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  Die korso – Sonderausgabe für sozial Tätige und Engagierte
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Integration statt Ausgrenzung in der Pflege

 

 

Die Integration der EU zum gemeinsamen Wirtschaftsraum schreitet unaufhaltsam voran, und niemand würde ernsthaft bestreiten wollen, dass dieser Prozess bei allen inhärenten Mängeln nicht auch mit so manchen Vorteilen verbunden ist. Anders als in der Wirtschafts- und Währungsunion klappt jedoch die Harmonisierung der Sozialsysteme zwischen den Mitgliedsländern noch nicht wirklich: Die ersten Ansätze dazu wirken bescheiden und der politische Wille scheint auf diesem Gebiet nicht dieselbe Entschlossenheit zu zeigen, wie er bei ökonomischen Interessen zu beobachten ist.

Auf einer internationalen Fachtagung, die am 22. und 23. April 2005 an der FH Joanneum in Eggenberg abgehalten wurde, präsentierten die Teilnehmer erste Ergebnisse des EU-Forschungsprogramms CARMA (care for the aged at risk of marginalization) und diskutierten politische Handlungsmöglichkeiten auf lokaler sowie internationaler Ebene. Das unter der Koordination des österreichischen Projektpartners COMPASS Sozial- und Gesundheitsverein stehende mehrjährige Projekt widmet sich der Ergründung und Analyse für Ursachen, die eine Ausgrenzung von älteren pflegebedürftigen Menschen in den einzelnen Versorgungssystemen zur Folge haben.

„Lehrreiche Abweichungen“
In vier der teilnehmenden Länder (Österreich, Italien, Belgien und Nordirland) – unterstützend fungierten wissenschaftliche Institute aus Deutschland, Norwegen und Estland – wurden über ein Jahr hinweg Fallstudien in verschiedenen Betreuungseinrichtungen durchgeführt, um herauszufinden, welche Mechanismen bewirken, dass einzelne Personen von der Betreuung durch soziale Dienste ausgeschlossen werden. Die konkreten Ergebnisse zeigen zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den teilnehmenden Staaten auf. Dabei zeigte sich, dass trotz eines flächendeckenden Angebotes an Sozial- und Gesundheitsdiensten vielfältige Ausgrenzungsrisiken lauern: So werden etwa oft keine mobilen Dienste in der Nacht angeboten, was dazu führt, dass allein stehende Pflegebedürftige in Heimen betreut werden müssen; soziale Bedürfnisse werden zugunsten der medizinischen Fachpflege hintangestellt und schwierige Persönlichkeiten werden bei Existenz mehrerer Anbieter von einem zum anderen gereicht.

Dr. Marianne Egger de Campo vom Institut für Sozialforschung, die Koordinatorin des länderübergreifenden Forschungsprojektes, erachtet es dennoch für „bemerkenswert, dass es möglich war, eine allgemein gültige Beschreibung von Ausschließungsgründen und Konfliktursachen zu erstellen“.

< Marianne Egger de Campo: „Professionalisierung in der Pflege kommt der Lebensqualität betreuter Personen zugute.“

Dabei sei ganz grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Kategorien zu unterscheiden: „Jene, die aus allgemein gültigen menschlichem Verhalten zu erklären sind, und solche, die ihre Ursachen im jeweiligen System haben.“

Die Ergebnisse hinsichtlich der Unterschiede zwischen den Staaten lassen sich in drei Felder zusammenfassen:

1.) In allen Ländern/Regionen waren persönliche Konflikte mit Klienten zu beobachten, z.B. Streit mit Angehörigen oder ein unpassendes soziales Umfeld.

2.) Graduelle Unterschiede waren darin festzumachen, dass die Bedürfnisse der betreuten Klienten nicht anerkannt werden, Mangel an qualifiziertem Personal vorherrscht oder die Zusammenarbeit mit Dritten, die in die Betreuung involviert sind, unzureichend ist.

3.) Länderspezifische Besonderheiten: Abgesehen von Nordirland werden überall Kostenbeiträge von den Patienten oder ihren Familien verlangt. Das führt dazu, dass ein zunehmender Teil der Betreuungsarbeit über den Schwarzmarkt erfüllt wird, die Familie die Pflege selbst übernimmt oder der/die KlientIn zu einem anderen Dienstleister transferiert wird.

Marianne Egger zu den in vielen europäischen Ländern vorherrschenden Strukturen: „Gerade die Schwarzarbeit oder die alleinige Pflege durch Familienangehörige führen einerseits zu mangelnden Qualitätsstandards, aber andererseits auch oft zu unzumutbaren Arbeitsbedingungen für die Pflegenden. Das wiederum hat negative Rückwirkungen auf die zu pflegenden Menschen.“

Faktor Schwarzarbeit
Das Phänomen des zunehmenden Schwarzmarktanteils in der Altenpflege wurde im Projekt CARMA bereits deutlich erkannt. Nun soll mit Hilfe von „ILONICA – Irregular Labour of migrants in Organized Networks of Care for the Aged“, einem Anschlussprojekt, das sich derzeit noch in der Begutachtungsphase befindet, die Entwicklung des „schwarzen“ Pflegemarktes genauer erforscht werden. In ihrem Antrag berufen sich die AutorInnen auf die Ergebnisse des CARMA Projektes. Eine immer größere Zahl von pflegebedürftigen alten Menschen lebt zu Hause. Das geht oft nur unter der Voraussetzung, wenn sie sieben Tage die Woche rund um die Uhr betreut werden. Da eine solche intensive Betreuung für viele der betroffenen Senioren bzw. deren Angehörige praktisch unerschwinglich ist, übernehmen häufig Frauen aus osteuropäischen Ländern diese Arbeit unter dem Mantel von „gemeinnützigen“ Vereinen (wie etwa dem „Südböhmischen Pflegeverein“) und mit Hilfe von Touristenvisa.

