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korso
Wissenschaft & Forschung |
Das
Informationsmagazin
der Steiermark
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02/2004
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Gesundheitsförderung
beginnt im Konferenzzimmer |
Es steht nicht zum Besten um die Gesundheit unserer Kinder. Nach
dem Wiener Gesundheitsbericht 2002 sind bereits 10% aller 6-bis
10-Jährigen übergewichtig. Schon 37% der VolksschülerInnen haben
Haltungsschäden, zumindest ein Viertel aller 15-jährigen Mädchen
rauchen täglich, bei den Burschen sind’s immerhin 20%. Diese Zahlen
erschrecken: Schließlich wurden noch nie so viele gesundheitsbezogene
Studien erstellt, noch nie so viele Vorsorgeprojekte umgesetzt wie
heute.
Nur mehr ein Viertel der Kinder isst täglich Obst
150.000 SteirerInnen sind an Bluthochdruck erkrankt, 50.000 leiden
an Diabetes, 5000 erkranken jährlich an Krebs. Jeder 3. Krebsfall,
nahezu 40% der Herz-Kreislauferkrankungen und ein sehr hoher Prozentsatz
der Diabetes-II-Erkrankungen könnten durch gesunde Ernährungverhindert
werden, viele Herzerkrankungen auch durch angemessene Bewegung.
Die Erkenntnis, dass gesunde Ernährung einen wichtiger Faktor
in der Gesundheitsvorsorge darstellt, hat nur mehr geringen Neuigkeitswert
– und dennoch entwickelt sich das Ernährungsverhalten gegenläufig:1990
haben laut WHO-Daten noch 83%der elfjährigen österreichischen SchülerInnen
täglich Obst gegessen, 2001 waren es nur mehr 46%. Bei den 15-Jährigen
ist der Anteil von 70 auf 26% gefallen: Nur mehr ein Viertel dieser
Altersgruppe isst täglich Obst.
Für Verkehrserziehung ist jetzt McDonalds zuständig
Diese Widersprüche finden zumindest teilweise eine Erklärung, wenn
wir einen Blick auf die Schulrealität werfen. Im Leitbild einer
großen Schule im Süden von Graz ist sinngemäß das „Sich-Wohlfühlen
in einer gesunden Umwelt “ verankert. Aber: Im Schulbuffet gibt’s
hauptsächlich verschiedene stark gezuckerte Mehlspeisen zu kaufen,
Wurst-und Leberkäsesemmeln, Schokoriegel, Zuckerln aller Art, Eislutscher,
fette Schnitzelsemmeln, Donuts, kaum Obst. Der Getränkeautomat spendet
bekannte Softdrinks, die auch auf einer Video-Wall beworben werden
– die Schule braucht Geld und hat einer Werbeagentur den Standplatz
dafür vermietet. Der Buffetier hat – wie üblich – einen mehrjährigen
Vertrag mit dem Landesschulrat abgeschlossen.
Die knappen Finanzmittel von Schulen und Kindergärten machen diese
von Sponsoren abhängig. Ein Unternehmen, das hier immer wieder gerne
einspringt, ist die Fast-Food-Kette McDonalds: So wird deren Maskottchen
Ronald McDonald unter dem Titel „Verkehrserziehung “ in Kindergärten
und Schulen eingeladen, um die Kids gleichermaßen über die Gefahren
des Straßenverkehrs und die Menüfolge eines „Happy Meal “ aufzuklären;
der Fast-Food-Clown verteilt auch gerne bei „Wirtschaftspartner
“-Meetings wie jüngst an einer Grazer Schule Süßigkeiten an Schüler
und Lehrer. Sogar eine – inzwischen eingestellte – Anti-Drogen-Kampagne
des Landes Steiermark fand unter der Patronanz von McDonalds statt,
Diskussionsveranstaltungen mit Jugendlichen wurden im McDonalds-Drive-in
abgehalten.
Fakten, die Politik und Bildungs-Verantwortlichen wenig Glaubwürdigkeit
attestieren, was ihre Sorge um die Gesundheit unserer Kinder betrifft:
Während Gesundheitsförderungs-Projekte wie die „Gesunde Volksschule
“ von Styria Vitalis mit relativ geringen Finanzmitteln versuchen,
Gesundheitsbewusstsein zu schaffen, öffnet man auf der anderen Seite
die Schultore für einen Junk-Food-Konzern, dem ungleich höhere Mittel
für seine Produktwerbung zur Verfügung stehen.
