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April
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Die korso
– Sonderausgabe für sozial Tätige und Engagierte |
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[Editorial] [Schwerpunkt:
Armut] [Aktuelles]
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Armut
macht sich schleichend breit
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Schöne neue Wirtschaftswelt
Das Wirtschaftswachstum nimmt wieder Fahrt auf in Europa, viele der großen
und ganz großen Konzerne, auch in Österreich, schreiben nach
Jahren verhaltener Umsatzzuwächse wieder Rekordgewinne. Beispiel
Böhler-Uddeholm: Der Werkzeugstahlproduzent hat mit 2004 das stärkste
Jahr seiner gesamten Unternehmensgeschichte und „phantastische Zahlen“
vorgelegt. Die Umsätze beliefen sich auf 1,934 Milliarden Euro (+29%),
die Gewinne vor Steuern erreichten 191,9 Millionen Euro, was sogar einer
Steigerung von über 69 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleichkommt.
Emsige Bankanalysten erhöhen in ihren Börseprognosen auch die
Kursziele für weitere Aktiengesellschaften wie Mayr-Melnhof, Voest
und die Erste Bank aufgrund der insgesamt „überaus erfreulichen“
Gewinnentwicklung.
Die schöne neue Welt des wirtschaftlichen Liberalismus, der mit den
Segnungen des „freien Marktes“ im Gepäck den „schwerfälligen
Staatssozialismus“ ablösen soll, hat allerdings auch eine Kehrseite
der Medaille, über die nicht so gerne in großen Tönen
gesprochen wird. Diese Entwicklung geschieht vor dem Hintergrund einer
Regierungspolitik, die den großen Unternehmen Steuersenkungen einräumt,
um ihr Abwandern in Billiglohnländer zu verhindern, während
die sozialen Lasten für die einkommensschwachen Schichten immer weiter
hinaufgeschraubt werden, mit der letztlich nur zynisch zu nennenden Begründung,
dass unser Sozial- und Gesundheitssystem nicht mehr finanzierbar wäre.
Wachsende Kluft zwischen arm und reich
Der im Februar dieses Jahres veröffentlichte Sozialbericht der Statistik
Austria zum Thema „Armut und Armutsgefährdung“ in Österreich
zeigt auf, dass nicht nur im übrigen Europa, sondern auch hierzulande
die Gruppe der ökonomisch schlecht gestellten und sozial benachteiligten
Menschen in einem sich dramatisch beschleunigenden Tempo wächst:
Insgesamt werden nach dem aktuellen Report für das Jahr 2003 erstmals
über eine Million – exakt 1.044.000 – Menschen als „armutsgefährdet“
eingestuft, das sind etwa 13,2% der Gesamtbevölkerung. Das ist nicht
nur ein Besorgnis erregender hoher Anteil, sondern vor allem ein beschämendes
Armutszeugnis für eines der reichsten Länder dieser Welt, das
in der Europäischen Union sogar Rang drei auf der Wohlstandsskala
einnimmt. Aber die Kluft in der Gesellschaft wächst weiter: Generell
gibt es bei den Einkommen der Unselbstständigen eine Tendenz zum
Auseinanderdriften, das heißt, die Schere zwischen hohen und niedrigen
Gehältern öffnet sich immer stärker.
Auch die geschlechterspezifischen Unterschiede haben sich kaum verbessert:
Frauen verdienen nach wie vor durchschnittlich nur 67,2% des Männereinkommens,
was zum Teil zwar über die höhere Teilzeitrate erklärbar
ist, die jedoch selbst wiederum oft das Resultat geschlechtsspezifischer
Diskriminierung ist.
Eine krasse Schieflage weist inzwischen die Vermögensverteilung
in unserem Land auf, das lange als Musterbeispiel für soziale Ausgeglichenheit
gegolten hat. Die reichsten 60.000 Österreicher, also weniger als
1 Prozent der Bevölkerung, haben mit insgesamt 318 Milliarden Euro
mehr an Geldwerten angehäuft als die unteren neun Zehntel der Gesellschaft:
im Schnitt hat jeder dieser „Superreichen“ mit 5,3 Millionen
Euro also ein etwa hundertmal so großes Vermögen. Trotzdem
stoßen Forderungen, die für eine stärkere Besteuerung
von Einkünften aus Kapital und Immobilien zugunsten einer gerechteren
Verteilungspolitik eintreten, bei der derzeitigen Regierungskoalition
auf wenig Gegenliebe.
Sozialbericht zeigt alarmierende Entwicklung auf
Der diesjährige Bericht basiert erstmalig auf der neuen Erhebungsmethode
EU-SILC (Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen),
der die bisherige Berichtsform des „Europäischen Haushaltspanel“
abgelöst hat. Trotz gewisser formaler Unterschiede sind die Ergebnisse
aus den beiden Befragungssystemen miteinander vergleichbar. Die neue Methode
fußt auf der Befragung von 4623 zufällig ausgewählten
Haushalten, die ein demografisch exaktes Abbild der Republik ergeben sollen,
nicht erfasst sind jedoch Menschen, die in Heimen leben oder ohne festen
Wohnsitz sind. Die primäre Definition von Armutsgefährdung funktioniert
über das Haushalts-Einkommen: Menschen mit weniger als 60% des Medianeinkommens
(das arithmetische Mittel, das die Einkommensbezieher in zwei gleich große
Gruppen teilt) gelten als armutsgefährdet. Das entspricht einem monatlichen
Einkommen von 785 Euro pro Person, weitere Haushaltsmitglieder werden
geringer gewichtet: So stellt für eine fünfköpfige Familie
ein Nettoeinkommen von 1885 Euro die Grenze zur Armutsgefährdung
dar. Innerhalb Europäischen Union liegt die österreichische
Armutgefährdungsquote zwar noch etwas unter dem EU-Schnitt –
zielgerichtete sozialpolitische Maßnahmen, um soziale Gegensätze
zu entschärfen und eine gerechtere Verteilung innerhalb einer reichen
Gesellschaft anzustreben, werden dennoch unumgänglich sein.
Verfestigte Armut bekämpfen
Betroffen von der „Vorstufe“ zur akuten Armut sind in überproportionalem
Ausmaß Frauen und ältere Menschen, bei den allein lebenden
Pensionistinnen beträgt die Quote sogar schockierende 26%. In Österreich
beziehen 200.000 Personen nur die Mindestpension, jeder sechste Pensionistenhaushalt
ist akut von Armut bedroht. Auch die klassische Erwerbsarbeit ist entgegen
der Appelle an „die Tüchtigen und Fleißigen im Lande“,
dass es genug Arbeit für alle gäbe, keine verlässliche
Sicherungsinstanz mehr im Kampf gegen den schleichenden Abstieg in die
Armut: In Haushalten mit maximaler Erwerbsintensität – d.h.
alle Personen zwischen 20 und 64 Jahren stehen in Arbeit – ist die
Armutsgefährdung zwar deutlich geringer als im Durchschnitt, allerdings
lebt in diesen Haushalten trotzdem beinahe ein Viertel aller Armutsgefährdeten,
das sind 235.000 Menschen. Die Arbeitslosigkeit ist auf dem höchsten
Stand seit 1945 angelangt, die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich in fünf
Jahren schwarz-blauer Regierung verfünffacht.
Für die Erfassung von Armutslagen zog die Studie zusätzlich
auch verschiedene nichtmonetäre Indikatoren heran, die wichtige Parameter
für die konkrete Definition von Armutsgefährdung darstellen.
Erhoben wird dabei, ob sich jemand grundlegende Bedürfnisse, wie
Kleidung, Heizung etc., und so genannte erstrebenswerte Güter, wie
PKW, Geschirrspülmaschine, finanziell leisten kann. Daneben werden
die gesundheitliche Verfassung, die Wohnungssituation und das Wohnumfeld
bewertet. Bei insgesamt 5,9% der Bevölkerung ist so durch die Kombination
von niedrigem Einkommen und mangelnder sozialer Teilhabe eine „verfestigte
Armutslage“ zu konstatieren. Die trockenen Zahlen des Reports vermögen
die triste Situation hunderttausender Menschen in Österreich nur
unzureichend zu beschreiben. Zur erfolgreichen Bekämpfung von Armut
ist eine Ausweitung der sozialstaatlichen Leistungen für die sozial
schwächsten Schichten dringend erforderlich. Ein weiterer Anstieg
der Armutszahlen kann nur durch tief greifende strukturelle Maßnahmen,
die Integration und Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt schaffen, verhindert
werden.
Josef Schiffer
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LR Kurt Flecker:
„Verankerung von Ansprüchen statt Almosen!“
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Die Zahlen des soeben erschienenen
Österreichischen Sozialberichts waren alarmierend: Seit dem Jahr 2000
hat insbesondere die Zahl der in akuter Armut lebenden Personen in Österreich
von 290.000 auf 467.000 zugenommen, das ist ein Anstieg von 61 Prozent.
Die Zahl der armutsgefährdeten Menschen stieg im gleichen Zeitraum
von 930.000 auf 1.044.000 – ein neuer Rekordwert. Das Damoklesschwert
des sozialen Abstiegs schwebt insbesondere über Frauen und Familien
mit zwei oder mehr Kindern: Besonders betroffen sind allein erziehende Mütter
mit einer enormen Armutsgefährdungsquote von 31%, ebenfalls stark angestiegen
(mit einer Zunahme um 26,8% auf 95.000) ist die Zahl der NotstandshilfebezieherInnen.
