Gemeinsamer Protest gegen geplante Kürzungen beim Nahverkehr (v. li.): Fritz Ploner (ÖGB), Horst Schachner (GdE), Bgm.-Stv. Walter Ferk, Walter Haas (ÖGB), Franz Fromm (AK Steiermark)
Die Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE) warnt vor der drohenden Verschlechterung des öffentlichen Personennahverkehrs: Die Finanzierung des Nahverkehrs soll nach Plänen von Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka per Gesetz vom Bund auf die einzelnen Bundesländer übertragen werden.
Wenn diese auch von Minister Hubert Gorbach angedachte Reform über die Neuordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (ÖPNRV-G), das Anfang März vom Verkehrsministerium in die Begutachtung geschickt wurde, auch vom Parlament beschlossen wird, drohen dem Nahverkehr in vielen Regionen massive Einschnitte. Um bereits im Vorfeld die Interessen der PendlerInnen und ArbeitnehmerInnen zu schützen, protestierten der ÖGB und die Arbeiterkammer Steiermark mit der Informationskampagne „Österreich steht auf der Straße ohne Bus und Bahn" gegen die Folgen der Sparpolitik.
Ziellose Verkehrspolitik von Seiten des Bundes. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Bundesmittel für den öffentlichen Nahverkehr auf dem Stand von 2003 eingefroren und auf die einzelnen Bundesländer aufgeteilt werden sollen. Der ÖGB befürchtet als Folge dieser „Umstrukturierung" gravierende Verschlechterungen des Angebots für die zigtausenden Pendler, etwa im Großraum Graz, und damit die Gefährdung eines bislang weitgehend abgesicherten Grundangebots, erklärte der ÖGB-Landesvorsitzende Horst Schachner im Rahmen einer Pressekonferenz. Diese Maßnahme würde nicht nur eine Verkleinerung des Angebots an Bus- und Bahnlinien und zusätzliche Belastungen für die Länderbudgets, sondern „auch einen Stopp des Nahverkehrausbaus gerade in Zeiten steigender Feinstaubbelastung" nach sich ziehen, betonte Bgm.-Stv. Walter Ferk mit Hinsicht auf die Pläne der Bundesregierung kritisch. Außerdem würden Städte und Gemeinden bei Verteilung der Mittel im Gegensatz zu den Ländern gänzlich leer ausgehen, so werde sich nicht einmal eine Aufrechterhaltung des bestehenden Angebots in Graz finanzieren lassen – geschweige denn eine Verbesserung.
Landespolitik ablehnend. Äußerst kritisch bewerten auch die zuständigen Landespolitiker die geplanten Einschnitte in den öffentlichen Verkehr. LH Mag. Franz Voves lehnt den Rückzug des Bundes aus seiner Verantwortung entschieden ab, da es zu einer enormen Überwälzung von finanziellen Lasten und Risken auf die Länder kommen würde. Man sei zwar weiter gesprächsbereit, eine Zustimmung der Länder werde es aber derzeit nicht geben. Voves betonte darüber hinaus, dass die Diskussionen rund um die Privatisierung des öffentlichen Verkehrs, d.h. die Zugrundelegung rein betriebswirtschaftlicher Kriterien, von Seiten der SPÖ keine Zustimmung finde. Die zuständige Landesrätin Mag. Kristina Edlinger-Ploder weist die Übernahme des Nahverkehrs durch die Länder ebenfalls kategorisch zurück: „Bereits in der abgelaufenen Regierungsperiode wurde ein gemeinsames Vorgehen mit den anderen Bundesländern beschlossen. Eine ablehnende Stellungnahme zu den Plänen ist am 28. Februar nach Wien ergangen, denn der Bund kann sich nicht einfach auf Kosten der Länder verabschieden." Weitere Mängelwirtschaft droht. Verkehrsexperte Franz Frömmel von der AK fordert in Anbetracht des stetig zunehmenden PKW-Verkehrs, den schnellen Ausbau des Stadtgrenzen übergreifenden öffentlichen Verkehrs: „Ein ausgebautes S-Bahnsystem wird für die Zukunft der Stadt Graz eine entscheidende Rolle spielen." Stattdessen herrscht bereits jetzt an allen Enden Mangel und die Qualität der Versorgung sinkt: So fehlen nach Angaben von Schachner allein in der Steiermark bereits jetzt 28 Mio Euro für den Erhalt des öffentlichen Verkehrs – und das bei einem Landesbudget für diesen Sektor von insgesamt 20 Mio Euro. Durch die „Verländerung" des öffentlichen Nahverkehrs droht zudem ein Kompetenzenchaos: Kein Politiker wird in Zukunft für die Koordination der überregionalen Verkehrsverbindungen zuständig sein. Als unausweichliche Folge mangelnder Abstimmung zwischen den Verbindungen sehen Experten vom VCÖ ein Anschwellen des Individualverkehrs mit dem Auto. Walter Haas, der Ortsgruppenvorsitzende der Ortsgruppenvorsitzende der GdE, fordert daher im Interesse der 300.000 Berufspendler sowie der Schüler und Pensionisten ein Gesamtkonzept für den öffentlichen Verkehr nach Schweizer Vorbild: „Am Beispiel der Schweiz sieht man, dass der Öffis umso stärker angenommen werden, je attraktiver die Angebote sind. Dadurch wird auch die Kostendeckung deutlich besser." Er fordert die SteirerInnen auf, für ihre Bus- und Bahnlinien zu voten: Unter www.busundbahn.at bzw. Tel. 0820/919220 (max. 20 Cent/Min.) kann man seine Stimme für den Erhalt eines effizienten Nahverkehrs abgeben.
» 1 Kommentar
1"Wehrt Euch gegen eine Bahnreform!" am Donnerstag, 1. Januar 1970 00:33
In Deutschland ist diese Politik voll gegen den Baum gegangen. Setzt Euch für Eure Bahn ein, so gut wie sie jetzt ist, wird sie nach einer Privatisierung nie wieder sein. Wie solche Dinge in der Realität ausgehen,und welch makabere Blüten und Mittelverschwendung eine Bahnprivatisierung hervor bringt, kann sehr schön nachgelesen werden in ,,Eisenbahner in Absurdistan" als E-Book erhältlich. M.f.G. B.Koch BRD
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