(v.l.n.r.)
Gesundheitslandesrat Wolfgang Erlitz: „Nicht nur Verhalten, auch
Verhältnisse müssen geändert werden“ – Public-Health-Expertin Gudrun
Schlemmer: „Klassische Prävention funktioniert kaum“ – Karin Reis-Klingspiegl,
Projektleiterin „Gesunde Volksschule“: „Wertschätzung, Anerkennung
und ein gutes Schulklima sind die wichtigsten Präventions-Faktoren“
„Die Verhältnisse ändern"
Angesichts der alarmierenden Statistiken über den Gesundheitszustand
von Kindern und Jugendlichen geht Gesundheitslandesrat Wolfgang
Erlitz in die Offensive: Es gebe genügend Screenings und Studien,
nun müsse gehandelt werden: „Ich fordere die Einrichtung eines Fachs
,Gesundheitsförderung ‘an den Schulen.“ Es habe auch ein entsprechendes
Ersuchen an Bundesministerin Elisabeth Gehrer gerichtet. Erlitz
’für das steirische Schulwesen zuständige Regierungskollegin Kristina
Edlinger-Ploder sieht die Initiative positiv und verweist in diesem
Zusammenhang auch auf von ihr unterstützte Projekte. Mitarbeit kündigt
auch die steirische Ärztekammer an: Ihr Vize-Chef Dr. Norbert
Meindl kann sich etwa die Entsendung von ReferentInnen vorstellen
und nennt drei grundlegende Bereiche der Gesundheitsprävention,
für die sich die Ärzteschaft zuständig fühlt, nämlich Ernährung,
Bewegung und sexuelle Aufklärung.
Erlitz ist allerdings klar, dass über ein neues Fach hinausgehende
Maßnahmen für eine grundlegende Verbesserung der Gesundheitssituation
nötig sind: „Es geht nicht nur darum, verhaltensändernde Schritte
zu setzen, man muss auch die Verhältnisse selbst ändern, die mangelndes
Gesundheitsverhalten bewirken.“
Klassische Prävention funktioniert nicht
Mit der Forderung nach „Änderung der Verhältnisse“ findet sich der
Landesrat in Übereinstimmung mit den Ergebnissen einer aktuellen
US-amerikanischen Untersuchung, die für Aufsehen gesorgt haben:
Neun Jahre lang wurden im Rahmen der so genannten „Hutchinson“-Studie
über 4000 SchülerInnen in Seattle nach allen Regeln der Kunst –
vom Aufklärungsunterricht bis zur Hilfe zur Selbsthilfe – gegen
das Rauchensensibilisiert; eine gleich große Kontrollgruppe erhielt
keine solchen Hilfestellungen. „Das Ergebnis hat Fachleute und Öffentlichkeit
gleichermaßen bestürzt“, berichtet Mag. Gudrun Schlemmer,
Public-Health-Expertin und Mitarbeiterin am Institut für Sozialmedizin
der Medizin-Uni Graz: „Die SchülerInnen, die Zielgruppe der intensiven
und teuren Anti-Rauch-Kampagne waren, zeigten genau das gleiche
Rauchverhalten wie die Kontrollgruppe.“ Bei der Auswertung habe
man aber sehr wohl zwei Parameter gefunden, die Auswirkungen darauf
haben, ob Kinder und Jugendliche zu rauchen beginnen oder nicht:
„Rauchende LehrerInnen haben eine starke negative Vorbildwirkung.
Und: Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem psychosozialen
Klima an der Schule und dem Rauchverhalten der SchülerInnen.“
Die aktuelle Kampagne des Gesundheitsministeriums, die gesundheitsbewusstes
Verhalten über die Bekämpfung des „ISCH “ (des „Inneren Schweinehunds)
erreichen will, wirkt im Licht dieser Erkenntnisse eher abstrus.
Eine gesundheitsförderliche Organisationskultur
Mag. Karin Reis-Klingspiegl, bei Styria Vitalis zuständig
für das Projekt „Gesunde Volksschulen“, begrüßt die Initiative des
Gesundheitslandesrates. Sie kann die Diagnose der Hutchinson-Studie
aus ihrer langjährigen praktischen Projekt-Erfahrung nur bestätigen:
„Gesundheitsförderung in Schulen muss beim System selbst ansetzen
– sie fängt sozusagen im Konferenzzimmer an. Es gilt vor allem,
ein Schulklima zu schaffen, in welchem den SchülerInnen Wertschätzung
und Anerkennung entgegen gebracht werden: SchülerInnen, die für
ihre Bemühungen und Leistungen keine Anerkennung bekommen, sind
deutlich krankheitsanfälliger.“ LehrerInnen müssten sich darüber
im Klaren sein, dass sie vor allem von jüngeren SchülerInnen nach
wie vor stark als Vorbilder wahrgenommen werden – „das betrifft
das Rauchen ebenso wie den Stellenwert, den sie gesundem Essen einräumen.
Einzelinterventionen seien wenig effizient, Ziel müsse eine „gesundheitsförderliche
Organisationskultur“ sein: „Es bringt nichts, wenn den SchülerInnen
die Bedeutung gesunder Ernährung in der Theorie erläutert wird,
beim Schulfest aber Frankfurter und Cola angeboten werden.“
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CLINICIP – ein medizintechnisches High-End-Projekt aus Graz
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Vor etwa zwei Jahren berichtete KORSO über den Start eines von
Joanneum Research koordinierten medizintechnischen Forschungs-
und Entwicklungsgroßprojekts „künstliche Bauchspeicheldrüse“.
Innerhalb einer generellen Neudefinition des Therapiefeldes bei
Diabetes Mellitus soll dieser Mechanismus eine bedarfsgerechte
und kontinuierliche Insulinzufuhr bereitstellen. Im Rahmen dieser
Forschungen wurde festgestellt, dass über die Kontrolle des Blutzuckerspiegels
bei Unfallopfern oder schwer kranken Patienten die Sterblichkeitsrate
um bis zu 42% gesenkt werden kann.
Mit dosierter Kontrolle des Blutzuckerspiegels via CLINICIP
könnte
die Sterblichkeitsrate bei bestimmten Erkrankungen um 42% gesenkt
werden.
Unter dem Namen CLINICIP (Closed Loop Insulin Infusion for Critically
Ill Patients) wurde nun ein Projekt-Spinout der künstlichen Bauchspeicheldrüse
in Angriff genommen, der zum Ziel hat, entsprechende Behandlungserfolge
in Zukunft zu garantieren und die aufwändige Behandlung von Intensivpatienten
zu erleichtern.
Joanneum Research ist Koordinator dieses mit elf Millionen Euro
budgetierten Forschungsprojekts (7,5 Mio davon kommen von der
EU), an dem neben der TU und der Medizinuni Graz zahlreiche internationale
Forschungseinrichtungen teilnehmen. TU-Rektor Univ. Prof. Hans
Sünkel bescheinigt dem Standort Steiermark für derartige Forschungen
hervorragende Voraussetzungen, die hierzulande nicht vom Prinzip
der „Konkurrenz über den Gang plus Kooperation über den Teich“
gekennzeichnet sind. Projektkoordinator Univ. Prof. Thomas
Pieber (Joanneum Research) vergleicht die Bedeutung von CLINICIP
mit der Tragweite der Entwicklung der Antibiotika in den 1950er-Jahren.
Info: Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH | Steyrergasse
17, 8010 Graz | T (0 316) 876 11 50 | www.joanneum.at
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Im Kampf gegen Suchtfolgen: „Wiener Modell“ auch für die Steiermark?
Das Wiener Modell der Substitution – die Abgabe
von opiathältigen Ersatzstoffen an Suchtkranke – hat nachweislich
zur Schadensreduktion beigetragen, trotzdem wird die opiatgestützte
Behandlung von vielen als Katalysator illegalen Handelns angesehen.
Mit Verspätung greift die Diskussion nun auch auf die Steiermark über.
Bei einer Veranstaltung des Sozialmedizinischen Zentrums Liebenau
wurde vehement eine Ausweitung des Substitutionsangebotes gefordert.
