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Aufklärung
statt medialer Drogenskandale
Machen die Medien rationale Strategien gegen Drogen zunichte? Dieser
Frage ging eine Veranstaltung im Sozialmedizinischen Zentrum Liebenau nach,
zu der zahlreiche Experten – Mediziner, Sozialarbeiter, Journalisten –
erschienen.
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Fehlende Lösungsansätze in den Medien
Dr. Rainer Possert, praktischer Arzt, Obmann des SMZ-Liebenau
und Gastgeber der Veranstaltung eröffnete die Diskussion mit der Kernfrage
"Werden in den Medien Lösungsansätze präsentiert oder wird
die Angst der Bevölkerung geschürt?" DSA Klaus Peter Ederer,
Drogenkoordinator des Landes Steiermark, zeigte sich besorgt: "Die Medienberichterstattung
mit ihren Skandalberichten macht mir meine Arbeit nicht leicht. Die Medien
pushen viel zu viel und machen die Versachlichung von Informationen nicht
mehr möglich." Mag. Christian Ehetreiber von der ARGE Jugend
gegen Gewalt und Rassismus kritisierte, dass Jugendliche in Form negativer
Berichterstattung skandalisiert werden. "Ich werfe den Medien die Unterlassungssünde
vor: Denn über Lösungsansätze in der Drogenproblematik wird
so gut wie gar nicht diskutiert. Aufklärung beginnt aber erst mit
dem Blick hinter die Kulissen." Den Einwurf von Walter Baustädter,
Vertreter der Kronenzeitung, der die vielen Skandalberichte damit zu rechtfertigen
versuchte, "dass wir mit weitaus mehr Negativmeldungen als positiven Berichten
versorgt werden," kommentierte ein Zuhörer aus dem Publikum lapidar
mit der Frage: "Wie wäre es einmal mit Recherchieren?"
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Possert: Präsentieren Medien Lösungsansätze?
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Zeder: Konsumenten illegaler Drogen werden immer
jünger
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Ederer: Medien pushen zu viel und machen Versachlichung
unmöglich
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Schwierigkeiten bei der Überführung
von Dealern
Mag. Anton Lehr, seit 8 Jahren Leiter der kriminalpolizeilichen
Abteilung Graz, kritisierte die fehlende Sachlichkeit in der Drogendiskussion
und zeigte die derzeitig größten Probleme in der Polizeiarbeit
auf: "Momentan haben wir vor allem durch das offensive Dealen mit Drogen
Schwierigkeiten. Die Szene hat sich auf einige Lokale in Graz konzentriert,
ausländische kriminelle Organisationen sind im Vormarsch." Die problematische
Schnittstelle im Erfassen von Dealern liege vor allem darin, dass nur über
die Drogenkonsumenten an die Drogendealer heranzukommen sei. "Wir sind
also verpflichtet, auch den Konsumenten anzuzeigen. Deshalb haben wir eine
Anonymberatung eingerichtet und versuchen auf diesem Weg, die Spur zu den
Dealern aufzunehmen." Laut Lehr sei die Entwicklung der offenen Drogenszene
in Graz auf über 500 dealende Schwarzafrikaner zurückzuführen.
Ehetreibers Entgegnung, dass nicht nur schwarze Asylbewerber mit Drogen
dealen, sondern auch weiße Trofaiacher, wurde von Possert mit dem
Statement bekräftigt: "Wenn wir über Drogen dealende Schwarzafrikaner
in Graz reden, so müssen wir den gesamten Kontext, aus dem sich solche
Fakten ergeben, unbedingt mitdiskutieren, sonst wird die ganze Diskussion
rassistisch!"
Warum greifen Jugendliche zu Drogen?
"Graz kann zwar keineswegs als Drogenhauptstadt bezeichnet werden,"
meinte Dr. Ulf Zeder, Drogenbeauftragter der Stadt Graz, "Konsumenten
illegaler Drogen werden aber immer jünger und auch die Begleitkriminalität
hat in den letzten Jahren sichtlich zugenommen." In Graz gibt es geschätzte
1000 Konsumenten illegaler Drogen. Dazu kommen 300 Grazer, welche sich
derzeit in einem Substitutionsprogramm befinden. "Ein schnelles 10-Punkte-Programm
gegen Drogen gibt es aber nicht." Für den praktischen Arzt Dr.
Gustav Mittelbach ist es nicht allein "der Kick oder ein besonderer
Ekstasezustand, welcher inzwischen sogar schon 10-jährige Kinder zu
Drogen greifen lässt. Die Ursachen liegen im sozialen und psychischen
Konkurrenzdruck der Gesellschaft, welcher kaum mehr ertragen wird, Müdigkeits-
oder Angstzustände, Einsamkeit und die daraus entstehende Verzweiflung
sind oft Auslöser." Auch für OA Dr. Dietmar Wachter ist
ein Grund für jugendliche Einsamkeit das Verleugnen von Schwächen
und die alleinige Hervorkehrung von Stärken in der Leistungsgesellschaft.
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Mittelbach: Ursachen liegen im sozialen und psychischen
Konkurrenzdruck der Gesellschaft
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Ehetreiber: Über Lösungsansätze
wird in Medien nicht diskutiert
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Friedl: Echte Auseinandersetzung der Gesellschaft
mit Suchtkranken fehlt
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Falscher Umgang mit Drogenabhängigen
Eine echte Auseinandersetzung der Gesellschaft mit Suchtkranken fehlt,
nicht das Herumschieben von Schuldigen, sondern ein "grundsätzliches
Informieren" wünscht sich der Psychiater und Neurologe Dr. Werner
Friedl. Im derzeitigen System können viele Abhängige nicht
behandelt werden – es fehlen Betten, es gibt zu wenige Ambulanzen.
Richtige Aufklärung dringend gefragt
Für Mag. Harald Schmied, Chefredakteur des Megaphon, liegt
eine Möglichkeit zur Suchtprävention im Erlernen der Fähigkeit
zum bewussten Genuss. Und: "Um Drogenhandel zu verhindern muss Ausländern
der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichet werden." Vizebürgermeister
Dr. Peter Weinmeister sieht einen Lösungsansatz in der Mobilisierung
von Freiwilligen, welche eine Jugendlobby gründen sollen. "Das Wissen
muss auch verstärkt in die Schulen gebracht werden", so Weinmeister,
und: "Drogen werden ein Wahlkampfthema sein."
Anton Lehr betonte in seinem Schlussstatement, dass "Medien zwar nicht
selbst Lösungsansätze bieten können, bestehende jedoch verstärkt
aufzeigen müssen". Und er fügte hinzu: "In Zukunft muss unbedingt
mehr Geld in den Sozialbereich investiert werden – mindestens ebenso viel
wie in die Verbrechensbekämpfung!"
Claudia Windisch
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