korso Wissenschaft & Forschung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
10/2003
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Sprachenlernen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt Seit 1995 ist Graz Sitz einer höchst aktiven internationalen Institution: Das Europäische Fremdsprachenzentrum des Europarates arbeitet unter der Leitung des Briten Adrian Butler und des Österreichers Josef Huber an der Verbesserung und Ausweitung des Fremdsprachenunterrichts in Europa. Am 2./3. Oktober zog das Team des EFZ gemeinsam mit über 100 ProjektmitarbeiterInnen in einer internationalen Konferenz Bilanz über das dreijährige „First Medium Term Programme“.

 

„Mit Anfang Oktober konnten wir 25 Projekte abschließen, deren Ergebnisse sich vorwiegend an die Multiplikatoren und Entscheidungsträger im Bereich des Sprachunterrichts, aber zu einem Gutteil auch direkt an die FremdsprachenlehrerInnen selbst wenden“, berichtet Josef Huber, Programmverantwortlicher des Zentrums. Die Resultate liegen in Form von Publikationen und interaktiven CDs vor, die von der WebSite des Zentrums kostenlos heruntergeladen werden können.

Theorie und Praxis
„Für steirische FremdsprachenlehrerInnen ist wegen der Grenz-Situation unseres Bundeslandes zum Beispiel unsere Aufarbeitung von Möglichkeiten grenzüberschreitender Zusammenarbeit beim Fremdsprachenerwerb von besonderem Interesse“, weiß Huber: Über 100 Best-Practice-Modelle werden darin beschrieben. Ebenfalls im Trend der aktuellen Entwicklungen: Ein Projekt, das die Mehrsprachigkeitssituation, wie sie ja etwa an vielen Grazer Schulen vorliegt, für die Fremdsprachen-Sensibilisierung nutzbar macht. Besonderes internationales Interesse hat auch eine WebSite erweckt, die den gegenseitigen (virtuellen) Besuch von Volksschulklassen aus verschiedenen Ländern ermöglicht und dabei sowohl das frühe Fremdsprachenlernen als auch das interkulturelle Verständnis fördert – Letzteres ist im Übrigen eines der Hauptanliegen aller Aktivitäten des Europarates. Und besonderen Zuspruch erntete ein Projekt („Web Literacy“), das eine Vielzahl von Tools und Anleitungen für die Selbsterstellung von WebSites bereitstellt, die im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden können. Diese praxisbezogenen Aktivitäten werden durch die Entwicklung und Evaluierung theoretischer Modelle unterstützt und ergänzt, betont Huber. „Der Titel eines unserer Projekte: ,Mediating between theory and practice in ...“ ist durchaus programmatisch für unsere gesamte Arbeit zu verstehen.“
EFZ-Programmverantwortlicher Mag. Josef Huber > Zufrieden mit den Ergebnissen des „First Medium term Programme“

Fremdsprachenunterricht als „sozialer Klebstoff“
Die Aktivitäten der kommenden drei Jahre werden unter dem Leitmotiv „Beitrag der Spracherziehung zur sozialen Kohäsion“ stehen, berichtet Huber. In 20 Projekten werden Themen wie die Curriculumsentwicklung fürs frühe Fremdsprachenlernen im Sinne des interkulturellen Lernens, Spracherziehung für Menschen mit Behinderung oder mehrsprachige Alphabetisierung behandelt werden. Mit dem „Second Medium Term Programme“ soll auch einem Zustand entgegengewirkt werden, den der Programmdirektor des ECML so charakterisiert: „Derzeit passiert Sprachenlernen ja noch viel zu oft neben der gesellschaftlichen Realität.“ – cs –

Weiterführende Informationen und sämtliche Projektergebnisse finden Sie unter www.ecml.at

 

 

FeministInnen stürmen die theologische Fakultät Das aktuelle Wahlfachmodul „Feministische Theologie“ wird von den Grazer StudentInnen regelrecht gestürmt – das Interesse ist so groß, dass der Platz in den Lehrsälen oft zu klein wird. Ein „weiblich-religiöser“ Ansatz als Gegenstück zu den patriarchalen Strukturen der Weltreligionen?