Im Projektantrag zu ILONCA sind die zentralen Ziele des Vorhabens formuliert: „ILONICA will empirically explore the care arrangements involving such irregular immigrants in Austria, Germany, Hungary and Italy.“ Dabei sollen v.a. die Lebensbedingungen aller Beteiligten sollen untersucht werden; zusätzlich werden die rechtlichen Rahmenbedingungen, sozialpolitische Standpunkte sowie auch die demographischen und sozialen Veränderungen in den untersuchten EU- und Nicht EU-Staaten erhoben. Im Falle von Italien wurde die schwierige Situation zumindest teilweise entschärft, wie Dr. Giovanni Lamura (INRCA – Italian National Research Centres on Ageing) ausführte: „Strenge Kontrollen wegen der vielen illegalen Pflegekräfte führten 2001 zu einem regelrechten Aufruhr. Als Folge davon wurden 700.000 ausländische Arbeitskräfte legalisiert und in der Regel Arbeitsverträge für ein Minimum von 25 Stunden in der Woche abgeschlossen, aber das Lohnniveau wäre für eine italienische Arbeitskraft natürlich nicht akzeptabel.“ Nach Angaben von Erich Fenninger, dem Leiter der Volkshilfe Österreich, sind auch in Österreich zurzeit etwa 40.000 illegale Pflegekräfte tätig, ein aktives Herangehen an diese Problematik von Seiten der Politik wäre demnach wünschenswert.

Professionalisierung als Lösungsansatz
Die österreichische Sozialpolitik verlässt sich immer noch massiv auf die unbezahlten Leistungen durch Familienangehörige – und da wiederum v.a. der Frauen. Dieses System ist weder der zunehmenden Zahl älterer Menschen noch den Erosionen der Familienstrukturen gewachsen. Landesrat Dr. Kurt Flecker forderte daher in seiner Stellungnahme, das Pflegegeld durch eine zeitgemäße Pflegeversicherung zu ersetzen: „Dies wird zu einer stärkeren Professionalisierung führen und außerdem würden dadurch Arbeitsplätze mit menschenwürdiger Bezahlung und Bedingungen geschaffen, was letztlich auch der Lebensqualität der betreuten Menschen zugute käme.“

Dafür spricht auch, dass die Zahl der älteren Menschen, die bei längerer Krankheit niemanden für die Pflege haben, ansteigt, wie Marianne Egger betont: „Der Gesundheitszustand der Senioren ist heute deutlich besser als noch vor zwanzig Jahren, aber fast 10% der Frauen und über 15% der Männer über 60 Jahre haben im Krankheitsfall keine Unterstützung durch Angehörige. Das zeigt, wie wichtig der Ausbau einer professionellen Betreuung ist.“

Mag. Jörg Leichtfried und Mag. Gertraud Dayé sehen einheitliche Standards als entscheidende Voraussetzung für Liberalisierung der Pflegedienstleistung.

EU-weite Standards erforderlich
Welche Rolle eine künftige Europäische Sozialpolitik in diesem Rahmen spielen könnte war das Thema eines der drei Workshops unter Leitung des EU-Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried (SP) und Mag. Gertraud Dayé von der Senioren-Organisation EURAG. Leichtfried weist auf die krassen Unterschiede der Systeme in den europäischen Regionen hin: „Der politische Wille zu einer Harmonisierung ist zwar noch etwas diffus, aber es zeichnet sich eine Dynamisierung ab, die derzeit noch unterschätzt wird. Leider scheint es so zu sein, dass in für Wirtschaft wichtigen Bereichen Angleichungen viel rascher umgesetzt werden können als bei sozialen Fragen.“ Bevor für den Pflegebereich eine Liberalisierung durch die europäische Dienstleistungsrichtlinie, die von Leichtfried mit Skepsis beurteilt wird, sollten seiner Meinung nach in einem ersten Schritt EU-einheitliche Standards für das Niveau in der Versorgungsqualität sowie in der Ausbildung von Pflegepersonal geschaffen werden.

 

„Lange Nacht der Pflege“ zeigte Wege in die Zukunft

   

In diesem Jahr ließ sich der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) für den Internationalen Tag der Krankenpflege am 12. Mai – dem Geburtstag der englischen Pionierin der modernen Krankenpflege Florence Nightingale (1820–1910) – etwas Besonderes einfallen.

In der Pädagogischen Akademie Graz Eggenberg fand auf Initiative des Landesverbandes Steiermark erstmals „Die Lange Nacht der Pflege“ statt. Der durchschlagende Erfolg des Events gab den Veranstaltern Recht: Mehr als 700 Menschen besuchten das Ereignis, um bis in die späten Abendstunden hinein Vorträge und Diskussionen zuhören oder sich bei Musik, Theater und Mitmachübungen zu unterhalten.

Professionalisierung der Ausbildung
Cäcilia Petek, die Landesvorsitzende des ÖGKV, machte bereits in der Begrüßung auf die zentrale Rolle von Pflege in unserer Gesellschaft aufmerksam: „Ohne kompetente und in ausreichendem Maß verfügbare Pflege kann es keine Kranken- und Gesundheitsversorgung geben!“ Daher sei es entscheidend, in welche Richtung sich unser Gesundheitssystem in Zukunft bewegen soll und wie viel finanzielle Mittel man bereit ist für diesen Zweck zu mobilisieren.

Einen verheißungsvollen Ansatz für die dringend notwendige Aufwertung des Pflegeberufs sieht Petek in der Einrichtung des Studienzweiges Pflegewissenschaften an der MedUni Graz seit Oktober 2004. Nur durch breite und qualitätsvolle Qualifizierungsmodelle für die in der Pflege tätigen Personen könne ein ausreichendes Versorgungsniveau gewährleistet werden. Der Pflegeverband setze sich dafür ein, die Pflege zukünftig als eigenständiges Feld weiter zu entwickeln, um von einer gewissen Medizinlastigkeit, deren Akzent eher auf der „Reparatur“ von Krankheitssymptomen liegt, wegzukommen: „Die Bereiche Vorsorgen und Vorbeugen müssen stärker ausgebaut werden, um durch eine an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Gesundheitsförderung eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Zugleich muss die Pflege wachsen, um den demografischen Herausforderungen auch in Zukunft gerecht werden zu können. Dazu sind eine Reihe von flankierenden Maßnahmen nötig, wie die Vereinheitlichung und Regulierung der Arbeitsbedingungen in der extramuralen Pflege und eine bessere staatliche Kontrolle über die Verwendung des Pflegegeldes, etwa in Form von Pflegeschecks ab den mittleren Pflegestufen.

Aufwertung der Pflege
Eine hochrangig besetzte Expertenrunde zeigte in Vorträgen wegweisende Prozesse auf dem Gebiet der Pflege auf. Dr. August Gomsi von der Medizinischen Direktion der KAGes zur Entwicklung der Spitäler im nationalen und internationalen Vergleich: „Standortgarantie der Krankenhäuser bedeutet, dass die Leistungsangebote ganz spezifisch auf den Bedarf der Patienten zugeschnitten sein müssen.“ Christine Ecker MAS, Präsidentin des ÖGKV, formulierte Forderungen an die Politik, der Pflege endlich einen höheren Stellenwert im Gesundheitswesen zukommen zu lassen, diese sollte etwa in den Gesundheitsagenturen gleichberechtigt verankert sein. Darüber hinaus sei es wichtig, das Berufsumfeld durch gute Karrierechancen und flexiblere Arbeitszeiten attraktiver zu gestalten, um motivierte und leistungsfähige Nachwuchs für den Pflegeberuf zu bekommen.

Der Philosoph Dr. Hans-Walter Ruckenbauer entwarf eine Vision von Ethik, nach der Ziel unserer Gesundheitseinrichtungen nicht alles „medizinisch Machbare“ sein sollte, sondern das Wohl des Patienten höchste Priorität genießt, nicht in einer „maximalen“, sondern einer „optimalen“ Versorgung liegt die Zukunft der Betreuung pflegebedürftiger Menschen. Dr. Ulla Herford-Wörndle von der EURAG (Bund der älteren Generation Europas), die sich gegen die Diskriminierung im Alter einsetzt, betonte die Rolle der Selbstverantwortung des Einzelnen, wie er sein Leben im Alter gestalten möchte.

Mit Hilfe eines vielfältigen Rahmenprogramms sorgten die Veranstalter dafür bis gegen Mitternacht dafür, dass auch die Unterhaltung nicht zu kurz kam, wie z.B. durch die Improvisationen des theater-mobil und Möglichkeiten zur Teilnahme an Mal-, Tanz- und Lachtherapie unter fachkundiger Anleitung. Nicht weniger als 17 Informationsstände gaben nicht nur den an einer Ausbildung Im Pflegebereich Interessierten Einblick in die vielfältigen Facetten des Berufes.

Josef Schiffer

Infos: ÖGKV, LV Steiermark | T (0316) 57 71 51 | www.oegkv.at/lv-stmk | office.stmk@oegkv.at

 

 

Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) Landesverband Steiermark fordert: Matura für den Pflegeberuf

 

   

Die Anforderungen an die Pflegeberufe steigen, die demografische Entwicklung zeigt uns, wohin sich der Pflegeberuf entwickeln muss und soll. In den Pflegeheimen und in der Langzeitpflege wird die Versorgung immer komplexer, die Verantwortung für die Pflegepersonen wird immer größer. Pflege steht für den Langzeitbereich im Mittelpunkt, der Arzt ist nur dann zuständig, wenn eine ärztliche Diagnose vorliegt. Um auch zukünftig junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, muss die Attraktivität der Pflegeberufe in Österreich gesteigert werden, die Rahmenbedingungen müssen verbessert und die Bildung auf Maturaniveau angehoben werden. Es ist schon jetzt schwer möglich junge Menschen für einen nichtmaturawertigen Beruf zu begeistern, wenn parallel attraktive Bildungsangebote existieren.

Cäcilia Petek, Landesvorsitzende des ÖGKV, fordert Matura für den Pflegeberuf

Nur in drei EU-Staaten (Ö, D, LU) gibt es eine Diplomausbildung ohne Matura, die WHO (Weltgesundheitsorganisation) fordert für das Pflegewesen generell einen Hochschulabschluss. Wir drohen den internationalen Anschluss zu verlieren und auch die berufliche Mobilität für Pflegepersonen ist gefährdet.
In Graz ist seit Oktober 2004 ein Lehrstuhl für Pflegewissenschaft installiert, dem Pflegeberuf fehlen allerdings die formellen Zugangsvoraussetzungen. Die Pflegewissenschaft sichert uns das universitäre Pflegewissen, dazu benötigen wir aber Pflegeforschung und eine enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis. An der Medizinischen Universität in Graz gibt es zwar das Studium für Pflegewissenschaft, aber es fehlt noch immer die Leitung. Der Berufsverband für Pflegeberufe fordert qualifizierte Pflegepersonen, um das Recht der Bevölkerung auf eine umfassende, professionelle Pflege zu sichern, der Berufsverband fordert auch, dass die Leitung des Lehrstuhls für Pflegewissenschaft in Graz mit einer/m Pflegewissenschaftler/in besetzt wird.

 

 

EURAG-Kongress „Perspektiven älterer Menschen in Europa“

 

   

Die EURAG, der Bund der älteren Generation Europas, veranstaltet im Herbst in Ljubljana ihren 18. Internationalen Kongress zum Thema „Perspektiven älterer Menschen in Europa“. Von 29. September bis 2. Oktober treffen sich Experten und Interessierte, um auf einer der größten Veranstaltungen über altersrelevante Themen Lösungsansätze für die Altenpolitik zu entwickeln und zu diskutieren. Auf dem Kongress werden aktuelle Themen behandelt, die für das Leben der Senioren in Europa von Bedeutung sind: soziale Sicherheit, aktives Altern, Beziehungen zwischen den Generationen, Gesundheit sowie finanzielle Aspekte.

Die Veranstaltung will damit einen Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Lösungsansätze in der Altenpolitik zu leisten und Modelle für altersrelevante Bereiche präsentieren.

Infos, Programm und Anmeldung: www.eurag-congress2005.org

 

 

„Zu Hause pflegen“ –
Zeitschrift für pflegende Angehörige geht online

 

   

Das Österreich-Magazin der Volkshilfe „Zu Hause pflegen“ ist ein Jahr nach seinem Start als Printausgabe nun auch online unter www.zuhausepflegen.at abrufbar, um Angehörigen von pflegebedürftigen Personen eine umfassende und jederzeit verfügbare Informationsplattform im Internet anzubieten. Herausgeber der Publikation ist die Volkshilfe Steiermark in Kooperation mit allen Volkshilfen in Österreich. Das – übrigens ohne öffentliche Mittel finazierte – Magazin erscheint mindestens vier Mal im Jahr spricht jeweils wichtige Schwerpunkthemen an, wie z.B. Verwirrtheit, Inkontinenz, Ernährung und Fragen der Pflegehilfsmittel.
LAbg. Barbara Gross, die ehrenamtliche Vorsitzende der Volkshilfe, erläutert, dass „rund 70% der zu pflegenden alten Menschen von ihren Angehörigen betreut werden. Diese Arbeit – vor allem von Frauen verrichtet – ist vielfach körperlich anstrengend und psychisch belastend. Erschöpfung, Gereiztheit und Schmerzsymptome können leicht darin münden, dass überlastete pflegende Angehörige von heute die Pflegebedürftigen von morgen werden.“

< Volkshilfe-GF Franz Ferner und LAbg. Barbara Gross präsentieren stolz das neue Online-Pflegemagazin „Zu Hause pflegen“

Volkshilfe Geschäftsführer Franz Ferner ist stolz darauf, dass das Magazin bereits in der ersten Auflage von rund 30.000 Stück über Arztpraxen, Verteiler in Krankenanstalten, aber vor allem durch die persönliche Übergabe durch MitarbeiterInnen der Volkshilfe bundesweit sehr viele Menschen erreicht hat. Ferner erläutert das zentrale Anliegen der Zeitschrift: „Pflegende Angehörige müssen unterstützt werden, damit sie durch ihre Arbeit keinen körperlichen oder seelischen Schaden nehmen. Vor allem im Bereich der Mobilen Dienste sind Angehörige als „PflegepartnerInnen“ ernst zu nehmen, ihre Kompetenzen und Erfahrungen aktiv in den Pflege- und Betreuungsprozess einzubinden.“

Soziallandesrat Dr. Kurt Flecker unterstützt die Pflegestammtische der Volkshilfe für Angehörige in der Steiermark: „Durch zahlreiche Gespräche mit Betroffenen ist mir bewusst geworden, dass viele Menschen immer noch zu wenig über Hilfsangebote von Seiten des Landes und privater Trägerorganisationen Bescheid wissen. Das kostenlose Online Magazin ist daher als ein weiterer Baustein zur besseren Information zu begrüßen. Die Pflegestammtische unterstütze ich ganz besonders, weil hier Angehörige die Möglichkeit haben, sich auszutauschen und miteinander zu kommunizieren, um wieder Kraft für das Weitermachen zu tanken.“

Infos und kostenfreier Bezug:
T 0316 / 8960 | office@stmk.volkshilfe.at | www.zuhausepflegen.at


Herausforderungen der Zukunft brauchen die Solidaritätsgemeinschaft
von Caritas-Präsident Franz Küberl
   

Heute werden oft Klagen über das Verhältnis zwischen den Generationen laut. Die Spielregeln der Solidarität werden neu vereinbart. Viele – leider bei weitem nicht alle – ältere Menschen sind in materieller Hinsicht wohl versorgt. Die Einführung der Pension war eine soziale Revolution und gab den alten Menschen nicht nur die Möglichkeit, für sich selber zu sorgen, sondern auch für die nächsten Generationen sehr viel zu tun.

Aber der Mensch besteht aus Leib und Seele. Gerade im Alter, wenn die Familie weit weg ist oder ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, wenn der Freundeskreis immer kleiner wird, wenn Bitterkeit aufsteigt, dann hilft die beste finanzielle Versorgung nicht viel. Dann kommt es darauf an, neue Wegbegleiter zu finden. Schon der verstorbene Papst Johannes Paul II sagte: „Wir müssen verantwortungsvoll die Herausforderung in Angriff nehmen, eine Gesellschaft aufzubauen, die jedem Alter gerecht wird.“

Doch wie halten wir es wirklich damit? Welchen Wert schenken wir alten Menschen in unserer Gesellschaft, die von der Sehnsucht nach Jugendlichkeit, Dynamik, und Effizienz bestimmt wird? Wir leben in einem alternden Volk. 2002 war in Österreich jeder Fünfte älter als 60 Jahre. Der Anteil der unter 15-Jährigen lag jedoch nur bei 16 Prozent.

Die Lebenserwartung steigt und viele Menschen freuen sich darüber. Denn altern heißt ja nicht automatisch, pflegebedürftig zu werden. Untersuchungen zeigen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht um fünf kranke, sondern um fünf gesunde Jahre gestiegen ist. Fast zwei Drittel aller Menschen über 80 sind noch in der Lage, selbstständig zu leben. Bis zum 85. Lebensjahr sind sie oft auch Helfer, nicht nur Hilfsempfänger.

Auf der gesellschaftlichen Ebene wird genau dieselbe Entwicklung für einige positive (Kaufkraft der Senioren), aber auch für einige negative Trends (finanzielle Engpässe in Pensionskassen, Krankenkassen und steigende Kosten der Pflegeversicherung etc.) verantwortlich gemacht. Die Gefahr aller dieser Diskussionen ist: So lange die Alten für die Jungen Geld haben, sind sie beliebt. Wenn sie das Geld selber brauchen, wird die Beliebtheit geringer.

Wir brauchen einen Blick, der über das rein Materielle hinausgeht. Der Wert des Miteinanders von Generationen muss uns wieder bewusst werden. Es geht um einen Austausch von Werten, Wissen, Erfahrung und Kultur. Der Generationenvertrag hat zwei Dimensionen: eine personale – die Wertschätzung der Älteren durch die Jungen und der Jungen durch die Älteren – und eine strukturelle – die Finanzierung der Leistungen (zu denen ja auch die Älteren beigetragen haben). In diesem Verständnis haben dann die Jüngeren genauso wie die Älteren Platz. Wenn in der Gesellschaft das Prinzip der Solidaritätsgemeinschaft durch schimmert, dann ist es selbstverständlich, dass wir die großen Herausforderungen des Generationenvertrages – Sicherung der Pensionen, der Pflegevorsorgen, aber auch der Zukunftschancen für die Jungen – „derpacken“.


Weitere Informationen:
Caritas Graz | T 0316/8015-0 | office@caritas-graz.at | www.caritas-graz.at

 

 

Internationaler Pflegepreis an
Volkshilfe-MitarbeiterInnen

 

   

Drei Volkshilfe MitarbeiterInnen des Sozialzentrums Judenburg – mobile Dienste haben die Ausbildung zur „ValidationsanwenderIn“ absolviert und mit einem Validationsprojekt einen internationalen Pflegepreis gewonnen.

Die Pflege hoch betagter Menschen ist eine schwere, verantwortungsvolle Aufgabe, die höchste Professionalität erfordert – zumal dann, wenn die Betroffenen Symptome der Verwirrung zeigen. Mit der Methode der Validation kann die Beziehung zwischen PflegerInnen und Gepflegten, aber auch zwischen den Betroffenen und ihren Angehörigen verbessert werden.

Die Preisträgerinnen Kroboth, Makara und Erdkönig zwischen der Leiterin der Pflegefachstelle, DGKS Gabriele Kroboth (links) und Einsatzleiterin DGKS Ingeborg Holzer

Die Pflegehelferin Petra Makara und die Heimhilfen Dagmar Erdkönig und Claudia Reicher, alle drei beschäftigt beim Sozialzentrum Judenburg, absolvierten 2001 in ihrer Freizeit die einjährige Ausbildung zur „ValidationsanwenderIn“.

Validation ist eine Methode um hoch betagte, verwirrte Menschen zu betreuen und bedeutet vor allem:

• Eine Bestätigung der Gefühle und Erlebniswelt des alten, verwirrten Menschen.
• Wer validiert, reist mit in die Welt des zeitlich und/oder örtlich verwirrten Menschen.
• Wer validiert, geht in den Schuhen des anderen.

Mut und die Fähigkeit zur Selbstreflexion sind wichtige Anforderungen, die dabei an die Pflegenden gestellt werden.

Die drei PreisträgerInnen starteten Ende 2001 zusammen mit SOZ-Leiter Rudi Kampel und DGKS Ingeborg Holzer das regionale Validationsprojekt „Ein Weg von dir zu mir“. Sie begannen eine intensive Aufklärungsarbeit, welche eine inderdisziplinäre Zusammenarbeit und enge Vernetzung mit Ärzten, Versicherungen, Angehörigen, Tagesstätte, LKH etc. möglich machte.

Für das Projekt erhielten Makara, Erdkönig und Reicher nun den internationalen Hartmann-Pflegepreis, der ihnen Anfang März in Berlin übergeben wurde.

– cs –

 

Ein Jahr Heimvertragsgesetz
von Barbara Pitner
< Mag. Barbara Pitner ist Leiterin der Abteilung Soziales des Landes Steiermark

   

Die Bestimmungen bezüglich des Heimvertrags im Konsumentenschutzgesetz sind nun seit beinahe einem Jahr, nämlich seit dem 1. Juli 2004, in Kraft. Damit hat jeder Heimbewohner aufgrund dieses Bundesgesetzes einen Rechtsanspruch auf eine schriftliche Ausfertigung seines Heimvertrages, dessen Ausfolgung notfalls bei Gericht durchgesetzt werden kann.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren die privatrechtlichen Verhältnisse zwischen Heimträger und Heimbewohner gesetzlich nicht gesondert geregelt, was oft dazu geführt hat, dass es bei den Vertragsgestaltungen an der notwendigen Transparenz fehlte und den Schutzbedürfnissen der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen nicht ausreichend Rechnung getragen wurde.

Die auf uns zu kommenden Veränderungen in der Alterspyramide zeigen deutlich, dass in Zukunft immer mehr Menschen auf die Unterkunft, die Betreuung und die Pflege in Pflegeheimen angewiesen sein werden. Der Hintergrund für den Umzug in ein Pflegeheim kann individuell äußerst unterschiedlich sein: Es kann zum Einen daran liegen, dass viele alte Menschen keine Angehörigen haben, die die Pflege übernehmen können oder wollen, es kann zum Anderen daran liegen, dass der Pflegeaufwand ein so hoher ist, dass die professionelle Versorgung zu Hause auch durch mobile Dienste nicht mehr sichergestellt werden kann, es kann schließlich daran liegen, dass ein alter Mensch durch den Umzug in ein Pflegeheim der Einsamkeit der eigenen vier Wände entkommen möchte, bzw. gibt es wahrscheinlich noch unzählige Gründe mehr. Gemeinsam ist jedoch allen Betroffenen – wie auch den Angehörigen–, dass sie bei der Wahl der betreffenden Betreuungseinrichtung ausreichende Informationen darüber erhalten sollten, was sie in dieser Einrichtung erwartet. Und diese Informationen müssen über den Bereich einer simplen Kostenrechnung weit hinausgehen.

Es muss allen Betroffenen möglich sein, auf Basis der eingeholten Auskünfte eine wohlüberlegte und „informierte Entscheidung“ zu treffen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Bewohner eines Pflegeheimes dieses – wenn einmal eine Wahl bereits getroffen wurde – nicht mehr so einfach und rasch wechseln können. Darüber hinaus ist es für ältere Menschen in dieser Situation in der Regel auch nicht leicht, sich bei eventuell auftretenden Streitfragen gegenüber dem Träger des Heimes durchzusetzen.

Diese Faktoren haben dazu geführt, dass man die Heimbewohner als Verbraucher in eine rechtlich bessere Situation bringen und einem Ungleichgewicht zwischen Heimträgern und Heimbewohnern entgegenwirken wollte.

Wichtig ist hier in erster Linie, dass die Interessenten vorweg über das Angebot des Heimes ausreichend informiert werden und dass für den Heimvertrag zwingende Mindestinhalte vorgesehen sind. So ist ein Heimbetreiber nunmehr gesetzlich verpflichtet, Angaben über die Unterkunft, die Verpflegung, die Betreuung und die Pflege, die sonstigen medizinischen und therapeutischen Leistungen, die soziale Betreuung sowie über die anfallenden Kostenfaktoren zu machen. Das Entgelt muss in die Bereiche „Unterkunft, Verpflegung und Grundbetreuung“ (Hotelkomponente), in „besondere Pflegeleistungen“ und „zusätzliche Leistungen“ aufgeschlüsselt werden; aus dieser Aufstellung ist ersichtlich, was genau abgedeckt wird und ob zum Beispiel Ausflüge oder Feiern mitumfasst sind. Weiter ist mit Hilfe dieses Gesetzes geregelt, dass das Entgelt im Falle von mangelhaften Leistungen oder bei längerer Abwesenheit eines Bewohners gemindert wird; ebenfalls ist die Zulässigkeit der Einhebung von Kautionen nun strikt beschränkt.

Die Kündigung eines Vertrages durch den Heimträger ist nur mehr unter bestimmten, genau definierten Voraussetzungen möglich, um zu verhindern, dass alte und pflegebedürftige Menschen sozusagen „von heute auf morgen“ vor die Tür gesetzt werden können.

Nach einem Jahr Heimvertragsgesetz kann jedenfalls gesagt werden, dass sich die zivilrechtliche Position der Heimbewohner deutlich verbessert hat, wenngleich es in Zukunft darauf ankommt, noch genauer auf die Vergleichbarkeit der Heimverträge zu achten, um die Unterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen transparenter zu machen und nach klar abgegrenzten Kriterien zu definieren.


  Neues Pflege-Kompetenzzentrum in Stubenberg
    Nach verschiedenen gescheiterten Projektideen erhält das ehemalige Parkhotel in Stubenberg nun eine völlig neue Bestimmung. Ein Pflege-Kompetenzzentrum des Österreichischen Arbeiter-Samariterbundes wird hier ab Mitte September dieses Jahres den Vollbetrieb aufnehmen. Der Besitzer des Hauses ist die Bundes-Wohnbaugesellschaft (Buwog), die das Haus an den Samariterbund vermietet.

Im Rahmen der feierlichen Übergabe des Schlüssels erklärte Samariterbund-Präsident Franz Schnabl, dass in dem neuen Pflege-Kompetenzzentrum „professionelle und leistbare Hilfe und Pflege“ geboten wird. Das um rund 900.000 Euro nach den neuesten Standards adaptierte Haus bietet 33 Einbett- und 35 Zweibettzimmer sowie ein modernst ausgestattetes Therapiezentrum, beste medizinische Versorgung und vieles mehr. „Qualität und Individualität stehen an erster Stelle“, betonte Andreas Grauf, der das Haus als Geschäftsführer leiten wird.

