Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Vom Sündenfall zum Kunstfall
Dienstag, 9. Dezember 2008
Am 19. November wurden im Studio, in der Hofgalerie und im 2. Stock drei weitere Ausstellungen der Neuen Galerie eröffnet.

m Anfang stand der Sündenfall, der als Reaktion darauf die Scham hervorrief. Zumindest ist es in sehr vielen Religionen so. Das Vergehen ist in der Schamgesellschaft (Ruth Benedict), sich nicht zu schämen, wenn man das sollte. Man sollte sich schämen, wenn man durch eigene Handlungen sozialen Erwartungen bzw. Normen nicht entspricht. Shame on you! heißt es dann – Schande über dich!
Hauptziel des präsentierten künstlerischen Projektes MP_art: MP_pro_02 SCHAM_A des serbischen Künstlerpaares MP_art, das sich 2008 als Artists-in-Residence in der Neuen Galerie aufhielt, ist es, das Phänomen der Scham oder Schande (auf Englisch shame) in verschiedenen Ländern, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten zu untersuchen. Die wichtigsten Partner sind dabei lokale KünstlerInnen, die von MP_art eingeladen werden, einen Beitrag zum Thema shame zu leisten. In Graz sind dies Max Aufischer, Christian Eisenberger, Daniel Hafner, ILA, MP_art, Marie Neugebauer, Valentin Ruhry, Edda Strobl, Eva Ursprung und Christine Winkler. Dem gegenüber stehen Videointerviews, die MP_art mit unterschiedlichen VertreterInnen der Gesellschaft in Graz geführt haben. In Folge werden lokale KünstlerInnen in Istanbul, Barcelona und Novi Sad zum Thema shame Stellung nehmen. Abschließend soll das multikulturelle Projekt in einem Buch zusammengefasst werden.

Ausstellungsdauer: bis 18. Jänner 2009, Neue Galerie Graz, 2. Stock


Unbeschwerter Umgang mit der Kunstgeschichte. Die Thematisierung künstlerischer Parameter als Kennzeichen der Avantgarde, ihre inhaltlichen und formalen Lösungsvorschläge, liefern Manuel Gorkiewicz (geb. 1976 in Graz, lebt in Wien) Denkanstöße, doch werden die alten Ideen häufig ironisch gebrochen und erhalten einen spielerisch-humorvollen Mehrwert. Gorkiewicz befragt in seinem unbeschwerten Umgang mit der Kunstgeschichte das viel strapazierte Betriebssystem Kunst und ermöglicht ungewöhnliche Perspektiven durch divergierende Antworten. So werden etwa als Rückgriff auf das museale Präsentationsprinzip mit Schaukästen und auf die Assemblage Plexiglasboxen zu Trägern von Dingen des Alltags. Die aus Parkettboden und Gitarrenseiten bestehenden Bildobjekte erinnern an Frank Stellas Shaped Canvas, aber auch an Werke der Kubisten oder an modernes Gitarrendesign. Ein Fenstergitter stellt die Verbindung zum Ort der Ausstellung, dem Palais Herberstein, her und nicht bloß Schnüre vermessen als minimalistische lineare Skulpturen die Parameter Raum und Zeit, sondern Girlanden, deren Einsatz überdies eine jahrhunderte lange Tradition in der Kunstgeschichte hat, verspannen sich zwischen Decke und Boden und verknüpfen damit elementare Funktionen mit individuellen Erfahrungswerten.
Manuel Gorkiewicz: Ohne Titel, 110x100x5cm, Plexiglas, Schmetterlinge, Holz, Acryl, 2008 und Ohne Titel, 42x37cm, Plexiglas, Plastikbecher, 2008

Am 16. Jänner 2009 wird um 19 Uhr im Rahmen eines Artist‘s Talks der Katalog mit einem Überblick der bisherigen Arbeiten Manuel Gorkiewicz‘ präsentiert.

Ausstellungsdauer: bis 18. Jänner 2009, Neue Galerie Graz, Studio

Meister der Radierkunst. Selten sind bei einem Künstler Motiv und Technik zu einer so vollkommenen Symbiose verschmolzen wie bei Oskar Stössel (1879–1964). Er war ein Meister der Radierkunst, wobei er seine Brillanz vor allem im Portrait entfaltete. Seine Klientel setzte sich aus dem Who is Who der internationalen Gesellschaft zusammen. Daneben schuf er auch ein qualitätsvolles Œuvre als Maler; seine Landschaften lassen eine tiefgehende Rezeption expressionistischer Strömungen erkennen. Stössel wuchs in Graz auf und absolvierte eine Ausbildung zum Bauingenieur an der Technischen Hochschule. Danach studierte er Malerei bei Damianos, Diet und Schrötter in Graz, und ließ sich in Wien bei Schmutzer in der Kunst der Radierung unterweisen. 1938 emigrierte der Künstler in die USA, wo er seine Karriere als Grafiker erfolgreich weiterführen konnte und weiterhin Spitzen aus Politik und Gesellschaft portraitierte. Als Gründungsmitglied der Organisation Austrian Action in New York engagierte er sich auch im Kampf gegen Hitlerdeutschland. Stössel kehrte erst in den 1950er Jahren nach Österreich zurück und verbrachte seine letzten Lebensjahre in Wien. Die Ausstellung der Neuen Galerie sucht die Meisterschaft seines Schaffens zu würdigen und seine Position als Grafiker wie als Maler zu untersuchen. Ein Katalog mit angeschlossenem Werkverzeichnis nimmt erstmals eine kritische Bestandsaufnahme seines Gesamtwerks unter Einbeziehung von Literatur- und Archivrecherchen vor.

Katharina Dilena

Ausstellungsdauer: bis 15. März 2009, Neue Galerie Graz, Hofgalerie

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >