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Solartagung in Gleisdorf – Aufbruch in eine neue Dimensionen
Mittwoch, 8. Oktober 2008
Die Gespenster Energiekrise und steigende Schadstoffemissionen haben glücklicherweise auch ihre sonnigen Seiten: Die österreichische Solarbranche verzeichnet eine anhaltend sensationelle Entwicklung auf dem europäischen Markt. Anlässlich der alle zwei Jahre in Gleisdorf stattfindenden Solartagung wurde mit der brandneuen „Solarwärme-Roadmap“ der zügige Fahrplan in eine CO2-arme Zukunft präsentiert. Bis 2020 soll Solarenergie mindestens 10% des gesamten Bedarfs im Niedrigtemperaturbereich decken.

Solartagung ist ein internationaler Hit. Als vor fünfzehn Jahren die Veranstaltung „Gleisdorf SOLAR“ von der Firma AEE INTEC ins Leben gerufen wurde, war es noch ein relativ kleines Häuflein unentwegter Enthusiasten, das sich hier in der sonnigen Oststeiermark traf, um über Nutzung, Technologien und Marktchancen der – damals fast noch von einem Hauch Science-Fiction umwitterten – Sonnenenergie zu beraten.
In diesem Herbst fand das in Kooperation mit der Stadt Gleisdorf und der Feistritzwerke STEWEAG GmbH im zweijährigen Rhythmus abgehaltene Symposium nun bereits zum neunten Mal statt. Die wissenschaftliche Tagung mit angeschlossener Fachausstellung der führenden Unternehmen auf diesem Feld hat sich in den vergangenen Jahren zur größten Solarwärme-Veranstaltung in Österreich mit erheblicher internationaler Beteiligung entwickelt. Im Zeitraum von 3. bis 5. September 2008 konnten als neuer Rekord insgesamt 520 TeilnehmerInnen aus 27 Nationen gezählt werden. An den zahlreichen Vorträgen der Fachtagung, die sich mit innovativen Wärmesystemen und neuen Werkstoffen befassten, haben rund 390 Experten aus Europa, Australien, Indien, Kanada, den USA und Bhutan teilgenommen und sorgten damit in diesen Tagen für internationalen Flair in der oststeirischen Kleinstadt.

Weltweite Aufbruchsstimmung.
Die Schwerpunkte des diesjährigen Symposiums lagen neben neuen Anwendungsbereichen und Märkten für die Solarwärme bei cleveren Komponenten und Systementwicklungen. Die heißen Themen sind Solare Kühlung, Gesamtkonzepte für Heizung und Kühlung, Passivwohnhäuser mit aktiven solaren Systemen sowie solare Fernwärmeeinbindungen. Doch noch haben diese Entwicklungen noch nicht genug an Fahrt aufgenommen, um die Energiewende zu beschleunigen: besondere Aufmerksamkeit erfuhr Univ.-Prof. Dr. Reinhard Haas von der TU Wien, der darauf hinwies, dass trotz der ausgezeichneten Entwicklung des europäischen Solarmarktes der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Gesamtenergiebedarf noch immer leicht rückläufig ist. Erstmals anwesend war ein Wissenschaftler aus Indien, der über den aufstrebenden Solarmarkt auf dem Subkontinent berichtete. Dass sich für die österreichische Solarindustrie hier neben China ein neuer Exportmarkt auftut und auch schon erste Lieferverträge unterzeichnet wurden, war ein erfreulicher Nebeneffekt der Gleisdorf SOLAR 08.
Ein weiteres Highlight der Tagung bildete der Vortrag von Dr. Wim van Helden vom Energy Research Center in Holland, der die neuesten Forschungen im Bereich des Thermischen Speichern vorgestellt hat. Mit Hilfe dieser Systeme soll es in einigen Jahren möglich sein, bis zu 100% des Wärmebedarfs von Neubauten mit Solarwärme abzudecken.

Sicherung unserer Energiezukunft.
„Die infrastrukturellen Voraussetzungen für die alternativen Energien müssen beschleunigt vorangetrieben werden“, mahnte Univ.-Prof. Dr. Stefan Schleicher angesichts der Bedrohung des Weltklimas zur Eile. Nur durch den Ausbau sämtlicher Erneuerbarer Energien, die über dezentrale Netze eingespeist werden, lässt sich der Anteil der fossilen Brennstoffe maßgeblich eindämmen, erläuterte Schleicher. Die riesigen Öl- und Gas-Pipelines aus Asien, die „neuen Seidenstraßen“, bringen eine trügerische Sicherheit und neue Abhängigkeiten mit sich, warnte der im Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel (Uni Graz) tätige Professor. Nur durch eine radikale Reduktion des Verbrauchs in allen Bereichen kann eine visionäre „Post-Carbon Society“ erreicht werden, denn mit der Substitution der fossilen Energieträger kann dieses Ziel in absehbarer Zeit nicht erreicht werden, betonte Schleicher.
Einen Fahrplan in die Zukunft zeichnete Dr. Werner Weiss von der AEE INTEC: „Im März 2007 haben sich die Regierungschefs der EU darauf geeinigt, den Anteil der Erneuerbaren Energien bis 2020 auf 20% zu steigern. Für Österreich wurde der verbindliche Anteil erneuerbarer Energieträger mit 34 % festgelegt.“ Dieses Ziel kann nur durch einen zügigen Ausbau der Solarkraftnutzung erreicht werden, erklärte Weiss; jedoch: „Dazu bedarf es gewaltiger Anstrengungen, denn das würde bedeuten, dass die mit Ende 2007 insgesamt installierte Kollektorfläche von 3 Millionen m2
Flach- und Vakuumkollektoren (2,1 GWth) im Jahr 2020 mit 26,8 Millionen m2 (18,8 GWth) knapp verzehnfacht werden sollte.“ Förderungen für den Anlagenbau und Forschungsaktivitäten des „klima:aktiv-Programms“ können dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.


Österreich ist „Europameister“ bei Solarwärme. Die praktische Umsetzbarkeit dieser ehrgeizigen Pläne für die Energiezukunft erläuterte KR Robert Kanduth, der Obmann des Verbandes Austria Solar: „Solarthermische Kollektoren sind heute eine nicht mehr wegzudenkende Technologie in der Energieversorgung. Der österreichische Solarwärmemarkt hat sich bei der installierten Kollektorfläche in den letzten vier Jahren um insgesamt 70% gesteigert.“ Allein im Jahr 2007 wurden in Österreich rund 281.000 m2 Kollektorfläche installiert, was einer thermischen Leistung von 197 MW – der Leistung eines mittleren Kraftwerkes – entspricht. Die Kosten für die Umsetzung des „Impulsprogramms Solarwärme 2020“ wären laut Kanduth mit 1,47 Milliarden Euro „nur knapp doppelt so hoch wie die aktuellen Ausgaben der öffentlichen Hand für Solarthermie bis 2020,  damit könnte das Marktvolumen nahezu verzehnfacht werden“.
Zusätzlich wirkt sich der starke Heimatmarkt weiter äußerst positiv auf die Positionierung österreichischer Unternehmen auf dem internationalen Markt aus. Denn von den im Jahr 2007 in der EU installierten 2,7 Mio m2 Kollektorfläche (1,9 GWth) stammen 39% aus heimischer Produktion, was Österreich zum unumstrittenen Europameister bei Solarwärme macht. Dieser anhaltend positive Trend hilft nicht nur der Umwelt, sondern schafft auch tausende neue und krisenfeste Arbeitsplätze.

Josef Schiffer

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