Soziallandesrat Dr. Kurt Flecker zeigte sich „äußerst erfreut darüber“, dass damit ein seriöser Partner für die Seniorenbetreuung in der Steiermark gewonnen werden konnte. Flecker betonte, dass in dieser Einrichtung die steirischen Pflegekostensätze zur Anwendung kommen und somit gerade Personen mit kleinerem Einkommen Betreuung finden werden. Neben der notwendigen Versorgung mit Pflegeplätzen werden durch die Institution in der Region 74 neue Arbeitsplätze geschaffen. Der Arbeiter-Samariterbund beabsichtigt mittelfristig sein weiteres Angebot, das unter anderem Hauskrankenpflege sowie Essen auf Rädern umfasst, in Stubenberg zu installieren.

 

Pflege braucht Solidarität

   

Über den Betrieb von Pflegeheimen und Mobilen Diensten hinaus hat das Engagement der Volkshilfe für die ältere Generation auch eine wichtige gesellschaftspolitische Dimension. Zentrale Aufgabe unserer Altenarbeit und -hilfe ist es, alten Menschen wo nur möglich, auch bei zunehmendem Unterstützungsbedarf, eine weitgehend selbstbestimmte Lebensführung und Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Dies geschieht unter zunehmend problematischen Rahmenbedingungen.

Die demografische Entwicklung weist darauf hin, dass der Anteil der älteren und sehr alten Menschen in unserer Gesellschaft ständig steigt. Bereits jetzt besteht ein Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften in Österreich. Ein Ausbau der Familienpflege wird langfristig wegen dieser demografischen Entwicklung nicht möglich sein, weil für die Pflegebedürftigen immer weniger pflegende Angehörige zur Verfügung stehen werden. Viele Familien greifen in Ermangelung finanzierbarer Betreuungsformen auf illegal beschäftigte MigrantInnen zurück.

Franz Ferner | Geschäftsführer Volkshilfe GmbH > < Mag. Brigitte Schafarik | Geschäftsleiterin Volkshilfe Mobile Dienste

Das bestehende Pflegesystem ist nicht mehr in der Lage die steigenden Anforderungen langfristig zu erfüllen. Die Gewährleistung einer menschenwürdigen Pflege und Betreuung wird zur zentralen gesellschafts- und sozialpolitischen Herausforderung.

Unter anderem müssen wir Antworten auf folgende Fragen finden:

• Wie ist das Angebot zu verändern, damit eine menschenwürdige Pflege und Betreuung möglich ist?
• Welche finanziellen, strukturellen und personellen Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden?
• Welche Rolle kommt Pflegebedürftigen und Angehörigen dabei zu?

I. Wie muss sich das Angebot verändern?
Neue Wohnformen für das Alter müssen erfunden, erprobt und gefördert werden. Selbstbestimmtes Wohnen im Alter und der möglichst lange Verbleib Zuhause ist auch abhängig von adäquaten Wohnformen, die sich aus den Bedürfnissen älterer Menschen entwickeln. Viele Pflegebedürftige, die noch in der eigenen Wohnung versorgt werden könnten, leben in Pflegeheimen, weil die Wohnsituation ungeeignet ist. Auch wenn das Pflegeheim unverzichtbar ist, sollten neue Formen von betreuten und nicht betreuten Seniorenwohngemeinschaften erprobt werden sowie Konzepte für „betreubare“ Seniorenwohnungen erarbeitet werden. Der Anteil dieser Wohnformen muss deutlich erhöht und gesetzlich abgesichert werden.

Neue Betreuungsangebote müssen eingeführt, angeboten und finanziert werden.
Der Ruf nach mehr Pflegefachkräften ist angesichts des jetzt schon bestehenden Mangels berechtigt. Wir können jedoch davon ausgehen, dass diese Probleme nicht allein mit einem Ausbau der bestehenden Betreuungsformen (in erster Linie Pflegeheime und Mobile Dienste) zu lösen sein werden. Vielmehr muss auf die neue Situation mit veränderten Angebotsformen für Pflege und Betreuung reagiert werden, die allerdings erst zu entwickeln sind.

Das Ansteigen der illegalen Beschäftigungen in der häuslichen Pflege sollte uns nicht nur zu denken geben, weil die meisten hier „Beschäftigten“ nicht ausreichend qualifiziert und zudem unter inakzeptablen Arbeitsbedingungen tätig sind, sondern auch, weil sie offensichtlich erfolgreich sind.
Durch diese Betreuungsformen wird Bedürfnissen entsprochen, denen unser derzeitiges System (leider!) nicht gerecht werden kann:

• Menschen werden auch in der Nacht zuhause betreut
• Die Betreuung ist auch bei geringem Familieneinkommen leistbar
• Betreuung ähnelt der Pflege durch Angehörige, weil eine Person alle Aufgaben im Haus erledigt

Es ist daher wichtig, für alle leistbare Angebotsformen zu entwickeln, die Bedürfnissen von zu Pflegenden und Angehörigen entgegenkommen.

Dabei gilt es die gesetzlich festgelegte Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen den Berufsgruppen in der Langzeitpflege und Betreuung radikaler den je neu zu überdenken, denn:

• Pflegebedürftige Menschen wollen wenig verschiedene Betreuungspersonen, die kontinuierlich viel Zeit mit ihnen verbringen und teilweise einfache Verrichtungen durchführen.