Diese bedrohliche Entwicklung war Anlass für eine Dringliche Anfrage
der SPÖ im Steiermärkischen Landtag. Soziallandesrat Kurt Flecker
analysierte in seiner Stellungnahme nicht nur die Ursachen für die
dramatische Zunahme von Armut in den vergangenen Jahren, sondern forderte
insbesondere wirksame politische Maßnahmen für eine gerechtere
Verteilung des Wohlstands innerhalb unserer Gesellschaft ein.
Neoliberale Ideologie verschärft gesellschaftliche Gegensätze
Flecker geißelt in scharfer Form das hartnäckige Ignorieren
dieses Prozesses durch die Bundesregierung: „Die Aufspaltung der
Gesellschaft in zwei oder drei Wohlstandsklassen wird zur Realität.
Wer geglaubt hat, dass diese Entwicklung vor unserer Haustür halt
machen wird, wurde nun durch die Zahlen des Armutsberichts eines Besseren
belehrt.“
Die Kluft zwischen den sozialen Schichten weitet sich zusehends: Während
die Erwerbseinkommen kontinuierlich sinken, wachsen die Vermögen
der Reichen an. Die 60.000 Österreicher an der Spitze der Vermögenspyramide
besitzen mehr als die unteren 90 Prozent der der Bevölkerung. Wenn
die politisch Verantwortlichen weiterhin die Augen vor diesen Tatsachen
verschließen und regulierende Eingriffe unterlassen, ist das der
Ausdruck eines krassen „sozialpolitischen Fehlverhaltens“,
verleiht Flecker seinem Unbehagen mit dem herrschenden politischen Klima
Ausdruck, „die Armutsstatistik ist unmissverständlicher Beweis
für die Auswirkungen einer neoliberalen und den Grundkonsens der
Zweiten Republik negierenden Politik.“
Belastungen treffen vor allem Einkommensschwache
Flecker nennt eine lange Liste von Beispielen für die zunehmende
Belastung der einkommensschwachen Schichten durch die in den vergangenen
Jahren herrschende Sozialgesetzgebung: Pensionskürzungsmaßnahmen
bzw. Anpassungen unter der Inflationsrate, mehrfache Erhöhungen der
Rezeptgebühr, die drastisch erhöhten Selbstbehalte auf Heilbehelfe,
Abschaffung von Mitversicherungen, Kürzungen beim Krankengeld und
vieles mehr. „Auch die jüngst erfolgte Steuerreform, die von
der Regierung als Erfolg gepriesen wurde, hat nicht der Bekämpfung
von Armut gedient, sondern vor allem steuerliche Entlastungen für
Großunternehmen gebracht“, kritisiert Flecker.
Mit verantwortlich für die alles andere als rosige Lage ist nicht
zuletzt die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Der Soziallandesrat rügt
hier insbesondere die Senkung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik,
die eindeutig das neuerliche Hinaufschnellen der Arbeitslosenziffern begünstigt
hat: „Mit 364.000 Arbeitslosen haben wir die höchste Zahl seit
1945 – ein trauriges Resultat von Aderlässen wie der Entnahme
von AMS-Mitteln in Milliardenhöhe zur Budgetverbesserung.“
Heruntergebrochen auf die Steiermark erweist sich die Lage leider um nichts
weniger beklagenswert als die bundesweite, wie Flecker anhand von konkreten
Zahlen demonstriert: „In unserem Bundesland sind zurzeit rund 160.000
Menschen in etwa 60.000 Haushalten von Armut gefährdet. Über
70.000 Menschen sind unter die Armutsgrenze gefallen, 9.000 von ihnen
trotz aktiver Erwerbstätigkeit. Die Situation ist eher schlimmer
als österreichweit gesehen, da die Steiermark im Kaufkraftvergleich
mittlerweile gemeinsam mit Kärnten und dem Burgenland die rote Laterne
trägt.“
Soziale Gerechtigkeit neu definieren!
Flecker bemüht sich mit Hilfe einer Vielzahl von Maßnahmen
soziale Härten zu mildern und Reintegrationsbemühungen zu unterstützen:
Immer mehr einmalige Beihilfen werden genehmigt, um Menschen in schwierigen
Lebenslagen zu helfen. In diesem Winter wurden mehr als 18.000 Personen
Heizkostenzuschüsse gewährt – erstmals ohne Beteiligung
des Bundes oder des Ressorts von Landeshauptfrau Waltraud Klasnic.
Das Equal-Projekt IDA zur Integration von Sozialhilfebeziehern ist in
drei steirischen Bezirken gelaufen und wird nach seiner positiven Evaluierung
aus Mitteln des Sozialressorts weitergeführt. Das Projekt war in
der Pilotphase überaus erfolgreich, jeder vierte Teilnehmer konnte
mittlerweile Arbeit finden. Kurt Flecker will das Projekt hinkünftig
auf die ganze Steiermark ausweiten: „Damit wäre die Steiermark
österreichweit Vorreiter bei der Reintegration von Langzeitarbeitslosen.“
Von ähnlichen Ambitionen ist das Projekt Erfa zur Beschäftigung
von jugendlichen Langzeitarbeitslosen getragen. Zahlreiche Vereine wie
PASCH (Beratung von Arbeit suchenden Jugendlichen) und die integrativen
Betriebe Reha-Druck und Team Styria erhalten Fördermittel, um ihre
Aufgaben besser erfüllen zu können. Gemeinsam mit dem AMS wurde
die Implacementstiftung zur Integration von Langzeitarbeitslosen in Pflegeberufe
ins Leben gerufen, daneben wird eine Aufschulung von Pflegehelfern zu
diplomierten Personal angeboten. Als weiterer Baustein wurde die Schuldnerberatung
in der Steiermark neu organisiert und ausgebaut, denn Verschuldung ist
ein entscheidender Faktor in der Armutsgefährdung.
Flecker will aber vor allem den Begriff sozialer Gerechtigkeit neu definiert
wissen: „In Zukunft sollten wir in der Gesetzgebung vom Grundsatz
ausgehen, den Menschen gesetzlich fundierte Ansprüche einzuräumen,
statt Almosen zu gewähren.“
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„Keinen
Menschen fallen lassen“: Sozialressort und Caritas eröffnen
neue Chancen für Langzeitarbeitslose
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Wenn Effizienz (oft ohne Hinterfragung ihres
Sinngehaltes) zum gesellschaftlichen Fetisch wird, bleiben all jene auf
der Strecke, die aus verschiedenen Gründen nicht die geforderten hundertfünfzig
Prozent Leistung erbringen können. Wenn dann auch noch – wie
derzeit der Fall – die Mittel für eine offensive Arbeitsmarktpolitik
gekürzt werden, droht das Abgleiten in die Randbereiche sozialer Existenz
und in die Armut. Ein neues Betreuungsangebot der Caritas und des Landes
Steiermark wendet sich nun an jene Menschen, für die sich die herrschende
Arbeitsmarktpolitik nicht mehr zuständig fühlt.
Hinter dem Kürzel IDA (Integration durch Arbeit) verbirgt sich ein
erfolgreiches Projekt zur Reintegration so genannter „arbeitsmarktferner“
Personen, das von der CARITAS im Rahmen der EU-Entwicklungs-partnerschaft
EQUAL betrieben wird. Mehr als 20% der ca. 300 IDA-TeilnehmerInnen –
Langzeitarbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen – konnten
trotz schlechtester Ausgangschancen wieder in den Arbeitsmarkt integriert
werden.
Nach dem Willen von Soziallandesrat Dr. Kurt Flecker soll IDA nun mit
Unterstützung durch das Land flächendeckend in der gesamten
Steiermark weitergeführt werden. Flecker: „Der Armutsbericht
der Bundesregierung hat gezeigt, dass in Österreich ein Paradigmenwechsel
von der Integrations- zur Aussonderungsgesellschaft vollzogen wird, dem
wollen wir entgegentreten.“ Wichtig sei ein individueller Betreuungsansatz,
der die vielfältigen Probleme der Betroffenen berücksichtigt.
Die Menschen nicht allein lassen
Für Caritas-Präsident Franz Küberl ist klar: „Die
beste Existenzsicherung ist eine Arbeit, von der man leben kann.“
Dennoch sei Reintegration mehr als nur die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit:
„Wir bemühen uns, die Menschen ganzheitlich zu reintegrieren,
dass sie Sport betreiben, kulturelle Interessen entwickeln, lernen, sich
zu bewerben – ganz wichtig ist auch, ihnen zu zeigen, dass sie nicht
allein gelassen werden.“ Denn: Das gesellschaftliche Interesse an
den Ausgegrenzten sei gering, das zeige sich auch daran, dass es schwierig
sei in Erfahrung zu bringen wie viele Personen in der Steiermark Sozialhilfe
beziehen. „Wir rechnen aber mit einigen tausend TeilnehmerInnen.“
Caritas-Präsident Franz Küberl: Das Ziel heißt ganzheitliche
Integration.
Ein flächendeckendes Angebot
Ebenso wie IDA wird das neue Projekt ein stundenweises Beschäftigungsangebot,
Qualifizierung und Beratung auf freiwilliger Basis beinhalten, erläutert
Mag. Albert Trattner vom Consulting-Unternehmen ÖSB, das die Initiative
begleitet. „Das Arbeitsangebot kommt von Kommunen, Pfarren und hoffentlich
auch von einer zunehmenden Zahl von Unternehmen. Diese entrichten einen
Betrag von 9 Euro pro Stunde, an die Beschäftigten werden 5 Euro
pro Stunde ausbezahlt.“ Der Differenzbetrag kommt dem Projekt zugute.
Insgesamt werden die Kosten für die Initiative 2,5 Mio Euro jährlich
betragen, 50% der Kosten sollen selbst erwirtschaftet werden, der Zuschuss
durch die öffentliche Hand soll ca. 1,25 Mio Euro im Jahr für
500 bis 700 TeilnehmerInnen betragen. Für die Durchführung sollen
regionale Zentren eingerichtet werden, die in Hartberg, Voitsberg, Knittelfeld,
Liezen und Graz eingerichtet werden; mobile Beratungsstrukturen gehören
ebenso zum Konzept wie der Einsatz auch von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen.
Das Ziel sei, so Landesrat Flecker, bis 2008/2009 jeden und jede steirische/n
SozialhilfebezieherIn in die Betreuung aufzunehmen – mit dem Bestreben,
möglichst vielen davon den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu
ermöglichen.
Landesrat
Kurt Flecker: „Wir dürfen keinen Menschen fallen lassen –
bis 2008/09 sollen alle steirischen Langzeitarbeitslosen und SozialhilfebezieherInnen
in das neue Betreuungsangebot aufgenommen werden.“
Keinen Menschen fallen lassen
Nicht nur in der Schulpolitik, auch im Bereich der Integration von Langzeitarbeitslosen
und SozialhilfeempfängerInnen hat Finnland höchst erfolgreiche
Modelle vorzuweisen. Nach einer Fact-finding-Mission bei finnischen Sozialeinrichtungen
sieht sich Flecker in seiner „kundenzentrierten“ Einstellung
bestätigt: „In Finnland haben SozialhilfeempfängerInnen
das Recht, die Dienste eines Beratungsteams in Anspruch zu nehmen, das
Fachleute aus dem sozialen, dem psychosozialen und dem Gesundheitsbereich
umfasst und ein maßgeschneidertes, umfassendes und individuelles
Angebot zur Lebensplanung erarbeitet; Jugendliche unter 25 haben schon
nach drei Monaten Arbeitslosigkeit Anspruch auf ein solches Betreuungsangebot.“
ÖSB-Geschäftsführer Albert Trattner: Betreuung ist
flächendeckend konzipiert.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen seien den individuellen Bedürfnissen
der Betroffenen angepasst und reichten von Qualifikationsmaßnahmen
zur raschen Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt über eventuell
nötige Entzugstherapien bis hin zur Beschäftigungstherapie für
Menschen mit schwersten psychosozialen Beeinträchtigungen. Flecker
sieht in diesem Modell seinen Leitsatz verwirklicht: „Wir dürfen
keinen Menschen fallen lassen. Darum möchte ich mittelfristig einen
Gesetzesentwurf vorlegen, der vorsieht, dass in der Steiermark alle von
Langzeitarbeitslosigkeit Betroffenen und alle SozialhilfeempfängerInnen
einen Anspruch auf dieses Betreuungsangebot haben.“ Die Beratungsteams
sollen bei den Sozialämtern und Bezirkshauptmannschaften angesiedelt
werden, Flecker will auch das Arbeitsmarktservice mit ins Boot holen und
dessen einschlägige Kursangebote nützen.
Christian Stenner
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Ausgegrenzte Armut
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Armut und soziale Deprivation haben in
Österreich viele Facetten, die im Bewusstsein einer reichen und am
persönlichen Erfolg orientierten Gesellschaft oft ausgeblendet bleiben
– eine davon ist die bedrückende materielle Situation der in
diesem Land lebenden MigrantInnen und AsylwerberInnen. Als eine von wenigen
Organisationen in der Steiermark bemüht sich die MigrantInnenberatungsstelle
des Grazer Vereins ZEBRA seit vielen Jahren mit Engagement um die ganz
konkreten Anliegen und Probleme dieser Menschen. ZEBRA-Geschäftsführerin
Mag. Edith Glanzer erklärt zur tristen sozialen Realität vieler
ausländischer Mitbürger: „Die Armutsgefährdung von
MigrantInnen wird in den Statistiken wie dem Sozialreport Österreich
nicht korrekt abgebildet, da sie in der Stichprobe nicht repräsentativ
vertreten sind.“ Ein präziseres Bild liefert da der 2003 erschienene
„Österreichische Migrations- und Integrationsbericht“,
der konstatiert, dass fast ein Drittel aller akut armen Menschen in Österreich
in einem Haushalt leben, dessen Vorstand eine nicht österreichische
Staatsbürgerschaft besitzt. Die Armutsgefährdung ist mit etwa
21% für Nicht-EU-Bürger ebenfalls etwa doppelt so groß
wie für Inländer. Abgesehen von ihrer höheren Armutsquote
sind NichtösterreicherInnen in vielen Fällen im Hinblick auf
ihre niedrigere Schulausbildung und Wohnausstattung benachteiligt.
Zebra-GF Edith Glanzer:
„Strukturen für eine bessere Integration von MigrantInnen müssen
endlich von Seiten der Politik geschaffen werden."
Besonders schwierig ist die Lage der Asylwerber, die oft viele Jahre lang
auf einen Abschluss ihres Verfahrens warten müssen. Edith Glanzer
bringt das Problem auf den Punkt: „Solange Asylwerber noch im Verfahren
sind, haben sie praktisch keine Möglichkeit legal zu arbeiten.“
Aber auch die Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus, pro Jahr werden
nur etwa 1.500 positive Bescheide erteilt, verbessert ihre schwierige
Situation oft nur marginal, denn „viele haben aufgrund ihres Alters
oder wegen rassistischer Ressentiments schlechte Karten auf dem derzeit
von Überangebot geprägten Arbeitsmarkt. An ihrer faktischen
Schlechterstellung kann selbst eine Einbürgerung, die den anerkannten
Flüchtlingen in der Regel nach wenigen Jahren gewährt wird,
nur wenig ändern.“
Mangelnde Integrationsmaßnahmen
Seit den sechziger Jahren sind immer wieder Wellen von ImmigrantInnen
als „Gastarbeiter“ nach Österreich gekommen – um
ihre Integration zu fördern wurde von Seiten des Staates wenig unternommen.
Glanzer sieht die Verantwortung bei „einer unvernünftigen Integrationspolitik,
die durch einen restriktiv-bürokratischen Zugang viele der MigrantInnen
vom Arbeitsmarkt ausschließt.“ Österreich ist eines der
wenigen Länder, wo an eine Aufenthaltsgenehmigung nicht die sofortige
Arbeitsbewilligung gekoppelt ist. Nachkommende Angehörige, in vielen
Fällen Frauen und Kinder, haben dadurch keine Möglichkeit im
Berufsleben Fuß zu fassen. „Letztlich wird damit nur eine
Zunahme von Schwarzarbeit erreicht und Integration erschwert, weil der
Spracherwerb darunter leidet. Andere europäische Länder wie
Holland oder Großbritannien haben hier ein viel pragmatischeren
Zugang, der nicht wie hierzulande von ideologischen Grabenkämpfen
geprägt ist.“ Dies trifft laut Glanzer auch auf die Bildungspolitik
zu: „In Österreich gibt es eine lange Tradition der Ignoranz,
dass sich Menschen aus anderen Ländern hier permanent aufhalten.
Es wurde daher nur wenig überlegt, wie man Migrantenkinder fördern
könnte.“
Frau und Ausländerin: Mit der Ausgrenzung wächst das Armutsrisiko
Von den Eltern wird oft nicht erkannt, wie wichtig eine gute Schulbildung
für den sozialen Aufstieg ist, denn man ist bestrebt, dass die Kinder
schnell selbst Geld verdienen. Es gibt aber auch solche Eltern, die ein
ausgeprägtes Ausbildungsbewusstsein haben und über die Behandlung
ihrer Kinder in den Schulen zu Recht empört sind. „Die Nostrifizierung
von ausländischen Zeugnissen ist in Österreich äußerst
kompliziert und auch finanziell für viele Migranten nicht erschwinglich“,
bemängelt Glanzer die österreichische Bildungspolitik. Darüber
hinaus haben viele Einwanderer Versorgungspflichten für ihre Familien,
die sich noch im ihren Heimatländern aufhalten und für die sie
oft einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens aufwenden müssen.
„Die Integrationsdebatte wird leider immer noch als Defizitdebatte
bezogen auf die Ausländer geführt und es wird kaum darauf geschaut,
was an strukturellen Änderungen erforderlich ist, um die Integration
zu fördern. Die Strukturen müssen endlich aufgebrochen werden“,
mahnt Glanzer, „und das ist nicht zuletzt Aufgabe der Politik.“
Josef Schiffer
Infos und Kontakt:
Verein Zebra, Schönaugürtel 29, A-8010 Graz
T +43/316/83 56 30 – 0 | F +43/316/83 56 30 – 50 | M
zebra@zebra.or.at | www.zebra.or.at
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IKU – Interkulturelle
Arbeit mit Kindern gegen Rassismus
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„IKU“ ist ein Wort aus der
Benin-Sprache (Nigeria) und steht für „Spielend Erleben“.
Der Ausgangspunkt dieses ISOP-Projekts ist die Tatsache, dass rassistische
Vorurteile sich schon in frühester Kindheit entwickeln können.
