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            Wissenschaft & Forschung | 
           
             Das 
              Informationsmagazin  
              der Steiermark  
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              07/2004 
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          Bestand des 
            Wissenschaftsladens in Gefahr | 
         
         
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              Für das engagierte Team des Grazer Wissenschaftsladens, das sich 
              den interdisziplinär orientierten Wissenstransfer zwischen Universität 
              und Gesellschaft auf die Fahnen geheftet hat, brechen harte Zeiten 
              an. Vierzehn Jahre nach seiner Gründung hat nun eine massive Kürzung 
              der Mittel von Seiten der Karl-Franzens-Universität Graz das Projekt 
              in arge Bedrängnis gebracht. Durch den Wegfall von 60% der Uni-Förderung, 
              die zwei Drittel des gesamten WILA-Budgets ausmacht, sah sich der 
              Verein gezwungen, mit Ende Juni alle vier Mitarbeiterinnen zu kündigen. 
              Über den Sommer hinweg kann nur ein Journaldienst aufrecht erhalten 
              werden. Ab Herbst werden voraussichtlich wieder zwei Halbtagskräfte 
              bis Jahresende 2004 angestellt, um laufende Anfragen und Projekte 
              abzuschließen und neue Perspektiven für die Zukunft zu erarbeiten. 
             Gekündigtes Wissenschaftsladen-Team >   
              Mag. Laula Streicher, Mag. Elke Bodingbauer, Mag. Eva B. Timpe und 
              Mag. Manuela Fritz (v.l.)  
            DI Ralf Aschemann, Begründer des Wissenschaftsladens in 
              Graz, versucht der schwierigen Situation das Beste abzugewinnen: 
              „Wir werden auf jeden Fall versuchen, neue Finanzquellen zu erschließen.“ 
              Man sei fest entschlossen, im Non-profit-Bereich weiterzumachen, 
              will aber über die klassische Subventionsfinanzierung hinausgehen. 
              „Wir werden“, so Aschemann weiter, „Kontakte zu NGOs, den Fachhochschulen 
              und anderen steirischen Universitäten aufnehmen oder versuchen mit 
              Hilfe von AMS-Förderungen im Coaching-Bereich tätig zu werden. Auf 
              jeden Fall wird es sehr schwierig werden, mit nur mehr zwei Mitarbeiterinnen 
              ab Oktober einen geregelten Betrieb zu führen und dabei den Anspruch 
              auf ein gewisses Maß von Interdisziplinarität aufrecht zu erhalten.“ 
              
              
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          Erfolgreiches 
            Datenarchivierungsprojekt von FH Campus 02 und XiCrypt  | 
         
         
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              Archive und Bibliotheken sind unser kollektives Gedächtnis, auf 
              das wir im Bedarfsfall zugreifen können sollten. Gegenwärtig werden 
              an die 90 Prozent aller neuen Information digital produziert und 
              müssen gespeichert werden. Jüngste Erfahrungen aber zeigen, dass 
              ein hoher Anteil aller digitalen Speichermedien im Zeitraum von 
              fünf bis zehn Jahren unlesbar wird und die enthaltene Information 
              damit verloren ist. 
             Austrian Literature Online (d. s. Vetreter von Campus 02, den 
              Universitätsbibliotheken Graz und Innsbruck sowie ein Institut der 
              Universität Linz), die Humboldt Universität Berlin, die Grazer XiCrypt 
              Technologies und Sun Microsystems bilden die Arbeitsgruppe Langzeitarchivierung 
              digitaler Medien, welche sich seit mehreren Jahren mit Problemlösungen 
              im Bereich der digitalen Archivierung beschäftigt. Zwei Aufgaben 
              sind zu lösen: Daten müssen rechtzeitig vor Verfall des Trägers 
              umgespeichert werden, was im Regelfall mit hohem Aufwand (z.B. Kopierroboter) 
              verbunden ist. Problem Nummer 2 betrifft die rapide Weiterentwicklung 
              von Hard- und Software und die damit einhergehende Inkompatibilität 
              zwischen den Systemen. Objektformate – Text und Bild – müssen, will 
              man in ferner Zukunft ihrer habhaft bleiben, ausreichend dokumentiert 
              sein um interpretierbar zu bleiben. 
            (vl.n.r.)   
              Horst Kästner (Sun Microsystems), Alexander Egger (Campus 02), Peter 
              Lipp (XiCrypt Technologies), Peter Hochegger (Campus 02), Günter 
              Mühlberger (UB Innsbruck) 
            Sun Microsystems agiert als Koordinator innerhalb der Arbeitsgruppe 
              und stellt die notwendige Hardware zur Verfügung. XiCrypt Technologies 
              ist Spezialist für digitale Signaturen, die gewährleisten, dass 
              Daten bei Langzeitarchivierung nicht unautorisiert manipuliert werden. 
             
            Im Grazer Literaturhaus wurde die AG Langzeitarchivierung digitaler 
              Medien für ihre Leistungen nun durch Sun Microsystems zum 
              SunCenter of Excellence for Trusted Digital Repositories ernannt. 
              
              
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          www.forschung.steiermark.at: 
            Der Katalog für’s Forschungsland Nr. 1 Erst- 
            und einmalig in Österreich präsentiert sich der steirische Online-Forschungsstättenkatalog 
            www.forschung.steiermark.at in elektronischer Topform. 200 Institutionen 
            plus 100 Unternehmen mit Forschungskompetenz in der Steiermark können 
            per Mausklick zielsicher identifiziert werden. Der Forschungsstättenkatalog 
            ist für alle im Web frei zugänglich! | 
         
