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Vom Ölhunger in die Holzkrise?
Archiv - Nachhaltigkeit und Ökoland
Donnerstag, 7. September 2006
ImageDer unerschöpfliche Vorrat an heimischen Holzressourcen wird nur dann reichen, wenn wir in vernünftig einsetzen und nicht verschwenden.

Die anhaltend hohen Öl- und Gaspreise haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass sich Holzheizungen auch in Privathaushalten wieder rapide zunehmender Beliebtheit erfreuen. Der Boom zur Biomasse kam unerwartet und sorgte für Jubelstimmung unter Umweltschützern wie Waldbauern. Die optimistischsten Szenarien der Politik bezüglich Einhaltung der Kyoto-Ziele wurden ebenso übertroffen wie die kühnsten Absatzerwartungen der Hersteller von Heizsystemen.

Doch das scheinbar wölkchenlose Image der „Biomasse“ wird in letzter Zeit durch verschiedene Faktoren empfindlich getrübt: Es zeigt sich, dass Energieholz, v.a. in Form von Pellets, nicht immer in ausreichender Menge verfügbar ist. Mitverantwortlich für Engpässe ist der Holzhunger der verarbeitenden Industrie, denn für Herstellung von Spanplatten und Papier wird derselbe Grundstoff benötigt.
Seit einigen Monaten sorgen empfindliche Preissteigerungen bei Pellets für verärgerte Konsumenten, die sich fragen, ob sie dem „Ökoschmäh“ aufgesessen sind. Bestärkt wird die Verunsicherung durch Berichte, nach denen sich die Big Players unter den Energiekonzernen zunehmend im gewinnträchtigen Bioenergiesektor engagieren.

ImageLWK-Präs. Gerhard Wlodkowski


Rückgang der Importe für Verknappung verantwortlich. „Die derzeitige Holzknappheit ist aber nur zum geringsten Teil ein hausgemachtes Phänomen“, stellt der steirische Landwirtschaftskammerpräsident Gerhard Wlodkowski klar. Der Hauptgrund für die Holzverknappung liegt in den stark rückläufigen Holzimporten aus Deutschland und Tschechien, denn die lokalen Sägeindustriebetreiber (die v.a. aus Österreich stammen) haben an diesen Standorten enorme Produktions-Kapazitäten aufgebaut. Die Importe sind gegenüber dem Vorjahr von 6,5 auf etwa 2 Mio. Festmeter zurückgegangen, was knapp einem Viertel der im Inland verarbeiteten Mengen entspricht.
Daneben hat der extrem lange Winter heuer für eine stark verringerte Holzernte im Inland gesorgt, deren Folgen nun spürbar werden. Die Tendenz beim Rundholzpreis zeigt daher weiter nach oben, dies aber nicht ohne Berechtigung, wie Wlodkowski zu bedenken gibt: „Nach Jahrzehnten stagnierender Holzpreise müssen diese endlich steigen, um den Holzabsatz für die Waldbesitzer wieder rentabel zu gestalten. Nur dadurch wird es ermöglicht, jene Waldgebiete zu nutzen, wo aufgrund des steilen Geländes die Erntekosten bisher zu teuer sind.“

Forstwirtschaft will Holzreserven mobilisieren. Trotz temporärer Versorgungsprobleme scheint Holz aber nach wie vor ein nahezu unerschöpflicher Rohstoff zu sein: Die Forstflächen nehmen durch die Verwaldung von Almen ständig zu und immer noch bleibt mehr als ein Drittel des jährlichen Zuwachses in Österreichs Wäldern ungenutzt.
Andererseits zeigt die Entwicklung seit dem Jahr 2000, dass zusätzliche Nutzungspotenziale im Wesentlichen nur noch im klein strukturierten Waldbesitz vorhanden sind, da die Forstgroßbetriebe, wie die Bundesforste, bereits am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten. „Die Erwartungshaltung, dass Millionen Festmeter Importholz schlagartig ersetzt werden können, ist aber nicht real“, betont Winfried Eberl, Direktor der Landwirtschaftskammer Steiermark. Trotz der schwachen Preisentwicklung haben die steirischen Waldbesitzer im Jahr 2005 immerhin um 900.000 Festmeter mehr als 2000 geschlägert, was einer Steigerung von rund 20 Prozent entspricht.
Mit Hilfe eines Aktionsplans will die Landwirtschaftskammer die Holzversorgung für Industrie- und Energiebedarf auch weiterhin sicherstellen. Die vielen Kleinwaldbesitzer, die knapp ein Viertel der Waldflächen bewirtschaften, sollen durch die Beratung von professionellen Waldmanagern und das Angebot von Maschinenringen dazu animiert werden, ihre teils jahrelang brachliegenden Holzbestände zu nutzen.


ImageDr. Horst Jauschnegg

Steigende Preise auch im Energieholzsektor. Die Preisentwicklung am Holzmarkt blieb auch für Energieholz nicht ohne Folgen. Die Forstwirtschaft will es aber nicht auf sich sitzen lassen, dass die Versorgung mit Hackschnitzeln und Scheitholz an ihr scheitern könnte, daher errichten die regionalen Waldverbände steiermarkweit Biomasselager. Damit soll im kommenden Winter zusätzliches Energieholz für den Wärmemarkt zur Verfügung gestellt werden.
Bei den Holzpellets sieht die Situation etwas komplexer aus, da nur wenige Erzeuger den Markt beherrschen – Preiserhöhungen von mehr als 50 Prozent innerhalb eines Jahres von knapp 150 auf über 230 Euro je Tonne haben die gute Stimmung der Anhänger ökologischen Heizens gründlich verdorben, auch angesichts der vollmundigen Werbebotschaft der Marketingplattform proPellets: „Pellets sind nicht nur wesentlich kostengünstiger als Heizöl und Gas, sondern auch preisstabil.“

Biomasse noch immer günstiger als Fossilenergie. Die steirischen Erzeuger, wie Holzindustrie Leitinger, weisen darauf hin, dass die extremen Tiefstpreise im Jahr 2005 durch enorme Überkapazitäten bewirkt worden seien und daher nur bedingt vergleich bar seien. In den Jahren davor habe der Tonnenpreis auch mehrfach über der 200 Euro-Schwelle gelegen, überdies sei durch den Aufbau neuer Produktionsanlagen mit einer weiteren Entspannung auf dem Pelletssektor im kommenden Jahr zu rechnen.
Noch liegt man mit Pellets deutlich günstiger, betont Energieexperte Dr. Horst Jauschnegg von der Landwirtschaftskammer: „Vor drei Jahren war das Heizen mit Pellets noch teurer als mit Heizöl, derzeit spart man immer noch knapp 30 Prozent ein, vor allem dann wenn man eine Biomasseheizung von Haus aus mit einer Solaranlage kombiniert hat.“

ImageDr. Günter Wind
 
Energieverschwendung mit System. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr nicht nur für die preisliche Entwicklung, sondern auch für die Reputation der Biomasse kommt allerdings von unerwarteter Seite: Sie geht von den als Musterprojekte gepriesenen Biomasse-Verstromungsanlagen aus.
Die Ökostrom-Verordnung fördert sie mit erhöhten Einspeisetarifen für Strom, aber fast alle Anlagen sind viel zu groß, um auch die anfallende Wärme sinnvoll verwerten zu können. Dr. Günter Wind, Obmann des Klimaschutzvereins panSol warnt daher: „Allein der Holzhunger dieser Anlagen wird den Brennholzbedarf, wie z.B. derzeit  im Burgenland, binnen kurzer Zeit nahezu verdoppeln.“
Wenn das Tempo dieser Verschwendung weiter zunimmt, wird auch das scheinbar unerschöpfliche Holzreservoir unseres Landes zur Lösung der Energieprobleme nicht ausreichen – selbst bei intensivster Nutzung können heimische Ressourcen nur etwa 30 Prozent des derzeitigen Energiebedarfs decken.    

Josef Schiffer

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