Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Auf dem Wasser gehen und Gold suchen – „plan b“ im steirischen herbst
Dienstag, 9. September 2008
Ihre Operationsbasis ist Berlin und als Künstlerduo nennen sich die Engländer Sophia New und Daniel Belasco Rogers seit 2001 plan b. 1974 in London geboren, absolvierte Sophia die Studienrichtungen Philosophie, Literaturwissenschaft und Germanistik, ihren Master Degree erlangte sie an der Bristol University über feministische Performance. Soloprojekte für zahlreiche Festivals in ganz Europa sind deutlich an Formen der Performance orientiert. Als Autorin arbeitete sie für Magazine wie Venue und Live Art Magazine, dazu gibt es immer wieder Kooperationen mit experimentellen Theatergruppen wie den britischen Reckless Sleepers oder Kowboy Kaos in Belgien. Daniel Rogers beschreibt sich als Künstler, der mittels Performance, Zeichnung, Video und Schreiben über Themen der Psychogeografie und erlebter Geschichte arbeitet.

Schwerpunkte ihrer gemeinsamen Arbeiten als plan b basieren auf Recherchen um spezifische Eigenschaften von Orten beziehungsweise Städten in Europa, die sie als „Echtzeit-Text“ zumeist in Performances, unterstützt durch technische Medien, dem Publikum vermitteln. So luden sie im steirischen herbst 2006 zu einer English-Tea-Time in ihren Wohnwagen mit der Absicht, im Gegenzug von den Besuchern eingeladen zu werden und so ein Zustandsbild steirischer Gastfreundschaft zu erfahren. Klischee oder nicht – man wurde eingeladen.
Zum 40. steirischen herbst im Vorjahr suchten New und Rogers in Archiven und in Gesprächen nach Erzählungen und Ereignissen aus der Geschichte des herbst. Sie arbeiteten GPS-unterstützte Touren durch Graz aus, während denen Besucher, ausgerüstet mit Head-Set, an ehemalige Schauplätze des Festivals geführt wurden, um den Erzählungen über Projekte aus 40 Jahren steirischer herbst nachzuhören.

Walking Conference: Gold suchen und Erfahrung finden

Strategien zur Unglücksvermeidung will man ab 2. Oktober über die Inhalte des steirischen herbst finden und speziell in der Walking Conference als „konkrete Praktiken im sozialen Raum“ anbieten. Das Prinzip des Theoretisierens und der Teilnahme an Vorträgen während eines Stadtspazierganges erinnert nicht zufällig an die historische Praxis der Peripatetiker, der Schüler des Aristoteles, im Disput auf und ab zu gehen und gleichzeitig Für und Wider zu erörtern. Die Walking Conference des steirischen herbst startet am 11. Oktober um 11.00 Uhr im Festivalzentrum Joanneum in der Neutorgasse mit einem Vortrag des britischen Soziologen Scott Lash. Anschließend können sich die TeilnehmerInnen für Walks zu den Themen „Perspektive wechseln“, „Dableiben – weggehen“, „Flüchten“ und „Denken“ entscheiden beziehungsweise machen sie sich mit plan b auf zum „Gold suchen“ an den Ufern der Mur. „Unsere Recherchen haben ergeben“, erklärte mir Sophia New im Telefongespräch, „dass die Mur, wenn auch in sehr geringen Mengen, Gold mit sich führt. In Anlehnung an das herbst-Leitmotiv Strategien zur Unglücksvermeidung werden wir versuchen, an den Murufern Gold zu waschen.“ Um wenigstens die Erfolgsaussichten zu optimieren – wenn schon Erfolg selbst kaum zu erwarten ist –, wird noch ein Geologe ins Team geholt. Die Idee zu diesem Unterfangen beruht auf der Erkenntnis von plan b, dass Stadtteile von Graz durch die Mur in ein Verhältnis von Arm und Reich geschieden werden. „Vielleicht“, denkt Sophia New weiter, „könnte man so manche Lebenssituation in der Stadt durch Goldwaschen verbessern“. – Ein bewusst provokanter Zynismus vorab, der durch Erfahrung wohl bestätigt werden wird. Beweisen dagegen werden plan b, dass man mittels handlicher technischer Gerätschaften auf dem Wasser gehen kann. Und wir wünschen immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

Walking Conference im steirischen herbst am 11. Oktober mit Beginn um 11.00 Uhr im Festivalzentrum Neutorgasse. Informationen unter www.steirischerherbst.at
Wenzel Mraček

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