         
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              Kataloge gibt es viele – dieser jedoch ist noch nie da gewesen: 
              Der steirische Forschungsstättenkatalog, ein elektronisches Medium, 
              das umfassende Informationen zur steirischen Forschungslandschaft 
              anbietet, wurde von Landeshauptmann-Stv. DI Leopold Schöggl in Auftrag 
              gegeben und ist seit dem 23. Juni 2004 online. „Auf Knopfdruck kann 
              zu jeder Problemstellung sofort der richtige Partner gefunden werden“, 
              so Schöggl, „der Forschungskatalog bietet allen Kunden und Interessierten 
              einen Überblick über die Breite, Tiefe und Schwerpunkte der regionalen 
              Wissensinfrastruktur. Mit diesem Katalog sind wir ganz vorne dabei 
              – sozusagen österreichischer Meister!“  
            Transparentes Forschungsklima 
              Was kann der elektronische Forschungsstättenkatalog Steiermark nun 
              alles? Die Startversion wartet mit 200 Instituten und 100 Unternehmen 
              auf, welche alle Forschungskompetenz, insbesondere zu technisch-naturwissenschaftlichen 
              Fragestellungen anbieten können. Neben der forschenden Institution 
              erfährt man über den Katalog alle Basisdaten der F & Ebetreibenden 
              Unternehmen mit Namen, Anschrift, Telefon, Fax, Mail, URL, Kontaktperson, 
              Mitarbeiterstand, Partnerschaft in temporären F & E–Einrichtungen 
              und die jeweiligen Arbeitsgebiete bzw. Wissenschaftszweige nach 
              der international vergleichbaren Nomenklatur der Statistik-Austria. 
              „Der Katalog ist eine Bringschuld der Forschung“, so Dr. Peter Piffl-Percevic, 
              „denn: Forschung ist eine spröde Materie, die nicht immer leicht 
              unter die Leute zu bringen ist. Der Mensch muss mit allen produktiven 
              Sinnen gefesselt werden und das haben wir durch die Gestaltung und 
              Aufbereitung der Kataloginhalte zuwege gebracht.“ 
              Hoch 
              zufrieden mit dem neuen Forschungsstättenkatalog: JR-GF Eduard Müller, 
              Landesrat Leopold Schöggl, Landes-Wissenschaftschef Peter Piffl-Percevic, 
              Projektleiter Christian Hartmann (von links)  
             Suche leicht gemacht  
              Mag. Edmund Müller, Geschäftsführer der Joanneum Research, spricht 
              von einer Fortsetzung des bisher konstruktiven Vernetzens. Kein 
              Fangnetz, in dem der Katalogbenützer sich ver(w)irrt, sondern klare 
              Strukturen lassen die Suche zu einem Kinderspiel werden. Gesucht 
              werden kann sowohl nach Arbeitsgebiet, Wissenschaftszweig, Namen 
              und Standorten der Institutionen als auch über Freitext. Zeitaufwändiges 
              und kostspieliges Recherchieren wird mit dem neuen Forschungsstättenkatalog 
              künftig hinfällig. Dr. Christian Hartmann, Projektleiter vom Institut 
              für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research will 
              den Katalog als „offene Plattform“ halten: „Weitere Unternehmen 
              sind willkommen, müssen sich aber erst qualifizieren, d. h. in den 
              Katalog werden nur jene aufgenommen, welche Forschung betreiben 
              und diese explizit nach außen hin kommunizieren“. Mit dem Forschungsstättenkatalog, 
              resümiert Müller, habe Joanneum Research einen weiteren wichtigen 
              Beitrag zur Positionierung der Steiermark als Forschungsland Nr. 
              1 geleistet.   
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          Miriam Goldberg 
            (1926-2000): „Bewegungs-Pionierin“ mit vielfältigem Talent  
            Die „Konzentrative Bewegungstherapie“ (KBT) ist untrennbar mit dem 
            Namen Miriam Goldberg verbunden. Die 1926 in Bratislava geborene Jüdin 
            lebte jahrelang in Israel im Kibbuz und entwickelte durch zahlreiche 
            Gymnastik-Tanz- und orthopädische Turnausbildungen eine sehr individuelle 
            Form von Körperarbeit. Im hohen Alter begann Goldberg zu zeichnen: 
            „Jeden Tag mindestens eine Skizze…!“ Die Grazer Sachbuchautorin Doris 
            Tropper präsentierte diese Skizzen kürzlich in Form einer „Gedächtnisausstellung“. 
            KORSO-Redakteurin Claudia Windisch sprach mit Doris Tropper über die 
            Konzentrative Bewegungstherapie und das Leben Miriam Goldbergs.  | 
         
         
           
             
               
                Wie sind Sie auf die umfangreiche Tagebuchsammlung Goldbergs 
                gestoßen? 
             
             Miriam Goldberg hat mir zwei Jahre vor ihrem Tod einen Großteil 
              ihrer Originalskizzenblöcke aus Israel geschickt. Innerhalb einer 
              bestimmten Zeitspanne hat sie regelmäßig eine Landschaft, Person 
              oder eine Sache skizziert. Bei einem ihrer letzten Besuche in Graz 
              im Rahmen eines Körperarbeit-Kurses entstand die Idee, ihre Skizzen 
              in Form eines Buches zu publizieren. Um ihrer Arbeit gerecht zu 
              werden präsentierte ich die Ausdrucke im Rahmen der „Gedächtnisausstellung“ 
              mit anschließendem Symposium und gründete den „Miriam-Goldberg-Verein 
              zur Förderung von Körperarbeit und Bewegung“. Der Name Goldberg 
              ist über den Verein geschützt. Der Verein selber ist gemeinnützig 
              und vom Inhalt her sehr breit gehalten, sodass ich auch einige andere 
              Veranstaltungen anbieten kann, wie Körperarbeit, Ausstellungen, 
              Tanzperformances etc.  
             
              Miriam Goldberg gilt als Pionierin der konzentrativen Bewegungstherapie 
                – in welcher Weise hat sie die KBT entwickelt?  
             
            Goldberg lässt sich schwer etikettieren, denn sie hat sehr individuell 
              viele Einflüsse bis hin zum Zen-Buddhismus in ihre Arbeit integriert, 
              frei gearbeitet und nie eine Schule oder dergleichen eröffnet. Der 
              Begriff KBT ist in den 70er-Jahren während der Lindauer Therapiewochen 
              entstanden. Dr. Helmuth Stolze hat Goldberg, obwohl sie die Heilpraktikerschule 
              in München, welche sie zum damaligen Zeitpunkt besuchte, schon nach 
              2 Monaten abbrach, zu sich geholt, sie bei ihrer Arbeit beobachtet 
              und gesagt: „Das ist konzentrative Bewegungstherapie!“ Seit diesem 
              Zeitpunkt ist ihre Arbeit mit diesem Begriff untrennbar verbunden 
              – Goldberg hat sich dann aber weiterentwickelt. Das Besondere an 
              Goldberg war, dass sie im Grunde für ihre Arbeit nichts gebraucht 
              hat: nur ihre Hände und ihre Persönlichkeit, um Anleitungen zu geben. 
              Im Gegensatz zu anderen Therapeuten, welche irgendwelche Musikinstrumente, 
              einen speziellen Boden o. ä. benötigten, hat Goldberg ausschließlich 
              mit den Dingen gearbeitet, die vor Ort da waren.  
             
              Wie kam es zu dieser Verbindung mit Miriam Goldberg? 
             
