korso Wissenschaft & Forschung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
juli 2002
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Nach Hartberg – der Bionik wegen! Die Ausstellung „Bionik – Zukunftstechnik lernt von der Natur“ macht nach München, Berlin, Ljubljana, Zittau, Wien, Hagen und Prag nun ein halbes Jahr am Ökopark in Hartberg Station.
(Bild links: „Ausstellungserfinder“ Dr. Reiner Bappert (Mannheim) mit Gastgeber DI Reinhard Fink, dem Direktor der Stadtwerke Hartberg)

 

Bionik bezeichnet eine relativ junge Wissenschaft: Der nüchterne Blick auf die Natur, die pausenlos Apparate hervorbringt und diese auch wieder verschwinden lässt, ohne jedoch Entsorgungsprobleme aufzuwerfen, hat am Beginn des 21. Jahrhunderts verschärfte Relevanz. Wo konventionelle technologische Entwicklungslinien immer häufiger als Sackgassen enttarnt werden, führt Bionik einen geradezu kontemplativen Aspekt und einen neuen, „unaufgeregten“ Blick auf das ein, was die Natur immer schon (und ohne menschliches Zutun) hervorzubringen wusste. „Die Wissenschaftsdisziplin Bionik befasst sich systematisch mit der technischen Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verfahren und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme“ (Definition).
Auf der einen Seite sind Pflanzen und Tiere selbst biologische Konstruktionen, die Vorbilder für technische Entwicklungen liefern können. Zum Zweiten betätigen sich Tiere als Konstrukteure, etwa beim Bau ihrer Behausungen u.dgl. Zum Dritten kann die Evolution selbst als Strategie aufgefasst werden, wenn Lösungen gefunden werden müssen, auch wenn kein einziger Ausgangsparameter bekannt ist. Die Wissenschaft Bionik (der Name entstand aus den Wörtern Biologie und Technik) versteht sich nicht als plattes Kopieren der Natur, das zwar manchmal aber doch selten möglich und sinnvoll ist. Der Denkweise der Bionik kann in der Geschichte der Menschheit immer wieder begegnet werden: Die Ursehnsucht, aus eigener Kraft fliegen zu können und eine Technik aus dem Vogelflug abzuleiten, kann als erste Anstrengung im Sinne der Bionik verstanden, der Versuch Leonardo da Vincis, aus dieser Kenntnis eine Flugmaschine zu bauen, als Technologie-Versuch im Sinne bionischer Denkweise gesehen werden. Das Ausmachen und Ernstnehmen bionischer Denkversuche in der Geschichte der Menschheit konterkariert auf technologischer, praxisnaher Ebene und in geradezu schlichter, unprätentiöser Weise die „Arroganz“ des Denkens in Paradigmenwechseln in der Wissenschaft als der Basis konventioneller Technologieentwicklung, indem von der Brauchbarkeit der von der Natur seit Jahrtausenden hervorgebrachten Mechanismen ausgegangen wird. Neben dem Fliegen sind Laufen und Greifen, Erkennen, Miniaturisieren, Bauen, Falten und Verpacken, Nutzen und Schonen sowie Optimieren typische Domänen der Bionik.

Belastungsversuch an zwei Metallzylindern, einmal ohne und einmal mit bionisch provozierter Wölbstruktur. Der Festigkeitsgewinn gegenüber dem glatten Material beträgt mehr als das 5-fache, gegenüber herkömmlich gesickten Körpern das 1,6-fache!

Zum Beispiel: Die formende Selbstorganisation der Natur

Faltstrukturen werden zur Erhöhung der Festigkeit und Tragkraft von Bauteilen eingesetzt. Diese „Sicken“ und „Falzen“ genannten Techniken erfolgen normalerweise unter erheblichem Kraft- und Energieaufwand, etwa durch Walzen oder Prägen zwischen geometrisch genau festgelegten Formwerkzeugen wie Gesenken u.dgl. Durch Nutzung des Prinzips der Selbstorganisation der Natur ist es bei einer Vielzahl von Materialien möglich, Wölbstrukturen nahezu berührungsfrei zu provozieren. In einem relativ einfachen Experiment kann man einen Blechzylinder (z.B. eine Getränkedose) innen mit einem Stützkorsett aus Draht versehen. Setzt man diesen Zylinder von außen unter Druck, springt das Blech in natürlicher Selbstorganisation in einen formsteiferen, irreversiblen Gleichgewichtszustand, etwa in eine Wabenstruktur. Die Folgen dieser der Natur nachempfundenen Technologie sind gewaltig: Das Material bleibt weitestgehend im elastischen Zustand, verliert nicht an Korrosionsbeständigkeit und kann bereits im (flachen) Ausgangszustand beschichtet oder lackiert werden. Ansatzweise wird diese Technologie bereits im Rahmen serieller Produktion eingesetzt und führt eine verblüffende Alternative zu herkömmlichen, im Gegensatz dazu geradezu brachial anmutenden Formgebungstechniken vor Augen. Die höhere Formsteifigkeit führt zu geringeren Materialstärken, Gewichtsersparnis und besseren Dämpfungseigenschaften, die Folgen für den Massenkonsum sind gewaltig.

