04 / 2002
  "Menschen haben ein Recht auf bestmögliche Pflege"

Vor allem von Seiten von Pflegeheim-Betreibern gab es – zum Teil heftige – Reaktionen auf unseren im Februar veröffentlichten Beitrag über den Vorschlag des Landes-Sozialressorts für ein neues Pflegeheimgesetz. Im Bennpunkt der Kritik standen dabei angeblich unzumutbare Kosten durch verschärfte Qualitätskriterien. KORSO bat Landesrat Kurt Flecker zu einem klärenden Gespräch.
 

KORSO: Was sind die Kernpunkte des Entwurfes zum neuen Pflegeheimgesetz?
FLECKER: Eine solide Basisausbildung soll in Zukunft verpflichtend für alle Bediensteten in Heimen festgeschrieben werden, Mindeststandards wie Zimmergrösse, maximale Anzahl an Personen pro Zimmer, rollstuhlgerechte Nasszelle etc. werden festgelegt. Außerdem wünsche ich mir eine HeimbewohnerInnenanwaltschaft im Rahmen der PatientInnenvertretung des Landes.
Pflegeplätze sollen getrennt von Pflegeheimen im Gesetz geregelt werden. Auch hier soll es unverzichtbare Mindeststandards geben wie z.B. den regelmäßigen Besuch durch diplomiertes Fachpersonal. Die Einrichtung von Pflegeplätzen wird in Zukunft bewilligungspflichtig sein.

KORSO: Ihre politischen Gegner kritisieren, im Pflegebereich käme es jetzt schon zu überdurchschnittlichen Kostensteigerungen, von 8000 BewohnerInnen bekämen 5000 Zuschüsse durch die Sozialhilfe. Leichteren Pflegefällen soll in Zukunft mobile Betreuung zumutbar sein, außerdem müssten die Familien mehr Verantwortung übernehmen. Ihr Gesetzesvorschlag führe aber dazu, dass noch mehr Menschen in die Heime strömen werden.
FLECKER: Dieser Vorwurf ist ein leicht durchschaubarer Versuch, am Wohlergehen Pflegebedürftiger zu rütteln. Die Menschen werden immer älter und haben ein Recht auf bestmögliche Pflege. Ich werde den Pflegebedürftigen nicht vorschreiben, wann sie zuhause bleiben müssen, ein Eingriff in die Selbstbestimmung kommt für mich nicht in Frage. Durch die zunehmende Zahl älterer Menschen ist von einem steigenden Bedarf an Pflegeheimbetten auszugehen.

KORSO: Als vor drei Jahren die "freie Heimwahl" eingeführt wurde, brachte das neben mehr Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit für die SeniorInnen auch unerwünschte Nebenwirkungen: heute bewerben sich bereits 160 Pflegeheime um Gäste für ihre 8.200 Betten.
FLECKER: Wenn ein Haus voll ist, kommt es mit den gesetzlich festgelegten Tagessätzen über die Runden, bei allerdings immer öfter auftretender Unterbelegung schlittern so manche in die roten Zahlen. Diese Spirale möchte ich nun einbremsen: Pflegeheime dürfen nicht mehr an der Nachfrage vorbei in Ballungszentren gebaut werden, während sie gleichzeitig an anderen Orten fehlen.

KORSO: In Zukunft sollen die Tagsatz-Obergrenzen für alle Heime gelten …
FLECKER: Es ist derzeit rechtlich möglich, dass sich luxuriöse Senioren-Residenzen mit einem Grundstock an bezuschussten BewohnerInnen gegen unternehmerisches Risiko absichern und sich gleichzeitig durch private ZahlerInnen die Butter aufs Brot verdienen. Dem könnten wir abhelfen, indem seitens der öffentlichen Hand nur mehr für jene Heime freie Heimwahl gilt, die sich bei allen BewohnerInnen an die geltenden Obergrenzen der Tagsätze halten. Das würde die Qualität der Versorgung für unsere SeniorInnen garantieren, die Ersparnis käme nämlich den Betreuten in jenen Heimen zugute, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. 

KORSO: Die Caritas, die Ihren Vorschlägen offenbar im Grunde positiv gegenüber steht, merkt an, dass 5000 von 8000 HeimbewohnerInnen auf Zuschüsse und  Sozialhilfe angewiesen sind, was bedeute, dass mehr Unterstützung notwendig sei …
FLECKER: Die Menschen gehen immer später in ein Pflegeheim und ihre Aufenthaltsdauer wird immer kürzer, während wir glücklicherweise immer älter werden. Dies ist ein erfreulicher Effekt der Entwicklung unserer Gesellschaft, des Fortschritts der medizinischen Qualität und der Verlässlichkeit mobiler Dienste.
 

APRIL-AUSGABE
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG