KORSO: Welche Auswirkungen wird die Einführung der Studiengebühren
haben?
Wohlfahrt: Die AkademikerInnenquote wird sinken. Zwar sind 60.000
oder 70.000 Schilling als Gebühren nicht so hoch, dass ein Rückgang
rational begründbar ist. Denn bereits jetzt beträgt der Einkommensverlust
für jeden Studierenden pro Jahr an die 200.000 Schilling. Es ist daher
sicher etwas überzogen, wenn man davon ausgeht, dass das Studium für
viele dann nicht mehr leistbar sei. Viel größer wird sich der
psychologisch abschreckende Effekt dieser Maßnahme auswirken.
KORSO: Vom Ministerium wurde heuer eine Erhebung der Prüfungshäufigkeit
an den österreichischen Universitäten durchgeführt ...
Wohlfahrt: ... die sicher wichtig ist, um die Mittel für
die Universitäten tatsächlich besser berechnen zu können.
Denn derzeit wird bei der Budgetverteilung teilweise mit Scheinzahlen operiert.
KORSO: Die ÖVP meint, dass das Bildungssystem auch aufgrund
vieler „Scheininskribienten“ unfinanzierbar sei.
Wohlfahrt: Diese verursachen lediglich minimale Kosten im Verwaltungsbereich.
Das sind etwa 100 Schilling im Jahr. Das Argument ist lächerlich.
KORSO: Sie haben zusammen mit Univ.Prof. Dr. Richard Sturn (vom
Inst. für Finanzwissenschaft) eine sehr umfangreiche Studie zum Thema:
"Der gebührenfreie Hochschulzugang und seine Alternativen" verfasst.
Wie wurde diese aufgenommen?
Wohlfahrt: Sie ist beim damaligen Minister Einem auf Gegenliebe
gestossen und auch mit ihm zusammen im Juni 1999 präsentiert worden.
Das damalige Ministerium hatte daraus gelernt. Die derzeitige Bundesregierung
handelt jedoch eher nach dem Prinzip: zuerst beschließen, dann überlegen.
KORSO: Wie sehen Sie die beschlossene Einführung der Studiengebühren?
Wohlfahrt: Es ist eine rein politische Entscheidung. Man sollte
daher nicht Scheinargumente vorschieben. Es geht darum: die Bundesregierung
will eine Bildungssteuer und sie findet gewisse Studierende gut. Das sind
die, die schnell studieren. Die nicht guten Studierenden sind dann die,
die nicht so schnell studieren. Das trifft etwa auch Berufstätige,
die nebenbei studieren und doppelt draufzahlen.
KORSO: Die Regierung erwartet sich positive Anreize für
das universitäre Angebot und einen Qualitätsdruck auf die Lehrenden
durch die Studierenden, die dann für ihr Geld auch Leistung haben
wollen.
Wohlfahrt: Das Universitätsbudget bzw. das Angebot der
Universitäten wird durch die Studiengebühren sicher nicht beeinflusst.
Es gibt ja nicht mehr Budget für sie. Erst heuer wurde den Universitäten
eine Milliarde Schiling weg genommen und die versprochene Hälfte für
die Hochschulen aus den Studiengebühren wird sicher viel weniger als
die erwartete Milliarde ausmachen. Es entsteht dadurch sicher kein Druck
auf die Lehrenden, mehr Qualität anzubieten. Es gibt lediglich mehr
Druck für die Studierenden, schneller zu studieren.
KORSO: Die Studiengebühren sollen durch „Begleitmaßnahmen“
wie etwa erhöhte Stipendien „sozial abgefedert“ werden. Wird das nicht
die Einnahmen aus den Studiengebühren verringern.
Wohlfahrt: Jedenfalls. Durch die geplanten Begleitmaßnahmen
- Erhöhung der Studienbeihilfen und Ausweitung des Bezieherkreises
um ca. 10.000 Studierende - wird über ein Viertel der zu erwartenten
Einnahmen wieder an die Studierenden zurückverteilt. Zusätzlich
ist zu erwarten, daß die Anzahl der Antragsteller, und somit der
Verwaltungsaufwand, noch stärker zunehmen als die notwendigen finanziellen
Ressourcen für die Stipendienbezieher.
KORSO: Wie schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass
die Studiengebühren doch nicht kommen?
Wohlfahrt: Dies ist eine politische Entscheidung, der ich nicht
vorgreifen will.
KORSO: Wir danken für das Gespräch. |