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korso
Wissenschaft & Forschung |
Das
Informationsmagazin
der Steiermark
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dez.
2002
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Wissen(schafft) Erfolg Der langfristige
wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen hängt stark von der Zusammenarbeit
zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ab. Joanneum Research, das Kompetenzzentrum
evolaris und das Know-Center der Wirtschaftskammer zeigen in der Steiermark
vor, wie die Vernetzung zwischen den beiden Bereichen Realität werden
kann. (Foto) Know-Center-Chef Tochtermann:
Unternehmen benötigen ganzheitliches Wissensmanagement. |
Wie kann die Wirtschaft den bestmöglichen Profit aus der Wissenschaft
ziehen? Dieser Frage ging ein Symposium am 13. November in Graz
nach. Eröffnet wurde das Programm durch Landeshauptmann Waltraud
Klasnic mit den Worten: „Es hilft nichts nur den Stein der
Weisen zu haben, man muss auch darüber reden.“ Was dann auch ausführlich
der Fall war.
12% Bildungsrendite Unis als Outsourcing-Partner
„Wissen lohnt sich“, betonte der Rektor der Uni Graz, Univ.-Prof.
Dr. Lothar Zechlin und wies auf die „Bildungsrendite“ von
12% hin, welche als Gewinn durch die Ausbildung im Vergleich zu
den Kosten des Studiums in der Regel erzielt wird. Und: „Austausch
mit Wirtschaft und Gesellschaft hilft den Universitäten bei ihrer
Entwicklung von einer Organisation des Lernens zu einer lernenden
Organisation.“ Prof. Dr. Elgar Fleisch, Direktor des Instituts
für Technologiemanagement an der Universität St. Gallen, konstatierte
bedauernd, dass „die Universitäten eine große Sehnsucht nach der
Ruhe vor der Praxis“ hätten. Er hingegen sieht die Universität
als Outsourcing-Partner für F- & E-Fragen. „Nur die enge Zusammenarbeit
mit der Wirtschaft ermöglicht der Wissenschaft ein Arbeiten an
relevanten Themen.“
Musterbeispiel Joanneum Resarch
Die Rolle des Joanneum Research im steirischen Innovationssystem
beleuchtetete LH-Stv. Leopold Schöggl. Das Flaggschiff
der steirischen Forschungseinrichtungen lebt die Vernetzung mit
der Wirtschaft erfolgreich vor – seit kurzem auch im Hinblick
auf die EU-Osterweiterung, damit die Steiermark Zentrum der „EU-Zukunftsregion“
bleibt. So wurde z.B. das Kompetenznetzwerk „Wasser“ „zukunftsregional“
konzipiert.
Ein weiteres JR-Vorzeigebeispiel stellte Dr. Karin Grasenick
mit dem Sägewerk der Zukunft vor: „Die geniale Idee die Computertomographie
für den Holzzuschnitt einzusetzen stammt von einem Sägewerksbesitzer.
Das Joanneum Research entwickelte die Software dazu.“
Unternehmerischer Erfolg durch Wissen
Von der Schaffung „championsreifer Strukturen“ spricht Wirtschafts-Landesrat
DI Herbert Paierl: „Wissen ist der entscheidende Wettbewerbsfaktor
des Wirtschaftslebens“, weiß Paierl.
Univ.-Prof. Dr. Otto Petrovic, Vorstandvorsitzender der
evolaris-Privatstiftung, zeigt sich optimistisch: „Die international
anerkannten Wissensdrehscheiben evolaris, Joanneum Research und
Know-Center ermöglichen heimischen Unternehmen den Zugriff auf
internationales Spitzen-Know-how.“ Wichtig sei jetzt, auch attraktive
Geschäftsmodelle für das Internet-Zeitalter zu entwickeln.
Dagoberts müssen her
Der Grazer Wissenschafts-Stadtrat Univ.-Doz. Dr. Gerhard Rüsch
sieht das zu lösende Problem in der Weiterentwicklung von Forschungsergebnissen
bis zur Anwendungsreife – dafür fehle oft das Geld: „Österreich
hat hier Aufholbedarf: Es reicht nicht, viele Daniel Düsentriebs
zu haben, wir brauchen auch Dagoberts, welche das Wissen zu Geld
machen.“
Ganzheitliches Wissensmanagement
Dr. Klaus Tochtermann, Geschäftsführer des Know-Centers,
konstatiert eine ständig steigende Nachfrage nach Wissen, um den
immer kürzeren Innovationszyklen zu entsprechen. Das Know-Center
verfolgt die Aufgabe Wissensmanagement ganzheitlich umzusetzen,
d.h. strategische Ziele werden mit operativen Möglichkeiten innerhalb
eines Unternehmens in Einklang gebracht. Als Negativ-Beispiel
bringt Tochtermann den 40- bis 60-%igen Zeitverlust der täglichen
Arbeit von Büroangestellten durch falsche Dokumentenverwaltung.
„Das bedeutet eine 12- bis 15-%ige Einbuße der Firmeneinkünfte“,
so Tochtermann, „und stellt somit einen Fall für unser Wissensmanagement
dar.“
Innovationsturbo
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, Dr. Frank Kappe,
(Hyperwave AG), DI Michael Ksela, (AVL), Dr. Stefan
Pilz, (innoregio), Univ.-Prof. Dr. Ursula Schneider und
Waltraud Wiedermann (APA DeFacto Datenbank & Contentmanagement
GmbH) waren sich in einem Punkt einig: Eine intelligente Vernetzung
von Wirtschaft und Wissenschaft wirke wie ein „Innovationsturbo“.