             Ich habe Goldberg so kennen gelernt wie alle anderen auch: ich 
              war neugierig und besuchte einen ihrer Kurse. Da ich auch im Hospizbereich 
              und in der Trauerarbeit tätig bin, konnte ich viele Elemente der 
              Goldbergarbeit in meine eigene Arbeit integrieren, insbesondere 
              die Arbeit mit Händen, aber auch mit Füßen z. B. von Jugendlichen, 
              die gerade in der Pubertät sehr berührungsempfindlich sind und sich 
              nicht gerne angreifen lassen. „Fußarbeit“ kann für den Körper sehr 
              entlastend und entspannend sein. Eine Ausbildung im herkömmlichen 
              Sinne mit offiziellen Prüfungen oder Zertifikaten hat es bei Goldberg 
              nie gegeben und das war auch ihr Manko. Es hat für sie genügt, wenn 
              sie „einfach da“ war.  
             
              KBT drückt sich über Gespräch und Handlung aus: Wo lagen Goldbergs 
                konkrete Ansätze bzw. wie ging sie vor? 
             
             Goldberg hat meist mit einer Gruppe von ca. 30 Frauen und Männern 
              gearbeitet. Sie alle kamen mit einer gewissen Erwartungshaltung: 
              die einen hatten Gelenksproblemen, die anderen Wirbelsäulenprobleme. 
              Schmerz war häufig das Thema. Die Körperübungen, zu denen Goldberg 
              angeleitet hat, und welche man dann allein, zu zweit oder in der 
              Gruppe durchführte, bewirkten z. B. das Lösen von Verspannungen. 
              Im Gegensatz zu anderen Therapeuten hat Goldberg nicht den Grundsatz 
              „Schmerz darf nicht sein“ verfolgt, sondern „Schmerz muss man zulassen 
              können und dürfen“. Mit diesem „Bewusstsein“ hat sie gearbeitet 
              und viele Leute haben dadurch zu einer anderen Form des Gehens, 
              Stehens oder Liegens gefunden und sich so selbst von ihren Schmerzen 
              befreit.  
             
              Gibt es Goldberg-Nachfolger? 
             
             In Deutschland gibt es Gruppen in Berlin, Hamburg und Sylt, die 
              sich regelmäßig treffen, aber in Österreich findet ihre Arbeit keine 
              Fortsetzung. Deshalb ist auch eines unserer wichtigsten Vereinsziele, 
              Goldbergs Arbeit und Person nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. 
             
             
              Was waren die bedeutendsten Eckpfeiler in Goldbergs Leben? 
             
             Miriam Goldberg war zehn Jahre alt, als ihre Familie aus Bratislava 
              in den Kibbuz Hefziba auswanderte. Das erlebte sie als Kulturschock. 
              Das Leben im Kibbuz stand im krassen Gegensatz zu ihrem bisherigen 
              Umfeld und erforderte eine große Umstellung: alles musste geteilt 
              werden, sie konnte nicht mehr privat für sich sein. Letztlich wurde 
              sie im Kibbuz erwachsen und es wurde ihr gestattet, eine Gymnastikausbildung 
              zu machen, das war keine Selbstverständlichkeit. Nach zweijähriger 
              Ausbildung in Tel Aviv bei der Tanz- und Bewegungstherapeutin Judith 
              Binneter behandelte sie Kriegsverwundete in einem Rehabilitationszentrum, 
              traf Moshe Feldenkrais und lernte die Atemtherapeutin Margarethe 
              Mhe kennen. Goldberg war in alle Richtungen offen, bis hin zur Musik 
              und Malerei. Im Alter hat sie zum Zeichnen gefunden.  
            Die Ausstellungsbilder sind über den Miriam-Goldberg-Verein käuflich 
              erwerbbar. (A3-Format; schwarzweiß Bilder 3,- Euro, färbige Ausdrucke 
              4,- Euro) 
              Doris Tropper | Tel. + Fax: 0316-32 35 77 | tropper_doris@yahoo.de 
             
            Miriam Goldberg (1926-2000), Schöpferin der konzentrativen Bewegungstherapie 
                
              
              
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          Gestrandet 
            in der Menschenrechtsstadt  
            Ganz „normaler Alltagsrassismus“: kein Arbeitsrecht, keine Wohnung, 
            keine Einkunftsmöglichkeit, keine Sprachkenntnisse, aber „schwarz 
            genug“ um als „dauerverdächtig“ zu gelten. Jugendliche AfrikanerInnen 
            erfahren im täglichen Kampf gegen den Wahnsinn der „ganz normalen 
            Ausgrenzung“ wenig Unterstützung von der deklarierten Menschenrechtsstadt 
            Graz. KORSO-Redakteurin Claudia Windisch sprach mit den Betroffenen 
            über ihre Probleme und Sorgen. | 
         
