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Österreichische Exzentriker und Typen
Sonntag, 8. Juni 2008
Hans Veigl: Einzelgänger & Exzentriker. Außenseiter wider den Zeitgeist, Böhlau Verlag 2008, ISBN-10: 3205777107, 267 Seiten, 24,90 Euro

Traditionell gelten von jeher die Britischen Inseln als der Hort schlechthin von skurrilen Figuren, die durch Verhalten und Kleidung unter ihren Zeitgenossen Verwunderung auslösen. Von ihnen künden nicht nur literarische Werke, sondern auch zahlreiche Biografien, wie jene von Edith Sitwell, in der sie diese Exzentriker in Schutz nimmt, die nicht verrückt seien, sondern sich in „mit einer Art sonderbaren Stolzes als Genies oder Aristokraten von der Masse abheben wollen“.
Allerdings haben die Engländer kein Monopol auf Merkwürdigkeit und finden sich auch in der österreichischen Geschichte viele von seltsamen Existenzen, wie Hans Veigl in seinem neuen Buch zeigt. In den vergnüglich formulierten Lebensbeschreibungen der „Einzelgänger und Exzentriker“ werden 14 Vertreter dieser sonderlichen Menschengattung stellvertretend für viele andere in den Blickpunkt gerückt. Der heute noch wahrscheinlich Prominenteste unter ihnen ist wohl der Dichter Grillparzer, dessen Reiseaufzeichnungen penibel Auskunft darüber erteilen, wie er 1843 als überlauniger und von Unpässlichkeiten heimgesuchter Tourist das östliche Mittelmeer und die Levante unsicher machte.
Die durch die Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte hervorgerufene Orientierung wirtschaftlichen Handelns am Shareholder Value führt zu einer schleichenden Unterhöhlung bisheriger Leib- und Magen-Ideologeme der kapitalistischen Gesellschaft, vor allem des „Leistungsprinzips“. Martin Schürz und Beat Weber weisen dies im eben bei Nausner & Nausner erschienenen „Fast Book 6“ anhand zweier einleuchtender Beispiele – der Entwicklung der Managergehälter und der Diskussion um die Erbschaftssteuer – nach: Beim besten Willen kann niemand mehr behaupten, Manager-Gehälter, die das Mehrhundert- bis Mehrtausendfache eines Durchschnittsgehaltes betragen, hätten auch nur peripher etwas mit der Leistung ihrer Bezieher zu tun; belohnt wird also nicht die Arbeit, sondern der Erfolg, der sich im Anstieg der Aktienkurse des Unternehmens äußert – wobei es die Manager-Eliten bis dato verstanden haben zu verhindern, dass ihre Gagen im Falle eines wirtschaftlichen Misserfolges sinken.
Die Privilegierung des Erbens als der leistungsfreiesten Form des Einkommens durch die Abschaffung der Erbschaftssteuer lässt sich hingegen auch nicht mit der „Erfolgs“-Argumentation verkaufen; hier müssen schon schwerere Geschütze aus dem Arsenal erzkonservativer Ideologiewaffen-Produktion auffahren: Erbschaft wird als eine familieninterne Angelegenheit dargestellt, in die sich die Gesellschaft nicht einmischen darf (und natürlich wird der ,kleine Häuslbauer‘, dessen Kinder von der Erbschaftssteuer ohnehin so gut wie gar nicht betroffen sind und gerade mal 3% zum Erbschaftssteueraufkommen beitragen, als Prototyp des Fiskus-Opfers dargestellt).
In zynischer Parallelität zur finanziellen Privilegierung der Eliten wird der Aufbau von Vermögen zur individuellen Absicherung als Alternative zum Wohlfahrtsstaat angepriesen; die Gesellschaft soll einer der „Eigentümer“ werden, Voraussetzungen zum dadurch versprochenen Glück ist unter anderem ausreichendes Wissen über die Finanzmärkte, meinen die neoliberalen Ideologen. Wer keine Anlagevorsorge fürs Alter trifft, hat in ihren Augen zu wenig Finanzkompetenz (und nicht etwa zu wenig Einkommen, um es mit Aktien zu verzocken). Damit wird die „Finanzbildung für alle“ zu einem konsensfähigen Teil der ohnehin positiv konnotierten Wissensgesellschaft – und das „Finanzbildungsbürgertum“ zum Leitbild. Entsprechende Bildungsprogramme werden zumeist von Finanzdienstleistern angeboten und oft von der öffentlichen Hand gefördert. Aber, so stellen Schürz und Weber lapidar fest: „Durch mehr Finanzbildung werden arme Menschen auch nicht reicher.“

    Österreichische Exzentriker und Typen

Hans Veigl: Einzelgänger & Exzentriker. Außenseiter wider den Zeitgeist, Böhlau Verlag 2008, ISBN-10: 3205777107, 267 Seiten, 24,90 Euro

Traditionell gelten von jeher die Britischen Inseln als der Hort schlechthin von skurrilen Figuren, die durch Verhalten und Kleidung unter ihren Zeitgenossen Verwunderung auslösen. Von ihnen künden nicht nur literarische Werke, sondern auch zahlreiche Biografien, wie jene von Edith Sitwell, in der sie diese Exzentriker in Schutz nimmt, die nicht verrückt seien, sondern sich in „mit einer Art sonderbaren Stolzes als Genies oder Aristokraten von der Masse abheben wollen“.
Allerdings haben die Engländer kein Monopol auf Merkwürdigkeit und finden sich auch in der österreichischen Geschichte viele von seltsamen Existenzen, wie Hans Veigl in seinem neuen Buch zeigt. In den vergnüglich formulierten Lebensbeschreibungen der „Einzelgänger und Exzentriker“ werden 14 Vertreter dieser sonderlichen Menschengattung stellvertretend für viele andere in den Blickpunkt gerückt. Der heute noch wahrscheinlich Prominenteste unter ihnen ist wohl der Dichter Grillparzer, dessen Reiseaufzeichnungen penibel Auskunft darüber erteilen, wie er 1843 als überlauniger und von Unpässlichkeiten heimgesuchter Tourist das östliche Mittelmeer und die Levante unsicher machte.
Über drei Jahrhunderte erstreckt sich das Spektrum der markanten Persönlichkeiten, die heute weitgehend in der Vergessenheit versunken sind: Hans Veigls Verdienst ist es, diese interessanten Lebensläufe in Form von mit vergnüglichen Anekdoten gespickten Skizzen für die Nachwelt zu schildern: Angefangen vom „Fremdworteindeutscher“ Johann Valentin Neiner, der als Nachfolger von Abraham A Santa Clara als Laienprediger wirkte, über den in Kraus’ Fackel verspotteten Cafehausbesitzer Ludwig Riedl bis hin zu „Wittgensteins Neffe“, der eigentlich ein Cousin zweiten Grades des berühmten Philosophen war. Tragische Schicksale, wie jene von Johann Klopstock, der als verarmter Buchhändler in Wien starb, und des Hellsehers Erik Jan Hanussen aus Ottakring, der nach der Nazi-Machtergreifung von seinen früheren Gönnern ermordet wurde, kontrastieren mit durchaus komischen Existenzen: etwa dem der Reichsgräfin Triangi, die als anerkannt schlechte Sängerin wie Musikerin trotzdem rauschende Erfolge auf den Kabarettbühnen Wiens feierte.
js

In Kopperation mit dem Böhlau Verlag Wien verlost KORSO 3 Exemplare dieses Buches beim KORSO-Kulturquiz unter www.korso.at

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