 

Jenseits des Patriarchats
Die theologische Fakultät Graz trägt dem Trend zur Interdisziplinarität mit dem aktuellen Wahlfachmodul „Feministische Theologie“ Rechnung: Studierende haben nun die Möglichkeit Zusatzqualifikationen im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung zu gewinnen und ein Abschlusszertifikat zu erwerben. Im Gegensatz zur so genannten Patrologie (der Lehre von den Kirchenvätern) soll die feministische Theologie Einblicke in eigene und fremde religiöse Frauentradition gewähren und somit zu neuen Perspektiven und Handlungsweisen jenseits des Patriarchats führen.

„Verbesserungswürdige“ Theologie
Das Interesse der Studierenden ist enorm: „Wir mussten schon StudentInnen wegen Platzmangels im Hörsaal fortschicken,“ so Univ.-Prof. DDr. Theresia Heimerl, Institut für Religionswissenschaften, „inhaltlich geht es uns nicht nur um Frauen, sondern um eine bessere Theologie insgesamt. Gelehrt und diskutiert werden daher nicht nur feministische Ansätze der Theologie, sondern auch psychologische, historische und gesellschaftspolitische Themen.“ Vordergründigstes Anliegen dieses Wahlfachmoduls sei laut Heimerl das „Präsenter-Machen“ von Frauen.

Univ.-Prof. Theresia Heimerl > Frauen sollen auch in der Theologie präsenter werden.

„Ein bisserl weh tut’s den Männern schon“
A.o.Univ.-Prof. Mag. Dr. Anneliese Felber vom Institut für Ökumenische Theologie und Patrologie erinnert sich: „Als ich zu studieren begann, gab es weit und breit keine lehrenden Frauen an der Theologie. Zwar hat sich diese Situation inzwischen verändert, aber die Hürden für Frauen sind gleich geblieben – die Mechanismen sind subtiler geworden.“ Die patriarchalen Strukturen müssten aufgeweicht werden, das Denken müsse anders werden. Das sei nicht schmerzlos zu haben: Feministische Ansätze gezielt in die Tat umgesetzt tun laut Felber vielen Männern „schon ein bisserl weh.“

Claudia Windisch

 

 

Bad Gleichenberg: Neues FH-Gebäude

 

Bad Gleichenberg, seit 2001 Standort der FH JOANNEUM, verfügt seit kurzem über ein modernes Hochschulgebäude, das im Vollausbau 400 Studierende aufnehmen kann. Das dreigeschoßige Gebäude mit einer Nettogrundrissfläche von ca. 4.500m2 wurde vom Grazer Architekturbüro Bramberger geplant und von der ARGE Mandlbauer - Krenn & Pongratz in nur 10 Monaten realisiert. Baubeginn war im Dezember 2002, die Kosten belaufen sich auf ca. EUR 7,0 Mio. netto. „Eine besondere Herausforderung war es, ein adäquates Gebäude gegenüber dem Kurpark zu errichten“, erklärte Architekt Alfred Bramberger. Dabei ist die umgebende Natur durch den offenen Charakter des Gebäudes stets präsent.

„Als traditionsreicher Kurort wie auch als international etablierter Ausbildungsort des Tourismus- und Hotelleriewesens ist Bad Gleichenberg als Standort für den Fachhochschul-Studiengang‚ Gesundheitsmanagement im Tourismus‘ prädestiniert“, sagt die steirische Bildungslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder.

Im Endausbau werden rund 400 Studenten die FH in Bad Gleichenberg besuchen. „Gesundheitsmanagement im Tourismus“ gehört zu den populärsten FH-Studiengängen Österreichs. „Das zeigt, dass eine ganzheitlich ausgerichtete Ausbildung mit moderner Infrastruktur auf dem Bildungsmarkt stets punkten kann“, betonen die FH-Geschäftsführer Anna Koubek und Markus Tomaschitz.