Dieter Kordik

 

„Bionik – Zukunfts-Technik lernt von der Natur“
Eine gemeinsame Ausstellung des Landesmuseums für Technik und Arbeit Mannheim und des Siemens Forum München/Berlin

Info/Anmeldung:
Stadtwerke Hartberg, Gartengasse 6, 8230 Hartberg, Tel. 033 32 / 62 250-51   Mail: info@oekopark

Ausstellungszeitraum: 17. Juni bis 1. Dezember 2002, geöffnet täglich von 09.00 bis 18.00 Uhr
Ort: Ökopark Hartberg

Eintrittspreise:
* Erwachsene/ Euro 8,- *  Kinder bis 6/ gratis * Kinder von 6 bis 14/ Euro 5,- * Schüler ab 14, Studenten, Senioren/ Euro 5,-Präsenzdiener, Lehrlinge/ Euro 6,- * Reisegruppen genießen vergünstigte Tarife
Aufpreis für Ausstellungsführungen: pro Person Euro 2,-

Internet: www.bionik.at

 

 
  Ideale von Perfektion und Leistung in Frage stellen Psychosomatische Erkrankungen nehmen auch in der Steiermark ständig zu. 55 Prozent aller PatientInnen, die ihre/n Hausarzt/-ärztin aufsuchen, weisen mindestens ein Symptom auf, das auf psychische Ursachen zurückzuführen ist. Eine psychpotherapeutische Behandlung auf Krankenschein gibt es aber nach wie vor nicht (siehe KORSO 3/2002). Dieses Manko war eines der Themen bei einem Festakt in der Grazer Burg anlässlich des 10-jährgen Bestehens des steirischen Landesverbandes für Psychotherapie.

 

Der Berufsverband der PsychotherapeutInnen macht Berufspolitik für 568 TherapeutInnen in der Steiermark. Auf Bundesebene konnte 1990 erreicht werden, dass „PsychotherapeutIn“ ein per Gesetz geschützter Beruf wurde. Vor diesem Gesetz konnte nämlich jede/r, die/der keine Ausbildung dafür hatte, sich PsychotherapeutIn nennen – vom Installateur bis zur Astro-Schamanin. Psychotherapie auf Krankenschein konnte trotz mehrjähriger Verhandlungen mit den Kassen noch immer nicht realisiert werden. Neben der Berufspolitik gibt es zahlreiche weitere Aktivitäten des Landesverbandes: etwa Arbeitskreise zu den Themen Partnerschaft, sexueller Missbrauch, Traumata von Flüchtlingen etc.

 

Aufgrund der Tatsache, dass destruktive und aggressive Verhaltensweisen unter Jugendlichen stark zunehmen, ist der Landesverband auch in der Jugendwohlfahrt sehr aktiv. Nicht zuletzt wurde durch das Engagement des Verbandes nach der Bergwerkskatastrophe in Lassing in einem neuen Katastrophenschutzgesetz festgelegt, dass auch HelferInnen bei derartigen Unfällen therapeutische Unterstützung bekommen. Zu aktuellen Zeitfragen Stellung nehmen, das ist für den steirischen Verbandsvorsitzenden Paul Pass ein wichtiges Anliegen. „Die Ideale von Perfektion und Leistung müssen in Frage gestellt werden. Der Selbstwert ist ein menschliches Grundrecht, das es zu schützen und fördern gilt!“    Bild: Paul Pass