Claudia Windisch
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Stress
am Bau JOANNEUM
RESEARCH macht Belastungen am Herzschlag sichtbar
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Bauarbeiter gehören zu der am stärksten von Arbeitsunfällen
betroffenen Bevölkerungsgruppe. Forscher vom Institut für nichtinvasive
Diagnostik der steirischen Forschungsgesellschaft JOANNEUM RESEARCH
haben im BAUfit-Projekt ein komplexes Interventions- und Messprogramm
zur Senkung der Stressbelastung und der Unfallzahlen für Bauarbeiter
entwickelt und direkt am Arbeitsplatz durchgeführt. Dabei steht
Technologie aus dem Weltraum zur Verfügung: Der sogenannte „heartman“
wurde für das Austromirprogramm entwickelt. Das robuste kleine Kästchen
liefert auch unter rauen Umweltbedingungen sichere Daten über den
Belastungszustand des Organismus.
Arbeiten
am Bau: Hohe Gefahren durch Baustoffe und Geräte, starke Belastung
des Kreislaufs durch Sonne und Hitze. Doch am schlimmsten stresst
der Zeitdruck, der auf modernen Baustellen herrscht. Das Ziel der
Forscher von JOANNEUM RESEARCH: die Langzeitfolgen dieser Stressbelastung
auf die Gesundheit festzustellen.
Das interdisziplinäre Projektteam bestehend aus
Sport- und Kunsttherapeuten, Betriebsberatern, Arbeitsmedizinern,
Psychologen, Elektronikern, Statistikern und Physiologen hatte die
Aufgabe, ein Programm auszuarbeiten und wissenschaftlich abzusichern,
welches die Unfallhäufigkeit und das Auftreten von Über- und Fehlbeanspruchung
bei Bauarbeitern vermindert. Als Methoden wurden Führungs- und Kommunikationstraining,
Bewegungstraining, Herz-Kreislauf-Koordinationsübungen (Eurythmie),
physiologische und psychologische Begleitforschung und Evaluation
eingesetzt.
Zudem sollte im Projekt eine Verbesserung der zwischenmenschlichen
Kommunikation und erhöhte Arbeitszufriedenheit, eine Verringerung
von Arbeitsunfällen und Krankenständen, ein erhöhtes Wohlbefinden,
Prävention von Burnout, ein Abbau von psychischen Belastungen und
eine Motivation der Arbeitnehmer zum Ziel gesetzt werden.
Das überaus erfolgreiche Projekt, in welchem beispielsweise
die Unfallzahlen auf Null gesenkt werden konnten, wurde von der
AUVA finanziert und stellt einen weltweit einzigartigen Versuch
dar, ein komplexes Interventionsprogramm durch wissenschaftliche
Messungen zu untermauern und zu begleiten. Dazu wurden miniaturisierte
Messgeräte und modernste Elektronik direkt an einer Baustelle eingesetzt,
wodurch die teilnehmenden Versuchspersonen jederzeit in die Studie
eingebunden werden konnten. Basierend auf diesem Projekt wurde das
entworfene Interventionsprogramm auf weitere Berufsgruppen ausgedehnt
und in Nachfolgestudien angewandt.
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Steirische Forschung:
Nur mehr Naturwissenschaften? |
Neue Bedingungen wie EU-Osterweiterung, neue technologie- und innovationspolitische
Ansätze und neue forschungspolitische Instrumente wie die Kompetenzzentren
erfordern neue Wege in der Organisation der außeruniversitären Forschung.
Diese Erkenntnis hat das Land Steiermark und dne zuständigen Landesrat
DI Leopold Schöggl dazu bewogen, ein Projekt unter der Federführung
von Univ.-Prof. Dr. Michael Steiner – dem Leiter des Instituts
für Technologie- und Regionalpolitik des Joanneum Research – zu
starten, das eine steirische Forschungsstrategie formulieren soll.
JR-Geschäftsführer Dr. Bernhard Pelzl nennt drei Punkte,
die dabei zu erfüllen sind: „Vernetzung, Konzentration der Themen,
Beachtung der europäischen Dimension und Zusammenarbeit“. Die bis
jetzt vorliegende Liste der Schwerpunkte beschränkt sich allerdings
auf naturwissenschaftliche und IT-Forschungsgebiete, geistes- und
gesellschaftswissenschaftliche Themen sind darin nicht enthalten.
cs
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JobOskar 2002 |
Wenn Arbeitsplätze rar werden, fallen all jene aus dem Arbeitsmarkt,
die nicht zu den Schnellen, Jungen und Ultraflexiblen zählen. Menschen
mit Behinderung haben in Zeiten der Konjunkturflaute noch mehr Probleme,
einen adäquaten Job zu finden. Umso mehr müssen die Verdienste von
Unternehmen und Institutionen hervorgehoben werden, welche sich
dennoch um die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung
bemühen. An drei davon wurde kürzlich der JobOskar 2002 im Landesstudio
des ORF verliehen. Neben dem Prozentanteil der beschäftigten Mitarbeiter
mit Behinderung und der Neueinstellungen waren für die Jury bauliche
und organisatorische Adaptierungen der Betriebe und besonderes Engagement
bei der Vorbereitung des sozialen Umfelds und die Zusammenarbeit
mit Behinderteneinrichtungen für die Oskar-Vergabe entscheidend.