 

 

 

Mit dem Handheld in die Natur
Das auf einem Pocket-PC von Joanneum Research für die deutsche Firma RuFHER entwickelte mobile Informationssystem ist Wanderführer, Positionserfassung, digitales Tagebuch und Fotoalbum in einem. Der „digitale Guide“ ermöglicht ein innovatives Informationsservice für die Besucher einer Tourismusregion.

 

Kennen Sie das: Sie stehen im Wald und fragen sich, warum die Abzweigung, die laut Beschreibung des Wanderführers schon längst hätte kommen sollen, nicht und nicht daherkommt? Patrick Luley, Absolvent des Grazer Studienganges „Informationsmanagement“ an der FH JOANNEUM, hat in seiner Diplomarbeit Abhilfe für dieses Problem geschaffen: Er entwickelte im Auftrag der deutschen Firma RuFHER am Institut für digitale Bildverarbeitung der Forschungsgesellschaft JOANNEUM RESEARCH eine Software, mit der ein Pocket-PC in Kombination mit einem GPS-Aufsatz den Wanderern oder Spaziergängern die Orientierung im Gelände erlaubt.

Prototyp des Wanderbegleiters der Zukunft: Patrick Luley entwickelte die Software, mit der man einen Pocket-PC zum mulitmedialen Wanderbegleiter und Wandernavigator aufrüsten kann.

Aber nicht nur das: Das „mobile multimediale positionsbezogene Tourismusinformationssystem“ liefert multimediale Routeninformationen in 2D und 3D unter Verwendung von Satellitenbildern und digitalen Karten, ermöglicht satellitengestützte Navigation und erlaubt die individuelle digitale Dokumentation der Wanderung. Sie wissen dadurch nicht nur, wo das nächste Gasthaus oder der nächste interessante Aussichtspunkt ist, sondern auch, wie weit sie noch davon entfernt sind. Während der Tour kann man vom System berechnete Angaben wie zurückgelegte Distanz, Höhenmeter und Durchschnittsgeschwindigkeit um eigene Bilder, Tonaufnahmen und Notizen ergänzen. Das System vereint geo-multimediale Informationen zu Wanderwegen und Radtouren mit der Möglichkeit, die eigene Position in digitalen Karten abzufragen und Daten zur eigenen Wanderung aufzunehmen.

In Kooperation mit dem deutschen Auftraggeber RuFHER wird derzeit intensiv an der Markteinführung gearbeitet. Denkbar ist beispielsweise, dass die regionalen Tourismusbüros oder auch Hotels und Freizeitbetriebe ihren Gästen die Handheld-Wanderführer leihweise zur Verfügung stellen und ihnen nach einer Tour auch ermöglichen, die aufgenommenen Daten abzuspeichern bzw. auszudrucken. Auch gibt es bereits erste Kontakte zu Veranstaltern von Sportgroßereignissen, die starkes Interesse zeigen, ein solches mobiles System als Tourismusinformationssystem und Veranstaltungs-Guide einzusetzen um die Besucher, aber auch die Funktionäre und Sportler immer mit aktueller Information direkt ansprechen zu können.

 

 

 

KAGes: Management bleibt in öffentlicher Hand Der von SP-Parteichef Franz Voves mitgetragene Vorstoß des KAGEs-Aufsichtsratschefs Bernd Schilcher (VP) zur Privatisierung des KAGes-Managements ist endgültig im Sand verlaufen. Wie bisher sollen zwei Vorstände nach dem Bundes-Stellenbesetzungsgesetz ausgeschrieben werden.