Daher sollte deren Entstehung schon im frühesten Kindesalter entgegengewirkt
werden. Wichtig sind in diesem Zusammenhang positive Begegnungen mit Personen,
die Identifikationsmöglichkeiten zulassen.
In spielerischer
Form kommen sich die Kulturen näher
Der Leiter des Projektes; Fred Ohenhen, gebürtiger Nigerianer, kann
auf eine langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
zurückblicken: 1998 wurde zunächst der Kontakt mit Kindergärten
in Graz hergestellt; seit 1998/99 sind MitarbeiterInnen des Projekts nicht
nur in Kindergärten, sondern auch in Volks- und Hauptschulen, allgemein
bildenden höheren Schulen sowie in Berufsschulen im Einsatz.
Mit IKU sollen die Vorurteile und rassistische Denk- sowie Verhaltensmuster
abgebaut beziehungsweise an ihrer Entstehung verhindert werden. Den Kindern
soll die Möglichkeit geboten werden, sich auf spielerische und lustbetonte
Art dem Fremden zu nähern und den interkulturellen Lernprozess in
einem angst- und vorurteilsfreien Raum zu erleben.
Ein wichtiger Aspekt von IKU ist auch, dass die in Österreich lebenden
AsylwerberInnen in das Projekt miteinbezogen werden sollen. Dies geschieht,
indem sie als Begleitpersonen in die Kindergärten und Schulen mitkommen
und so zu österreichischen Kindern und Jugendlichen – aber
auch zu Erwachsenen – einen näheren Kontakt aufbauen können.
Das Projekt IKU wird gemeinsam vom Land Steiermark und dem Arbeitsmarktservice
finanziert. Die Kindergärten und Schulen bezahlen für das Projekt,
das meist eine Woche dauert, 15 Euro pro Kind.
Infos: ISOP Innovative Sozialprojekte GmbH, Projekt
IKU, Annenstraße 27/1, 8020 Graz
T 0316/ 72 10 53 | M iku@isop.at |
www.isop.at/iku
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ISOP-Weltnacht 2005 GRENZENLOS
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Ein Signal gegen Diskriminierung, Ausgrenzung
und Rassismus zu setzen, das ist das Anliegen der ISOP-Weltnacht, die sich
als ein interkulturelles Kaleidoskop versteht, das die Entgrenzung der Gesellschaft
widerspiegelt, wo Literatur, Musik und Kulinarisches ineinander übergehen.
LIVE: DOBREK BISTRO
Es war Liebe auf den ersten Takt. Als sich der polnische Akkordeonist
Krzysztof Dobrek und der russische Violinist Aliosha Biz bei den Proben
zu „Anatevka“ im Theater an der Wien das erste Mal trafen,
schien klar, dass der folgende künstlerische Weg ein gemeinsamer
sein würde. Um die Jahrtausendwende war Dobrek Bistro aus der Taufe
gehoben, das der Berliner Jazzkontrabassist Achim Tang und der brasilianische
Multiperkussionist Luis Ribeiro zu einem unkonventionellen Quartett komplettierten.
Die Bezeichnung des französischen Lokals kommt vom russischen „bystro“
(schnell). Das Quartett bezieht sich mit seinem Namen also sowohl auf
die virtuose Rasanz ihrer Darbietungen als auf die melancholische Eleganz,
die Dobrek, der für alle Kompositionen verantwortlich zeichnet, beim
Pariser Musette-Walzer so liebt. Musette, lateinamerikanische Formen wie
Salsa, Tango und Bossa Nova, Jazz, Gypsy Swing, klassische Einflüsse,
die Musik des Balkans und Orients, der Roma und Juden Osteuropas sowie
slawische Volksmusik sind die Zutaten dieser Stilmelange.
Weiteres Programm:
Die braven Buben - Balkandisco!
Lesung mit Birgit Doll
Theatergruppe DAS KUNST
Lesung mit Texten von Kelly Achi
Musik mit Pascal Lopongo und Mixed Music
Die Einnahmen kommen der Unterstützung von Flüchtlingen und
ZuwanderInnen bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt zugute.
Karten: 15.- (Vorverkauf 11.-)
Vorverkauf: ISOP, Dreihackengasse 2, 8020 Graz, Tel 0316/76 46 46
Zeit: Fr., 20.5.05, 20.00 Uhr
Ort: Volkshaus, Lagergasse 98a, 8020 Graz
Infos:
ISOP – INNOVATIVE SOZIALPROJEKTE, Mag. Jutta Zniva, ISOP, Dreihackengasse
2, 8020 Graz
T 0316/76 46 46-15 | www.isop.at
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Carla – Wiederverwenden
statt Wegwerfen
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Seit 8. April 2005 gibt es in der Petersgasse
in Graz einen neuen Carla-Laden, das fünfte Geschäft dieser
Art in Graz. Derzeit betreibt die Caritas in der Steiermark neun Läden,
in denen soziale Verantwortung groß geschrieben wird. Hier werden
gut erhaltene Sachspenden günstig an Personen weitergegeben, die
sich keine neuen Kleider, Haushaltsgegenstände oder Möbel leisten
können. Andererseits kommen zu Carla auch viele junge Leute, die
hier originelle Klamotten und Accessoires aufspüren. 10.000 Kunden
pro Jahr zeigen, dass die Nachfrage nach gut erhaltenen Second-Hand-Waren
riesig ist.
Eine
kleine Modenschau mit SchülerInnen überzeugte auch Caritas Präsident
Franz Küberl von der Vielfalt der Auswahl bei CARLA
Die Abholung, Sortierung und Reparatur der Waren erfolgt durch Menschen,
die es am Arbeitsmarkt schwer haben und bei Carla – mit Förderungen
des AMS – den „Wiedereinstieg“ ins Berufsleben schaffen
können.
Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, werden mit Hilfe
der Sachspenden mit dem Allernötigsten versorgt. Ein großer
Teil der Kleiderspenden geht an bedürftige Familien in Süd-Osteuropa.
Gespendete Möbel und Einrichtungsgegenstände finden auch in
den Caritas-Einrichtungen eine Wiederverwendung (Stühle, Schreibtische,
Aktenschränke etc.). Somit können Kosten für die Infrastruktur
gespart werden. (Büros mit Geschichte).
Was können Sie spenden?
Neue und gebrauchte Sachgüter, wie Möbel, Geschirr, Kleider,
Bücher, Spielzeug, Fahrräder, Bilder, Elektrogeräte, etc.
Besonders willkommen sind auch Restposten aus der Überproduktion
von Betrieben.
Alle Waren können in den Carla Secondhandläden abgegeben werden,
sperrige und schwere Güter bitte zu folgenden Adressen bringen:
Carla Warenhalle: Lindengasse 18, 8045 Graz- Andritz
(Ende Grabenstraße)
Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 9.00 bis 17.30 Uhr ; Samstag 9.00 bis
12.30 Uhr, T 0316 / 68 62 79
Caritas Zentrale: Raimundgasse 16, nach Möglichkeit
nur Waren in Kleinmengen (speziell Kleider)
Adressen der Carla-Standorte:
Kapfenberg:
Beschäftigungsmosaik Leoben, Grazerstraße 12 , 8061
Kapfenberg, T 03862/27 079
Graz:
8010, Grabenstraße 39a, 0316/67 99 36
8020, Griesplatz 6, 0664/54 87 615
8020, Karl Morré Straße 0316/57 17 20
8045, Lindengasse 18a 0316/68 62 79
Leoben: Beschäftigungsmosaik Leoben, Franz Josefstraße
23, 8700 Leoben, T 03842/46147
Liezen: 8940, Grimminggasse 18
Trieben: Paltentaler Beschäftigungs Mosaik, Schoberpassbundesstrasse
53, 8784 Trieben, T 03615/28 0 62
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Prekäre Beschäftigungsverhältnisse:
Arm durch Arbeit
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Der eben erschienene „Bericht über
die soziale Lage“ des Sozialministeriums widmet einen eigenen Abschnitt
dem Zusammenhang zwischen Erwerbsarbeit und Armut. Fazit: Arbeit schützt
vor Armut nicht – vor allem dann, wenn es sich um ein prekäres
Beschäftigungsverhältnis handelt.
Mag.
Marcel Kirisits, Arbeiterkammer Steiermark: „Atypische Beschäftigung
muss man sich leisten können.“
19 Prozent der Mitglieder von Haushalten, in denen kein Familienmitglied
erwerbstätig ist, sind armutsgefährdet. Ist zumindest ein Haushaltsmitglied
länger als 12 Monate arbeitslos, so steigt die Armutsgefährdung
auf 36%. Wer in einem Facharbeiter-Haushalt lebt, hat mit nur 7% ein relatives
geringfügiges Armutsrisiko; Teilzeitarbeit eines Haushaltsmitgliedes
bis 35 Stunden lässt das Armutsrisiko nur unwesentlich auf 9% ansteigen,
was damit zusammenhängt, dass Teilzeitarbeit zumeist von Frauen zum
Zwecke des „Zuverdienstes“ geleistet wird. Aber: Unregelmäßige
Beschäftigung, vor allem in Form von freien Dienstverträgen
oder Werkverträgen, lässt das Armutsrisiko steil auf 17% ansteigen.