         
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              „Sie verbringen den ganzen Tag in einem Haus und kommen kaum raus 
              – wohin auch, nirgends kann man sich aufhalten, ohne Geld haben 
              zu müssen bzw. ausgeben zu sollen“, schrieb der steirische Kinder- 
              und Jugendanwalt Christian Theiss nach einer Begegnung mit 
              afrikanischen Jugendlichen, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge 
              in Graz gestrandet und im Franziskusheim untergebracht worden waren. 
              „Sie gehen offen und freundlich auf Menschen zu, vielleicht für 
              manche zu offen – das macht sie verdächtig und bedrohlich, obwohl 
              es wie bei den meisten freundlichen, herzlichen Menschen sehr gut 
              gemeint ist.“ Und: „Sie werden schief angeschaut, wenn sie zu zwölft 
              in die Straßenbahn einsteigen – aber wie sonst vom Stadtrand ins 
              Zentrum gelangen?“  
            Christian Theiss >   
              „Kinderrechte müssen einklagbar werden“ | Helga Paul-Pock >   
              „Kulturelle Teilhabe ist für diese Jugendlichen nicht möglich“  
            Der „böse schwarze Mann“ – muss doch wohl verdächtig sein 
              Rassismus kann nur dort gedeihen, wo ihm das soziale Umfeld offen 
              oder verdeckt zustimmt. Die Grazer Verkehrsbetriebe scheinen ein 
              beliebtes Transportmittel für generalisierende Vorurteile zu sein. 
              So berichtet der 17-jährige Innocent* aus Nigeria, welcher 
              sich seit einigen wenigen Monaten in Österreich aufhält: „Erst kürzlich 
              fuhr ich mit drei Freunden mit der Straßenbahn in die Innenstadt, 
              als diese plötzlich stehen blieb und wir von der Polizei kontrolliert 
              und mit aufs Revier genommen wurden – nur wir Schwarze – ein einziger 
              meiner ausländischen Freunde nicht: er ist weiß.“ Ähnlich erging 
              es den Jugendlichen im Grazer Lokal Fridays. „Ich habe Angst bekommen 
              und bin seit diesem Tag nicht mehr ausgegangen“, so der eingeschüchterte 
              junge Mann.  
            Diskriminierte Kinder(rechte) 
              Auch John* aus Gambia hat sich das Leben in Österreich anders 
              vorgestellt: „Bevor ich hierher kam, arbeitete ich als Automechaniker. 
              Die meisten wollen arbeiten, aber es wird uns verboten.“ Enttäuschung 
              und große Frustration hat sich inzwischen bei fast allen Jugendlichen, 
              welche aufgrund politischer Verfolgung, religiöser Konflikte oder 
              der katastrophalen Wirtschaftslage im eigenen Land mit großen Hoffnungen 
              nach Österreich flüchteten. „Eigentlich gelten auch für unbegleitete 
              minderjährige Flüchtlinge dieselben Recht und Ansprüche wie für 
              österreichische Minderjährige, aber Kinderrechte sind bei uns nicht 
              einklagbar“, so Theiss.  
            Viel freie Zeit mit wenig Sinn 
              „Ein weiteres Problem sind die finanziellen Hürden, denn außer 40 
              Euro Taschengeld im Monat besitzen sie nichts – die kulturelle Teilhabe 
              am Leben ist für die Jugendlichen daher fast nicht möglich“, so 
              Helga Paul-Pock, Sozialarbeiterin im Franziskushaus, „Die 
              Orientierungs- und Deutschkurse im Rahmen des „Welcome Projekts“ 
              bieten die einzige Lebensstruktur – es fehlt ein sinnvolles Freizeitprogramm, 
              denn für einen Schulbesuch sind die meisten schon zu groß und Lehre 
              dürfen sie keine machen.“ Andrea Tybery, Deutschlehrerin, 
              berichtet: „Die unbegleiteten Minderjährigen kommen mit einer großen 
              Erwartungshaltung hierher und glauben, dass sie hier arbeiten dürfen. 
              Die Frustration ist sehr groß, wenn sie merken, dass dies nicht 
              so einfach geht. Auch die Asylgründe sind begrenzt und seit dem 
              Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes am 1. Mai 2004 sind die Möglichkeiten, 
              sich legal in Österreich aufzuhalten, noch eingeschränkter. Teilweise 
              verschwinden die Jugendlichen dann wieder und sind ohne jegliche 
              Betreuung auf sich gestellt – das ist ein großes Problem.“  
            Ausgrenzung tut weh 
              Paul-Pock kritisiert, dass alle Schwarzen mit Dealern gleichgesetzt 
              werden und die Stimmungsmache der Medien viel zum sozialen Unfrieden 
              beitrage. „Neulich ist ein Jugendlicher von Schülern in der Straßenbahn 
              nach einem Stück Papier gefragt worden. Er hat es aus seinem Rucksack 
              herausgeholt und ihnen gegeben. Sie haben damit einen Papierflieger 
              gebastelt und in seine Richtung geworfen mit den Worten: Flieg wieder 
              heim!“ 
               
              *Name von der Redaktion geändert 
             Claudia Windisch  
              
              
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          Wohnhauskatalog 
            für Menschen mit Behinderung: Nutzer evaluieren selbst 
            Über lange Zeit war der gesellschaftliche Umgang mit Menschen mit 
            Behinderung entweder ausgrenzend oder von paternalistischem Wohlwollen 
            geprägt – nach dem Motto: „Wir wissen, was gut für dich ist.“ Seit 
            einigen Jahren ist jedoch international eine Trendwende bemerkbar: 
            Die Selbstbestimmung der Betroffenen rückt ins Zentrum der Bemühungen 
            von Politik und Betreuungsangeboten. | 
         
         
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              Wenn diese Selbstbestimmung allerdings kein leeres Schlagwort bleiben 
              soll, sind viele Vorbedingungen nötig; dazu gehört unter anderem 
              auch Informationsmaterial, das von Menschen mit Lernschwierigkeiten 
              (so nennen sich Menschen mit Behinderung selbst lieber) verstanden 
              wird.  
            Die Perspektive der NutzerInnen steht im Mittelpunkt 
              Einer der Schwerpunkte des Grazer Vereins atempo ist die Herausgabe 
              von solchen Informationsbroschüren, die unter Mitarbeit von Menschen 
              mit Behinderung erstellt werden; das neueste Produkt ist ein unter 
              dem Siegel „nueva“ („Nutzer evaluieren selbst“) herausgegebener 
              und 350 Seiten starker Katalog einschlägiger Wohnangebote in der 
              gesamten Steiermark – von der betreuten Wohngemeinschaft bis zum 
              Heim. Das Besondere: Nicht die Träger, sondern die BewohnerInnen 
              selbst haben über ihre Wohnungen und die Betreuung Auskunft gegeben. 
              Atempo-Geschäftsführerin Walburga Fröhlich: „Das zentrale 
              Moment an Nueva ist, dass durchgängig die Perspektive der NutzerInnen 
              von Wohnangeboten in den Mittelpunkt gerückt wird. Nueva beschreibt 
              Wohnangebote nach den Kriterien, die für die BewohnerInnen wichtig 
              sind und baut dabei auf Informationen der NutzerInnen auf. Eingeholt 
              werden diese wiederum von Menschen mit Lernschwierigkeiten selbst, 
              die bei atempo das Interviewen und Evaluieren gelernt haben.“  
            LR Kurt Flecker >   
              zum Nueva-Wohnhauskatalog >   
              „Menschen mit Behinderung wissen selbst am Besten, wo sie sich wohlfühlen.“ 
             
            Qualität ist nicht nur objektiv 
              „Menschen mit Behinderung wissen selbst am Besten, wo sie sich wohlfühlen“, 
              begründet Soziallandesrat Kurt Flecker seine Unterstützung 
              für das Projekt Nueva. „Wer sonst könnte bei der Evaluierung von 
              Wohneinrichtungen die wirklich passendsten Maßstäbe anlegen? Daher 
              freue ich mich über diese nachahmenswerte Initiative.“ Flecker ist 
              vom Nutzen der erstellten Kataloge überzeugt: „Wir wollen für bestmögliche 
              Qualität sorgen, aber Qualität ist nicht nur objektiv. Die Ergebnisse 
              dieser Recherchen sind besonders authentisch.“ Die Träger selbst 
              begrüßen das Angebot als Orientierungshilfe für ihre Arbeit; Jugend-am-Werk-Geschäftsführer 
              Mag. Alfred Hausegger nannte den Katalog bei der Präsentation 
              „eine wichtige Unterstützung bei den derzeitigen großen Veränderungen 
              im Behindertenbereich“, Mag. Eva Skergeth, die Bereichsleiterin 
              Wohnen der Lebenshilfe Graz, hat die Nueva-ExpertInnen bereits für 
              die Planung eines neuen Wohnangebotes herangezogen.  
            Der Nueva-Wohnhauskatalog liegt in den verschiedenen Institutionen 
              der Behindertenbetreuung und -beratung in der ganzen Steiermark 
              auf. 
              Info: Atempo, Grazbachgasse 39, 8010 Graz | T 0316 - 81 47 
              16 – 0 | www.atempo.at 
              