 

Der kombinierte Widerstand innerhalb von SP und VP, von Seiten der Grünen und der steirischen Ärzteschaft hat den Einstieg in die Privatisierung des steirischen Gesundheitswesens scheitern lassen: Der neue steirische SP-Gesundheitslandesrat Wolfgang Erlitz schien ohnehin nie besonders begeistert von der Idee, die Führung der Landeskrankenanstalten einer Privatfirma zu überlassen; ebenso wenig VP-Personal-Landesrat Hermann Schützenhöfer, der sicherlich nicht zum glühend neoliberalen Flügel der ÖVP zählt und zudem als ÖAAB-Obmann über ausreichend Information aus der (schwarz dominierten und geschlossen gegen die Privatisierung auftretenden) KAGes-Arbeitnehmervertretung verfügt, um das Risiko des Unterfangens für seine Partei abschätzen zu können. Die Grünen unter Parteiobfrau Ingrid Lechner-Sonnek hatten nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie das Gesundheitswesen aus Gründen der Gleichbehandlung und Aufrechterhaltung der flächendeckenden Versorgung nicht aus der Kontrolle der öffentlichen Hand entlassen wollen; und die Ärzteschaft fürchtete – zweifellos nicht nur aus selbstlosen Gründen – Einsparungen bei Qualität und Quantität der medizinischen Versorgung.

Privatisierungs-Versuchsballon entsorgt
Es blieb Schützenhöfer und Erlitz vorbehalten, den ersten Privatisierungs-Versuchsballon sanft zu entsorgen, nachdem ihm von allen Seiten die Luft ’rausgelassen worden war. Für Erlitz hat das Ausschreibungsverfahren gezeigt, „dass die privaten Anbieter noch nicht so weit sind und nur an den kurzfristigen Gewinn denken. Also werden wir sie weiterhin auf derselben Ebene beschäftigen wie bisher, als Auftragnehmer in jenen Spezialbereichen, wo sie ihre Qualitäten durchaus haben.“ Und Schützenhöfer betonte, dass Spitalslösungen immer Lösungen der beiden großen Parteien sein müssten; hier seien die Wünsche von Lobbys zu begren­zen und ein einheitlicher politischer Wille zu formulieren. Auch er selbst habe in seiner Partei erst für diese „Vorgangsweise der Vernunft“ werben müssen. Lechner-Sonnek begrüßt das Scheitern der Verhandlungen mit den privaten Anbietern, hält aber den finanziellen Schaden und jenen fürs Ansehen der KAGes für beträchtlich – und fürchtet, dass ein kommender Vorstand durch die Selbstverpflichtung zur Erteilung von Aufträgen an private Gesundheitsversorger von Vorne­herein in seinen Führungskompetenzen beschnitten würde.

Rückblende
Knapp vor der definitiven Entscheidung hatte eine Veranstaltung der Grünen mit dem Chirurgen Thomas Böhm stattgefunden, Betriebsratsobmann am vom privaten SANA-Konzern geführten, aber im Besitz der Stadt Stuttgart stehenden kommunalen Klinikum. Dabei wurde u.a. der zentrale Widerspruch einer solchen Konstruktion klar: „SANA- und Klinikmanager sind ein- und dieselbe Person, die als Klinikum-Chef Aufträge an den Privatkonzern in der Höhe von bis zu 15 Mio Euro jährlich vergibt.“ Böhm bilanziert die nunmehr zehn Jahre währende Ära des privaten Managements durchwegs negativ: Inzwischen sei jede politische Einflussnahme beendet worden, Bettenreduktionen würden nicht einmal mehr an den Eigentümer weitergemeldet, die Arbeitsintensität habe sich durch den rasanten Stellenabbau gewaltig erhöht, das Defizit sei höher als bei Übernahme des Klinikums durch die SANA und eine wirkliche Strukturreform, etwa die Schließung nicht mehr benötigter chirurgischer bei gleichzeitigem Aufbau gerontologischer oder orthopädischer Abteilungen habe nicht stattgefunden, weil es sich das private Management nicht mit den Oberärzten verscherzen wollte.

Nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführte Krankenhäuser, so Böhm, müssten notwendigerweise in Widerspruch zu einer optimalen medizinischen Versorgung geraten: Das herrschende Abrechnungssytem, wonach die Anstalten pro Fall bezahlt würden, verlange eine Minimierung der Kosten pro Fall, führe also zur Unterversorgung. Im Gegenzug gebe es einen quantitativen Zuwachs bei extra vergüteten teuren Behandlungsformen, also Überversorgung. Und zum dritten müssten die Krankenhäuser danach trachten, all jene loszuwerden, an denen nichts zu verdienen sei.

Abschließend warnte Böhm vor einer eindimensionalen Effizienzdiskussion im Gesundheitswesen: „Wenn es stimmen sollte, dass Demokratie nicht besonders effizient ist – sollten wir dann einer Diktatur zustimmen?“ – cs –

 

 

Graz 2004: Sozialinitiativen vor dem finanziellen Kollaps Die Sozialinitiativen schreien auf: Die Austrocknung der Subventionstöpfe werde nicht nur tausende KlientInnen noch stärker als bisher in eine Spirale aus Arbeitslosigkeit, Armut und Perspektivenlosigkeit drängen, sondern zusätzlich hunderte Arbeitsplätze im Beratungs- und Betreuungsbereich gefährden. Besonders problematisch stellt sich die Situation in Graz dar, wo der Pleitegeier bereits über dem Rathaus kreist. Die Grazer Grünen verlangen eine Umverteilung der knappen Mittel.

 

VertreterInnen von 30 Organisationen aus dem Beratungs-, Betreuungs- und Beschäftigungsbereich – von der ARGE Jugend gegen Rassismus über das Beratungszentrum für psychische und soziale Fragen und das Frauengesundheitszentrum bis hin zu Rettet das Kind – schlagen Alarm: „Ein beängstigender sozialer Kahlschlag ist derzeit im Gange. Wird all das umgesetzt, was die Politik an Geldern einsparen möchte, wird der Sozialstaat in der Steiermark zerschlagen.“ Der Grund für diese Situation liege weniger in der „tatsächlichen oder behaupteten Geldknappheit“, sondern in der „derzeitigen neoliberalen Prioritätensetzung der Politik, die sich selbst immer mehr abbaut und ad Absurdum führt, alles dem Markt überlässt, Armut privatisiert und damit bewusst fördert“, heißt es in der Stellungnahme der betroffenen Organisationen. Auf kommunaler Ebene schlägt laut GRin Lisa Rücker von den Grazer Grünen, selbst Sozialarbeiterin, die Politik der Verknappung der Mittel auf europäischer und nationaler Ebene und die Aushöhlung des Sozialstaates voll durch. „Die Auswirkungen sind verheerend.“

Gemeinderätin und Sozialarbeiterin Lisa Rücker > Fordert Umverteilung, um den Zusammenbruch der Sozialinitiativen in Graz zu verhindern