Oskarreifes Pflegeheim
Als alljährlicher Höhepunkt des Projekts JobAllianz, einer Initiative
des Bundessozialamtes Steiermark, wurde der JobOskar dieses Jahr
in insgesamt sieben steirischen Regionen verliehen, einerseits als
Anerkennung für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung
und andererseits mit dem Ziel die beruflichen Chancen von Menschen
mit Behinderung zu verbessern. Die Jury setzte sich aus Vertretern
aus Behinderteneinrichtungen und den Allianzpartnern, Land Steiermark,
Wirtschaftskammer Steiermark und steirisches Arbeitsmarktservice,
zusammen und entschied sich in der Kategorie Großbetriebe für das
Johannes-von-Gott-Pflegeheim der Barmherzigen Brüder in Kainbach
als diesjährigen Oskarpreisträger. Das Pflegeheim beschäftigt seit
vielen Jahren nicht nur behinderte Menschen mit Erkrankungen des
Bewegungsapparates, sondern auch geistig behinderte Mitarbeiter
und lebt damit den Grundsatz von HR Dr. Margareta Steiner,
Bundessozialamt Steiermark: „Wirtschaft und Sozialengagement schließen
einander nicht aus!“
Aufklärung im Vorfeld
Helmut Pichler, Leiter der Grazer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice,
wies auf die Probleme bei der Unterbringung von behinderten Menschen
in Unternehmen hin: „Es scheitert oft am Bewusstsein der Betriebe
und am Umfeld der Arbeitsplätze,“ so Pichler und appelliert an die
Unternehmer: „Um Verständnis von den Kollegen erwarten zu können,
muss durch entsprechende Aufklärung das Umfeld vorbereitet werden.“
Geklappt hat dies augenscheinlich im Gasthaus Urdlwirt in
Unterpremstätten, welches den JobOskar in der Kategorie Klein- und
Mittelbetriebe errang. Jahrelange intensive Bemühungen in der Beschäftigung
geistiger und psychisch behinderter MitarbeiterInnen, welche hohes
betriebliches Engagement erfordern, da die Arbeit nur unter Aufsicht
erledigt werden kann, waren ausschlaggebend für die Entscheidung
der Jury.
Großartige Leistungen trotz Behinderung
Einen wichtigen Aspekt griff Gesundheitslandesrat Günter Dörflinger
in seiner Ansprache anlässlich der Oskar-Verleihung auf: „Meinen
Erfahrungen nach haben benachteiligte Menschen oft einen viel offeneren
Zugang zur Gesellschaft. Die Frage lautet jedoch, wie steht die
Gesellschaft dem Menschen gegenüber?“ Diese Frage hat die Gemeinde
Eisbach, Gewinnerin des JobOskar 2002 in der Kategorie Öffentliche
Betriebe, ganz klar positiv beantwortet, denn: Obwohl die Gemeinde
nur 2500 Einwohner hat und ihr demgemäß nur äußerst beschränkte
finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, werden seit geraumer Zeit
zwei behinderte Menschen beschäftigt, die sehr gut integriert sind.
Damit ist auch ein wichtiges Ziel der Tätigkeit des Bundessozialamtes
angesprochen: Integration muss zur Selbstverständlichkeit werden,
auch Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes
Leben und eine gesicherte Existenz, betont Steiner, die sich in
ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin den eigenen Zielvorstellungen
besonders verpflichtet fühlt: „Bei uns sind viele Menschen mit Behinderung
beschäftigt – und sie leisten großartige Arbeit.“
Claudia Windisch
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Die Ein-Eltern-Familie
ist im Kommen Die Dominanz des herkömmlichen
Familienmodells schwindet, dafür steigt der Anteil der Alleinerziehenden.
Eine Grazer Studie stellt fest: Die Chance dieser Situation ist weit
größer als das behauptete Defizit. |
Gleichwertige Form des Zusammenlebens: Die Ein-Eltern-Familie
In Österreich sind 12,5% der Familien Ein-Elternteil-Familien, davon
sind 10,8% allein erziehende Mütter; d. h. derzeit leben 160.700
allein erziehende Frauen mit Kindern unter 27 Jahren in Österreich.
Grund genug für die Österreichische Plattform für Alleinerziehende
(ÖPA) eine Studie in Auftrag zu geben, welche die Lebenswelten von
Alleinerziehenden untersucht und einen Einblick in ihre Arbeits-,
Sozial- und Bildungssituation gewährt. Initiiert durch das Institut
für Wissens- und Forschungsvermittlung – Wissenschaftsladen Graz
entstand die Diplomarbeit „Lebenswelten von Alleinerziehenden“ von
Magª Margit Heinz und Magª Patrizia Pobernel. „Aus
diesem Arbeitspapier lassen sich Faktoren herauslesen“, so Magª
Manuela Fritz vom Wissenschaftsladen Graz, „die dafür verantwortlich
sind, dass AlleinerzieherInnenfamilien nicht mehr als defizitär,
sondern als gleichwertige Möglichkeit des Zusammenlebens gesehen
werden.“
Alleinerzieherin Helene Zenz: „Ich konnte die Kreativität meiner
gesamten Persönlichkeit besser entwickeln“
Ledig: schlechte Mutter? Verwitwet: gute Mutter?
Verwitwete Alleinerziehende werden in der Regel bewundert und erfahren
viel Anerkennung – geschiedene Alleinerziehende werden trotz steigender
Akzeptanz noch immer gesellschaftlich stigmatisiert. „Gerade von
verheirateten Frauen kommen die meisten Vorurteile“, so die Alleinerzieherin
Helene Zenz, „ich fühle mich inzwischen jedoch nicht mehr
als Opfer, sondern konzentriere mich darauf, wie ich meine Ressourcen
am besten nutzen kann. Rückblickend konnte ich durch die Notwendigkeit
immer wieder Lösungsmöglichkeiten zu finden die Kreativität meiner
gesamten Persönlichkeit besser entwickeln.“
Fast 100-prozentige Erwerbsquote
Von 100 befragten Alleinerziehenden wurden als entscheidende Vorteile
dieser Familienform am häufigsten die Möglichkeit alleine Entscheidungen
zu treffen und das Kind nach eigenen Vorstellungen zu erziehen genannt,
weiters Selbstständigkeit und ein Ende der Probleme mit dem Ex-Partner.