• Pflegebedürftige Menschen brauchen darüber hinaus für spezielle Pflegeprobleme hoch spezialisierte MitarbeiterInnen.

Um eine kontinuierliche und integrierte Versorgung sicherzustellen müssen darüber hinaus auch kleinräumige kommunale Caremanagementstrukturen in den steirischen Regionen auf- und ausgebaut werden.

Technischen Fortschritt für die Betreuung und Pflege nutzbar machen.
Neben berechtigten Zweifeln am Einsatz neuer Technologien in der Betreuung und Pflege darf nicht übersehen werden, dass diese Entwicklungen auch enorme Verbesserungen für die Zielgruppe mit sich bringen.

II. Welche Rahmenbedingungen müssen dafür geschaffen werden?
Spielraum für Innovation und Entwicklung. Horrorszenarien und Endzeitstimmung fördern Innovationen nicht. Wir brauchen ein Klima, das entwicklungsfreundlich ist. In den Sozial- und Gesundheitsbudgets müssen vermehrt Mittel in die Entwicklung und Erprobung von neuen Angebotsformen investiert werden. Den Anbietern von Dienstleistungen in der Altenhilfe sind dabei die rechtlichen und strukturellen Spiel- bzw. Entwicklungsräume zu gewährleisten.

Beziehungsarbeit in der Pflege ist Schwerstarbeit >

Klare Aufgabenverteilung der öffentlichen Hand, Entwicklung von regionalen Versorgungskonzepten. Verschiedene Bundes- und Landesgesetze, uneinheitliche Finanzierungssysteme und die Zuständigkeit unterschiedlicher Ressorts für Dienstleistungen der Altenhilfe machen es derzeit unmöglich die regionale Versorgungssituation abzubilden, geschweige denn integrierte Versorgungskonzepte zu entwickeln. Erschwert wird auch die Kooperation zwischen den Einrichtungen der Altenhilfe und des Gesundheitssystems. Will man die Lösung von Schnittstellenkonflikten nicht dem Good Will der vor Ort handelnden Personen überlassen, muss dieses System verändert werden.

Finanzierung bestehender Versorgungsangebote sichern, neue übersichtlichere Finanzierungssysteme entwickeln. Wir wollen an dieser Stelle auf Forderungen verzichten und gestatten uns stattdessen einen Vergleich: Wenn man von Seiten der Bundesregierung 1,3 Milliarden Euro für Abfangjäger (ohne Folgekosten) aufwenden kann, dann ist dem gegenüber zu stellen werden, dass mit dieser Summe rund 5.000 vollzeitbeschäftigte Pflegefachkräfte zehn Jahre lang im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden könnten.
Die Frage nach der Verteilung durchaus vorhandener Mittel muss daher erlaubt sein und die Diskussion darüber schärfer denn je geführt werden.

III. Die Rolle der Pflegebedürftigen und der Angehörigen
Wir müssen die Position der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen stärken. Pflegebedürftigkeit darf nicht zu Ausgrenzung und Vereinsamung führen. Alte Menschen sind ein Teil unserer Gesellschaft. Begegnungs- und Kommunikationsmöglichkeiten sollen den Austausch zwischen den Generationen ermöglichen. Es muss Gelegenheit geboten werden, auch im Alter einen Beitrag zur Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens zu leisten. Die zu pflegenden Menschen und deren Angehörige sind von den professionellen Pflegediensten als Partner zu sehen.

Pflegende Angehörige müssen unterstützt werden, damit sie durch ihre Arbeit keinen körperlichen oder seelischen Schaden nehmen. Dabei muss ihnen durch eine kontinuierliche Vorbereitung, Begleitung und Unterstützung ein Hineinwachsen in die Pflegetätigkeit ermöglicht werden. Dabei müssen allerdings auch die Grenzen familiärer Pflege rechtzeitig erkannt werden.

Für die Volkshilfe sind drei Begriffe in der Entwicklung der Altenhilfe besonders wichtig:

  • Selbstbestimmung: Jeder Mensch hat das Recht seinen Fähigkeiten entsprechend ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
  • Mitgestaltung: Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, Rahmenbedingen, die ihn unmittelbar betreffen, weitgehend mitzugestalten.
  • Solidarisierung: Jeder Mensch muss unabhängig vom Einkommen das Recht auf eine menschenwürdige Pflege haben. Eine Mehrklassengesellschaft der Pflege- und Betreuungsleistungen ist abzulehnen.

Alle Maßnahmen, Strategien, Ziele und Visionen müssen sich an diesen Ansprüchen orientieren.

Zeit für ein neues politisches Selbstbewusstsein.
Mehr Zeit, mehr Zuwendung, mehr Respekt – das ist es, was sich die Betreuten wünschen. Die zentrale politische Herausforderung von sozialen Organisationen wie der Volkshilfe liegt vor allem darin, dafür zu sorgen, dass das Selbstbewusstsein von zu Pflegenden und deren Angehörigen zu einem politischen Selbstbewusstsein wächst. Pflege braucht Solidarität - nur die Stärkung dieser kann eine neue Weichenstellung in unserer derzeitigen Hochleistungsgesellschaft erzwingen. Die rund 50.000 BezieherInnen von Pflegegeld in der Steiermark haben durchschnittlich zwei bis drei engere Angehörige, das ergibt in Summe ein Wählerstimmenpotenzial von mindestens 150.000 Menschen. Eine Anregung für die kommende Landtagswahl?