Bundesliga ja, Sozialausgaben nein?
So erklärte erst kürzlich die Leiterin des Interkulturellen Kindergartens in Graz: „Wir sehen uns durch die Kürzung von Subventionen, den Wegfall von Großspendern usw. nicht mehr in der Lage, unsere Kindergarteneinrichtung in der bisherigen Qualität aufrecht zu erhalten.“ So muss etwa der Verein Modello sein Beschäftigungsprojekt für Frauen aufgeben, da das Arbeitsmarktservice seine Förderung 2004 zur Gänze einstellen wird. Das AMS argumentiert mit der budgetären Situation. „Am stärksten betroffen ist der Bereich der Beschäftigung benachteiligter Personengruppen, wo eigentlich angesichts der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen viele zusätzliche Maßnahmen getroffen werden müssten“, so Rücker. Die Subventionsliste umfasst rund 100 Grazer Vereine, welche nun vor einem großen finanziellen Problem stehen, viele von ihnen müssen ihre Aktivitäten zumindest stark einschränken. Manche denken ans Zusperren. „Auf der anderen Seite fließen Millionen an versteckter Wirtschaftsförderung – wie etwa die Stundung von Kanalgebühren für durchaus gut gehende Betriebe. So wurde der MAGNA jüngst ein Zahlungsaufschub für die Kanalerrichtungsabgabe gewährt“, ärgert sich Rücker. „Ebenso auf ihre wirtschaftspolitische Wirksamkeit hin zu hinterfragen ist die Subventionierung der Grazer Messe und die diversen Handels-Marketing-Ideen, die ja schon in der Vergangenheit kaum Erfolg gezeitigt haben.“ Die Politik müsse sich nun entscheiden, auf wessen Seite sie stehe. „Wieso finden sich zum Beispiel noch immer große Fußballvereine, die gewinnorientiert arbeiten, auf den Subventionslisten, während den gemeinnützigen Vereinen der Geldhahn abgedreht wird? Warum kann der Kulturstadtrat 40.000 Euro allein für die – noch dazu erbärmlich schlechte – Moderation einer Veranstaltung ausgeben, deren Sinnhaftigkeit nach wie vor im Dunkeln bleibt?“

Alle Subventionen – also nicht nur jene für den Sozialbereich – machen gerade 2 Prozent des Gesamtbudgets der Stadt aus, „aber wenn hier weiter gekürzt wird, werden hohe Folgekosten für die Stadt entstehen, weil die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger und jener, die stationäre Sozial- und Gesundheitseinrichtungen in Anspruch nehmen müssen, steigen wird.“

Dominoeffekt befürchtet
Was die Situation noch erschwere, so Rücker, sei die fehlende Abstimmung der gegenwärtigen Subventionspolitik zwischen Bund, Land und Gemeinden; die Organisationen und Vereine würden in die Rolle von BittstellerInnen gedrängt. Neben einer Schwerpunktsetzung im Budget 2004 zugunsten sozialer Nachhaltigkeit und gerechter Mittelverteilung im Sinne der Schwächsten der Gesellschaft fordert Rücker einen Kürzungsstopp und die Aufstockung von Förderungen zur Absicherung wesentlicher Unterstützungsangebote und vor allem klare Fördervereinbarungen und einen präzisen Aufteilungsschlüssel zwischen Stadt, Land und Bund. „Die Stadt Graz muss sich als Vertragspartner klar definieren und den Vereinen als kompetenter Vertragspartner konkret mitteilen, welche Leistungen gewünscht werden“, meint Rücker. Gesetzlich wird allen Vereinen eine „Zukunftsprognose“ abverlangt – im Gegenzug sollte die Stadt Graz den gemeinnützigen Organisationen und Vereinen eine klare finanzielle „Zukunftsperspektive“ geben. Andernfalls, so fürchtet Rücker, werde es 2004 tatsächlich zu einem sozialen Kollaps bei den Trägerorganisationen kommen, „mit einem entsprechenden Dominoeffekt, der die soziale Situation der gesamten Kommune erschüttern könnte.“

Claudia Windisch

 

 

  Gemeinsam gegen die Sucht Seit Jänner 2002 gibt es die Arbeitsgemeinschaft „SAG Suchtvorbeugung als Gemeinschaftsaufgabe“. 15 Institutionen und Behörden versuchen vernetzt Suchtvorbeugung nicht nur umzusetzen sondern auch kontinuierlich weiterzuentwickeln. Eine präventive „Checkliste“ für Schulen und gemeinsame Qualitätsstandards sind bisherige Ergebnisse ihrer Arbeit.