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Einer der Pioniere der Substitutionsbehandlung in Österreich ist
Univ.-Prof. Dr. Alfred Springer, Psychiater, Psychotherapeut
und Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Suchtforschung in
Wien. Durch das Wiener Modell der Substitution sei ein breiter schadensreduzierender
Ansatz gefunden, erklärt Springer: „Abhängige haben gute Chancen
aus ihrer Abhängigkeit herauszureifen, wenn man ihre Überlebenschancen
verbessert. Die Prognose von Abhängigkeitskranken hängt ganz wesentlich
davon ab, dass sie ihre manchmal außerordentlich lange und belastende
Suchtperiode so unbeschadet wie möglich überstehen.“
Krankheit kann man nicht verbieten
Immer stärker werden schadensreduzierende Methoden im Kampf gegen
die Auswirkungen des illegalen Drogengebrauchs eingesetzt, denn
durch die opiatgestützte Behandlung von Suchtkranken, welche für
den Einzelnen oft Überlebenshilfe bedeutet, entstehen auch für die
Gemeinschaft weniger Folgeschäden und in weiterer Folge weniger
Kosten. „Krankheit kann man nicht verbieten und Abhängige sind kranke
Menschen“, so Springer, „Vorstellungen, dass dem Drogengebrauch
und seinen Auswirkungen nur mittels repressiver Maßnahmen begegnet
werden kann und die Auffassung, dass Schadensreduktion ein Katalysator
illegalen Handelns sei, behindern sozialmedizinisches Handeln.“
Steiermark: Kein ausreichendes Angebot
Inzwischen erfasst die Substitutionsbehandlung einen immer größer
werdenden Anteil der chronisch Opiatabhängigen. 5.000 Personen bekommen
in Österreich derzeit im Sinne der Substitution Opiate verordnet.
Insgesamt obliegen aber laut Schätzungen bis zu 40.000 Menschen
„problematischem Drogenkonsum“ – davon konsumiert allerdings nur
ein Teil Opiate; und nur an jene richtet sich die Substitutionsbehandlung.
In der Steiermark sei die „Szene“ zwar nicht so groß wie in Wien,
aber allein in Graz werden über 500 Menschen substituiert, berichtet
Dr. Rainer Possert vom Sozialmedizinisches Zentrum – „das
ist aber bei weitem nicht ausreichend.“ Possert und sein SMZ-Kollege
Dr. Gustav Mittelbach fordern die Umsetzung von steirischen
Konzepten zur Verbesserung der Versorgung von Opiatabhängigen.
Dr. Gustav Mittelbach und Dr. Rainer Possert (SMZ Liebenau)
und Univ.-Prof.
Dr. Alfred Springer, Wien: „Mehr Substitution könnte Leben retten.“
Ein „Ganslwirt“ für Graz?
Als noch immer vorbildlich gilt das Wiener Sozialprojekt „Ganslwirt“,
welches als erste niedrigschwellige Einrichtung 1990 ins Leben gerufen
wurde. Diese Institution verfügt über ein Tages- und Nachtzentrum,
eine Ambulanz und über Schlafplätze und ist Zentralstelle für die
Abgabe bzw. den Tausch sterilen Injektionsbestecks. Hauptaufgabe
des „Ganslwirts“ ist die medizinische und psychosoziale Hilfe für
junge Risikopersonen und Suchtkranke. 2001 wurde die Einrichtung
von ca. 55 Personen pro Tag aufgesucht, d.h. es fanden in einem
Jahr rund 20.000 Kontakte statt. 135 Opiatabhängige pro Tag nahmen
im gleichen Jahr das Bestecktauschprogramm in Anspruch, und es wurden
4.686 Übernachtungen verzeichnet. Einrichtungen dieser Art fehlen
in der gesamten Steiermark: Mitschuld hat die offizielle Drogenpolitik,
welche sich am Abstinenzparadigma orientiert und diese Einstellung
mittels des Suchtmittelgesetzes umsetzen möchte.
Substitution allein ist nicht alles
Seit Mitte 2002 dürfen in ganz Österreich Substitutionsklienten
sowohl in Facheinrichtungen wie auch von praktischen Ärzten und
Fachärzten in gleicher Weise versorgt werden. Was fehlt, insbesondere
in der Steiermark, sind laut Ulf Zeder lebenspraktische Zusatzmaßnahmen.
„Oft wird der Arzt als Dealer gesehen“, so Dr. Ulf Zeder,
Suchtkoordinator der Stadt Graz, „Bettel ich ein bissi, krieg ich
meinen Stoff, meinen viele, wir haben jedoch eine Bringschuld Abhängigen
ein vielfältiges, lebensnahes Zusatzangebot zu schaffen.“ Zumindest
psychotherapeutische Maßnahmen müssen begleitend verstärkt eingesetzt
werden, da sind sich alle Experten einig, Mittelbach fordert daher
auch „mehr Qualitätssicherung und eine kontinuierliche Weiterbildung“
für ÄrztInnen. Und Manfred H. Geishofer, Geschäftsführer
des steirischen Vereins für Suchtkrankenhilfe b.a.s. (Betrifft:
Alkohol und Sucht), verlangt ein „für den jeweiligen Betroffenen
maßgeschneidertes Bündel an Maßnahmen – von überlebenssichernden
Schritten wie Wohnversorgung über die Sicherstellung der grundlegenden
somatischen und sozialen Stabilität“. Er resümiert: „Substitutionsbehandlung
ist aus der Drogentherapie nicht mehr wegzudenken. Zu hinterfragen
ist nicht das Ob, sondern das Wie. Das so genannte Wiener Modell
besticht vor allem durch eine gut gewachsene Versorgungsstruktur,
die durch ihre breite Angebotsfächerung vielfältige Zugänge und
Behandlungsmöglichkeiten bietet. Und genau das braucht es neben
medizinischen Leistungen: umfassende soziale und psychotherapeutische
Maßnahmen, die Integration in ein individualisiertes Behandlungskonzept
und die entsprechende Vernetzung und Koordination.“
b.a.s.-Geschäftsführer Manfred H. Geishofer >
„Nötig ist ein Bündel an Maßnahmen – von der Wohnversorgung über
die Substitution bis zur psychotherapeutischen Behandlung.“
Primar Dr. Joachim Berthold von der Landesnervenklinik
Sigmund Freud äußert sich vorsichtig skeptisch: „Das Wiener Modell
ist eine große Chance Qualität und klare Strukturen in die Behandlung
von Substitutionspatienten zu bringen, aber wir dürfen eines nicht
vergessen: Wir leben von der Krankheit der Patienten und müssen
uns fragen, wie weit wir ihre Krankheit durch Substitution nur lindern
statt den Patienten aus seiner Abhängigkeit herauszuholen – Selbstreflexion
ist notwendig!“
Weniger Drogentote in Wien
Das Wiener Modell beinhaltet neben dem „Ganslwirt“ zahlreiche andere
Sozialprojekte: Ein großes Netz an Streetworkern, den Krankenhausverbindungsdienst
„Contact“, „Fix und Fertig“ – ein Sozialprojekt, das auf soziale
Integration und berufliche Rehabilitation abzielt, die „Wiener Berufsbörse“,
„Needles or Pins“ u.v.m. Für all dies gibt es in der Steiermark
noch keine Entsprechung, obwohl das Wiener Modell äußerst erfolgreich
dasteht. „Als Indikator für die Effizienz schadensreduzierender
Maßnahmen kann die statistische Entwicklung der drogenbezogenen
Todesfälle herangezogen werden“, so Springer, „in Wien erreichte
die Anzahl der Todesfälle ihren Höhepunkt im Jahre 1994 und sank
dann kontinuierlich ab.“ Das Wiener Drogenkonzept sollte damit eigentlich
auch Vorbild für die Steiermark sein. Zumindest diskutiert wird
bereits darüber: „Wir arbeiten seit Juni an einem Modell für die
Steiermark“, erklärt Klaus Peter Ederer, Drogenkoordinator
des Landes Steiermark, „in wenigen Monaten werden wir es präsentieren,
aber im Moment kann ich nicht mehr sagen, denn: über ungelegte Eier
sollte man nicht reden.“
Claudia Windisch
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Gleichbehandlung:
Anwältin gefragt! Aktuelle Ereignisse zeigen:
Diskriminierung bis hin zur sexuellen Belästigung ist tägliche Realität.