Kinder nicht beschämen
Die Tatsache, dass das Individuum heute mehr Entscheidungen treffen muss, führt zu Verunsicherung. Neue Formen des Kollektivs müssen gefunden werden. Das bedeutet mehr Arbeit für jedEn einzelnEn. „Der Innenraum, die Psyche braucht Rahmenbedingungen, um sich entwickeln zu können. Dabei ist sie angewiesen auf das DU, was oft mit Abhängigkeit verwechselt wird, in Wahrheit aber eine Integrationsleistung darstellt. Jeder ist anders, doch Autonomie wird in einer entsolidarisierten 2/3-Gesellschaft mit Autarkie verwechselt, unsere Schwächen müssen wir verleugnen“, meint Margret Aull, Vorsitzende des Bundesverbandes. So gehört es etwa für finnische PädagogInnen zum Selbstverständnis, Kinder nicht zu beschämen.
 (Margret Aull)

PsychotherapeutInnen konfrontieren sich in der Ausbildung mit ihren eigenen Verletzungen – das macht sie für viele Leute suspekt, denn zwischen Arzt/Ärztin und PatientIn gibt es üblicherweise ein Gefälle. „Der Ansatz der Psychotherapie ist emanzipatorisch. Durch das Eingestehen und Verstehen der eigenen Schwäche ist eine Kompetenzentwicklung für die Auseinandersetzung mit menschlichen Ängsten möglich“, meint Margret Aull, und hält die Tatsache, dass diese Heilmethode immer noch nicht frei zugänglich ist, schlichtweg für einen „Skandal“. Landeshauptmann Waltraud Klasnic versprach auf dem Festakt, sich für ein Vorsorgemodell, „eine steirische Lösung“, einzusetzen, denn „die Zahlen sind mir nicht unbekannt.“

Romana Scheiblmaier

Die Informationsstelle des Landesverbandes befindet sich in der Elisabethstrasse 38/ Tel. (0316) 2500, mail: office@stlp.at

 

 

 

  Sinnlose Ambulanzgebühren? Um das zu erwartende Defizit der Kassen aufzufangen, das auch durch Einsparungen in der Verwaltung nicht ausgeglichen werden konnte, und um das Wahlversprechen „keine Beitragserhöhung“ nicht zu brechen, führte die Regierung 2001 Ambulanzbeiträge ein. Die Länder konnten damals dafür gewonnen werden, weil die Mittel für die Krankenhäuser auch bei weniger PatientInnenbesuchen gleich hoch blieben.

 

Der Volkswirt und Verwaltungsdirektor der Innsbrucker Universitätsklinik Max Laimböck führte für sein Haus eine erste genaue Analyse der Konsequenzen der Ambulanzgebühren durch (April – Dezember 2001), deren Ergebnisse er Anfang Juli im SMZ Liebenau präsentierte. Zentrales Ergebnis: das politische Ziel, möglichst viele Menschen durch die Ambulanzgebühren „abzuschrecken“, konnte offensichtlich nicht erreicht werden. Und: Die Analyse der Daten zweier Krankenhäuser ergab, dass die PatientInnenbehandlung in den Ambulanzen keinesfalls teurer ist als in Praxen.

„Das ökonomische Argument für Ambulanzbeiträge beruhte auf der Behauptung, dass ein Abrechnungsfall in der Praxis nur ca. 44 Euro, in der Ambulanz aber 145 Euro kosten würde. Aber: Ein Abrechnungsfall in der Ambulanz ist mit einem in der Praxis nicht vergleichbar, weil in ersterer für einen Abrechnungsfall die PatientInnenbesuche eines Quartals, in zweiterer die eines Jahres zusammengezogen werden“, so Studienautor Laimböck. In den Ambulanzen wird die gesamte Abklärung unter einem Dach durchgeführt und zu einem Abrechnungsfall zusammengezogen. FachärztInnen überweisen zu weiteren SpezialistInnen. Ein und dieselbe Behandlung ergibt in der Ambulanz einen, in den Praxen aber häufig drei Abrechnungsfälle und mehr. Teure Behandlungen in Spezialambulanzen für Dialyse, Strahlentherapie, Chemotherapie etc. müssen, so Laimböck, aus dem Vergleich herausgenommen werden, weil sie ja in Praxen nicht angeboten werden. Mehrausgaben für Praxen stehen keine Einsparungen der Kassen oder Krankenhäuser gegenüber, weil die Kosten der Krankenhäuser nicht sinken, wenn z.B. 100 statt 105 PatientInnen pro Tag in einer Ambulanz behandelt werden. Die Einnahmen der Krankenhäuser sinken auch bei weniger PatientInnenbehandlungen nicht, weil die Budgets gedeckelt sind. Eine PatientInnenumlenkung erhöht nur die Kosten des Gesamtsystems.

