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Aufgefallen: Die Schubladen unseres Bildungssystems
Archiv - Bildung
Image von Christian Theiss, Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark

Wie viel Bildung braucht der Mensch nun tatsächlich und in welchem Alter sollte damit begonnen werden – mit der Ausbildung unserer Kinder? Ein „Genug" gibt es hier nicht, eher ein „Zuwenig" – und davon haben wir, wie es aussieht, genug. Die Regierung ist sich uneins und Termini wie Gesamtschule, Ganztagsschule, alternative Schulsysteme, Vorschule und Frühförderung sind die Aufreger, mit denen mehr oder weniger geistreich jongliert wird.

Passt die Koalitionsregierung nicht auf, kann es geschehen, dass sie über das Aufregen nicht hinaus kommt, da ihr die Zeit davonlaufen wird – denn die nächste PISA- oder OECD-Studie kommt bestimmt, und man darf gespannt sein, was bis dahin an sichtbaren Änderungen möglich war/ ist. Das Entsetzen der Fachwelt über das schlechte Abschneiden von Österreichs Schülern war groß, jedoch die Schublade, in welcher dieses mitsamt den Vorschlägen für Veränderungen verschwand, war noch größer – z.B. liegt der Vorschlag der Zukunftskommission, „die Ausbildung der KindergartenpädagogInnen auf akademisches Niveau anzuheben", anscheinend dort gut behütet – die Kinder sind uns doch das Wichtigste, die Ausbildung scheinbar nicht. Die Studienergebnisse, dass von 9.000 Kindern jedes zweite Kind einen zu geringen Wortschatz hatte, Grammatikfehler machte oder keine richtigen Sätze bilden konnte, lässt uns auch nicht jubeln.
Zum Schulbeginn 2006/2007 waren ca. 9.000 Erstklassler aufgrund von mangelhaftem Deutsch nicht in der Lage, dem Unterricht zu folgen. Bei diesen Zahlen ist es nur zu verständlich, wenn die OECD Österreich die dringende Empfehlung gibt, einen Großteil der Bildungsausgaben in Richtung Kindergärten fließen zu lassen.
Stellungnahmen von bundespolitischer Ebene wie „Wir haben ja schon Gesamtschulen im Schulversuch" und „Wir müssen nebeneinander verschiedene Bildungsangebote hegen und pflegen. Ich habe zum Beispiel großen Respekt vor manchen alternativen Schulformen. … Aber ich bin dagegen, ein einziges Modell für alle vorzuschreiben" lassen vermuten, dass man, obwohl es sich um ein und dieselbe Partei handelt, in der Steiermark bereits wesentlich intensiver, offener und fortschrittlicher über eine große Schulreform nachgedacht hat ,als dies in Wien der Fall zu sein scheint.
Das Schwarz-Weiß-Denken ist es, das uns in den Jahren zuvor in eine Bildungseinbahn geführt hat, und es ist auch ein kleines, aber gutes Beispiel für jene Zweiklassengesellschaft, die immer wieder in Abrede gestellt wird. Das alternative Schulsystem ist ein Privileg, das ab dem gehobenen Mittelstand leistbar wird. Wir haben 1,2 Millionen Schüler österreichweit, und davon sind nur 4.000 in alternativen Schulsystemen untergebracht, obwohl ein PISA-Check ergab, dass Schüler aus alternativen Schulsystemen bei diesem oft besser abschneiden als jene aus öffentlichen Schulen. Wobei die Frage nach dem WARUM entscheidend ist. Und dieses Warum führt immer wieder zu den selben Antworten: Gut ausgebildete, engagierte LehrerInnen, Freiraum zum Unterrichten und Lernen, offene Lernräume, gemischte, kleine Schulklassen, integrative Lehrmodelle, fröhliche Kinder, Schul-Unterrichtsmodelle, die die Arbeitswelt der Eltern mitbedenken (Öffnungszeiten, Spiel- und Freizeiträume, Versorgung, …), keine Zusatzkosten, die Bildung erst ermöglichen, …usw. usf. Mehr dazu ist z.B. bei der Zukunftskommission nachzulesen. …und neuerdings von steirischen PolitikerInnen (aller Farben), die ihre Schubladen geöffnet haben und mit sehr erfreulichen innovativen und mutigen Ideen auftrumpfen, die unbedingt Gehör finden müssen – denn sie geben damit zu verstehen, dass die Stimmen der Kinder im Unterricht und im Bildungsplan nicht untergehen dürfen.

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