In der Steiermark steht mit Dr. Elke Lujanski-Lammer eine kompetente
Gleichbehandlungsanwältin den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite. |
Gleichbehandlung ist in der Arbeitswelt keine Selbstverständlichkeit:
Zu dieser Erkenntnis gelangt man, wenn man den Berichten der steirischen
Gleichbehandlungsanwältin folgt, die kürzlich bei einer Veranstaltung
des Forums Politische Bildung einem interessierten Publikum Rede
und Antwort stand. 300 Fälle und über 1300 Kontakte hatte das relativ
junge Beratungsbüro des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen
im vergangen Jahr zu verzeichnen, die Anfragen kamen zu 90% von
Frauen. „Aber …“, so Lujansky-Lammer, „wir beraten auch Männer,
die aufgrund ihres Geschlechts am Arbeitsplatz benachteiligt werden.“
Gleichbehandlungsanwältin Dr. Elke Lujanski-Lammer >
1300 Beratungen im Jahr, 90% davon waren Frauen
Zu gehen ist der falsche (Aus-)weg
„Laut einer Befragung ist jede zweite Frau mindestens einmal während
ihrer Berufslaufbahn mit sexueller Belästigung konfrontiert“, erklärt
Lujansky-Lammer, „diese gilt gesetzlich als Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts.“ Die Gleichbehandlungsanwältin empfiehlt in jedem
Fall sofort Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Viele Frauen
schweigen so lange, bis die Situation derartig unerträglich wird,
dass sie früher oder später ihren Arbeitsplatz ,freiwillig‘ verlassen.“
Enthüllung bei der Weihnachtsfeier
Üblicherweise unbeachtet bleibt eine andere Form der geschlechtlichen
Diskriminierung: Wenn ein Arbeitnehmer des anderen Geschlechts,
der die gleiche bzw. eine gleichwertige Tätigkeit verrichtet, dafür
mehr bezahlt bekommt, so kann man/frau einen Anspruch auf Nachzahlung
der Entgeltdifferenz und Angleichung in Zukunft stellen. Lujansky-Lammer:
„Leider wissen Frauen oft nicht über die Ungleichbezahlung . Oft
sind es dann Weihnachtsfeiern, wo man(n) ins Gespräch kommt und
diese eklatante Ungerechtigkeit aufgedeckt wird.“ Ansprüche müssen
derzeit innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden.
Wenn „Mobber“ angeklagt werden
Eine untragbare Belastung für die Betroffenen sind die für Außenstehende
kaum sichtbaren Mobbingprozesse, wobei hier meist erst aufgedeckt
werden muss, wer der oder die tatsächlichen „Mobber“ sind. „Es sind
oft vorgesetzte Frauen, welche Frauen diskriminieren“, so die Gleichbehandlungsanwältin,
„wir versuchen zu helfen, indem wir zuerst das Selbsthilfepotenzial
bei der Betroffenen eruieren, ihr Umfeld prüfen und dann die Gespräche
coachen. Wir sind ausschließlich im vorgerichtlichen Bereich tätig,
d. h. unsere ,Macht‘ reicht bis zur Beschwerde an die Gleichbehandlungskommission,
welche in weiterer Folge eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht
nach sich ziehen kann.“ Die Beratungen sind kostenlos und vertraulich.
Die Gleichbehandlungsanwältin wird auch präventiv tätig: Bei Anfragen
von Unternehmen begleitet und unterstützt sie die Entwicklung und
Umsetzung von Gleichstellungsprogrammen.
Claudia Windisch
Infos/Kontaktaufnahme: T (0316) 72 05 90 | graz.gaw@bmgf.gv.at
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Jugendwohlfahrt
auf neuen Schienen Die Zahl der in der Steiermark
durch Intervention der öffentlichen Hand betreuten Jugendlichen hat
sich von 1998 auf 2003 von über 3500 auf über 7000 mehr als verdoppelt.
Nicht nur wegen dieses dramatischen Anstiegs hat sich Soziallandesrat
Kurt Flecker eine Neuordnung der Jugendwohlfahrt vorgenommen. |
Im Sozialressort führt man den Anstieg auf zwei Faktoren zurück:
Zum einen werde das soziale Umfeld der Jugendlichen problematischer,
zum anderen habe sich die Bereitschaft zur Inanspruchnahme von Unterstützung
erhöht. Flecker: „Die Gesellschaft lässt immer mehr Menschen allein;
die Politik richtet sich nur mehr am genormten ,tüchtigen‘ Menschen
aus; dieses System sozialisiert seine Kosten und bürdet sie der
öffentlichen Hand auf.“ Parallel zur Zunahme der Zahl der Betreuten
stieg auch jene der Betreuungseinrichtungen von 30 auf 53 und die
Zahl der Plätze in diesen Einrichtungen von 540 auf 875 – was einen
Kostenzuwachs von 45% von 27,7 auf 40,2 Mio mit sich brachte.