              
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          Helden der 
            Menschenrechte wie du und ich | 
         
         
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              Toleranz und Menschenrechte gehören zu jenen Grundwerten, welche 
              die Schule neben den Zielen der Fachlehrpläne vermitteln soll. Zumeist 
              bleibt dafür aber wenig Zeit: Oft kommen die entsprechenden Versuche 
              über bloßes Theoretisieren und ein paar Diskussionen, vielleicht 
              die Lektüre des einen oder anderen kritischen Textes im Deutsch- 
              oder Fremdsprachenunterricht nicht hinaus. Wirksame Menschenrechts-Erziehung 
              benötigt eben wesentlich mehr Engagement von SchülerInnen und LehrerInnen 
              als die Vermittlung von Vokabelkenntnissen oder Lehrsätzen der Physik. 
              Dieses Engagement nach außen hin sichtbar zu belohnen war das Ziel 
              einer Großveranstaltung der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus 
              und des Landesschulrates für Steiermark: Am 18. Juni wurden im UCI 
              – Annenhofkino die steirischen „Heroes of Human Rights – Hö:ldn 
              der Mensch’nrechte“ ausgezeichnet. 
             „Hinter dem Event stand eine Idee von Landesschulratspräsident 
              Dr. Horst Lattinger“, erzählt Mag. Christian Ehetreiber, 
              der geschäftsführende Obmann der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus. 
              „Er meinte, es gebe so viele LehrerInnen und SchülerInnen, die weitgehend 
              unbedankt Menschenrechtsarbeit, Friedenserziehung, Antirassismusarbeit 
              und Gewaltprävention leisten – wir sollten sie einmal ins Licht 
              der Scheinwerfer holen und sie für ihre gesellschaftlich so wichtige 
              Tätigkeit auszeichnen.“ 
              So vielfältig wie die Menschenrechtsthematik waren auch die Projektpräsentationen. 
                
            Eine Private Public Partnership zur Förderung der Menschenrechte 
              Die ARGE griff den Gedanken auf und entwickelte die Idee des „First 
              Human Rights Festivals“. Die Planungsarbeiten begannen im November 
              des Vorjahres, ausgehend von den Partnerschulen der ARGE, den „Schulen 
              ohne Rassismus“, wurden insgesamt 35 steirische Schulen und 15 NGOs 
              identifiziert, die sich um die Menschenrechtsarbeit in konkreten 
              Projekten verdient gemacht hatten; dazu kamen Einzelpersonen und 
              BetreiberInnen von Gemeinde-Projekten. Gemeinsam mit dem Landesschulrat 
              und der UCI-Kinowelt Annenhof wurde eine „Private Public Partnership“ 
              zur Durchführung des Festivals gegründet. Landesschulrats-Präsident 
              Dr. Horst Lattinger: „Der Landesschulrat hatte für 2004 das 
              Motto: ,Toleranz und Menschenrechte‘ ausgegeben, da lag es natürlich 
              nahe, dass wir Synergien nutzen und die Aktivitäten mit jenen der 
              ARGE zusammenlegen.“ Mit Sozial-Landesrat Dr. Kurt Flecker 
              und Jugendlandesrätin Mag. Kristina Edlinger-Ploder konnten 
              wichtige UnterstützerInnen gewonnen werden, GF Christian Meinhart 
              vom UCI-Kino Graz Annenhof stellte die gesamte Infrastruktur, ermäßigte 
              Ticketpreise und 200 Freikarten zur Verfügung, Stadt- und LandespolitikerInnen 
              sponserten insgesamt 176 Eintrittskarten. 
             1500 Kinder und Jugendliche und ein breit gefächertes Programm 
              Am 18. Juni strömten schließlich 1500 SchülerInnen aus der ganzen 
              Steiermark in die UCI-Kinowelt. Die Auseinandersetzung mit der Menschenrechtsthematik 
              war Bestandteil des gesamten Programms – und dennoch kamen Spaß 
              und Unterhaltung nicht zu kurz; dafür sorgten Moderatorin Miriam 
              Hie und Starmania-Ikone Niddl, die Jugendband Tripzoo, 
              ein Trommelworkshop und das Human Rights Game mit Sachpreisen. 
            Niddl, Miriam Hie und das Team der ARGE Jugend gegen Gewalt 
                und Rassismus 
              mit einer Gewinnerin des Human Rights Games  
            Auf besonders positives Echo stießen auch die themenspezifischen 
              Kinofilme wie „Die Blindgänger“, „Auf Wiedersehen Kinder“ oder „Bowling 
              for Columbine“. Spannend waren auch die Projektpräsentationen der 
              Schulen: Der inhaltliche Bogen spannte sich von Theaterstücken über 
              Tanzperformances, Raps, Gedichte und Instrumentalmusik bis zur inhaltlich 
              anspruchsvollen Powerpointpräsentation zur Menschenrechtsthematik. 
              Als „Heroes of Human Rights“ wurden Altbürgermeister Alfred Stingl 
              (Kategorie Politik), Sr. Angela Platzer (Kategorie Einzelperson 
              Erwachsene), die Externe Hauptschule ISOP (Kategorie Schule), 
              Doris Juren (Kategorie Einzelperson Jugendliche), der Verein 
              ZEBRA (Kategorie außerschulische Jugendgruppe) und die Pfarrgemeinde 
              Feldbach (Kategorie Gemeinde) ausgezeichnet; ein Ehren-Award 
              erging posthum an den verstorbenen Lehrer und Menschenrechtsaktivisten 
              Mag. Prof. Franz Stuhlpfarrer von der HLW Fohnsdorf. Die 
              Marmor-Glas-Skulpturen für die Awards wurden von den Glaserlehrlingen 
              der LBS 5 in Graz als Auftragsarbeit angefertigt. Im Rahmen des 
              Festivals wurden auch die diesjährigen Schulen ohne Rassismus ausgezeichnet: 
              Die HS St. Peter Öko-Tech Graz, das BG/BRG Fürstenfeld, die BAKIP 
              Hartberg, die HS Unterpremstätten, die PTS Feldbach, die PTS Birkfeld, 
              die HS Straden, die HS Kaindorf, die BAKIP Judenburg und die HLW 
              Fohnsdorf dürfen sich nun „europäische Schulen ohne Rassismus“ nennen. 
              Eine Vielzahl an Infoständen von Organisationen, die in der Steiermark 
              Menschenrechtsarbeit leisten, rundete das spezifische Angebot ab. 
             
