Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Dr.med.univ. Martina Ballon für die Liste Dinkhauser
Montag, 8. September 2008
Gesundheitswesen: Die steirischen SpitzenkandidatInnen für die Nationalratswahl im KORSO-Check

1) (Kassendefizit)
Der Rechnungshof wies in einem entsprechenden Papier darauf hin, dass oben genannte und weitere gesetzliche Maßnahmen die Finanzsituation der Gebietskrankenkassen erheblich belasten. Wie angeführt verursachen dieselben, bei einem Bilanzverlust der Wiener GKK als defizitärstem Krankenversicherungsträger im Jahr 2006 mit einem Abgang von  insgesamt
-71,2 Mill. €, eine Mehrbelastung von 107,1 Mill. € in selbem Zeitraum. Somit wäre auch unter Nichtverkennung einzelner entlastender gesetzlicher Regelungen ohne diese zusätzlichen Belastungen von einer annähernd  ausgeglichenen Bilanzierung auszugehen.
Die Ursachen der Finanzierungsproblematik im Gesundheitssystem sind vielfältig, zum Teil auch komplex. Festzuhalten ist primär das Missverhältnis von 97% der Gesamtausgaben der OECD-Staaten im Gesundheitssystem für Behandlung und kurative Medizin, dem gegenüber 3% für Prävention. Hier ist bei entsprechender Umverteilung mittel- bis längerfristig großes Einsparungspotenzial enthalten.
Der wissenschaftliche Fortschritt ermöglicht in bislang ungekannter Weise diagnostische und therapeutische Möglichkeiten, dementsprechend steigt der finanzielle Aufwand für medizinische Infrastruktur, apparative Technologie und neue pharmakologische Wirkstoffe.
Nicht zuletzt aufgrund der modernen medizinischen Versorgung steigt die Lebenserwartung der Bevölkerung. Hohes Alter und Kosten für medizinische Betreuung gehen Hand in Hand. Ein spezifisch österreichisches Problem des Gesundheitswesens stellt die Komplexität der Finanzierungsströme im intra- und extramuralen Versorgungsbereich dar. Der Versuch der Leistungsverlagerung in den jeweils anderen Bereich führt zu Ineffizienz.

2) (Kassen-Außenstände)
Als Erstmaßnahme ist die Entschuldung der Krankenkassen aus dem Bundesbudget zu fordern. Es kann nicht sein, dass Beiträge von Pflichtversicherten zur Zinszahlung verwendet werden, insbesondere als der Bund als Hauptgläubiger firmiert.
In weiterer Folge ist eine Senkung der Beitragsschulden von Wirtschaftsunternehmen anzustreben, eventuell unterstützt durch eine Anhebung der Verzugszinsen. Bei Uneinbringlichkeit durch Betriebsinsolvenzen könnte eine Staatshaftung entgangene Beiträge abdecken.

3) (Verwaltungsaufwand)
Der Verwaltungsaufwand der Krankenversicherungsträger beträgt nach eigenen Angaben bei einem Anteil von 2,8% am Gesamtaufwand in Höhe von etwa 13 Mrd. € rechnerisch 364 Mill. €. Bei einem derartigen Volumen von fehlendem Einsparungspotential zu sprechen halte ich für zynisch. Dass sich Reorganisationsmaßnahmen sehr wohl rechnen ist ebenfalls dem Rechnungshofbericht am Beispiel der Oberösterreichischen GKK zu entnehmen. Eine Kostenoptimierung mit schlankerer effektiver Verwaltungsstruktur muss angestrebt werden.

4) (Verwaltungseinsparungen)
Als wesentlicher Teil der Gesamtversorgung hat sich auch das System der regionalen Selbstverwaltung bislang bewährt. Einer offenen Diskussion über eine überregionale berufsunabhängige Zusammenlegung der Kassen verschließe ich mich jedoch nicht.

5) (Krankenkasse für MigrantInnen)
Ich bekenne mich zum Wesen einer sozialen Krankenversicherung und ihrem Solidaritätsprinzip. Einer Aushöhlung nach rein ökonomischen Gesichtspunkten muss entschieden entgegengetreten werden.

6) (Sinkende Lohnquote)
Wie erwähnt bleiben die anteiligen Gesamtausgaben im Gesundheitssystem mit etwa 10% des BIP konstant. Von einer Kostenexplosion kann also keinesfalls die Rede sein.
Ein rein ausgabenseitiges Sanierungskonzept, als Gesundheitsreform der letzten Bundesregierung präsentiert, geht an der Realität vorbei.
Es ist Aufgabe der Politik den Krankenversicherungsträgern durch entsprechende gesetzliche Regelungen die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Konkret ist an eine adäquate Anhebung der Hebesätze, eine partielle Zweckbindung der Tabak- und der Alkoholsteuer sowie eine Wertschöpfungsabgabe zu denken, erst in zweiter Linie an eine Harmonisierung der Selbstbehalte unter Berücksichtigung der jeweiligen Kassenleistungen. Die langfristige Sicherung unseres Gesundheitssystems hat höchste Priorität.

7) (Gestiegene Medikamentenpreise)
Die Nutzung von Medikamenten ist kostengünstig und effektiv zu gestalten.
Bei vertretbarem administrativem und bürokratischem Aufwand wünsche ich mir eine bedarfsorientierte Medikamentenabgabe an den Patienten, von diesem einen verantwortungsvollen Umgang. Derzeit landen 40% der verschriebenen Medikamente im Müll. Ärzte sind bereits in ein enges Verordnungskorsett gezwängt, dennoch erwarte ich eine gesteigerte Resistenz Marketingstrategien der Pharmafirmen gegenüber.

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