Doch diese neue Form der Selbstständigkeit birgt für viele Frauen
auch große Belastungen. Alleinerziehende sind finanziell vorwiegend
auf ihre eigene Erwerbstätigkeit angewiesen. Die Erwerbsquote allein
erziehender Mütter, insbesondere in der Altersgruppe der 30- bis
34-Jährigen, liegt bei 90,7%. Im Vergleich dazu sind nur 71,7% der
Ehefrauen mit Kindern erwerbstätig. Studien belegen, dass Kinder
von berufstätigen Frauen in der Schule oft bessere Leistungen erbringen,
über bessere sprachliche Fähigkeiten verfügen und mehr praktische
Lebenserfahrung haben, doch sind die Arbeitsbedingungen für berufstätige
Mütter schlecht. Neben den generell familienunfreundlichen Arbeitsplätzen
gab über die Hälfte der Befragten Alleinerziehenden an, dass am
Arbeitsplatz kaum bis gar keine Rücksicht auf ihre Situation genommen
werde. „Als ich meinem Chef von meiner Schwangerschaft berichtete“,
so Zenz, „mutierte ich für ihn von der Perle zum faulen Nichtsnutz
und wurde, sobald es ihm rechtlich möglich war, sofort gekündigt.“
Mehr Geld macht nicht glücklich
Heinz und Pobernel untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Monatseinkommen
von Alleinerziehenden und der Zufriedenheit mit der Lebenssituation.
Überraschend: Die höchste Lebenszufriedenheit weisen Alleinerziehende
mit einem Monatseinkommen von 900 bis 1090 Euro auf. Möglicherweise
hängt dies mit unterschiedlichen Maßstäben bezüglich des Verständnisses
von Lebenszufriedenheit zusammen, vermuten die Autorinnen.
Kernfamilie bedroht?
Der allein erziehende Vater genießt Achtung und Anerkennung. Die
Ein-Eltern-Familie mit der Frau als Familienoberhaupt wird aber
oft noch als Bedrohung für die Gesellschaft empfunden, da sie die
„Kernfamilie“ in Frage stellt. Da aber offenbar immer mehr Frauen
die positiven Seiten dieser Form des Zusammenlebens schätzen lernen,
wird die „normative Macht des Faktischen“ wohl auch das Rollenbild
des Mannes nachhaltiger verändern als dies etwa Diskurse über Feminismus
bis jetzt zu tun vermochten.
Claudia Windisch
Das Arbeitspapier „Lebenswelten von Alleinerziehenden“
ist beim Wissenschaftsladen Graz, Elisabethstraße 3, Tel.
0316/38 46 77 erhältlich.
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Menschen mit Lernschwierigkeiten:
Tabu Sexualität
(Foto) Silke Fahrner: Das Thema „Sexualität von
Menschen mit Lernschwierigkeiten“ ist nach wie vor stark tabuisiert.
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Welche Möglichkeiten haben Menschen mit Lernschwierigkeiten (früher:
mit geistigen Behinderungen), ihre Sexualität selbstbestimmt und
eigenverantwortlich zu leben? Mit dieser Frage befasste sich ein
fast einjähriges Forschungs- und Entwicklungsprojekt von alpha nova.
Projektleiterin Magª Silke Fahrner betonte bei der Präsentation,
dass es für Menschen mit Lernschwierigkeiten im Bereich Partnerschaft
und Sexualität noch viele ungelöste Probleme gibt. Die Auseinandersetzung
mit dem Thema wird zu wenig unterstützt, die Betroffenen sind über
ihre eigenen Bedürfnisse oft sehr unsicher, die Kontaktmöglichkeiten
sind sehr eingeschränkt und die Wohnformen bieten vor allem in Wohnheimen
zu wenig Intimsphäre. Auch Eltern neigen eher dazu, das Thema zu
verdrängen. Weiterführend sind daher Gesprächsgruppen, Freizeitangebote,
Kontaktbörsen und Infoveranstaltungen geplant.
Nähere Informationen, Beratung und Termine weiterführender Seminare
werden unter 03135/56 38 822-13 angeboten
Mail: silke.fahrner@alphanova.at
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Sexuelle Gewalt gegen
Behinderte Im Rahmen einer Experten-Enquete
wurde kürzlich ein tabuisiertes Thema zur Sprache gebracht: Menschen
mit Behinderung (nach Eigendefinition mit Lernschwierigkeiten) als
Opfer sexueller Gewalt. Der Handlungsbedarf ist groß, denn laut Untersuchungen
wird jede vierte Frau mit Behinderung Opfer einer Vergewaltigung.
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Mag. Alfred Hausegger, Geschäftsführer der Jugend am
Werk Steiermark GmbH, die das Projekt ARGUS durchführt, weist
auf die Dringlichkeit der Enttabuisierung des Themas „Sexuelle Gewalt
und Behinderung“ hin: „Unser Ziel ist klar: Wir wollen Menschen
mit Behinderung vor sexueller Gewalt zu schützen. Dazu müssen wir
mit ,ARGUS-Augen‘ hinschauen – wer wegschaut, macht sich zum Mittäter.“
Sehr positiv über das Projekt äußerte sich Landtagsabgeordnete Michaela
Halper, die betonte, dass auch ,Täterarbeit‘ geleistet werden
müsse.
