Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Zurück zur regionalen Nahrungsvielfalt
Mittwoch, 12. März 2008
Was essen wir und woher kommen unsere Lebensmittel? Fragen, die nur scheinbar leicht zu beantworten sind, wie Dr. Christian Vogl Ende Februar im Rahmen einer „Montagsakademie“ darlegte.

Der BOKU-Professor referierte im Kirchbacher KB5 (die Veranstaltung wurde live an verschiedene Orte in der Steiermark übertragen) über den unwiederbringlichen Verlust an alten Pflanzensorten und Tierrassen – eine gewisse Trendwende scheint sich inzwischen abzuzeichnen, das Interesse an der Kultivierung seltener Arten nimmt wieder zu.

Monotonie im Nahrungsplan. Mit der Industrialisierung verschwand weltweit die Kulturpflanzenvielfalt in einem atemberaubenden Tempo – so schätzt die FAO, dass im letzten Jahrhundert rund 75% der Sorten unwiederbringlich verloren gingen Ein ähnlich dramatisches Szenario zeichnet Christian Vogl auch für den Tierbereich: Allein in Österreich sind über 40 Nutztierrassen gefährdet und damit auch ihre wertvollen Eigenschaften wie Robustheit, Resistenz gegen diverse Krankheiten und ihre ausgezeichnete Fleischqualität.
Die zunehmende Verarmung unserer alltäglichen Ernährungsgewohnheiten in der scheinbar grenzenlosen Wunderwelt des Massenkonsums lässt sich anhand weniger Zahlen, so Vogl, eindrucksvoll demonstrieren: „Weniger als 30 Pflanzenarten sorgen heute für drei Viertel der weltweiten Versorgung mit Lebensmitteln. Im vergangenen Jahrhundert verschwanden weltweit an die 250.000 Pflanzensorten. Um 1900 wuchsen in Österreich noch ca. 3.000 bis 5.000 Apfelsorten – heute sind es nur mehr 400 bis 500; davon gelangt vielleicht ein knappes Dutzend bis in die Supermarktregale.“

Verlust an Kulturpflanzen. Die durch Ertragsmaximierung auf einseitige Monokulturen und Massentierhaltung ausgerichtete Agrarindustrie hat in wenigen Jahrzehnten die einstige Vielfalt an Pflanzen und Tierrassen an den Rand gedrängt. Damit wurden ein paar tausend Jahre Kulturgeschichte quasi vernichtet, erklärt Vogl: „Als die Menschen der Jungsteinzeit auf die Idee kamen, sich nicht allein auf das Sammeln und Jagen zu verlassen, entwickelten die Bauern und Bäuerinnen durch Auslese eine unüberschaubare Vielzahl von Kulturpflanzen und Nutztieren. Sie entdeckten dürre-
resistente Hirsen, kultivierten schnell und langsam keimende Kartoffeln, backfähiges, geschmackvolles Getreide, züchteten klein und großwüchsige Rinder, die sich ihrer Umgebung ideal anpassten und Schweine mit Wolle, damit sie auch im Freien gehalten werden konnten.“
Für eine Rückbesinnung ist es noch nicht zu spät, solange alte Sorten und Tierrassen in „Genbanken“ und „Arche-Höfen“ gesammelt und erhalten werden. Die zunehmende Nachfrage von Seiten der Konsumenten, die wieder mehr Qualität und eine breitere Auswahl verlangen, könnte deren Kultivierung schon bald wieder für mehr Landwirte interessant machen.
js

Infos: www.arche-austria.at, www.bio-austria.at

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