Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Wandmalerei und Gedächtniskultur – Mario Liftenegger
Montag, 10. November 2008
Murals, Wandmalereien in der Hauptstadt Belfast, können als eine Art Spiegelbilder des jahrzehntelangen Konfliktes in Nordirland betrachtet werden. In oft allegorischer Darstellung greifen zumeist anonyme Maler geopolitische Themen auf beziehungsweise fungieren die murals als Denkmale zu Ehren der während der Unruhen gefallenen loyalistischen und republikanischen Paramilitärs. Damit stehen die nordirischen murals aber auch für eine Denkmalkultur nicht offizieller Kollektive und sind Teil des kulturellen Gedächtnisses, nachdem Darstellungen inhaltlich oft weit in die Geschichte Irlands respektive in die Ursprünge des Nordirland-Konfliktes reichen.

Der 1983 in Graz geborene Historiker und Kulturmanager Mario Liftenegger ist seit einigen Jahren als Fotograf aktiv und konzentriert sich auf Gedächtnis- und Erinnerungsorte. Während eines ersten Aufenthalts 2006 in Belfast begann er sich für die murals zu interessieren. Inzwischen arbeitet er an einer Dissertation zum Thema Erinnerungs- und Gedächtniskultur am Beispiel der nordirischen Wandmalereien. Eine vergleichbare Form in Europa sieht Liftenegger bisher nur im Baskenland, während die Herkunft dieser Tradition vorwiegend politisch orientierter Wandmalerei, seines Erachtens, nach Lateinamerika führt. Beispielsweie nach Mexiko, wo sich die „Muralismo“ ausgehend von der mexikanischen Revolution in den 1920er Jahren mit Fortdauer zur Nationalkunst entwickelten. Zu den wichtigsten Vertretern zählen bis heute die „Los Tres Grandes“, darunter auch Diego Rivera, der Gatte von Frida Kahlo, aber auch Aurora Reyes, 1936 die erste weibliche Vertreterin dieser Kunstform, der sich in Latainamerika besonders linkspolitisch aktive KünstlerInnen widmeten.

Murals.
Bestehende Wandmalereien, erzählt Mario Liftenegger, werden immer wieder restauriert und in den Farben aufgefrischt. Viele werden auch infolge aktuellerer Ereignisse übermalt. Inzwischen versucht die Regierung Nordirlands auf die Maler einzuwirken, um die Inhalte der murals möglichst zu entmilitarisieren. „Nur wenige Wandmaler sind namentlich bekannt, auf katholischer Seite etwa Danny Dewaney. Die meisten haben das Malen in den Gefängnissen gelernt und bringen ihre Bilder im Umfeld unionistischer oder republikanischer Ideologie auf die Wände. Bekannt ist auch eine Gruppe, die sich Bogside Artists nennt. Deren Bildinhalte sind zumeist nicht politisch orientiert. Sie sind die Einzigen, die sich als Künstler bezeichnen und sie wurden auch zu Festivals in die USA eingeladen“. Die älteste von ihm erfasste Wandmalerei datiert Liftenegger auf das Jahr 1908, als unionistische Maler den Sieger der Battle of the Boyne, Williams III. von Oranien, darstellten. Die Unionisten begannen schließlich ebenfalls, den öffentlichen Raum im Umfeld der murals zu bemalen, also zu bezeichnen, indem sie etwa Randsteine oder Laternenmasten mit den Farben des Union Jack markierten. Darauf basiert eine visuelle Trennung von Wohnvierteln. Republikanisch / katholische murals dagegen haben ihren Ursprung in der Zeit der nordirischen Bürgerrechtsbewegung, 1968 in Londonderry. Während des Hungerstreiks republikanischer Gefangener 1981 stieg die Zahl republikanischer Murals rapide an. Motive waren dominiert vom bewaffneten Kampf gegen die Briten.

Murals in Belfast, eine Fotoausstellung von Mario Lichtenegger, ist bis zum 12. Dezember in der URANIA-Fotogalerie zu sehen. Eisernes Tor, Kaiserfeldgasse 1/III, 8010 Graz. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag jeweils 16.00 bis 18.00 Uhr und nach Vereinbarung unter Tel. 0316 / 82 56 88-0


Wenzel Mraček

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >