Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Kann man stilvoll verarmen?
Montag, 10. November 2008
Logbuch (Eintrag_0817): Wahrnehmungsüberflutung/ Veranstaltungen, Ausstellungen, Vernissagen, Workshops, Konzerte, und was nicht noch alles/ist Graz ein Kochtopf der im Oktober hochgeht? /oder verursachen irgendwelche Förderziele diese Lawine?/oder wurde die Kreativität so lange zurückgehalten, dass sie just im Oktober vulkanartig hervorbricht?/Fragen über Fragen/ Almhüttenphantasien tauchen auf (natürlich die Hippieversion und nicht die „zünftige“)/die Kühe muhen trotzdem und bimmeln beruhigend mit ihren Glocken/Burnoutgefahr für alle Adabeis/niemand spricht von Kurzarbeit an den Kulturförderbändern/bin ich froh, dass ich wenigstens keinen Fernseher habe/schreibe im Geiste an der überarbeiteten Version des Manifests: „Schmeißt endlich eure Fernseher raus!“/leider überfällt mich die Inspiration immer im Bus/und -schwupp!- wird sie schon überlagert von einer Stimme links neben mir: „Ich bin im Bus! Wo bist du?“/Okay – behaltet eure Fernseher/schmeißt eure Mobiltelefone weg/was wollte ich?/ich weiß, ich lenke ab/Kolumme und so/bin ja schon dabei/arbeite nur an der Form, sonst schlafen ja alle ein, wenn sie nur mein Bild über dem Beitrag sehen/
Zum Abschluss eine kleine Montage aus dem – trotz einigen Ausrutschern in Richtung Snobismus – lesenswerten Buch „Die Kunst des stilvollen Verarmens“ von Alexander von Schönburg. Da die meisten von uns ohnehin verarmen, wundert es mich nicht allzusehr, dass das Buch ein Bestseller ist. Die Zitate stammen passender Weise aus dem Kapitel „Kulturverstopfung“:
„Es soll einmal eine Zeit gegeben haben, da gingen wir auch ins Museum, ohne von einem Hype aufgescheucht zu sein...Kunst ist ein Produkt geworden, das ähnlich Schweinebäuchen und Fruchtjohurt gehandelt und vermarktet wird... Wie kann man sich den Hypes entziehen?... Erst seitdem ich aus Geldmangel gezwungen war, eine Medien-, Kultur- und Eventabmagerungskur zu machen, merkte ich, dass all das, was ich für nötig hielt, um „tuned in“ zu sein, mich nur zerstreute und überfüllte und meine eigenen Gedanken verstopfte. (Vgl. 143 ff.).

Alexander von Schönburg: Die Kunst des stilvollen Verarmens. Wie man ohne Geld reich wird. (rororo 2007) Preis: 9,20 Euro


Mag. Wolfgang Wagner, Jg. 1963, Germanist, Autor, Aktivist und Sozialpädagoge führt seit Juli 2006 den Buchladen „Wendepunkt“ in der Josefigasse 1, 8010 Graz, Tel/Fax 0316/ 76 52 44, WoWagner@gmx.at
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