            Ein wachsendes Netzwerk 
              Wie bilanzieren die Veranstalter das Großereignis? Christian Ehetreiber 
              freut sich vor allem darüber, dass beim Festival sichtbar wurde, 
              „dass mehr Menschen in der Steiermark Anti-Rassismus-Arbeit betreiben 
              als man meint“ und dass „wieder ein paar Maschen zu dem losen Netzwerk 
              dazugekommen sind.“ Was hat ihn persönlich besonders beeindruckt? 
              „Alle Projekte waren toll, aber natürlich hat man so etwas wie persönliche 
              Präferenzen. Das Theaterstück der Hauptschule St. Peter Öko-Tech 
              über die Kinder vom Spiegelgrund hat mich besonders berührt. Die 
              Schüler haben ein Jahr lang daran gearbeitet und auch einen Teil 
              ihrer Freizeit reingesteckt.“ Für Landesschulrats-Präsidenten Horst 
              Lattinger ist es „bei diesem Festival gelungen auf altersgerechte 
              Art zu zeigen, was es heißt, die Menschenrechte konkret zu leben. 
              Insofern bin ich überzeugt davon, dass unsere Botschaft nachhaltig 
              vermittelt wurde.“ 
             Info: ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Karmeliterplatz 
              2, 8010 Graz | T 0316-877-2907 | www.argejugend.at 
              
              
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          Mediation: 
            Aus Gegnern werden Partner  | 
         
         
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              Über das seit 1. Juli wirksame Zivilrechts-Änderungsgesetz wird 
              die Vorschaltung eines außergerichtlichen Konfliktregelungsversuchs 
              (Mediation oder Schlichtungsverfahren) bei Konflikten innerhalb 
              des neuen Nachbarschaftsrechts obligatorisch. D. h., dass eine gerichtliche 
              Klage erst dann zulässig ist, wenn drei Monate ab Einleitung eines 
              derartigen Vorverfahrens vor einem eingetragenen Mediator, einer 
              Schlichtungsstelle oder im Zuge eines Vergleichs keine einvernehmliche 
              Beilegung des Konflikts zustande zu bringen war. Im Familienrecht, 
              wo Mediation schon seit Jahren eingesetzt wird, verweist man auf 
              hohe Erfolgsquoten: bei 75% der Fälle ist zumindest eine teilweise 
              gütliche Einigung erzielt worden.  
            Kein Rechtsverfahren ohne vorherigen Versuch einer gütlichen 
              Einigung:   
              Mediatorin Evelyn Echsel, Bezirksgericht-Chefin Dr. Andrea Korschelt, 
              Bezirksrichterin Mag. Elisabeth Dieber (v.l.)  
            Die Grazer Mediatorin und Psychotherapeutin Evelyn Echsel 
              nennt den zentralen Vorteil des Verfahrens: „Es verbessert ein Leben 
              nach dem Konflikt – und das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn 
              die Parteien nach der Auseinandersetzung miteinander weiter zu tun 
              haben oder zu tun haben müssen.“ 
             Infos: www.winmediation.at 
              
              
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          Armut trotz 
            Erwerbsarbeit  | 
         
         
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              In ihrem Buch „Arbeit poor – unterwegs in der Dienstleistungsgesellschaft“ 
              schildert Barbara Ehrenreich, wie ihr Selbstversuch, in den 
              USA mit einem Vollzeitjob auf unterem Lohnniveau zu überleben, zum 
              Scheitern verurteilt war. Wäre das auch in Österreich Realität? 
              Laut NAbg. Karl Öllinger, der auf Einladung der Grünen Akademie 
              in Graz zum Thema „Armutsfaktor Arbeit“ die grünen Standpunkte ausführte, 
              lautet die Antwort: ja. Auch in Österreich ist working poor kein 
              fernes Schlagwort mehr. Unter den Gruppen der neuen Selbstständigen, 
              der freien Dienstnehmer, der Arbeitsmigranten sind nicht existenzsichernde 
              Löhne keine Ausnahme mehr. Auch bei vielen Jobs im Dienstleistungsbereich 
              und im Transport- und Speditionswesen werden oft unglaublich niedrige 
              Stundenlöhne bezahlt. So kommen Menschen, die in der sehr belastenden 
              24-Stunden-Pflege arbeiten, auf unfassbare 2 (!) bis 5  Stundenlohn. 
              Kein Wunder, dass diese Pflegearbeiten zu einem großen Teil unter 
              Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen von als Touristen für jeweils 
              drei Wochen einreisende PflegerInnen aus unseren östlichen Nachbarländern 
              geleistet werden. „Die Betroffenen merken oft gar nicht, wie ungünstig 
              manche Arbeitsverträge abgefasst sind“, berichtete Öllinger anhand 
              von Beispielen, „oft fehlt jegliche Absicherung im Krankheitsfall, 
              ganz zu schweigen von Versichungsbeiträgen, die zur Gänze von den 
              Arbeitnehmern einzuzahlen sind.“ 
            NAbg. Karl Öllinger >   
              „Kämpfen um die vorhandenen Rechte statt großer Utopien“  
             Kein Wunder, dass gerade die Gruppe derjenigen, die ergänzende 
              Sozialhilfe beziehen, weil ihr Arbeitseinkommen nicht existenzsichernd 
              ist, besonders im Steigen begriffen ist. Das grüne Modell einer 
              Grundsicherung sollte mit einem Arbeitseinkommen unter der Armutsgrenze 
              kombinierbar sein, dürfte aber, um nicht lohndrückend zu wirken, 
              nur bedarfsorientiert ausbezahlt werden. Die Grünen sehen ihre Forderung 
              nach Grundsicherung aber nicht einseitig nur durch Geldleistungen 
              abgedeckt, wichtig sind darüber hinaus infrastrukturelle Maßnahmen 
              in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Arbeitsrecht, z. B. die Festlegung 
              von gesetzlichen Mindestlöhnen in allen Bereichen, Vereinheitlichung 
              der Sozialversicherungsleistungen, klare Trennung zwischen selbstständiger 
              und unselbstständiger Arbeit usw. „Eine große Gefahr besteht in 
              der Gewöhnung an das scheibchenweise Abmontieren der sozialen Errungenschaften 
              und Rechte der Arbeitenden“, sieht Öllinger harte Zeiten auf uns 
              zukommen, „jetzt ist nicht die Zeit für große Utopien. Wir müssen 
              um die Beibehaltung der vorhandenen Rechte kämpfen.“  
             gm  
              
              
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          „Konstitutionelle 
            Intoleranz“ hilft gegen „Unbehagen in der Spätmoderne“ Bei 
            einem Vortrag Anfang Juni an der Fachhochschule Joanneum, zu dem der 
            FH-Studiengang Sozialarbeit/Sozialmanagement, das Institut für Technologie 
            und Gesellschaft und der Grazer Arbeitskreis für Psychoanalyse eingeladen 
            hatten, referierte der Soziologe Hans-Joachim Busch (Frankfurt/Main) 
            über die spezifischen Gründe für das „Unbehagen in der Spätmoderne“. | 
         