Schwerer Schnitt für Arme
PatientInnenbesuche in Allgemeinen Ambulanzen nahmen 2001 im 1. Halbjahr um ca. 5% und im 2. Halbjahr nur noch gering ab. Auf der anderen Seite „sparen“ aber gerade jene bei Ambulanzbesuchen und -gebühren, die ständige Kontrolluntersuchungen notwendig hätten. Am LKH Innsbruck etwa bleiben Patientinnen der Psychiatrischen und Psychosomatischen Ambulanz aus bzw. sind an weiteren Terminen nicht interessiert. Diese PatientInnen weichen meist nicht zu niedergelassenen ÄrztInnen aus, sondern lassen sich telefonisch „therapieren“. Ähnliches gilt für die Frauenambulanz, die zu 50% von MigrantInnen besucht wird. Diese PatientInnen werden nicht zu FrauenärztInnen ausweichen, da dort die Kosten für die – im Krankenhaus unberechnete – Ultraschalluntersuchung mit ca. 44 Euro höher sind als die Ambulanzbeiträge von 18 Euro. Eine Ambulanz mit vorwiegend älteren Menschen berichtet, dass die Ambulanzbeiträge in Verbindung mit der hohen Selbstbeteiligung für Rettungstransporte seit 1.1.2002 bewirkt, dass PatientInnen mit niedriger Rente Ambulanzbesuche eher vermeiden. Viele chronisch Kranke, die zweimal pro Jahr zur Kontrolle kommen, müssen für diese kurze Kontrolle denselben Beitrag bezahlen wie für eine ausgiebige Untersuchung. Da diese meist über ein niedrigeres Einkommen verfügen als Gesunde, reagieren sie eher auf diese Zusatzbelastung als PatientInnen mit höheren Einkommen. Weiters betroffen sind PatientInnen mit transplantierten Organen, multipler Sklerose, PatientInnen nach abgeschlossener Strahlentherapie (jährliche Kontrolle auf event. Strahlenschäden), PatientInnen mit Herzklappenimplantaten, DiabetikerInnen etc. Insgesamt gesehen, so Laimböck, „sind die Ambulanzgebühren ziemlich nutzlos, sie treffen aber die, die es ohnehin schon schwer genug haben, umso härter.“

Romana Scheiblmaier

 

 

 

  Die „Diabetes-Connection“ Bereits im vergangenen Jahr berichtete KORSO über neue Strategien bei der Behandlung des Diabetes Mellitus („Systemreform am Beispiel Diabetes“, KORSO-Dezemberausgabe 2001). Ende Juni zogen die Vertreter der an diesem Projekt beteiligten Institutionen eine erste Bilanz des Erfolges.

 

In der Steiermark leiden 45.000 Menschen an Typ-2-Diabetes. Sie haben einen erhöhten Blutzuckerwert wegen Insulinmangels. Wird die Krankheit frühzeitig erkannt und rechtzeitig interveniert, können schwerwiegende Spätfolgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen, Erblindung oder Amputationen von Extremitäten vermieden werden. Das Diabetes-Gesundheits-Projekt besteht im Prinzip aus Schulungsmaßnahmen, in denen die Patienten über Fragen der Lebensführung und Ernährung aufgeklärt werden. Die Teilnehmer sollen motiviert werden, die Krankheit zu akzeptieren, sie sollen über mögliche Folgeerkrankungen und Spätschäden informiert werden und in der Lage sein, selbst die richtigen Maßnahmen bzw. die grundlegende Kontrolle durchzuführen. Der Kurs umfasst neun Einheiten zu 45 Minuten, eine ergänzende Schulung findet ein Jahr später statt und umfasst zwei Einheiten.