Der Grund: Diese Arbeitsverhältnisse weisen zumeist eine verringerte
Jahresarbeitszeit auf, sie sind schlechter entlohnt als unbefristete Vollzeitstellen,
zudem ist der sozial- und arbeitsrechtliche Schutz reduziert. Dazu heißt
es im „Bericht über die soziale Lage“ wortwörtlich:
„In Anbetracht der strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarktes
[…] werden immer mehr Menschen in Zukunft von derartigen prekären
Arbeitsverhältnissen abhängig und dies kann das Risiko steigern,
zumindest zeitweilig unter die Einkommensgefährdungsschwelle zu rutschen.“
Hohes Armutsgefährdungs-Risiko vor allem bei AlleinverdienerInnen
Allein in der Steiermark waren im Jahr 2003 – je nach Berechnungsmethode
– zwischen 69.900 und 83.900 Personen teilzeit- und 33.199 geringfügig
beschäftigt (der überwiegende Anteil davon Frauen), die Zahl
der „freien“ DienstvertragsnehmerInnen lag bei 3254, jene
der WerkvertragsnehmerInnen bei knapp 3000.
Mag. Marcel Kirisits von der wirtschaftspolitischen Abteilung der Arbeiterkammer
Steiermark und Autor der Studie „Schein und Sein der neuen Arbeitswelt“:
„Atypische Beschäftigung muss man sich leisten können.
Ein prekäres Arbeitsverhältnis kann für Mitglieder von
Haushalten, in welchen ein anderes Mitglied voll erwerbstätig ist,
ein willkommenes Zubrot bringen; für AlleinverdienerInnen birgt es
immer ein hohes Armutsgefährdungs-Risiko.“ Daher fordert die
AK, den Arbeitnehmerbegriff so zu definieren, dass die Betroffenen in
den Genuss der üblichen ArbeitnehmerInnenrechte kommen – von
der Bezahlung nach Kollektivvertrag über den Anspruch auf bezahlten
Urlaub, auf Weihnachtsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zum
Anspruch auf Arbeitslosengeld. Kirisits: „Das ist umso gerechtfertigter,
als die Arbeitsrechts-ExpertInnen der Kammer immer wieder feststellen
müssen, dass es sich vor allem bei Werkverträgen um eine bloße
Umgehung normaler Anstellungsverhältnisse handelt, durch die sich
Arbeitgeber einfach die Lohnnebenkosten sparen wollen.“
Arbeiterkammer Steiermark, Hans-Resel-G. 8-14, 8020
Graz
T 05/77 99-0 | M info@akstmk.at
| www.akstmk.at
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Demokratie hat ihr Ende bei
den Armen
von Caritas-Präsident Franz Küberl
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Wir wissen, dass, bevor jemand um Hilfe
bittet, sich die betroffenen Personen lange alleine anstrengen und bemühen,
aus dem Schlamassel herauszukommen. Fehlen der familiäre Rückhalt,
der Freundeskreis oder die existentiellen Grundlagen, dreht sich die Spirale
manchmal jedoch zu schnell weiter, um ohne die Hilfe anderer etwas zu
verändern. Und diese Spirale dreht sich derzeit besonders schnell.
Der aktuelle Bericht zur sozialen Lage in Österreich untermauert,
was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas auch in unserem Bundesland
tagtäglich feststellen: Die alte Armut ist auch die neue Armut. Sie
hängt unmittelbar mit dem Grad an Sicherheit der Lebensverhältnisse
zusammen. Sie nimmt daher in dem Maße zu, in dem Beschäftigungsverhältnisse
nicht stabil, sondern labil sind und Erwerbsarbeit unerreichbar wird.
Überdurchschnittlich sehen wir uns mit den Folgen von materieller
und emotionaler Armut bei Frauen mit und ohne Kinder konfrontiert. Genau
hier ist dann die Caritas besonders gefordert: Probleme erkennen und benennen,
Menschen so annehmen können, wie sie sind, das heißt: Respekt
haben, auch wenn jemand ganz unten ist; zuhören, gemeinsam nachdenken
und dann entsprechend handeln, konkrete unbürokratische Hilfe leisten,
die das gesamte Umfeld mit einbezieht.
Der Schritt heraus aus der Verzweiflung ist nur dann möglich, wenn
finanzielle Überbrückungshilfen und professionelle Beratung
zusammenspielen. Dazu zählt vor allem auch die enge Kooperation mit
öffentlichen Stellen und Ämtern, deren MitarbeiterInnen die
Pflicht überantwortet bekommen haben, das soziale Netz nicht auseinander
reißen zu lassen. Es muss unbestritten bleiben, dass das Recht und
die Chance auf eine glückende Zukunft jeder und jedem in unserem
Land in gleicher Weise zugestanden wird.
Sätze von Seiten des Sozialamtes wie „Sie haben zwei gesunde
Hände, gehen Sie doch arbeiten“, sind völlig realitätsfern
und menschenunwürdig. Vielmehr hat die öffentliche Hand die
Pflicht, reale Gegebenheiten wahrzunehmen - es gibt einfach Menschen,
die gar nicht die Möglichkeit haben, einen bezahlten Job zu bekommen,
auch wenn sie das noch so gerne möchten. Ganz einfach deswegen, weil
der Arbeitsmarkt längst nicht mehr allen eine Anstellung bieten kann,
die sehr wohl dazu fähig wären, eine regelmäßige
Tätigkeit auszuüben. Das scheinbare Argument, „wer eine
Arbeit will, der findet eine“, hat in Regionen, in denen Unternehmen
zusperren oder Betriebe abwandern, ganz sicher keinen realistischen Boden.
Anderslautende Aussagen spiegeln einen Sarkasmus wider, der Frauen und
Männer, die eine Familie erhalten müssen, nur noch mehr vor
den Kopf stößt.
Wir wissen aufgrund der Quote der Nichtinanspruchnahme von Sozialhilfe,
dass es eine Menge von Leuten gibt, die sich gar nicht zum Amt hintrauen,
um ihre rechtlichen Ansprüche geltend zu machen. Ein wichtiges Ziel
wäre daher die Einführung von standardisierten Verfahren, wie
Menschen zu ihren Rechten kommen. Dazu gehört, dass sich Ämter
mehr als Servicestellen verstehen.
Wir haben von Seiten der Caritas durch unsere Organisationsstruktur den
Querblick zu anderen Bundesländern und einen internationalen Vergleich,
wie die Handhabung in den sozialen Hilfen verbessert werden kann.
Wir brauchen daher eine viel schärfere Wahrnehmung von den Ursachen
von Notlagen und den daraus resultierenden Lösungsansätzen.
Anstelle einer Haltung, die die Schuld bei den betroffenen Personen sucht,
müssen wir die Frage stellen, was zu tun ist, damit Menschen in Notlagen
in ihrer gesamten sozialen Situation „generalsaniert“ werden.
Dabei will und muss die Caritas in den sozialen Hilfen für den Einzelnen
ein gehöriges Maß an Erfindungsgeist an den Tag legen. Gegenüber
öffentlichen Stellen ist die Caritas darüber hinaus ein produktives
Gegenüber im Sinne der uns anvertrauten Personen. Erfahrungsgemäß
hat die Demokratie ihr Ende bei den Armen. Hier funktioniert nicht mehr,
was im Staat oberstes Prinzip sein soll: Dass der einzelne Bürger
der Souverän dieses Staates ist. Die Caritas versucht daher notwendige
Beiträge zu leisten, dass sich die Gesellschaft auf ihre Gesamtverantwortung
besinnt. Sie überwindet die Anonymität der Hilfe des Staates,
weil sie Hilfe von Gesicht zu Gesicht leistet. Sie überwindet den
Markt, weil sie auch jenen hilft, die eben nicht marktfähig sind.
Eine wesentliche Herausforderung ist, das, was gut läuft genauso
im Blick zu behalten wie die Schwachstellen, die man sich zuerst noch
eingestehen muss. Auf dieser Haltung aufbauend, können private Organisationen
und öffentliche Stellen gemeinsam Schlüsse ziehen, wie wir künftig
besser und Ziel führend Menschen dazu befähigen, auf ihren eigenen
Beinen zu stehen und ihr Leben gut zu bewältigen.
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Armut ist weiblich
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Armut ist in Österreich zu einem überproportional
großen Maß weiblich – das Risiko „arm zu werden“
ist für Frauen um mindestens 35% größer als bei Männern.
Mehr als 700.000 Frauen sind armutsgefährdet bzw. akut arm. Die Hauptursache
ist ihre Schlechterstellung beim Einkommen! Den jüngsten Auswertungen
der Armutskonferenz zufolge leben in Österreich 571.000 Frauen von
einem monatlichen Einkommen von unter 785 Euro. Außerdem sind Frauen
nicht nur häufiger von Einkommensarmut betroffen als Männer, sondern
bleiben auch diesen Benachteiligungen viel länger ausgesetzt.
Armut macht krank
Für Brigitte Hinteregger, Frauenbeauftragte der Stadt Graz, ist Armut
kein Schicksal, sondern die Folge der bestehenden Eigentumsverhältnisse.