Psychotherapeutin Aiha Zemp >
„Sexuelle Gewalt ist Ausdruck eines ungleichen Machtverhältnisses“
<
Alfred Hausegger, Jugend am Werk: „Wer wegschaut, macht sich zum
Mittäter“.
Zwangssterilisationen und Vergewaltigungen
Die Züchricher Psychotherapeutin Dr. Aiha Zemp definiert
sexualisierte Gewalt folgendermaßen: „Sexuelle Ausbeutung fängt
da an, wo eine Person von einer anderen als Objekt zur Befriedigung
von Bedürfnissen gebraucht wird. Es handelt sich stets um einen
Ausdruck eines ungleichen Machtverhältnisses.“ In einer kürzlich
erstellten Studie wurde festgestellt, dass 27% der Frauen mit Behinderung
zwangssterilisiert und zwei Drittel der Männer mit Behinderung nicht
aufgeklärt sind. Jede vierte Frau mit Behinderung wurde bereits
mindestens einmal vergewaltigt. Die Täter finden sich laut Zemp
im gesamten Lebensumfeld, angefangen von Familie, Schule, im therapeutischen
Umfeld bis hin zu Straßenbegegnungen.
Sexueller Missbrauch oft nicht nachweisbar
„Zwischen den gynäkologischen und den medizinischen Befunden besteht
oft eine große Diskrepanz“, erklärt Univ.-Doz.Dr. Elfriede R.
Greimel, PhD, klinische Psychologin und Psychotherapeutin an
der Frauenklinik des LKH Graz, und weist auf die breite Palette
an Symptomen nach sexuellem Missbrauch hin, welche oft nicht zuordenbar
sind. „Häufig begegnen wir Sprachlosigkeit – und zwar sowohl bei
behinderten als auch bei nicht behinderten Frauen“, so die Psychologin.
„Die psychischen Schäden sind immer schwerwiegend.“
Schwierige Einvernahme von „wortlosen“ Menschen
Die Kriminalpolizei glaubt zwar dem Opfer grundsätzlich – doch wie
kann ein Mensch mit mangelhaften oder fehlenden sprachlichen Kommunikationsmöglichkeiten
überhaupt vernommen werden? Rosa Wartinger, Kriminalbeamtin
bei der KRIPO Graz, ist seit 19 Jahren im Spezialdienst und weiß
um die Schwierigkeiten der Einvernahme von behinderten Menschen.
„Wir vernehmen die Opfer oft in ihrer vertrauten und gewohnten Umgebung
– meist mit ihrem persönlichen Betreuer, welcher als Dolmetsch fungiert“,
erklärt Wartinger, „wir bieten Vergleichsmodelle an oder stellen
Puppen und Stofftiere zur Verfügung, damit so eine erlebte Gewaltsituation
zum Ausdruck gebracht werden kann.“ Die Wahrheitsfindung ist jedoch
immer ein Problem, das bestätigt auch Mag. Carolin List, Richterin
am Straflandesgericht Graz mit Schwerpunkt Sexualdelikte. Wie hoch
die tatsächliche Dunkelziffer von sexuell misshandelten Menschen
mit Beeinträchtigungen ist, bleibt im wahrsten Sinne des Wortes
in einen undurchdringlichen Mantel des Schweigens gehüllt.
Claudia Windisch
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Liebenau: Zu wenig für
die Jugend „Das Risikoverhalten der Jugendlichen
ist Teil des kulturellen Auftrags dieser Gesellschaft.“ |
In Kooperation mit dem Institut für Soziologie präsentierte das
Sozialmedizinische Zentrum Liebenau kürzlich aktuelle Untersuchungen
über das Freizeit- und Suchtverhalten und die Gesundheit der 13-
bis 18-jährigen Liebenauer Jugendlichen, die von Grazer Soziologie-Studentinnen
durchgeführt worden waren. Die Fragestellung, ob der Bezirk Jugendlichen
ausreichende Ressourcen für ihre Lebensgestaltung bietet, hat die
Umfrage leider mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Über 60% der
Befragten bemängeln das rar vorhandene Freizeitangebot und 55% der
Jugendlichen wünschen sich mehr öffentliche Plätze und Parks.
Bei der Diskussion der Studie:
SMZ-Hausherr Rainer Possert, Drogenkoordinator Ulf Zeder, Soziologe
Peter Gasser-Steiner, Studienautorinnen
Während fast 20% die fehlenden Rad- und Spazierwege kritisieren,
sind sich mit 94,7% nahezu alle Jugendlichen einig: Es wird wenig
bis gar nichts zur Verbesserung ihrer Situation getan. Zumindest
der Wunsch nach einem Schwimmbad sollte nach Meinung von 57,5% der
Jugendlichen von der Stadt Graz erhört werden.
Auch das Suchtverhalten der jungen LiebenauerInnen war Teil der
Untersuchung. Befragt wurde der regelmäßige Alkoholkonsum, welcher
bei 50,5% der Jugendlichen bei bis zu 4 Krügerln Bier pro Lokalbesuch
oder –tour und bei 30,7% der Liebenauer Burschen und Mädchen sogar
beträchtlich höher liegt.
Einstiegsalter beim Alkohol: 12 Jahre
Dr. Ulf Zeder, Suchtkoordinator der Stadt Graz: „Jugendliche schätzen
die Gefährlichkeit von Alkohol relativ gering ein.“ Laut Zeder liegt
das Einstiegsalter bei Alkohol bei 12 Jahren – so auch beim Nikotinkonsum.
„40% der 16-Jährigen rauchen täglich“, so der Suchtkoordinator.