         
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              Aus traditionellen Lebensweisen und romantisch bestimmten Sichtweisen 
              entwickelten sich in den letzten 40 bis 50 Jahren individualisierte 
              Lebensformen. Dies führte zu einer Veränderung der inneren Verfassung 
              des Individuums insofern, als die Selbstverwirklichung zur Last 
              wurde, zur Überforderung, Singleexistenzen stehen einer Suche nach 
              Halt und Bindung gegenüber. Busch: „Die durch Selbstverwirklichung 
              herangewachsene Identität verkehrte sich inzwischen durch Instrumentalisierungen, 
              Standardisierungen und Funktionalisierungen in ein Anspruchssystem, 
              in dem Menschen eher leiden als prosperieren.“ Dies führe zum für 
              die Spätmoderne spezifischen Unbehagen. Zielte Freuds Essay ‚Das 
              Unbehagen in der Kultur’ auf den konflikthaften Menschen in seiner 
              Trieblichkeit ab, der Mensch also, der Triebe, Wünsche, Bedürfnisse 
              in der vorhandenen Gesellschaft unterdrücken muss(te), um nicht 
              gegen Normen zu verstoßen, was zu Neurosen führen konnte/kann, sei 
              der Mensch heute eher vom Anspruch überfordert, sein Selbst finden 
              bzw. entwerfen zu müssen. 
             Prometheische Scham 
              Das Unbehagen verstärken jedoch laut Busch noch die (Re)Barbarisie-rungspotenziale 
              – diese haben aber mit der in uns vorhandenen Aggression zu tun. 
              Wir erleben und gestalten einen massiv eingriffigen Umgang in unsere 
              Welt und ineinander. Somit ergibt sich unter anderem: „Heutige Menschen 
              müssen genauso viel in sich hineinfressen wie frühere Generationen.“ 
              Das Unbehagen hat sich sogar noch verschärft: Wir sind konfrontiert 
              mit den Tatsachen der Computerviren, des bakteriellen Terrorismus, 
              der Atomwaffen, der Umweltzerstörung etc. Der Mensch ist einem Gefühl 
              der Scham (Busch nennt es nach Günther Anders ‚prometheische Scham‘) 
              gegenüber seinen Apparaten, Maschinen, Produkten ausgesetzt: Wir 
              fühlen uns minderwertig im Vergleich zu dem von uns selbst Erschaffenen, 
              klein, unperfekt, prothesenhaft. Busch: „Uns wurmt die Einsicht, 
              nur geboren und nicht gemacht zu sein, also nicht selbst auch perfekt 
              zu sein; wir leiden an Kleinheitswahn“. Freud sah dieses Phänomen 
              in der Melancholie (nicht gleichzusetzen mit Depression). Dahinter 
              steckt ein Minderwertigkeitsgefühl, das schwer einzugestehen ist. 
              „So irren wir quasi durch die Welt und basteln an unserer Identität. 
              Spätmoderne Menschen können den Verlust des „Nur-geboren“- und „Nicht-gemacht-Seins“ 
              nicht als solchen betrauern, ein Objekt- und Weltverlust stellt 
              sich ein, was Depression zur Folge haben kann.“ Dumpfheit und Apathie 
              durch Beziehungslosigkeit und das Wissen um katastrophale Zeit-erscheinungen 
              wie etwa die Zerstörung der Umwelt erweitern das Unbehagen, führen 
              zu ‚Man-kann-eh-nichts machen‘-Positionen.  
            Spielräume und Möglichkeiten 
              Es gibt aber auch Spielräume, die eine andere Haltung ermöglichen: 
              die Spätmoderne ist weniger eine reflexive als eine irritierte, 
              erschütterte. Aber: Reflexion kommt ohne Irritation und Erschütterung 
              nicht aus, entsteht erst durch sie. Die psychischen Grundlagen, 
              die es braucht, um eine kritische Haltung zu erreichen – die sich 
              z.B. in der Weigerung, für das eigene Land in den Krieg zu ziehen, 
              in der Kritik an den Vernichtungswaffen oder den Ungerechtigkeiten 
              des Globalisierungsprozesses etc. äußern kann – werden der psychoanalytischen 
              Bindungsforschung folgend vor allem in der Mutter-Kind-Dyade gelegt 
              – hier entscheidet sich schon früh, ob der entstehende Lebensentwurf 
              eher angstfrei oder angstvoll sein wird. Letztendlich geht es um 
              die Entwicklung einer „konstitutionellen Intoleranz“ gegenüber gesellschaftlichen 
              Missständen, ein Begriff, den Freud in seinem Briefwechsel mit Einstein 
              (‚Warum Krieg?‘) prägte; Herbert Marcuse sprach in diesem Zusammenhang 
              vom „libidinösen moralischen Bewusstsein“.  
            Ruth S. Neumeister, Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin in 
              Graz 
              
              
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          Bücher hören: 
            Die Grazer Hörbibliothek In Graz befindet sich 
            seit 5 Jahren die einzige Hörbibliothek im gesamten deutschsprachigen 
            Raum. | 
         
         
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              Christa Wiener-Pucher, Gründerin und Leiterin der kompetenten 
              „Hörstätte“, berichtet: „Angefangen haben wir mit 150 Hörkassetten 
              - inzwischen konnte der Medienbestand auf 1300 Hörbücher, Kassetten 
              und Cds, aufgestockt werden.“ Geboten wird eine große Auswahl von 
              Krimis, Klassikern, populären Romanen, Sach- und Kinderbüchern bis 
              hin zur fremdsprachigen Literatur. Unter www.opac.st/hoerbibliothek 
              können sich Interessierte über das Angebot informieren. Unter den 
              ersten Einsendern eines Mails an hoerbibliothek.mariahilf@utanet.at 
              mit einer Begründung, warum die Einrichtung einer Hörbibliothek 
              wichtig ist, werden Gutscheine für eine einmalige Einschreibgebühr 
              inkl. Katalog und 10 gratis Entlehnungen verlost. 
             cw  
            Hörbibliothek Mariahilf, Mariahilferplatz 3, 8020 Graz | T 0316-71 
              31 69-40 | Öffnungszeiten: Mi: 16.00 - 18.30, Fr: 8.30 - 10.00 und 
              So: 10.00 - 11.00 
              
              
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          A bit of 
            democracy a day keeps the doctor away Der Verein 
            ZEBRA veranstaltete am 25. 06. 2004 in Graz die Fachtagung „Migration 
            kann ihre Gesundheit gefährden“. Einen wichtigen Beitrag lieferte 
            Richard Wilkinson, Professor für Sozialepidemiologie an der University 
            of Nottingham Medical School. Für KORSO sprach Johanna Muckenhuber 
            mit Wilkinson. 
             