Planung und Rahmenverträge, mehr mobile Betreuung
Die neue Regelung soll eine Verlagerung von Kapazitäten von den
ambulanten und stationären Einrichtungen hin zu mobilen bringen;
die Steuerung soll durch Rahmenverträge des Landes mit den privaten
Dienstleistern erfolgen, die bestimmte Qualitätskriterien, eine
Absicherung des regionalen Angebotes und gleiche Preise für gleiche
Angebote gewährleisten sollen. Der Kinder- und Jugendanwalt des
Landes Steiermark, Mag. Christian Theiss, hofft durch diese
Neuregelung auf „mehr Transparenz und Versorgungssicherheit.“
Bessere psychotherapeutische Versorgung
Bei der Pflegeelternschaft soll es zu Vereinfachungen kommen. Im
Fall der Notwendigkeit psychotherapeutischer Intervention soll die
Jugendwohlfahrt künftig rasch und unbürokratisch Zuschüsse leisten.
Theiss: „Wir haben uns dafür stark gemacht, dass Jugendliche
zu leistbaren Kosten psychotherapeutische Betreuung in Anspruch
nehmen können – das erscheint nun endlich gewährleistet.“
Aussonderungsgesellschaft strapaziert Sozialbudgets
Was die Entwicklung der Kosten betrifft, hofft der Soziallandesrat
auf einen effizienteren Mitteleinsatz vor allem durch die Vergrößerung
des Anteils mobiler Betreuung und eine damit einhergehende Senkung
der Fallkosten, aber: „die quantitative Steigerung können wir so
natürlich nicht auffangen.“ Auch die Prävention habe ihre Grenzen,
wenn die gesellschaftlichen Bedingungen nicht stimmten. Flecker:
„Wir leben in einer Aussonderungsgesellschaft, die Leistung mit
Geschwindigkeit verwechselt, gefördert wird dies durch eine Bundesregierung,
die sich als Lobby der Globalisierung versteht.“
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Behindertengesetz:
Grüne kritisieren Selbstbehalte Auch nach dem
Beschluss des neuen steirischen Behindertengesetzes durch ÖVP und
SPÖ lassen die Grünen nicht in ihrer Kritik daran locker. Zentraler
Punkt ist der Selbstbehalt. |
Während SPÖ-Sozialsprecherin Barbara Gross von einem „Meilenstein
in der steirischen Sozialpolitik“ spricht und versichert, dass es
„keine Härtefälle geben wird“, errechnet die grüne Klubobfrau Ingrid
Lechner-Sonnek anhand mehrerer angenommener Beispiele Mehrbelastungen
bis über 350 Euro pro Monat: „Die Selbstbehalte, die das Behindertengesetz
nun vorsieht, treffen die Menschen härter als jene in der Sozialhilfe,
weil keine Aufwände in Abzug gebracht werden können.“ Es sei kein
Zufall, dass in keinem anderen Bundesland solche Selbstbehalte existierten“.
Unterhaltsberechtigte Behinderte – also Personen bis zum 27. Lebensjahr
– müssten nach den neuen Bestimmungen die zumutbare Unterhaltsleistung,
von der bei Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung 80%
einbehalten werden, von den Eltern einklagen, wenn diese nicht zahlungswillig
seien.
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Familienpass
und Jugend-Card: Bigger, better, more Die 12.