 

Interdisziplinäres Expertengremium gegründet
Im Anschluss an eine Fachtagung zur Suchtprävention – veranstaltet von der Fachstelle für Suchtprävention (VIVID) und dem Bundesministerium für Inneres im Jänner vergangenen Jahres – kam es zur „Geburt“ der Arbeitsgemeinschaft „SAG Suchtvorbeugung als Gemeinschaftsaufgabe.“ Das Expertengremium setzt sich aus VertreterInnen 15 steirischer Einrichtungen zusammen: Gesundheitsressort und Jugendressort des Landes Steiermark, Suchtkoordinationsstellen (Land Steiermark und Stadt Graz), Landesschulrat, Landesjugendreferat, Sicherheitsdirektion, Bundespolizeidirektion, Landesgendarmeriekommando, Drogenfachgremium, Primär- und Sekundärprävention und Landesverband der Elternvereine. „Wir ziehen alle am gleichen Strang“, so DSA Claudia Kahr von der VIVID Fachstelle Suchtvorbeugung, „die gemeinsam entwickelten Qualitätsstandards und eine Checkliste zur Überprüfung der Qualität von suchtpräventiven Programmen in der Schule sind fertig gestellt – nun geht es um die Umsetzung.“

Bitte keine Verharmlosung
Alle VertreterInnen der Arbeitsgemeinschaft sind sich einig: Eine suchtfreie Gesellschaft ist eine Illusion. Trotzdem: „Eine Verharmlosung muss unbedingt vermieden werden“, betont Mag. Josef Klamminger von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark, „Ziele der primärpräventiven Maßnahmen sind die Stärkung von Schutzmechanismen und die Verminderung von Risikofaktoren, um der Entwicklung von Missbrauch und Sucht effektiv entgegenzuwirken.“ Laut SAG sind in der Primärprävention Methodenvielfalt, Aktualität und Transparenz unabdingbar. „Die Qualitätsstandards beinhalten klare Zieldefinitionen auf mehreren Ebenen“, so Kahr, „jede einzelne Person soll damit erreicht werden.“

Nur informieren und abschrecken ist der falsche Weg
Die Checkliste, basierend auf den Qualitätsstandards, wird seit Oktober vom Landesschulrat allen steirischen Schulen zur Verfügung gestellt und ergeht auch an alle steirischen Elternvereine. „Helfen statt Strafen“ ist das Motto, unter dem nun diskutiert werden soll und vor allem: gehandelt! Lebenskompetenz, Lebensqualität in Klasse und Schule und die Förderung eines adäquaten Umgangs mit psychoaktiven Substanzen und Verhaltensweisen werden als Ansatzpunkte schulischer Suchtprävention gesehen. „Die Checkliste soll ein weiterer Schritt in die Praxis sein“, so Kahr, „wir lehnen einseitige Information und Abschreckung ab.“ Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft SAG sehen Suchtprävention daher als einen kontinuierlichen Prozess, der sich nicht auf illegale Drogen allein beschränkt.

Gemeinsam statt einsam
Der steirische Suchtkoordinator DSA Klaus-Peter Ederer lobt die kompetente und erfolgreiche Zusammenarbeit: „Wir treffen uns regelmäßig vierteljährlich – innerhalb der Arbeitsgruppe herrscht ein kollegialer sich gegenseitig befruchtender Geist“, und auch Klamminger weist auf die Besonderheit dieser Arbeitsgemeinschaft hin: „Es ist einmalig, dass politische Entscheidungsträger, Behörden, Exekutive und Facheinrichtungen das Thema Suchtvorbeugung gemeinsam diskutieren und vernetzt handeln.“

Claudia Windisch

Info:
Die Checkliste zur Überprüfung der Qualität von suchtpräventiven Programmen in der Schule kann über die VIVID www.vivid.at angefordert werden, direkt in der Fachstelle für Suchtkoordination oder bei einer der Suchtkoordinationsstellen:

Suchtkoordinationsstelle Steiermark, Paulustorgasse 4/1, 8010 Graz | T 0316/877– 4693 | F 0316/877– 4698 | M suchtkoordination@stmk.gv.at