Im so genannten „Düsseldorfer Modell“ – dem Vorbild des steirischen Projekts – konnte etwa durch Gewichtsreduktion die Einnahme blutzuckersenkender Medikamente um die Hälfte reduziert werden! Bereits im ersten Jahr konnten 3,4 Prozent der steirischen Typ-2-Diabetiker (Basis 45.000) erreicht werden. Damit liegt die Steiermark bereits nach einem Jahr an der Österreichspitze – nur im Burgenland wo ein ähnliches Projekt seit zehn Jahren durchgeführt wird, gibt es in Relation mehr geschulte Diabetiker. Ärzte, die solche Schulungen durchführen, unterziehen sich einer speziellen Aus- bzw. Fortbildung. In erster Linie sind dies niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin sowie innere Medizin. Insgesamt 254 Ärzte haben im ersten Jahr an der erforderlichen Fortbildung teilgenommen, 233 Kurse für 1519 Patienten wurden abgehalten. Gedacht sind die Kurse für nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker. Mittlerweile (Stand Juni 2002) hat sich die Zahl der durchgeführten bzw. angemeldeten Kurse auf 338, die der Teilnehmer auf rund 2800 erhöht.

Das Projekt ist eine gemeinsame Initiative des Landes Steiermark (Steiermärkischer Krankenanstaltenfinanzierungsfonds/SKAFF), der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, der Ärztekammer Steiermark, des Verbandes Österreichischer Diabetesberater/innen, des Instituts für Medizinische Systemtechnik und Gesundheitsmanagement (Joanneum Research) und des Forums Qualitätssicherung in der Diabetologie Österreich.

 

 

 

  Alkohol bleibt Steirer-Droge Nummer 1 Anlässlich des „Internationalen Tages gegen Drogen“ zog LR Günter Dörflinger eine Bilanz der Präventionsarbeit des Landes – und rückte auch die durch Bürgerwehr-Aufregung und mediale Sensationsmache aus dem Lot gekommene Debatte zurecht.

 

„Von den ca. 60.000 süchtigen SteirerInnen sind 60 – 80% alkoholsüchtig“, umriss Dörflinger das zentrale grün-weiße Drogenproblem. „12 SteirerInnen sterben jährlich an den Folgen des Konsums illegaler Drogen – und 2500 an den Folgen des Alkoholmissbrauchs – die Opfer von alkoholbedingten Verkehrsunfällen noch nicht mitgezählt.“ Mit 10 – 20.000 Personen stellen die Medikamentenabhängigen die nächstgrößte Süchtigen-Gruppe. Wie ernst das Land die Problematik nehme, sei an den stark gestiegenen Budgets für die Suchtprävention abzulesen: Waren es 1996 noch knapp über 290.000 EUR, so sind es 2002 bereits 1,35 Mio EUR – trotz Nulldefizit. Der Bau für die lang geplante Drogentherapiestation soll noch heuer beginnen. Die in letzter Zeit erfolgte Stigmatisierung der Landeshauptstadt als „Drogenhochburg“ sei nicht akzeptabel, „im städtischen Raum stellt sich das Problem aber natürlich konzentrierter dar.“ Die Linie des Landes sei jedenfalls klar auf Prävention ausgerichtet, „Repressionen helfen nicht – bei Jugendlichen führt der Weg der Sucht-Vorbeugung vor allem über eine Stärkung der Persönlichkeit und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.“

Christian Stenner

 

 

 

  Stationäres Hospiz eröffnet

 

Das am 21. Juni feierlich der Öffentlichkeit übergebene erste steirische Hospiz im Grazer Geriatrischen Krankenhaus in der Albert-Schweitzer-Gasse 36 umfasst zehn Betten und ist bereits zu 100% ausgelastet. Sterbenden Menschen in ihrer letzten Phase ein würdiges Leben ermöglichen - das hat sich das Albert-Schweitzer-Hospiz zum Leitmotiv für seine Arbeit gemacht. Die Hospizbetten im Geriatrischen Gesundheitszentrum Graz sind für schwerkranke und sterbende Patienten gedacht, die weder zu Hause noch im Krankenhaus gepflegt werden können, erklärt Johann Baumgartner, Koordinator der Palliativbetreuung des Landes.

Kontakt: Hospizverein Steiermark, Albert-Schweizer-Gasse 36, 8020 Graz, Tel. (0 316) 39 15 70  Mail: dasein@hospiz-atmk.at

 

 

 

  „Schwulen-Paragraph“ 209: verfassungswidrig

 

Liberale Position der steirischen Volkspartei erhält Auftrieb.
Angesichts der Tatsache, dass sich die Bundes-ÖVP seit über 10 Jahren gegen die Abschaffung des § 209 StGB stemmte, der einvernehmliche sexuelle Beziehungen von erwachsenen Männern mit Burschen unter 18 Jahren mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht, sorgte vorigen Sommer der steirische ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka für Aufsehen: der § 209 sei „überholt“ und „sachlich nicht gerechtfertigt“.

