Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Tourismus „wissenschaftlich“ betrachtet
Mittwoch, 11. Juli 2007
Constanze Dennig: ‚homo touristicus‘. Satire. Wien: Verlag Der Apfel. 92 Seiten. 11,90 Euro. ISBN 13: 978-3-85450-228-9

Die Grazer Autorin Constanze Dennig wirft in im satirischen Essay ‚homo touristicus‘ ihren ironischen Blick auf eine ganz spezielle Gattung von Menschen, die erst in den vergangenen Jahrzehnten als eigenständige Lebensform in größerer Anzahl Verbreitung gefunden hat: den gemeinen Touristen in allen seinen Spielarten.
Dabei bietet der schmale Band mehr als nur eine der üblichen Satiren mieselsüchtigen wie skurrilen Österreichertums: Der Bogen spannt sich vom Seminarkabarett über eine barocke Temperamentenlehre bis hin zur pseudowissenschaftlichen Exaktheit des digitalen Zeitalters in Form statistischer Auswertungen, die erst durch die Erfindung des Rechenknechts ermöglicht wurde.
Der fiktive Herausgeber der Studie Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. Verdutzi Lothar [sic!] widmet sich mit Inbrunst seiner absonderlichen Wissenschaft: der Katalogisierung des „Homo touristicus“.
Nicht ganz einfach ist die Unterscheidung des Touristen zunächst vom arbeitenden Menschen (homo laborensis), der trotz möglicher Ortswechsel das Reisen hasst und das auch „in seiner Dienstzeit durch ostentativ herabhängende Mundwinkel zur Schau stellt“, während sich der wahre Tourist gut gelaunt mit „Schirmkappe, Häschenrucksack und Sonnenschirm“ bewaffnet am Flughafen einfindet und sich mit Mayonnaise-Sandwiches bekleckert.
Die Typenvielfalt startet mit dem versnobten ‚homo golfiensis‘, der seine Reislust mit politischer Korrektheit unter einen Hut bringt, indem er „das Bruttonationalprodukt unterentwickelter Länder steigert“ und hilft, dass der „Greenkeeper in Rwuanda seine hungrigen Mäuler stopfen kann“. Am unteren Ende der Skala rangieren freilich der ‚homo prolensis‘ und der ‚homo prolensis ultimus‘, die sich durch den Heineken-Index (Bierkonsum) leicht zuordnen lassen. Ein entsprechender Selbsttest, der den praktischen Gebrauchswert der Lektüre steigert, findet sich folgerichtig im Buch. Nicht nur im Urlaub, der ausreichend Anschauungsmaterial liefert, ein vergnüglicher wie bildender Zeitvertreib.
Josef Schiffer

» 1 Kommentar
1"constanze dennig"
am Donnerstag, 1. Januar 1970 00:33von Gast
herzlichen dank für diese tolle kritik!!! 
das freut das herz des dr. verdutzi lothar! 
liebe grüße constanze dennig
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