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AUFGEFALLEN: Sind geschiedene Väter die „neuen Scheidungswaisen"?
Archiv - Soziales
Imagevon Christian Theiss, Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark

Gesetzlich ist bei einer Scheidung/Trennung der Eltern mit der Übertragung der Obsorge der Kinder auf einen Elternteil oder der Beibehaltung der gemeinsamen Obsorge alles geklärt. Die Praxis zeigt uns jedoch, dass sich in vielen Fällen kaum noch etwas ohne Hilfe von Jugendamt und Pflegschaftsgericht regeln lässt.

Nicht bewältigte Trennungsprobleme werden, gut verpackt in Form von unterbundenen Besuchzeiten u.ä., gnadenlos auf den Rücken der Kinder ausgetragen und Schuld hat immer der böse andere. Gehandelt wird meist frei nach dem Motto: Wenn einer nicht will, dann geht gar nichts. Auf die Problematik angesprochen, ist sich kaum jemand eines Fehlverhaltens bewusst und alle wissen sofort, wie es gehen muss:
• In jedem Fall sollte ein vernünftiges, emotionsfreies und respektvolles Gesprächsklima zwischen den getrennten Eltern herrschen, damit Kindern noch ein klein wenig von dem bleibt, was ursprünglich einmal „Familie" für sie bedeutet hat.
• Weder die Obsorge noch die Besuchszeiten sollten als „Stellvertreterkrieg" missbraucht werden, um bei Kindern nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, sich für einen Elternteil entscheiden zu müssen. Kinder geraten so in einen Loyalitätskonflikt und nehmen eine verteidigende Rolle an, die sie emotional überfordert.
• Vereinbarte Besuchszeiten – und wir sprechen hier von Uhrzeiten – sollten von beiden Elternteilen eingehalten werden, denn der Wechsel vom einen zum anderen Elternteil verursacht Kindern gerade während der Anfangszeit enormen Stress.
• Beide Elternteile sollten akzeptieren, dass die Kinderwochenenden großteils Eventwochenenden sind und sich somit sehr vom Alltag unterscheiden.
• Auch wenn sich der „verwaiste Elternteil" nicht 100%ig mit der Erziehung des anderen einverstanden erklären kann, sollte dies nie in Anwesenheit der Kinder diskutiert werden und schon gar nicht mit dem Kind alleine. Im „schlimmsten Fall" gehen Kinder den Weg des geringsten Widerstandes und könnten dadurch in Versuchung geraten, die Eltern gegen einander auszuspielen.
• Der/die neue PartnerIn sollte sich zumindest in der ersten Zeit aus allen Erziehungsfragen heraus halten. Und erste Zeit bedeutet nicht „nur" die ersten Monate.

Wenn diese wesentlichen Punkte eingehalten werden, dann lassen sich die „neuen Scheidungswaisen" – und das sind meist die Väter – leichter vermeiden. Immer vorausgesetzt, es gab bereits vor der Trennung eine tragfähige Vater-Kind-Beziehung. War dem nicht so, dann fordert es vom Vater ein erhöhtes Maß an Engagement, um die notwendige Nähe und das Vertrauen aufzubauen. Aussichtslos ist es nie – vorausgesetzt beide Elternteile lassen es zu und vergessen nicht, dass Kinder ein Recht auf Vater und Mutter haben, egal wie deren Lebenssituation geregelt ist (UN-Kinderrechtekonvention, Art. 9, Abs. 3).

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