Klubobmann Reinhold Lopatka: Höchstgerichtsentscheid bestätigt die Steirer-VP
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„Jugendliche sollen durch andere gesetzliche Bestimmungen geschützt werden“
In der Bundespartei war diese Position nicht durchzusetzen. Bis heute hält Wolfgang Schüssel seine Partei in Geiselhaft und träumt selbst nach dem Höchstgerichtsentscheid und angesichts zehn laufender Verfahren beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof noch immer von unterschiedlichen Altersgrenzen bei schwulen Beziehungen. Trotz innerparteilichem Maulkorb-Order veröffentlichte die Steirische ÖVP letzten Herbst ihren „Standpunkt zum § 209 Strafgesetzbuch“: „Diese Ungleichstellung ist sachlich nicht zu rechtfertigen und daher abzuschaffen! EU, Europarat und UNO weisen seit Jahren auf diesen juristischen Missstand hin. Jugendliche sollten durch andere gesetzliche Bestimmungen geschützt werden – unabhängig davon, ob es sich um Burschen oder Mädchen handelt.“     Abg. Christopher Drexler: Bei „Ersatzlösung“ schwant ihm Übles.

„Ein Signal für ein menschenwürdiges Österreich“
Sieben Monate später kippte der Verfassungsgerichshof den schwulendiskriminierenden Paragraphen als „unsachliche“ Regelung. Und die steirischen Schwarzen fühlen sich nun innerparteilich bestätigt: „Das Höchstgericht hat nun entschieden, was wir schon lange gefordert haben“, so Lopatka. Und wieder haben die Steirer parteiintern die Nase vorne. Sie haben nämlich auch begriffen, dass es für den abgeschafften § 209 keiner „Ersatzlösung“ bedarf, weil der Wegfall der Bestrafung von schwulen Beziehungen mit der Sicherheit von z.B. 15- oder 16-jährigen Mädchen so viel zu tun hat, wie ein Puma mit einem Kohlkopf: „Die ersatzlose Streichung des 209er wäre ein Signal für ein menschenwürdiges Österreich. Mir schwant Übles, wenn ich von einer anderen Regelung zum Missbrauch höre“, kritisierte Landtagsabgeordneter Christopher Drexler den Eiertanz der Bundespartei.

Vielleicht wird sich der vernünftige Umgang bei der Beseitigung diskriminierender Bestimmungen gegen Homosexuelle auch in der Bundespartei durchsetzen. Sonst gibt es bald – die Geltung des § 209 ist vom Verfassungsgerichtshof bis Ende Februar begrenzt – nur wieder eine Presseaussendung, dass es die ÖVP Steiermark ohnehin schon gewusst habe.

Hans-Peter Weingand

 

 

 

  Schutz und Obsorge für minderjährige Flüchtlinge
120 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge kommen jährlich in Graz an. Wie ihnen am besten geholfen werden kann, war Gegenstand der Veranstaltung „Recht auf Obsorge“ des Vereins Omega. Ein gesetzlicher Vormund für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sei die wichtigste zu realisierende Maßnahme, meinten die teilnehmenden ExpertInnen einhellig.

Obwohl das Jugendwohlfahrtsgesetz für alle Kinder, die ihren Aufenthalt im Bundesland haben, gilt, sind minderjährige Flüchtlinge meist davon ausgenommen. Diese bekommen daher selten einen Vormund bestellt, der sich um die Wahrung ihrer Rechte kümmern könnte. Graz bietet zwar mit der Clearing-Stelle und dem Welcome-Projekt Einrichtungen an, die den jugendlichen Flüchtlingen eine Ordnung ihrer Angelegenheiten und einen geschützten Start ermöglichen, eine längerfristige gesetzlich untermauerte und gleichzeitig persönliche Betreuung in Form eines Vormundes wäre aber für eine wirklich fundierte Eingliederung unabdingbar.