Auflage des steirischen Familienpasses bietet wieder beachtliche Familien-Ermäßigungen
in Freizeit, Sport, Kultur, Bildung und bei der Inanspruchnahme öffentlicher
Verkehrsmittel. Um neue „Funktionen“ wurde auch die Jugend-Card „checkit“
erweitert. |
Die Highlights des Familienpasses 2004:
Das Landesmuseum Joanneum gewährt Gratiseintritte an Sonn- und
Feiertagen in seine ständigen Ausstellungen, die Bühnen Graz bieten
eine Reduktion von 30% auf ihre Abo-Preise für Erwachsene und 50%
auf das Kinder-Abo – und der Verkehrsverbund Gratis-Fahrten für
Kinder bis 15, die in Begleitung ihrer Eltern unterwegs sind. Die
Eltern selbst fahren zum halben Preis. Zum ersten Mal gewähren heuer
50 steirische „Urlaub-am-Bauernhof“-Anbieter 10% Ermäßigung für
InhaberInnen des Familienpasses, berichtet NAbg. Ridi Steibl,
Leiterin des Referats Familie-Frau-Gesellschaft. Landesrätin Mag.
Kristina Edlinger-Ploder bemüht sich um Ausweitung der Familienpass-Ermäßigungen
– u.a. auf die Sonderausstellungen des Landesmuseums – und wird
eine Evaluierung einleiten.
Auf Initiative der Jugend-Landesrätin wurde auch die steirische
Jugendkarte um wesentliche Funktionen erweitert. Richtig zum Einsatz
wird die Karte bei der Gemeinderatswahl 2005 kommen, wo sie als
offizieller Ausweis der Erstwähler dienen soll. Bis jetzt war die
Altersgrenze mit dem 18. Lebensjahr beschränkt, nunmehr gilt die
checkit.card für Jungendliche von 12 – 20 Jahren. Neu ist die inkludierte
Gratis-Freizeithaftpflichtversicherung – ermöglicht durch die Kooperation
mit dem ARBÖ.
Der Familienpass kann nun auch online über www.steiermark.at/referat-ffg
oder schriftlich beim:
Referat Frau-Familie-Gesellschaft, Stempfergasse 7, 8010 Graz angefordert
werden.
Alle Infos zur Jugend-Card finden sich unter www.checkit.at
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Krankheits-Prävention
am Arbeitplatz Ein neues Beratungsangebot
des Vereins PASCH soll jugendlichen ArbeitnehmerInnen Hilfe zur Selbsthilfe
bei Stress, Überforderung oder Konflikten mit Vorgesetzten bieten. |
„Gesund am Arbeitsplatz“ ist der Name eines Projektes, das PASCH
mit Unterstützung durch das Gesundheitsressort des Landes durchführt.
PASCH-Geschäftsführer Hannes Körbler: „Bei unserer arbeitsmarktpolitischen
Beratung für Jugendliche werden wir immer wieder mit krank machenden
Arbeitssituationen konfrontiert.“ 28% aller Beschäftigten klagten
über Stress, in der Steiermark gebe es damit 120.000 Betroffene.
Und Dr. Elisabeth Valentek, Leiterin der PASCH-Beratungsstelle,
konkretisiert die für Jugendliche zutreffenden Gründe: „Sie erhalten
widersprüchliche Arbeitsaufgaben, die Aufträge sind oft nicht transparent,
es fehlt an sozialer Anerkennung; an erster Stelle unter den Stressfaktoren
steht natürlich drohender Arbeitsplatzverlust.“ Die Folgen: Depressionen,
Schlaflosigkeit und Angstzustände. Das Ziel der Beratung ist Hilfe
zur Selbsthilfe – die Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen sollen
erweitert werden, selbstsicheres Auftreten und selbstbewusste Gesprächsführung
erlernt werden. Mag. Beate Atzler von der Versicherungsanstalt
des österreichischen Bergbaus: „Es geht um ,Empowerment‘, die Betroffenen
sollen in die Lage versetzt werden, ihre eigene Gesundheit zu managen.“
Empowerment schützt vor psychostressbedingten Krankheiten
Für Gesundheitslandesrat Mag. Wolfgang Erlitz, der das Projekt
mit 36.000, Euro aus seinem Budget unterstützt, gilt es, nicht
nur „das Gesundheits-Verhalten der Menschen, sondern auch die krank
machenden Verhältnisse zu ändern.“ Zu diesem Zweck seien Arbeitgeber
ebenso wie ArbeitnehmerInnen anzusprechen: „Schließlich geht durch
stressbedingte Gesundheitsprobleme 1,4% des BIP verloren – in der
Steiermark sind das 317 Mio Euro im Jahr.“
Infos: PASCH | T (0316) 84 84 86 | www.pasch.or.at
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