Gesellschaft erzeugt Risikoverhalten
An gewollten Normverletzungen, Jugenddelinquenz, den verschiedensten
Ausdrucksformen sozialen Protests sind laut Dr. Peter Gasser-Steiner
vom Institut für Soziologie dennoch nicht vornehmlich die Jugendlichen
selbst schuld. „Das Risikoverhalten der Jugendlichen ist ein Teil
des kulturellen Auftrags dieser Gesellschaft; Risiko und Jugend
hängen nicht biologisch zusammen.“ Und: „Es ist unsere Aufgabe,
die Jugendlichen aus diesem Konflikt herauszuholen.“
Claudia Windisch
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KISS – gelungene Integration
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Initiiert von Soziallandesrat Kurt Flecker wurde am 8. März
2002, dem internationalen Welt-Frauentag, das Pilotprojekt KISS
in Kooperation mit dem bfi Steiermark und den ÖGB-Frauen
ins Leben gerufen. Ziel: Migrantinnen aus Graz und Umgebung durch
ein kostenloses, vielfältiges Kursangebot leichter und erfolgreicher
zu integrieren.
bfi-Chef Strassegger, Landesrat Flecker, ÖGB-Frauenvorsitzende
Sprachmann, Projektleiterin Nagele, KISS-Teilnehmerinnen Gesellschaft
hat die Pflicht, Integrationsmöglichkeiten anzubieten
Flecker: Integration ist eine Pflicht der Gesellschaft
Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und Unterstützung bei der Integration
in die österreichische Gesellschaft sind die Hauptziele des Projekts
KISS (Kommunikation, Integration, soziale Kompetenz, Sprachentraining),
die ersten Migrantinnen multinationaler Herkunft haben bereits erfolgreich
die angebotenen Kurse und Seminare abgeschlossen. „Ich sehe Integration
als Pflicht der Gesellschaft, diese zu ermöglichen und nicht als
Pflicht der Migranten sich anzupassen“, so Flecker, „Gerade für
Migrantinnen stellt sich die Integration in den östereichischen
Alltag noch schwieriger dar als für Männer, sie leben meist in weitaus
größerer Isolation.“ Das Ingegrationsprojekt KISS soll dieser Entwicklung
entgegenwirken.
Migrantinnen werden job- und sozialfit
Dr. Karin Sprachmann, Vorsitzende der ÖGB-Frauen, erläutert
Inhalt und Aufbau der einjährigen Weiterbildung: „Wir wollen die
Ausländerinnen ,jobfit‘ und ,sozialfit‘ machen. Graz hat einen Ausländerinnenanteil
von 12% – das Interesse war groß, die Seminare gut gebucht – zu
den Kursen nicht erschienen sind nur sehr schlecht integrierte Frauen,
welche den Verboten ihrer Männer folgen.“ Dass Integration als gesellschaftliches
Anliegen zu verstehen ist, kam im vielfältigen Kursangebot zur Geltung:
Neben der Verbesserung der Sprachkompetenz, welche vom Grammatiktraining
bis hin zur Behandlung von Sprichwörtern und deren kultureller Bedeutung
reichte, bekamen die Frauen auch einen guten Einblick in das Familien-
und Sozialrecht, wurden über den Konsumentenschutz und Verträge
aufgeklärt und bei Aufbau bzw. Verbesserung der eigenen Ausdrucksfähigkeit
unterstützt. Wichtige Punkte dabei: Selbstpräsentation, Bewerbungstraining
und Zielfindung. Projektleiterin Mag. Eva Nagele und Bereichsleiterin
Sigrid Nager ernteten von den Kursteilnehmerinnen für ihre
flexible Organisation viel Lob – die „KISS-Kids“, Kinder der Teilnehmerinnen
am Projekt, wurden zusätzlich über die gesamte Dauer der Seminare
und Exkursionen im Haus professionell betreut.
Strassegger: Lernen muss Spaß machen
„Lernen unter Druck kann nicht funktionieren“, so Alfred Strassegger,
Geschäftsführer des bfi Steiermark, „Die Grundhaltung des
bfi ist, dass Lernen Spaß machen muss.“ Den 30 Frauen, welche aus
14 verschiedenen Ländern kommen, haben die Kursinhalte sehr zugesagt
– und: Es hat ihnen tatsächlich Spaß gemacht. Als Hilfe für künftige
Jobbewerbungen wird ihnen zudem ein Zertifikat über die Absolvierung
der Kurse ausgestellt.
Claudia Windisch
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Land: Ende des Beamtentums
(Foto) LR Schützenhöfer hat eine Besoldungs- und
Pensionsreform ausverhandelt, die das Landesbudget à la longue entlasten
wird |
Die von Personallandesrat Hermann Schützenhöfer verhandelte
und kürzlich beschlossene Besoldungs- und Pensionsreform für Landesbedienstete
ist in Expertenkreisen auf äußerst positives Echo gestoßen: Bei
gleich bleibender Lebensverdienstsumme werden die Landesangestellten
(Landesbeamte im herkömmlichen Sinn wird es nicht mehr geben) zu
Beginn mehr als bisher verdienen, die Steigerungskurve der Gehälter
wird aber deutlich flacher ausfallen als bisher. KORSO-Herausgeber
Christian Stenner sprach mit Schützenhöfer über Eckpunkte der Reform.
Zur Verdeutlichung ein konkretes Beispiel: Wie wird sich etwa
das Gehalt eines Landesbediensteten entwickeln, dessen Einstufung
dem eines jetzigen B-Beamten entspricht?
Die Anfangsgehälter können – je nach konkreter Verwendung – um
bis zu 300 Euro mtl. höher sein als bisher. Der Einkommenszuwachs
wird in den ersten 10 bis 15 Berufsjahren ebenfalls stärker sein
als bisher.
Wie wird sich diese neue Regelung auf die Höhe der Pension
auswirken?