Sicherer Raum ist vonnöten   
Jugendliche, die alleine ankommen, sind darüber hinaus sehr oft traumatisiert. Sie haben, wie die Psychotherapeutin Mag. Barbara Preitler von Hemayat-Wien ausführte, auch wenn sie körperlich unversehrt sind, oft Dinge gesehen, die auch Erwachsene nicht ohne Hilfe verarbeiten könnten. Damit Therapie über reine Krisenintervention hinausgehen kann, braucht es einen sicheren Raum. Verletzende und herabwürdigende Rahmenbedingungen bei der Ankunft können sogar weitere Traumatisierungen bewirken. Um dem entgegenzuwirken, baut OMEGA im Rahmen des EU-Projektes „Public Forum Human Rights & Rehabilitation Program for Children“ ein psychosoziales Zentrum für schwer traumatisierte Flüchtlinge mit dem Schwerpunkt Jugendliche und Kinder auf.

Positive Erfahrungen mit der Vormundschaft
Der Leitende Direktor der Niederländischen Betreuungseinrichtung Nidos, Tin Verstegen, berichtete über die positiven Auswirkungen der Vormundschaftsübernahme auf die minderjährigen Flüchtlinge in den Niederlanden. In den meisten Fällen werden die Jugendlichen in Pflegefamilien untergebracht, der Vormund unterstützt die Familie und überwacht die Qualität der Betreuung, auch im Hinblick auf das Ziel der Integration in der neuen Gesellschaft oder versucht – wenn es zu keiner langfristigen Aufenthaltsgenehmigung kommt – für die Zeit des Aufenthalts für die Jugendlichen eine optimale Förderung und Bildung zu erreichen.

PatInnen gesucht
Einen zweiten Schwerpunkt bildete das PatInnen-Projekt der Asylkoordination Wien, bei dem ehrenamtliche PatInnen freundschaftliche Kontakte mit jungen Flüchtlingen pflegen und ihnen so beim Aufbau tragfähiger Beziehungen in der neuen Heimat helfen und sich auch als Ansprechpartner für alle Anliegen und Nöte der Jugendlichen verstehen. Der Verein ZEBRA bereitet auch in Graz ein ähnliches Projekt vor und wird im Herbst eine Schulung für an einer P
atenschaft Interessierte anbieten.

Kontakte: www.zebra.or.at   Tel. 0316/83 56 30-0

 

 

 

Spaß im Nass - aber sicher! Das Spielen im und mit dem Wasser und die nahezu schwerelose Bewegung im Nass üben auf Kinder eine ungeheure Faszination aus. Dass aber gerade für Kleinkinder dieses Element zu einer lebensgefährlichen Falle werden kann, beweisen die steigenden Unfallzahlen der letzten Jahre. Im Jahr 2000 sind in Österreich 12 Kinder unter 15 Jahren ertrunken, 9 davon waren unter 5 Jahre alt.


Nach dem Verkehrsunfall ist das Ertrinken die zweithäufigste Todesursache im Kindesalter. Jedes fünfte Kind zwischen 0 und 14 Jahren, das in Österreich tödlich verunglückt, stirbt durch Ertrinken. 94% der tödlichen Ertrinkungsunfälle betreffen Kleinkinder. Damit ist Ertrinken die häufigste Todesursache bei Unfällen von Kleinkindern. „Zusätzlich kommen auf jeden tödlichen Ertrinkungsunfall rund 4 Unfälle, die einer stationären Behandlung bedürfen und die sogar mit einer bleibenden geistigen Behinderung einher gehen können“, erläutert Dr. Günther Schimpl, stellvertretender Leiter der Universitätsklinik für Kinderchirurgie und Vize-Präsident der Initiative Grosse schützen Kleine, die jetzt eine breite Kampagne für mehr Kindersicherheit beim Schwimmen und Planschen startet.
Genaue Aufsicht ist die beste Prophylaxe   
Kinder, die noch nicht schwimmen können, müssen im und am Wasser stets im Auge behalten werden. Neben Schwimmwesten sind Schwimmflügel mit mehreren aufblasbaren Kammern und Sicherheitsventilen, die am besten zusätzlich hinter dem Rücken mit einem Gummiband verbunden werden, die einzig sichere Schwimmhilfe. Säuglinge ertrinken meist in der Badewanne – die Zahl dieser Unfälle ist in den letzten Jahren angestiegen. Schon eine Wassertiefe von nur 10 Zentimetern ist eine tödliche Gefahr, da Säuglinge und Kleinkinder nicht in der Lage sind ihren Kopf eigenständig aus dem Wasser zu ziehen. Die Lungen des Kindes füllen sich innerhalb kürzester Zeit mit Wasser. Kindern zwischen 1 und 4 Jahren werden zumeist aufblasbare Planschbecken, private Swimmingpools, Biotope und auch Regentonnen zum Verhängnis. Ältere Kinder ertrinken am häufigsten in Schwimmbädern und in Badeseen. Kinder, die ins Wasser fallen, erschrecken, bewegen sich nicht mehr (Totstellreflex) und ersticken oder versuchen verzweifelt an der Wasseroberfläche zu bleiben – was ihnen nur kurze Zeit gelingt. Da die Kinder zumeist nicht um Hilfe rufen, bemerken die Aufsichtspersonen die Tragödie zunächst oft gar nicht.