            < Richard Wilkinson: Selbstbestimmtheit wirkt sich positiv auf 
            die Gesundheit aus  | 
         
         
           
             
               
                Sie haben in ihrem Vortrag über die psychosozialen Determinanten 
                der Gesundheit gesprochen. Wie sehen diese Determinanten bei MigrantInnen 
                aus? 
             
             Ich habe keine spezielle Studien über MigrantInnen gemacht, denke 
              aber, dass für MigrantInnen dasselbe wie für den Rest der Bevölkerung 
              gilt. Sie leiden genauso unter niedrigem sozialen Status und sozialer 
              Isolation, dass sie sich anders als die Einheimischen und oft minderwertig 
              fühlen. 
             
               In ihrem Buch „Kranke Gesellschaften“ beschreiben sie, dass 
                in den Industrienationen nicht der tatsächliche materielle Reichtum, 
                sondern die Größe der „Schere“ zwischen Arm und Reich entscheidende 
                Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Sehen Sie das noch immer 
                so? 
             
             Ja, und die Anhaltspunkte dafür sind, wenn man den Ländervergleich 
              betrachtet, sogar stärker geworden. In Staaten wie den USA, GB oder 
              Österreich gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Lebenserwartung 
              und dem Bruttonationalprodukt pro Kopf. Dieser Zusammenhang besteht 
              nur in ärmeren Ländern. Unter den reicheren Staaten kann man feststellen, 
              dass die Bevölkerung Griechenlands mit einem nicht halb so großen 
              Durchschnittseinkommen (selbst wenn man die Preisunterschiede herausrechnet) 
              gesünder ist als die in den USA. Wenn man aber die Einkommensunterschiede 
              innerhalb der Staaten betrachtet, so haben sie großen Einfluss auf 
              die Gesundheit. Das führt zu der Annahme, dass das relative Einkommen 
              bzw. der soziale Status für die Unterschiede verantwortlich sind. 
              Besonders wichtige psychosoziale Faktoren in Zusammenhang mit dem 
              sozialen Status sind zum Beispiel Freundschaft und Möglichkeiten 
              selbst bestimmt zu arbeiten. Diese Faktoren können auch viele der 
              Ergebnisse der Whitehall-Studie besser als materielle Unterschiede 
              erklären.  
             
              Welche politischen Maßnahmen wären nötig, um hier sinnvoll 
                zu intervenieren? 
             
             Alle Regierungen haben durch Bildungspolitik, Steuern, das Sozialversicherungssystem, 
              Wirtschaftspolitik und dadurch, wie viel Arbeitslosigkeit sie akzeptieren, 
              Einfluss auf das Ausmaß gesellschaftlicher Ungleichheit. Das Problem 
              ist aber, dass alle Maßnahmen von einer neuen Regierung wieder sehr 
              schnell verändert und rückgängig gemacht werden können. Ich denke, 
              wir müssen das Problem fundamentaler angehen: ein wichtiger Ansatzpunkt 
              wäre die Demokratie bei der Arbeit. Ich habe gerade eine Untersuchung 
              darüber begonnen, welche Auswirkungen es hat, wenn Angestellte die 
              Firma, bei der sie arbeiten, selbst besitzen und so auch kontrollieren. 
              Offenbar wirken sich das Gefühl der Kontrolle und der Beteiligung 
              positiv auf die Gesundheit aus. Angestellte, die ihre Firma selbst 
              besitzen, finden einen besseren Umgang mit der Problematik von Dominanz 
              und Unterordnung, was sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. 
             Lesetipp: Richard Wilkinson, Kranke Gesellschaften. Soziales Gleichgewicht 
              und Gesundheit, erschienen auf Deutsch 2001 im Springer Verlag. 
              
              
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          Politische 
            Bildung im Sommer | 
         
         
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              3. Attac Sommerakademie 
              Von 14. bis 18. Juli findet in Mürzzuschlag die dritte Attac-Sommerakademie 
              statt, diesmal zum brisanten Thema „Losarbeiten – Arbeitslos: Zwischen 
              Überleben und Selbstverwirklichung“. „Wirtschaftswachstum ist längst 
              kein Garant mehr für Beschäftigung. Auf dieser Sommerakademie stehen 
              Kreativität und Selbstorganisation im Dienst der Entwicklung alternativer 
              Arbeitsmodelle“, beschreibt Pia Lichtblau von Attac Österreich die 
              Intention der Veranstaltung.  
            Ort: Schachner Hauptschule, Grüne Insel 2, 8680 Mürzzuschlag | 
              Beginn: 14. 7. | 15 Uhr  
              Programm: www.attac-austria.org/aktuell/sak04/sak04.php 
              Teilnahmegebühr: 40 EUR/Person 
              Anmeldung: T 01-54 641-430 oder verwaltung@attac-austria.org 
            Grüne Sommerakademie 
              In der Zeit von 2. bis 5. September wird in Altmünster am Traunsee 
              (OÖ) die Grüne Sommerakademie abgehalten. Die diesjährige Veranstaltung 
              steht unter dem Vorzeichen einer äußerst kontroversiellen Frage: 
              „Projekt Österreich. In welcher Verfassung ist die Republik?“ Auf 
              der Referentenliste erscheinen bekannte Namen wie a.o.Univ.Prof. 
              Dr. Birgit Sauer/Uni Wien, Dr. Eva Glawischnig/NRAbg., Prof.Dr. 
              Bernd Christian Funk/Uni Wien und Dr. Madeleine Petrovic.  
            Anmeldung: bis 20. Juli 04 unter Angabe von Adresse 
              Buchungsart unter: office.ooe@gbw.at 
              Kosten: 240 bzw. 300 Euro/p.P. (DZ oder EZ mit VP), ein Tag ohne 
              Übern. 40 Euro 
              
              
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          Erratum | 
         
         
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              In der Juni-Ausgabe des KORSO haben wir beim Beitrag „Droge: Neue 
              Hilfe für die Helfer“ ein Foto abgedruckt, das nicht die in der 
              Bildunterschrift und im Artikel genannten Personen zeigte. Daher 
              hier ein zweiter Versuch – mit der an alle Betroffenen gerichteten 
              Bitte um Nachsicht: Mag. Gabriele Mairhofer-Resch, Geschäftsführerin 
              der Fachstelle für Suchtprävention VIVID, und Projektleiter DSA 
              Wolfgang Zeyringer präsentieren das Praxispackage „High genug“, 
              das Hilfestellungen für MitarbeiterInnen der außerschulischen Jugendarbeit 
              bieten soll, die mit suchtgefährdeten Jugendlichen zu tun haben. 
             
              
              
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