Sie weist auf die drastisch gestiegene Zahl von SozialhilfeempfängerInnen
hin: „Vor zehn Jahren waren es 31.467 – im Jahr 2002 verzeichnete
das Sozialamt 67.211! Inzwischen ist ihre Zahl weiter gestiegen –
auch aufgrund der Langzeitarbeitslosen, betroffen sind vor allem Frauen“,
erklärt Hinteregger und betont: „Mit zunehmender Dauer der
Beschäftigungslosigkeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand
der Betroffenen, steigt Perspektivenlosigkeit, während das Selbstwertgefühl
sinkt.“
Hinteregger: „Nur wenige Frauen fördernden Maßnahmen
greifen.“
Die eigentliche Aufgabe der Sozialhilfe, Armut zu vermeiden bzw. Menschen
aus ihrer Armut herauszuholen, scheint fehlgeschlagen zu sein: Einer aktuellen
Studie zufolge sind Arme doppelt so oft krank wie Nicht-Arme, 32% leben
in Wohnungen mit undichtem Dach, Schimmelbefall oder feuchten Wänden
und 13% in überbelegten Wohnungen. Hinteregger weist auf ein weiteres
Problem hin: „Die Dunkelziffer jener Frauen, die eigentlich Anspruch
auf Sozialhilfe hätten, diese aber aus Angst davor, dass sie sie
einmal zurückzahlen müssen, nicht in Anspruch nehmen, ist sehr
hoch. Zu 90% sind allein erziehende Mütter und sehr viele Pensionistinnen
betroffen – allein in Österreich leben 700.000 armutsgefährdete
Frauen.“
Arbeit schützt vor Armut nicht
200.000 österreichische Frauen leben in akuter Armut. Davon wird
dann gesprochen, wenn neben finanzieller Schlechterstellung große
Einschränkungen in den grundlegenden Lebensbedürfnissen spürbar
sind, z. B. beim Beheizen der Wohnung oder beim Kauf von Lebensmitteln.
Auf die Steiermark bezogen wurden bislang 29.400 Frauen erfasst. 14.170
Frauen sind derzeit ohne jegliche Arbeit. „In all diesen Statistiken
ist das so genannte ‚working poor system‘ gar nicht mitgerechnet,
d. h. geringfügig Beschäftigte oder Immigrantinnen kommen gar
nicht vor“, so Hinteregger, „Zugenommen haben vor allem komplexe
Problemlagen und: Laut Arbeitsmarktservice ist man mit 45 Jahren bereits
„zu alt“, am Arbeitsmarkt ist man das schon mit 35!“
„Die Zahlen des Wirtschaftsministeriums zeigen eine Einkommensschere
von 33% bei gleicher Position und gleicher Tätigkeit“, empört
sich Hinteregger, „im Handel beläuft sich diese Einkommensschere
sogar auf 40%! Jene Frauen, welche in Teilzeitjobs arbeiten, leisten tatsächlich
viele zusätzliche Arbeitsstunden, nur aus Angst, den Job zu verlieren
und so ist es leider oft der Fall, dass ein 20-Stunden-Halbtagsjob plötzlich
zu einem 30 Stunden Job mutiert.“
Ankunft an der „gläsernen Decke“
Als einen Grund, warum Frauen soviel weniger verdienen als Männer,
nennt Hinteregger die Berufsunterbrechung wegen Kinderbetreuung: „Der
Einkommensknick nach der Karenz kann im gesamten Erwerbsleben nicht mehr
aufgeholt werden. Karenzierte Arbeitnehmerinnen verlieren durchschnittlich
10% ihres Ausgangsbezuges.“ Hinzu kommen Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg,
oft auf einen schlechter bezahlten Job. „Frauen starten meist grundsätzlich
schon mit einem niedrigeren Einstiegsgehalt“, berichtet die Frauenbeauftragte,
„das beruht jedoch vor allem auf Vorurteilen seitens der Arbeitgeber
und auf fehlenden informellen Netzwerken bei Lohnbildungsprozessen.“
Dies bestätigt auch Lisa Rücker vom Café Palaver, einer
Initiative des Grazer Frauenservice, und betont: „Frauen haben weitaus
geringere Aufstiegschancen als Männer und stoßen sehr rasch
an die so genannte gläserne Decke – das trifft auch Frauen
ohne Kinder.“ Laut Rücker herrschen immer noch die Klischeebilder:
„Mutter = gute Frau, Karrierefrau = böse Frau …dabei
heißt Karriere nichts anderes als Entwicklung“, so Rücker,
„das Kindergeld war ein Schuss nach hinten. Der Trend zur Teilzeitarbeit
steigt stark an, viele Frauen bekommen nicht einmal die Chance auf eine
Vollzeitarbeit.“
Rücker: „Viele Frauen bekommen nicht einmal die Chance
auf eine Vollzeitarbeit.“
Ohne Pensionsanspruch in die Pension …
„Nur wenige der Frauen fördernden Maßnahmen greifen“,
so Hinteregger, „sonst würde es nicht seit circa 10 Jahren
die gleichen Zahlen geben. Das AMS fördert zwar Qualifizierung, bietet
aber zugleich keine Kursprogramme, die mit einer Grundsicherung verknüpft
sind. Auf Präventivmaßnahmen gegen Frauenarmut wird kaum gesetzt!“
Rücker bekrittelt, dass die Qualifizierungsmaßnahmen nur eine
kleine Zielgruppe ansprechen: „Es muss dringend ein situationsbezogenes
Grundsicherungsmodell entwickelt werden und auch Männer müssen
künftig verpflichtet werden, so wie z.B. in Schweden das Modell erfolgreich
läuft. Hier müssen auch Männer einige Monate, verbunden
mit einem Lohnausgleich, in Karenz gehen.“ Auch steuerpolitisch
sieht Rücker einigen großen Änderungsbedarf, zudem plädierte
sie für ein solidarisches Kranken- und Pensionsversicherungssystem.
„Derzeit (über-)leben rund 150.000 Frauen in Österreich
ohne Pension oder Fremdpension – sie haben Null Anspruch!“
so Rücker, „Davon sind viele Betroffene nicht einmal Sozialhilfeempfänger.“
Auch Hinteregger sieht hier dringenden Handlungsbedarf: „Aufgrund
der Pensionsharmonisierung sind die Durchrechnungszeiträume mit 40
Jahren jetzt noch höher – die Tendenz zu Frauenarmut steigt
dadurch immens, schließlich fallen z.B. Geringfügigkeit oder
Teilzeitarbeit in die Berechnung und drücken den letztendlichen Pensionsanspruch
extrem nach unten, auch wenn die Frau in den letzen 15 Jahren sehr gut
verdient hat.“
Hinteregger fordert konkrete Maßnahmen für die Gleichstellung
von Frauen in allen Bereichen, „… wobei hier an ihren tatsächlichen
Lebensbedingungen angeknüpft werden muss!“ Im derzeitigen Tempo
würde es noch bis Mitte dieses Jahrtausends dauern, bis Frauen in
Führungspositionen endlich gleichberechtigt vertreten sein werden
...
Claudia Windisch
Infos
Die Frauenbeauftragte der Stadt Graz und ihr Team bietet kostenlose und
anonyme Beratung in allen Fragen an: T 0316/872-4660, Fax 0316/872-4669
und im Internet www.frauenbeauftragte.at
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„Sucht führt zur Verarmung“
< Geishofer:
„Das Ziel der Suchtberatung und -therapie ist die Herstellung der
Fähigkeit zur Lebensbewältigung“ |
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Als Geschäftsführer der steirischen
Gesellschaft für Suchtfragen b.a.s. (betrifft abhängigkeit und
sucht), die ihre Beratungs- und Therapiestellen steiermarkweit betreibt,
verfügt Manfred H. Geishofer über eine Menge Datenmaterial zu
den Hintergründen von Sucht und Abhängigkeit. „Wenn in
unserer Klientel Arbeitlose mit 20% überproportional repräsentiert
sind, so hängt dies eher damit zusammen, dass wir einschlägige
Projekte mit dem AMS durchgeführt haben, um Menschen wieder jobfit
zu machen, als dass Armut und Arbeitslosigkeit die Gründe für
Alkoholismus und andere Suchterkrankungen darstellten.“ Gerade Alkoholkranke
kämen, so Geishofer, aus allen sozialen Schichten – „vom
Arzt über den Hochschulassistenten bis zum Arbeitslosen“. Daher
sei auch ein Ansatz, der davon ausgehe, dass die Beseitigung materieller
Sorgen zu einem Ende der Suchterkrankung führe, wenig Erfolg versprechend.
Aber: „Alle unsere Erfahrungen zeigen, dass umgekehrt Sucht in vielen
Fällen auf dem Weg über den Jobverlust zur Verarmung führt
– wie etwa das Beispiel eines Lehrers zeigt, dessen Alkoholikerkarriere
ihn bis zur Caritas-Schlafstelle führte.“
Darum sei auch die Arbeit der Suchtberatung und -therapie nicht primär
von dem Ziel geleitet, der Sucht ein Ende zu setzen: Geishofer: „Die
Intervention muss ganzheitlich sein, es geht darum, Lebensziele zu formulieren.
Den meisten ist natürlich wichtig, dass sie ihren Job behalten –
dann arbeiten wir genau darauf hin. Das Ziel ist immer die Fähigkeit
zur Lebensbewältigung. Neben der persönlichen Wertschätzung
für den betroffenen Menschen, die sich in dieser Zielsetzung ausdrückt,
wird damit auch die Gesellschaft entlastet, die sich Geld für Sozialhilfe
und Behandlungskosten spart.“
C.S.
b.a.s.-Beratungsstellen
Graz: Dreihackengasse 1, 8020 Graz, T (0316) 821199 | M office@bas.at
Die Adressen der b.a.s.-Beratungsstellen in Deutschlandsberg, Feldbach,
Hartberg, Kapfenberg, Leibnitz, Liezen, Mürzzuschlag, Schladming,
Voitsberg und Weiz finden Sie unter www.bas.at!