Rasche erste Hilfe entscheidend
Beim Ertrinken kommt es zunächst zu einer akuten Unterbrechung der Sauerstoffaufnahme. Das Kind hält anfänglich den Atem an, später werden große Mengen Wasser verschluckt und Wasser auch in die Lungen eingeatmet. Durch die Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr kommt es zur Sauerstoffunter-versorgung aller Organe. Dauert diese eine gewisse Zeit an, kommt es durch Schädigung des Herzmuskels auch zum Kreislaufstillstand. Dadurch wird auch die Nahrungszufuhr für die einzelnen Organe unterbrochen. Das empfindlichste Organ ist das Gehirn, das Unterbrechungen der Sauerstoff- und Nahrungszufuhr von mehr als 5 Minuten meist nicht ohne bleibende Schädigung übersteht. Ein entscheidender Risikofaktor ist also, wie lange das Kind unter Wasser und wie lange die Sauerstoffaufnahme unterbrochen war bzw. ob durch die fehlende Sauerstoffzufuhr ein Kreislaufstillstand eingetreten ist. „Prognostisch günstige Zeichen sind Unterwasserzeiten unter 5 Minuten, sofern, nachdem das Kind aus dem Wasser geholt wurde, kein Kreislauf- oder Atemstillstand bestanden hat. Ungünstige Zeichen sind Ertrinkungszeiten über 25 Minuten und wenn bei der Bergung keine Atmung und keine Herztätigkeit vorhanden waren“, so Dr. Hans Grubbauer, leitender Oberarzt der Pädiatrischen Intensivstation an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz. Entscheidend ist die rasche erste Hilfe, die sofort nach der Rettung durchgeführt werden muss. Die medizinische Behandlung im Spital kann nur weitere sekundäre Schädigungen verhindern, das Ausmaß der Schädigung, welche durch Sauerstoffunterversorgung und Kreislaufstillstand entstanden ist, kann nicht mehr verringert werden.

Breite Unterstützung für Safety-Kampagne
„Nicht immer können Eltern über alle Gefahren, die ihren Kindern drohen, von selbst ausreichend informiert sein. Mit dem heurigen Thema haben wir - das Gesundheitsressort des Landes Steiermark und die Initiative GrOSSe schützen Kleine - es uns zur Aufgabe gemacht, Eltern vor den Gefahren des Ertrinkens bei Kleinkindern zu warnen“, erklärt Gesundheitslandesrat Günther Dörflinger (re). Dörflinger: Eltern müssen informiert werden
Grosse schützen Kleine startet deshalb zum Beginn der Badesaison die Aktion „Spaß im Nass, aber sicher“. Im Zeitraum von 28. Juni bis 31. August werden an stark frequentierten Tagen „Water Safety Teams“ in steirischen Bädern und an Seen Eltern über Gefahren beim Baden mit Kindern aufklären. Die Grazer Freizeitbetriebe verteilen im selben Zeitraum Broschüren zum Thema Kindersicherheit im und rund ums Wasser. Seit 1994 werden dort Schwimmkurse für Kinder ab dem 3. Monat angeboten, „die unter dem Motto Spiel und Spaß am Wasser stehen“, so Geschäftsführer Gerald Waldhauser. Die Aktion wird außerdem von der Merkur-Versicherung unterstützt, „die der Erhaltung der Gesundheit größtmögliche Priorität einräumt“, wie Merkur-Vertreter Wolfgang Trebos erklärt.

v.l.n.r. Wolfgang Trebos (Merkur), Dr. Hans Grubbauer, „Safety-Bär“, Dr. Günther Schimpl, Gerald Waldhauser (Freizeitbetriebe)