Bei Landesbeamten wurde anstelle der bisherigen Pensionsbemessung
mit 80% des Letztbezuges ein Durchrechnungszeitraum eingeführt.
Dies führt in der Zukunft zu deutlich geringeren Pensionen. Die
Einbußen werden aber durch bessere Aktivgehälter und die Leistungen
aus der Pensionskasse zum Teil ausgeglichen.
Wer sich privat pensionsversichert, wird in Hinkunft bis zu
drei Prozent mehr Gehalt bekommen. Zur Zeit werden private Pensionen
allerdings wegen der Baisse auf den Aktienmärkten um durchschnittlich
40 Euro monatlich gekürzt – macht da eine Risikofinanzierung durch
die öffentliche Hand überhaupt Sinn?
Natürlich braucht man ein gewisses Vertrauen in den Fortschritt,
das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung auf den Kapitalmärkten.
Da wir für unsere Pensionskasse nach einer öffentlichen Ausschreibung
sehr sorgfältig einen seriösen und erfahrenen Partner gewählt haben,
halten wir das Risiko aber für vertretbar. Die Risikofinanzierung
durch die öffentliche Hand ist bei seriöser Veranlagung ebenso sinnvoll
wie der Aufbau einer privaten Altersvorsorge gemeinsam mit einem
verlässlichen Partner.
Bisher war die Höhe des Einkommens vom formalen Bildungsabschluss
abhängig, nun soll der „konkrete Wert“ der Tätigkeit zählen. Welche
objektiven Kriterien wurden dafür entwickelt?
Nach den von der Firma HAY-International entwickelten Grundsätzen,
die in vielen Großunternehmen und auch in anderen Gebietskörperschaften
(Bundesdienst, Land OÖ) angewandt wurden, richten sich die Gehälter
nach dem Wissen, der Denkleistung und der Verantwortung, die mit
einer bestimmten Stelle – unabhängig vom Stelleninhaber – verbunden
sind. Dazu gibt es ein Bepunktungssystem, das Differenzierungen
zulässt und transparent und nachvollziehbar ist. Weitere Kriterien
waren Einkommensvergleiche mit Gehaltstabellen anderer Bundesländer,
privater Unternehmen, Kollektivverträgen usw.
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AMS
stellt bei der „Denkwerkstätte“ neue Studie zur Arbeitslosigkeit in
der Steiermark vor:
Wehe den Besiegten Die Wandlung der
Gesellschaft vollzieht sich in turbokapitalistischer Raserei und hat
auch zur Folge, dass all jene, die dabei die erforderliche Olympia-Reife
nicht aufbringen, an den Rand geraten: Arbeitslose, Kranke, arme Alte.
Gesellschaftspolitisch wird dies kaum diskutiert. Als herrschte ein
gespenstischer stillschweigender Konsens darüber, dass Modernisierung
eben Opfer fordert. |
Weder Solidarität noch Verständnis
„Was wir vor zwölf Jahren prophezeit haben, hat sich mehr als bewahrheitet“,
sagt Univ.Doz. Dr. Hans-Georg Zilian: Er gab 1990 im AMS-Auftrag
die Studie „Die verborgenen Kosten der Arbeitslosigkeit“ heraus.
Dabei untersuchte er die Lage der Arbeitslosen im Bezirk Leoben
und blickte düster in die Zukunft. Nun erstellte er eine Re-Study
– und sah, dass sich der düstere Blick bewahrheitet hatte: Die Modernisierungstendenzen
führen dazu, alle menschlichen Bestrebungen und Unternehmungen Gewinn-Zielen
unterzuordnen und treiben die Spaltung der Gesellschaft voran. Es
gibt Sieger und Besiegte – und zwischen ihnen weder Solidarität
noch Verständnis. Zudem diagnostiziert Zilian eine triste Unfähigkeit,
sich mit diesen Entwicklungen intellektuell auseinander zu setzen.
Sei es, weil das Denken durch Schauen und Fühlen ersetzt wird, wodurch
die argumentativen Standards verkommen. Sei es, weil man unangenehme
Wahrheiten, die bei einer Analyse der Verhältnisse zutage träten,
lieber verdrängt und tabuisiert. In der tagespolitischen Debatte
wird gelegentlich mit Zahlen aus der Arbeitslosenstatistik jongliert
– diese zu durchschauen ist sogar für Experten nicht einfach.
Die Totalisierung der Arbeitswelt macht Menschen nicht
nur unfrei, sondern auch unglücklich.
Totalisierung der Arbeitswelt
Die Studie, im ISOP-Haus in Graz im Rahmen des Workshops zur „Denkwerkstätte“
des Arbeitsmarktservice Steiermark vorgestellt, bietet auf 250 Seiten
umfassendes Zahlenmaterial und greift mit ihren Interviews in das
pralle Leben. Oder genauer: In das neue Herz der Finsternis. Nach
der präzisen Schilderung einer Biografie der Chancenlosigkeit am
Beispiel von Sylvia T. vermerkt der Forscher bitter: „Wollte jemand
ein kleines Lexikon des Elends der Welt schreiben, dann könnte er
in den zwei Tonband-Stunden alles finden, was er braucht.“ Zilian
stellt zudem fest, dass die Totalisierung der Arbeitswelt die Menschen
nicht nur unfrei, sondern auch unglücklich macht. Und: die gesellschaftliche
Kurzsichtigkeit im Umgang mit diesen Phänomenen sei gerade dabei,
„sich in völlige Blindheit zu verwandeln“. Von der Arbeitslosigkeit
profitieren jedoch die Unternehmen: sie bieten schlechte Jobs zu
schlechten Löhnen an. Die Arbeitnehmer sind zwar unglücklich, aber
froh, überhaupt im Lohn zu stehen – und zornig auf jene Arbeitslosen,
denen das Angebot, miese Jobs anzunehmen, eher als Drohung erscheint.
