskriterien des Landes Steiermark entsprechen, das auch entsprechende Summen zuschießt – von den 355.000 Euro, die die EVG zwischen 1997 und 2007 aufbrachte, stammen 144.000 aus den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit des Landes.
Gefördert werden z.B. Initiativen, die dem Kampf gegen die Armut dienen und der Umweltzerstörung entgegenwirken – wie etwa jene in Babati – oder Initiativen, die speziell für Frauen gedacht sind – in Nicaragua und Guatemala werden seit 1992 bzw. 1995 Frauen-Bildungs- und -rechtsberatungsprojekte finanziell unterstützt, und in der Provinz Yatenga in Burkina Faso mit dem Projekt NEEED ein Schulprojekt zur Alphabetisierung von Mädchen, deren Einschulungsrate traditionell niedrig ist, berichtet Dr. Wido Stracke: Mit Hilfe von Patenschaften werden die Schulmaterialien für die Mädchen aufgebracht, ein Schafzuchtprojekt bringt zusätzliche Mittel und inzwischen konnte sogar – gemeinsam mit UNICEF – eine neue Schule errichtet werden.
Eine in Mettur-Pagandai im indischen Tamil Nadu errichtete Wohnstätte beherbergt Witwen und deren Kinder, die traditionell keinen Anspruch auf ein Erbe und zumeist auch kein Einkommen haben. Sie sollen durch entsprechende Arbeitsmöglichkeiten ökonomisch unabhängig werden.
Eine weiteres wichtiges Kriterium der EVG-Projekte ist deren Nachhaltigkeit, unterstreicht Gerhold, und das Bestreben, mit den vor Ort vorhandenen Ressourcen auszukommen: „In Babati wird etwa der Kuhdung in der dorfeigenen Biogasanlage verwendet, das Gas wird in die Häuser geleitet, die nun über Gasbeleuchtung und Gaskocher verfügen.“

Unabhängigkeit durch Selbstbesteuerung. Das Geld für die Projekte bringt die EVG durch die Selbstbesteuerung der Mitglieder auf – der verstorbene EVG-Initiator Peter Pritz war dabei ursprünglich von 10% des Einkommens ausgegangen. Derzeit zahlen ca. 30 Mitglieder insgesamt 12.000 Euro jährlich ein, sagt Weisshaupt – woraus sich ein immer noch erheblicher Beitrag von durchschnittlich 400 Euro pro Kopf und Jahr errechnen lässt. Dazu kommen noch Einzelspenden – zum Teil in beträchtlicher Höhe – und Beiträge des Landes Steiermark, die an die 40% des Gesamtaufkommens erreichen. „Der größte Vorteil der Selbstbesteuerung ist die Unabhängigkeit in der Entscheidung, welche Projekte wir fördern“, sagt Weisshaupt. Und Dr. Wolfgang Himmler ergänzt: „Die Selbstbesteuerung bietet die ethische Rechtfertigung, von öffentlichen Geldgebern zusätzliche Mittel einzufordern.“

Christian Stenner

 

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