KORSO: Landeshauptmann Waltraud Klasnic hat bezüglich einer
„steirischen Lösung“ für die Studiengebühren eine eigene
Expertenrunde ins Leben gerufen. Neben Vertretern der Wirtschaft, der Rektoren,
der Fachhochschulen sind unter den Studierendenvertretern auch Sie. Welchem
Auftrag hat nun diese Runde?
Berka: Diese Expertenrunde ist am Freitag, den 29. September
2000 zum ersten Mal zusammengetroffen. Einige Personen, wie die Rektoren
Zechlin oder Kolleritsch waren zwar nicht persönlich anwesend, haben
aber ihre schriftlichen Statements eingebracht. Der Auftrag lautet: attraktive
Alternativmodelle zu erarbeiten im Zusammenhang mit der beschlossenen Einführung
von Studiengebühren. Der Bericht der Expertenrunde soll noch vor der
Landtagswahl am 15. Oktober fertig gestellt sein.
KORSO: Aber LH Klasnic ist doch nicht prinzipiell gegen die Einführung
von Studiengebühren. Ist dann auch die ÖH dafür, wenn es
attraktive Alternativmodelle gibt?
Berka: Wir diskutieren nicht über „soziale Abfederung“
oder die Einführung von Studiengebühren. Wir diskutieren über
alternative Modelle für die Gestaltung der Universitäten und
des Studiums.
KORSO: Gibt es bereits erste Ergebnisse dieser Expertenrunde?
Berka: Ich kann nur sagen, dass in der Gruppe ein gutes Gesprächsklima
geherrscht hat. Es ist einiges vorgebracht worden, auch gegen die Einführung
von Studiengebühren. Ansonsten wollen wir vor Ende unserer Arbeit
keine Details öffentlich machen.
KORSO: Die ÖVP vergleicht das Ausmass der Studiengebühr
mit der Höhe für eine Pauschalreise nach Tunesien ...
Berka: ... das ist eine blödsinnige Aussage. Das Studieren
in Österreich wird den StudentInnen bereits heute nicht leicht gemacht.
Es stimmt ja nicht, dass das Studieren kostenlos ist. Gerade für jene,
die fern ab ihres Heimatortes studieren entstehen enorme Kosten. Studierende
sind im Gegenteil bereit, Teile ihres Lebens in einer sozial und finanziell
schwächer gestellten Position zu verbringen.
KORSO: Für den steirischen Klubobmann Peinhaupt stellt die
Einführung von Studiengebühren eine soziale Gerechtigkeit dar,
da er nicht versteht, wie der Großteil der nicht akademisch gebildeten
Bevölkerung mit ihren Steuergeldern eine privilegierte Schicht unterstützen
solle.
Berka: Dazu kann ich nur sagen, dass jeder Studierende billiger
ist als ein/e MittelschülerIn und dass solche Gedanken nur zum sozialen
Ausschluss der Studierenden führen sollen.
KORSO: Im Sommer wurden Zahlen publik, nachdem in Graz mehr als
die Hälfte der Studierenden keine Prüfungen abgelegt hätte.
Berka: Das wäre tatsächlich eine sehr hohe Zahl, wenn
sie stimmen würde. Sie ist jedoch falsch.
KORSO: Die ÖVP operiert jetzt mit diesen Zahlen und meint,
dass diese „Scheininskribienten“ Unsummen kosten würden.
Berka: Studierende, die keine Prüfungen ablegen, kosten
pro Semester gerade mal den Massenposttarif für die Versendung
der Inskriptionsbestätigung. Der Verwaltungsaufwand dabei ist gering,
da das meiste bereits automationsunterstützt erfolgt. Es ist lediglich
ein Zeichen für die fehlende Argumentationsgrundlage der Bundesregierung
zur Einführung von Studiengebühren, dass sie mit solchen falschen
Zahlen und fadenscheinigen Argumenten operiert.
KORSO: Wie ist die Situation an den Universitäten? Wenn
nur jene 43% der Studierenden, die angeblich Prüfungen ablegen, diese
von innen sehen, müsste es doch ausreichend Ressourcen bezüglich
Raum und Lehrenden geben?
Berka: Nein, es gibt genügend Beispiele von Studienrichtungen,
wie etwa Psychologie oder Jus, wo Studierende aufgrund des Platzmangels
Wartezeiten in Kauf nehmen müssen und sich dadurch ihre Studienzeit
verlängert.
KORSO: Welche Protestformen wird die ÖH in Zukunft wählen,
um die Einführung der Studiengebühren doch noch zu verhindern?
Berka: Wir werden weiterhin auf die Straße gehen und unseren
Protest sicher nicht einstellen. Der Unmut unter den Studierenden ist riesig
groß. Außerdem gibt es große Unterstützung durch
die Lehrenden an der Universität, von welchen sich bereits mehrere
gegen die Einführung von Studiengebühren (zumindest in dieser
Form) durch Kollegiumsbeschlüsse ausgesprochen haben.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Bundesregierung den Unmut
auch selbst in dieser Form hervorgerufen hat. Es wäre sicher einfacher
gegangen, wenn sie es besser vorbereitet hat. Aber die nunmehrige Vorgangsweise
der Bundesregierung ist gänzlich ungeplant und patschert.
KORSO: Ist auch an ein Vorlesungsstreik oder Ähnliches gedacht?
Berka: Nein, ich halte solche Maßnahmen nicht für
zielführend. Denn wir wollen Studierende nicht vom Studium abhalten,
wenn die Bundesregierung für dieses Gebühren einheben will.
KORSO: Glauben Sie daran, dass die Studiengebühren noch
zu verhindern sind?
Berka: Ich glaube, dass es dafür noch eine durchaus realistische,
wenn auch kleine Chance gibt. Die Bundesregierung ist über fast alle
Interessensgruppen drüber gefahren. Aber man sieht, dass die geschnürten
Maßnahmenpakete doch wieder geöffnet und entschärft werden
können. Siehe Stiftungen oder Saisonarbeiterregelung (wo auch aufgrund
des Einsatzes eines Landeshauptmanns Änderungen überlegt werden).
Die Bundesregierung täte gut daran, sich auch bei den Studierenden
ihre Maßnahmen nochmals zu überlegen, denn hier wird der Protest
auch in Zukunft sehr stark und laut sein.
KORSO: Wir danken für das Gespräch.
|