Das AMS wird in dieser Lage vor schwere Aufgaben gestellt: Schlechte
Jobs werden nur durch Zwang angenommen. „In Europa wird die Aufgabe,
diesen Zwang auszuüben, an die Instanzen des Wohlfahrtsstaats überwälzt.“
Zweiter Referent war der Bremer Psychologe Dr. Thomas Kieselbach,
der das europäische Forschungsprojekt „Sozialer Geleitschutz in
beruflichen Umbrüchen“ vorstellte: Es geht um die Erstellung von
europaweiten Rahmenbedingungen für den Umgang mit Arbeit und Arbeitslosigkeit.
Er stellte mit Respekt fest, dass dabei Österreich mit seiner „Arbeitsstiftung“
das kreativste Modell aufzuweisen hat. In der Diskussion wurde allerdings
auch auf die „dunkle Seite der Stiftung“ verwiesen: Wenn es einem
Stronach passt, entlässt er Leute, die dann mit öffentlichen Mitteln
zwischengeparkt und qualifiziert werden – bis er sie wieder brauchen
kann. Dazu AMS-Landesgeschäftsführer Dr. Helfried Faschingsbauer
lapidar: „Stimmt. Aber was wäre die Alternative? Noch mehr Arbeitslosigkeit,
wodurch die Betroffenen noch mehr ins Out gedrängt würden.“ mg
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Leukämie durch’s Handy?
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Der Massenkonsumartikel Mobiltelefon wurde auf den Markt gebracht,
ohne dass zuvor seine Unschädlichkeit wissenschaftlich ausreichend
überprüft worden wäre. Nun werden seit Jahren beunruhigende Studien
veröffentlicht, mahnen weltweit namhafte Wissenschaftler vor den
biologischen Auswirkungen der Mikrowellen, die bei Mobiltelefonen
zur Anwendung kommen. Diese Untersuchungen wurden zuerst mit Ungläubigkeit
vernommen, dann von den Vertretern der Industrie geleugnet und auch
bekämpft (KORSO berichtete). Doch jetzt beginnen die Ergebnisse
dieser Studien einige Regierungen doch zu beunruhigen: So zum Beispiel
war Großbritannien im Jahr 2000 das erste Land, das zur Vorsicht
beim Gebrauch von Mobiltelefonen mahnte.
Die wirtschaftlichen Prognosen stimmen – zumindest
für die Mobilfunkbetreiber: 2004 soll es eine Milliarde „Handys“
auf der Erde geben. Die gesundheitlichen Prognosen dürften weniger
gut sein.
Verdacht: Mikrowellenstrahlung schädigt die DNS
Nun – nach der Veröffentlichung der Studie eines italienischen Wissenschafters
im renommierten Wissenschaftsjournal New Scientist – ist eine weitere
Bombe geplatzt: die gepulste Mikrowellenstrahlung, wie sie von Mobiltelefonen
zur Signalübertragung genutzt wird, steht unter dringendem Verdacht,
die Entstehung von Leukämie zu begünstigen. Schon vorangegangene
Studien hatten gezeigt, dass diese Krankheit häufiger unter Mobiltelefonbenutzern
auftritt; nun präsentierten der italienische Biologe Fiorenzo Marinelli
und seine Crew vom Nationalen Forschungskomitee in Bologna den genauen
Mechanismus der Einwirkungen von Mikrowellen auf Leukämiezellen.
Der Lebenszyklus von Leukämiezellen ist gut bekannt und das macht
es leicht, Verhaltensänderungen zu erkennen. Die ForscherInnen setzten
Leukämiezellen einer Strahlung von 900 Mhz in einer Stärke von 1
Milliwatt aus; diese Frequenz wird in europäischen Mobilfunknetzen
häufig verwendet, Handys können dabei mit einer Leistung von bis
zu zwei Watt strahlen. Konnte zunächst die Aktivierung eines Gens
beobachtet werden, das die Selbstzerstörung von Zellen auslöst und
einen Teil der Leukämiezellen zum Absterben brachte, so kehrte sich
nach 48 Stunden der anfängliche Trend um: In einem großen Teil der
überlebenden Zellen wurden drei andere Gene aktiviert, die eine
starke Zellvermehrung hervorriefen. Die Bestrahlung hatte den Krebs
also kurzzeitig geschwächt, danach aber zu einem starken Wachstum
geführt. Laut Marinelli zeigen diese Forschungsresultate zwar nicht
die Strahlungsauswirkungen auf gesunde Zellen, sie stärken aber
den Verdacht, dass Mikrowellenstrahlung die DNS beschädigt. Die
biochemischen Signale der Zellen werden so gestört, dass in Folge
ein Abwehrmechanismus ausgelöst wird, der zu unkontrollierter Zellvermehrung,
zum Krebs führen kann.
Auswirkungen auf die Blut-Gehirn-Schranke
Besonders beunruhigend ist auch das Ergebnis einer Zellkulturstudie
der finnischen Strahlungs- und Atomsicherheitsbehörde: Danach sollen
die Wände von Blutgefäßzellen durch die elektromagnetische Strahlung
von Mobiltelefonen dünner geworden sein. Sollte dieser an Kulturen
im Labor beobachtete Effekt auch in menschlichen Organismen vorkommen,
so würde dies die Funktion der Blut-Gehirn-Schranke stören – Kopfschmerzen,
Müdigkeit, alzheimerähnliche Erkrankungen könnten die Folge sein.
shv
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