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Alte Menschen: Über 16% sind
armutsgefährdet oder „Der Neoliberalismus
als basisdemokratische Verarmungsveranstaltung“ (Nikolaus Dimmel)
< Prof. Nikolaus Dimmel: „Das Drei-Säulen-Modell
der Pensionen geht an den Bedürfnissen der tatsächlich schlecht
Versorgten vorbei.“ |
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Die Referate des vierten Workshops
der diesjährigen vom Arbeitsmarktservice Steiermark veranstalteten
Denkwerkstätte am 13. April 2005 beschäftigten sich mit „Bastelbiographien
und sozialen Risiken im Alter“ (Nikolaus Dimmel) und „der
Matrix der sozialen Frage im Cyberkapitalismus“ (Klaus Firlei).
Der folgende Artikel stützt sich in erster Linie auf das Referat
von Prof. DDr. Nikolaus Dimmel vom Institut für Grundlagenwissenschaften
der juridischen Fakultät der Universität Salzburg.
Das
Bild einer alten Luxus- und Fun-Generation hält einem Vergleich mit
der Wirklichkeit nicht stand.
Acht Prozent von akuter Armut betroffen
Unterschiedlichste sozialstrukturelle Variablen haben Einfluss auf die
Armutsgefährdung. Das Alter ist einer dieser Einflussfaktoren. Alte
Menschen und Kinder sind besonders stark betroffen, wobei die Armutsgefährdungsquote
der über 65-Jährigen mit 16,4% im Vergleich der Altersgruppen
die höchste ist. Ein großer Teil der übrigen bekannten
Einflüsse wirkt im Alter weiter. Um Altersarmut analysieren zu können,
ist es nötig auch innerhalb der alten Menschen zu differenzieren.
Besonders alte Frauen leiden unter Armut. 8% der Menschen dieser Gruppe
sind von akuter Armut betroffen. Das bedeutet, dass sie im Winter nicht
genug Geld für die Heizung haben, abgetragene Kleider nicht austauschen
können, nicht einmal einmal pro Monat jemand zum Essen zu sich nach
Hause einladen können. Die Verteilung der Einkommen der Alten spiegelt
die Erwerbsbiografie. Nur ein Teil der PensionistInnen bekommt existenzsichernde
Eigenpensionen. Der Rest ist von Ausgleichszulagen und bedarfsgeprüften
Renten abhängig, um auf die Mindestpension zu kommen. Diese sichert
mit 663 Euro für Alleinstehende bzw. 1.030 Euro für Ehepaaregerade
das Überleben.
Armut in der Pension beginnt im Erwerbsleben
Stellt man die Frage, wie Altersarmut zustande kommt, lassen sich vier
Hauptfaktoren erkennen, die bereits lange vor der Pensionierung wirksam
werden: 1.) Fehlender oder eingeschränkter Arbeitsmarktzugang bzw.
Zugang zu Vollzeitbeschäftigung, 2.) Zu kurze Beitragszeiten in der
Pensionsversicherung, bedingt durch Unterbrechungen in der Erwerbsbiografie,
3.) Niedrige Eigenpensionen aufgrund niedriger Aktivbezüge, 4.) Scheidungsfolgen
nach Beendigung von Versorgungsehen. Diese erklären auch, warum Frauen
besonders stark von Altersarmut betroffen sind. So sind es im Normalfall
gerade sie, die Teilzeitjobs ausüben, einige Jahre bei den Kindern
zu Hause bleiben und im Falle von Scheidungen, selbst wenn sie wieder
Zugang zum Arbeitsmarkt finden, meist nur schlecht bezahlte Arbeit finden.
Doch mit der Ausbreitung von prekären und atypischen Arbeitsverhältnissen
und den immer größeren Pensionskürzungen im Falle von
Frühpensionierungen hat sich der Trend insofern verändert, als
auch immer mehr Männer von Altersarmut betroffen sind. Das Alter
ist also eine Phase der Vertiefung sozialer Ungleichheit als Folge kumulativer
Ungleichheit im Erwerbsleben.
Das Drei-Säulen-Modell geht an den Bedürfnissen der
tatsächlich schlecht Versorgten vorbei.
Anstatt Maßnahmen zur Reduzierung der Altersarmut zu ergreifen,
agieren Arbeitsmarkt- und Pensionspolitik in prozyklischer Weise. Etwa
ein Drittel der unselbstständig Erwerbstätigen arbeitet atypisch.
Von diesen atypisch Beschäftigten arbeiten ca. 20% Teilzeit, 7,2%
geringfügig. Atypische Arbeit steigert nicht nur das aktuelle Armutsrisiko,
sondern auch das Risiko im Alter arm zu sein. Der Bedarf nach Sozialhilfe
steigt bereits im Erwerbsalter. Doch während immer mehr ältere
Menschen immer früher aus dem Erwerbsprozess ausgeschlossen werden,
wird ihnen auch die Möglichkeit genommen, alternative Betätigungen
auszuüben oder in die Pension auszuweichen.
Besonders klar erkennbar wird die armutsproduzierende Politik angesichts
der Pensionsreform. Während in Deutschland schon darüber nachgedacht
wird, 2006 reale Pensionskürzungen durchzuführen, sind die Maßnahmen
in Österreich zurzeit noch subtiler. Die Pensionsreform 2003 war
der vorläufige Gipfelpunkt dieser Entwicklung. Sie brachte folgende
Maßnamen:
- Erhöhung der Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt
- „Hackler“ müssen mit 12% Pensionsverlust (3% pro
Jahr) bei Pensionsantritt mit 55/60 Jahren rechnen
- Senkung des Steigerungsbetrages von 2% (Anspruch auf 80% der Bemessungsgrundlage
nach 40 Arbeitsjahren) auf 1,78% (80% nach 45 Versicherungsjahren)
- Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes von den 15 bzw. 18
besten Jahren auf 40 Jahre
- Verschiebung der Pensionsanhebung
- Erhöhung der pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten
von 18 auf 24 Monate
- Reduktion des Durchrechungszeitraumes pro Kind um 3 Jahre
- Deckelung der Verluste auf 10% bis zum Pensionsantritt 2028
Außer den letzten drei führen all diese Maßnahmen zu
Prekarisierung der Lebensverhältnisse alter Menschen, die schon in
jüngeren Jahren zur Mittel- und Unterschicht gehört haben. Das
stark propagierte Drei-Säulen Modell der Pensionssicherung mit staatlicher,
betrieblicher und privater Pensionsvorsorge geht an den Bedürfnissen
der tatsächlich schlecht Versorgten vorbei. Wer wenig verdient, wird
kaum Geld übrig haben, um in eine private Pensionsvorsorge einzuzahlen.
Dazu kommt, dass sowohl private als auch betriebliche Pensionen zwar stark
von Staat subventioniert sind, jedoch keine Sicherheit bieten. Bei beiden
Arten der Vorsorge kann die Pension tausender Menschen innerhalb eines
Tages Aktienkursverlusten zum Opfer fallen, sodass die Betroffenen vor
dem Nichts stehen.
Multiplikation der Belastungen
Ein großes Problem liegt in der Einführung von Selbstbehalten
und der regelmäßigen Erhöhung der Rezeptgebühr. Beides
führt zu einer Multiplikation der Belastungen. Sowohl Armut als auch
Alter erhöhen das Krankheitsrisiko. Selbstbehalte führen dazu,
dass immer weniger medizinische Hilfe in Anspruch genommen wird, was wiederum
dazu führt, dass bei rechtzeitiger Behandlung ungefährliche
Krankheiten schlimme Folgen haben können. In dem Ausmaß, in
dem sich der Staat aus seiner sozialen Verantwortung zurückzieht,
geht der Rechtsanspruch auf Hilfeleistungen verloren. Die Inanspruchnahme
von Sozialhilfe auf der einen und Hilfe durch private Charity-Organisationen
auf der anderen Seite lindert zwar akute materielle Not, verstärkt
aber die psychosozialen Auswirkungen von Armut. Hilfe im Sinne von Almosen
ist daran geknüpft, dass die Hilfsbedürftigen zu Bittstellern
werden, die beweisen müssen, dass sie tatsächlich gar nichts
mehr haben. Es entsteht eine Dynamik nach unten. Es gibt eine sehr hohe
Non-take-up-Rate: Personen, die Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen
könnten, tun dies aus Scham nicht. Zusätzlich führen Scham
und eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten zu immer weniger Sozialkontakten
und schließlich zur Vereinsamung.
Rhetorik um den Generationenkonflikt und Empirie
Immer wieder wird in den Medien, aber auch in der interessierten Fachwelt
der Generationenkonflikt beschworen. Immer mehr alte Menschen würden
die jüngere Generation ausbluten. Aber: Beitragsleistungen und Konsum
teilen sich tatsächlich sozialstrukturell differenziert auf. Auf
der einen Seite stehen zum Beispiel manuell Beschäftigte, die auf
Grund der durchgehaltenen Arbeitsbelastungen im Schnitt mit knapp über
60 Jahren sterben, also nur wenige Jahre Pensionen konsumieren. Auf der
anderen Seite stehen gut verdienende Kopfarbeiter, die viele Jahre lang
hohe Pensionen konsumieren. Das Bild einer alten Luxus- und Fun-Generation
hält einem Vergleich mit der Wirklichkeit nicht stand. Dazu kommt,
dass MigrantInnen, die Pensionsbeiträge zahlen, meist nicht in die
Berechnungen einbezogen werden. Realistische Berechnungen zeigen, dass
der Bundesbeitrag zum Pensionssystem bis 2010 kontinuierlich sinken wird,
um dann bis 2015 auf das Niveau von 2004 anzusteigen. Das heißt,
dass wir tatsächlich weit entfernt von einem Pensionschaos sind.
