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Eine Frage der Interpretation
Archiv - Rezensionen
Dienstag, 14. März 2006
ImageEinen Tag nach dem Auftakt im Schauspielhaus werden am 24. März 2006 im Bildungshaus Schloss Retzhof vier weitere Produktionen aus der Reihe „Interpretationssache06" aufgeführt. „Romania 21" ist die schonungslose Abrechnung des 23-jährigen Autors Stefan Peca mit seinem Land, in dem nach dem Niedergang des kommunistischen Regimes jegliches Wertesystem zerstört ist und nur mehr der entfesselte Kapitalismus herrscht.
Die bulgarische Produktion „Dog House" von Youriy Datchev zeichnet ein scharfes Bild von menschlichen Beziehungsstrukturen, die auf gegenseitiger Abhängigkeiten basieren. Der Zuschauer wird Zeuge verzweifelter Versuche aus Isolation, Einsamkeit und Ich-Bezogenheit auszubrechen.

Interpretationssache 06", das traditionelle Literaturfest von UniT, steht heuer ganz im Zeichen der Internationalität. Die Kontakte zu den Autoren aus Weissrussland, Rumänien, Bulgarien, Finnland, den Niederlanden und Serbien wurden über das EU-Projekt JANUS geknüpft. Im Rahmen von JANUS werden insgesamt 16 Theaterstücke aus 15 europäischen Ländern übersetzt. Fünf davon sind noch im März zu sehen.

Spannender Übersetzungsprozess. Zuerst wird von einem professionellen Übersetzer eine Rohfassung des Stücks vorgelegt. Danach verpassen österreichische AutorInnen den Stücken den literarischen Schliff. Danach treffen sich die OriginalautorInnen mit den österreichischen AutorInnen, um sich im letzten gemeinsamen Arbeitsschritt über das jeweilige Stück auszutauschen und letzte Änderungen vorzunehmen.

Termine. Dar erste Stück, das dieses sensible Prozedere durchlaufen hat, ist am 23. März 2006 im Schauspielhaus Graz zu sehen. Andrei Kureichyk zeigt in „The sky" das Leben von Jugendlichen im diktatorischen System Weißrusslands. Der Kampf um persönliche Freiräume und das Scheitern daran stehen im Zentrum des Schauspiels. Kureichyk weiß, wovon er schreibt: Normalerweise veröffentlicht er seine Stücke ausschließlich unter einem Pseudonym. Durch seine Kritik am Regime ist er in Weißrussland von Repressionen bedroht.

Die niederländische Autorin Judith de Rijke erstellt in ihrem Stück „Pens" ein groteskes Familienpsychogramm. Lilly wurde an ihrem 13. Geburtstag von ihrer Mutter getötet und spukt seitdem als Techno-Engel mit faulen Zähnen, Flügeln und einem Propeller am Rücken in einem Tulpenschuppen.

Der serbische Beitrag stammt von Anna Lasic. „Nowhere" wird in englischer Sprache aufgeführt und zeigt irrlichternde Szenen aus der Identitätssuche einer Autorin. Es wird in Schwebe gelassen, ob der Zuseher Zeuge äußerer, realer oder innerer Befindlichkeiten ist.

Das sechste und letzte Stück aus der Reihe „Interpretationssache 06" wird erst im Herbst im Literaturhaus Graz zu sehen sein. Anlässlich der Präsentation der Zeitschrift „Lichtungen", in der alle Theaterstücke publiziert werden, wird „Kokkola" von der finnischen Autorin Leea Klemola aufgeführt. „Kokkola" beschreibt auf tragikkomische Weise das Leben im hohen Norden.

Karten für die Aufführung am 23.3.2006 um 20 Uhr sind direkt beim Schauspielhaus erhältlich. Unter der UniT-Telefonnummer (0)316 380 7480 werden Reservierungen für das Literaturfest im Schloss Retzhof am 24.3.2006 ab 18.30 angenommen.

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