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Medienkunsthauptstadt in Second Life |
Dienstag, 11. September 2007 | |
Die 3D-Infrastruktur Second Life wurde seit 1999 von Linden Lab in San Francisco entwickelt. Das erklärte Ziel war es, eine Welt ähnlich dem „Metaversum“ zu schaffen, wie es Neal Stephenson in seinem Roman Snow Crash (1992) beschreibt: Eine von Benutzern gestaltete und bestimmte virtuelle Welt, in der Menschen interagieren, spielen, Handel treiben oder, allgemeiner, auf vielfache Weise miteinander kommunizieren können. Die erste Präsentation von Second Life fand im Sommer 2002 statt, im Herbst des Jahres begann eine Betatestphase und seit dem 24. Juni 2003 ist Second Life online. „Inseln“ Graz und Styria. Für das Medienkunstlabor am Kunsthaus Graz hat der Grazer Künstler Heribert Hirschmann ein Projekt in progress unter dem Titel Terra Byte entwickelt. Seit Mitte August existiert nun in Second Life (SL) die „Insel“ Graz, die Hirschmann in Form virtueller Earth Works errichtet hat und die in folgenden Ausbauphasen zur Medienkunsthauptstadt Graz erweitert werden soll. Bisher führt über die noch sehr karge Insel eine Treppe mit 200 Stufen zum 500 Meter hoch gelegenen Skywalk auf die Grazer Nordwand. Unterirdisch besteht eine Verbindung – mit Labyrinth – zur ebenfalls in Entstehung befindlichen Nachbarinsel Styria. Mit dem Aufbau dieser zweiten Insel sind Studenten des Instituts für Informationssysteme und Computermedien der TU Graz unter Leitung von Prof. Dr. Frank Kappe befasst. Das Styria-Projekt mit Nachbildungen von Schloßberg und Uhrturm ist in erster Linie darauf ausgerichtet, den Auftritt von Medienunternehmen in SL zu untersuchen. Vorlesungen in Second Life. Nachdem, wie auch kürzlich auf dem Technologieforum Alpbach publiziert, sich Geschäftsmodelle nach einem ersten Hype als kaum zukunftsfähig erweisen und vor allem auch die Rechtssicherheit problematisch bleibt, sieht Frank Kappe sein Untersuchungsfeld vor allem im „Ausloten von Kommunikationsmöglichkeiten“. „Jedenfalls“, hält der Professor für zukunftsweisende Medientechnologien fest, „funktioniert SL besser als herkömmliche Chat-Foren“. In diesem Sinn kann SL in seiner derzeitigen Form als Experimentierfeld für User betrachtet werden, die sich auf weiter entwickelte Nachfolgesysteme vorbereiten. „Wenn man darauf wartet, bis die Technologie perfekt funktioniert, hat man jedenfalls einen Erfahrungsrückstand.“ An der TU hält Kappe Einführungsvorlesungen für Programmieren, die inzwischen von etwa 600 Studierenden belegt werden und damit sind die vorhandenen Raumkapazitäten ausgefüllt. In nächster Zeit sollen deshalb Konzepte für virtuelle Vorlesungen entwickelt werden und die Strukturen von SL könnten dazu herangezogen werden. Natürlich stehen hier Fragen um Kommunikationsmöglichkeiten im Vordergrund und es wäre nicht sinnvoll, virtuelle Gebäude als Schauobjekte zu errichten. Virtuelle Ateliers, Kunst in SL. Heribert Hirschmann dagegen möchte mit der Medienkunsthauptstadt in SL KünstlerInnen Grundstücke beziehungsweise „Ateliers“ kostenfrei zur Verfügung stellen, auf oder in denen „im Real Life nicht mögliche Arbeiten realisiert werden können“. Und hier scheiden sich in vieler Hinsicht die Geister. Beispielsweise existieren in SL bereits diverse Galerien, deren Auftritt aber wohl nicht anders als konventionell, im Sinn erweiterter Websites, bezeichnet werden muss und die ihren Zweck als Showroom oder eben virtuelle Geschäftsauslage mehr oder weniger erfüllen mögen. Wie KünstlerInnen – als Avatare? – virtuelle Ateliers nützen könnten, ist eine Frage, die vielleicht selbst als konzeptuelles Kunstwerk beantwortet werden sollte. Und warum KünstlerInnen bei gegebenenfalls schon entwickelten Konzepten den virtuellen Standort Graz in SL präferieren sollten, kann hier ebenfalls nicht beantwortet werden, abgesehen von dem naheliegenden Kriterium größtmöglicher Öffentlichkeit. Eine SL-spezifische Kunstform, die über visuelle Präsentationsmöglichkeiten und Upload von Datenmengen hinaus reicht, vielleicht analytisch kritische Komponenten zwischen Realität und Virtualität aufweist, gilt es wohl erst zu (er-)finden. Die systemimmanenten Grenzen sind jedenfalls durch die von Linden Lab zur Verfügung gestellten Werkzeuge gezogen. Zugang mit schnellen Datenleitungen findet man unter http://slurl.com/secondlife/Graz/214/203/60 . Derzeit und noch bis zum 12. Oktober betreiben die AktivistInnen des freien Internetz-Projektes Funkfeuer Graz das Medienkunstlabor als freie Versuchsstation mit Diskussionen und Forschung um das Thema freie Netzwerke. Jeden Mittwoch, ab 20.00 Uhr, lädt Funkfeuer außerdem zum Jour Fixe, wo KnotenbetreiberInnen aktuelle Projekte des Labs präsentieren. Weitere Informationen bietet http://lab.graz.funkfeuer.at
Wenzel Mraček
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