Johanna Muckenhuber
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Steirische Schuldnerberatung
– professionelle Begleitung aus der Schuldenfalle
< Christoph Lösch von der Schuldnerberatung Steiermark: „Vor
allem auf dem Land wird das Problem Schulden oft noch tabuisiert.“
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Es müssen nicht immer die
klassischen Statussymbole unserer modernen Konsumgesellschaft sein, wie
teure Autos, trendige Handys oder schicke Designerklamotten – oft
führen ganz „banale“ Umstände wie der Verlust des
Arbeitsplatzes, längere Krankheit oder einfach nur unerwartete Ausgaben
(etwa für Reparaturen) direkt in die Schuldenfalle. Das Konto ist
schnell einmal überzogen und einen weiteren Kredit zu bekommen, durch
den die Finanzierung der heiß begehrten oder der bitter benötigten
Güter wieder „problemlos“ machbar ist, scheint heutzutage
geradezu ein Kinderspiel zu sein – allerdings oft mit bösen
Folgen. Einmal in der Schuldenfalle gefangen, gelingt es den Betroffenen
und ihren Angehörigen oft nur mit größter Mühe, erfolgreich
einen Weg heraus aus dem finanziellen Debakel zu finden und ihr Leben
von Grund auf neu zu organisieren.
Seit
1995 gibt es für unselbstständig Beschäftigte (Nicht-UnternehmerInnen
bzw. ehemalige UnternehmerInnen) die Möglichkeit, den so genannten
Privatkonkurs anzumelden. Das Ziel dieses speziell auf Privatpersonen
zugeschnittenen Verfahrens ist es, dem grundsätzlich zahlungswilligen
Schuldner die Chance auf einen wirtschaftlichen Neubeginn zu geben. Dieser
soll durch die Festsetzung einer bestimmten Rückzahlungsquote der
Schuldensumme, die den Einkommensverhältnissen des Schuldners entspricht
und mit Hilfe eines Zahlungsplanes die realistische Chance bekommen, sich
mit eigener Kraft aus seiner finanziellen Notlage zu befreien. Seit dieser
Zeit gibt es in allen Bundesländern bevorrechtete Schuldnerberatungen,
die als gemeinnützige Institutionen nicht nur das Recht haben, den
Schuldner vor Gericht zu vertreten, sondern die auch bei der Erstellung
eines außergerichtlichen Ausgleichs kostenlos Unterstützung
geben.
Die steirische Schuldnerberatung, bis dahin vom Verein „Rettet
das Kind“ getragen, wurde mit Jänner 2002 auf Initiative von
Soziallandesrat Kurt Flecker völlig neu aufgezogen. In Zusammenarbeit
von Sozialressort des Landes Steiermark, AMS, Caritas und BFI wurde ein
landesweit flächendeckendes Angebot an Beratungsstellen geschaffen,
durch das im Bedarfsfall eine schnelle und kompetente Beratung zur Verfügung
gestellt wird. Von den beiden Zentralen Graz und Kapfenberg aus werden
Sprechtage in weiteren 13 Bezirksstädten angeboten und durch die
rasche telefonische Erstabklärung werden die oft langen Wartezeiten
der Vergangenheit vermieden. Die Finanzierung der Organisation, die rund
20 Mitarbeiter beschäftigt, erfolgt zu knapp drei Viertel von Seiten
des Landes, das restliche Viertel wird vom AMS getragen; die Gesellschafter
der Schuldnerberatung GmbH sind je zur Hälfte die Caritas und das
BFI.
Mit Christof Lösch, dem Geschäftsführer
der Schuldnerberatung Steiermark GmbH, sprach Korso Sozialforum über
die vielfältigen Aufgaben der Schuldnerberatung und die Entwicklungen,
die sich in den vergangenen Jahren im Schuldnerbereich abgezeichnet haben:
Was kann man als Betroffener zunächst einmal tun, wenn man bemerkt,
dass man sich in einer kritischen Überschuldungssituation befindet?
Es ist in einer solchen Situation sicher sinnvoll, auf jeden Fall zunächst
einmal die Steirische Schuldnerberatung zu kontaktieren, bevor man sich
in die Hände oft recht dubioser kommerzieller „Schuldenberater“
begibt oder gar in schicksalsergebener Untätigkeit verharrt. Am besten
meldet man sich bei uns zu einer telefonischen Erstabklärung an.
Nach sehr kurzer Wartezeit – im Durchschnitt sind es zwei Arbeitstage
– werden die Betroffenen dann von unseren BeraterInnen zurückgerufen.
Ein beträchtlicher Teil der Fälle kann so bereits im Vorfeld
erfolgreich abgeklärt werden. Das hatte in den vergangenen Jahren
u.a. zur Folge, dass die Anzahl der betreuten KundInnen zwar eine weiterhin
steigende Tendenz aufweist, aber die Zahl der Erstabklärungen sich
im selben Zeitraum (2001 bis 2003) nahezu verdoppelt hat. Der Anstieg
ist jedoch nicht in erster Linie Ausdruck einer sich drastisch verschlechternden
Situation, sondern auch darauf zurückzuführen, dass wir seit
der Neuorganisation unserer Strukturen wesentlich effizienter agieren.
Wie sieht nach dieser Erstberatung Ihre Hilfe im Weiteren aus?
Zunächst muss vorausgeschickt werden, dass die gesamte Beratung
im Rahmen unserer Institution kostenfrei ist. Den ersten Schritt setzt
der Kunde durch die Kontaktaufnahme zu uns aktiv, das dokumentiert mithin
auch seinen ernsthaften Willen, sein Leben selbstverantwortlich zu ändern.
Die Schuldnerberatung, die wir den von Überschuldung betroffenen
Menschen anbieten, ist Teil einer umfassenden Lebensberatung, Wir betrachten
Schulden nicht isoliert von der sozialen und psychischen Situation der
Betroffenen, unsere Lösungen bauen auf diesen ganzheitlichen Sichtweise
auf.
Zunächst, als ersten Schritt, gilt es aber sich einen Überblick
über die Ist-Situation zu verschaffen, d.h. sämtliche Schulden
und Außenstände unserer KundInnen sowie ihre derzeitige Einkommenssituation
müssen möglichst genau abgeklärt und erfasst werden. Danach
gilt es den Ursachen der Verschuldung an die Wurzeln zu gehen: Schulden
sind meist Ausdruck von Problemen in anderen Lebensbereichen, etwa in
der Familie, am Arbeitsplatz oder die Folge eines Suchtverhaltens, z.B.
Alkohol, Glücksspiel oder Kaufsucht. Wir bieten mit unserem Team
von Fachleuten – und darüber hinaus in Zusammenarbeit mit den
anderen steirischen Sozialeinrichtungen - Hilfe an, damit die Betroffenen
ihre Probleme in den Griff bekommen können. Daran schließt
sich die härteste Phase: Mit viel Ausdauer und Beständigkeit
müssen unsere KundInnen den Rückzahlungsplan erfüllen,
um wieder den Weg in ein normales Leben zu finden.
Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Ursachen für
eine Verschuldung?
Das Problem der Privatverschuldung ist von dem der Armut gewissermaßen
entkoppelt zu sehen, auch Personen mit hohem Einkommen und sehr guter
Ausbildung können in eine Überschuldungssituation geraten. Die
Möglichkeiten für Schuldenanhäufung (Handy, Internetversandhandel
...) sind auf jeden Fall vielfältiger geworden und der gesellschaftliche
wie auch von der Werbung ausgehende Druck ist riesengroß. Eine leicht
verfügbare „Einstiegsdroge“ bildet oft das Gehaltskonto,
über das heute generell ein großzügiger Überziehungsrahmen
angeboten wird.
Statistisch gesehen kommen in den letzten Jahren mehr junge Menschen zu
uns, die Ursachen für Schulden sind dort oft im Konsumverhalten zu
suchen. Daneben zählen in allen Altersgruppen missglückte Selbstständigkeit
oder Jobverlust zu den häufigsten Ursachen. Ein geringerer Anteil
entsteht aus Scheidungen bzw. Trennungen, dafür sind die Summen,
um die es geht, weitaus höher. In diesen Fällen kommt es auch
oft dazu, dass insbesondere Frauen infolge Bürgschaft oder Haftung
die Schulden des Partners übernehmen müssen.
Hat sich die Mentalität der Menschen in der Auseinandersetzung
mit dem Problem Überschuldung verändert?
Es lässt sich feststellen, dass es in manchen Regionen wesentlich
leichter ist mit den Betroffenen zu sprechen, etwa in den Industrieregionen
der Obersteiermark, als in den ländlichen Bezirken der östlichen
und südlichen Steiermark. Dort besteht oft noch eine sehr große
Zurückhaltung, das Problem „Schulden“ offen zu thematisieren.
Hier beginnt sich nur langsam ein gewisser Wandel in der Einstellung abzuzeichnen,
aber ich hoffe, dass wir es zustande bringen, in der Zukunft auch in diesen
Regionen vor allem mit den Jugendlichen einen offenen Dialog zu führen
und so zur Enttabuisierung der vermeintlichen Schande beizutragen.
Josef Schiffer
Kontakt: Schuldnerberatung Steiermark GmbH, T (0316)
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