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korso
Wirtschaft / Arbeit / Bildung |
Das
Informationsmagazin
der Steiermark |
11/2005 |
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Arbeit
macht arm, Reichtum immer reicher |
Eine vor kurzem vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) veröffentlichte
Studie, die mit handfesten statistischen Daten belegt, dass die
Verteilung der Einkommen in Österreich seit den siebziger
Jahren zunehmend ungleicher geworden ist, hat nur wenig Aufmerksamkeit
in der öffentlichen Meinung erregt.
Zu wenig spektakulär ist für die Medien offensichtlich
der schleichende Prozess der Erosion bei den Löhnen im unteren
Einkommensbereich, der über die vergangenen Jahrzehnte hinweg
beachtliche Ausmaße angenommen hat. Da ist es nur ein geringer
Trost, dass die Situation in vielen europäischen Nachbarländern
– ob in Ost oder West – kaum erfreulicher ist, denn
Armutsgefährdung, prekäre Dienstverhältnisse und
ansteigende Arbeitslosigkeit betreffen trotz politischer Sonntagsreden
auch hierzulande immer mehr Menschen.
Die Einkommen aus Arbeit sinken – vor allem jene,
die ohnehin im unteren Bereich angesiedelt sind.
Die Schere zwischen den Einkommen wächst
Die Autoren der wissenschaftlichen Untersuchung Mag. Alois
Guger und Dr. Markus Marterbauer ziehen
in ihrer im September 2005 im Auftrag des Wifo herausgegebenen
Studie „Langfristige Tendenzen der Einkommensverteilung
in Österreich“ einen nüchternen Befund. Eine der
zentralen Aussagen ihrer 15-seitigen umfassenden Analyse: „Die
Nettorealeinkommen der unselbstständig Beschäftigten
sanken nach den Daten der Lohnsteuerstatistik von 1995 bis 2003
im Durchschnitt um 2,4%, in den untersten 40% der Verteilung sogar
um 14%, während die Einkommen in den obersten Kategorien
stiegen.“
Das gilt aber nicht nur für die unselbstständigen Einkommensbezieher,
denn seit den siebziger Jahren haben sich zusätzlich die
Unterschiede zwischen Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit
und jenen aus Besitz und Unternehmungen drastisch vergrößert:
Der Lohnanteil am gesamten Volkseinkommen sank seit Ende der 70er
Jahre (bereinigt um die Veränderung der Anteile von Selbstständigen
und unselbstständig Beschäftigten) von 72 Prozent auf
nur mehr 58 Prozent im Jahr 2004. Das bedeutet schlicht und einfach,
so Guger vom Wifo, dass sich die Einkommen aus unselbständiger
Arbeit über diesen Zeitraum wesentlich schwächer entwickelt
haben als die Einkünfte aus Unternehmenstätigkeit und
Besitzeinkommen (Zinsen, Dividenden, Mieten und Pachten).
Mag. Alois Guger vom Wifo:
„Besteuerung der Vermögen ist in Österreich viel
geringer als im europäischen Durchschnitt.“
Arbeitslosigkeit und mangelhafte Umverteilung
Die Ursachen für die Verschiebung der Einkommensverhältnisse
sind sicher nicht monokausal in wenigen Sätzen zu erklären,
sondern haben einen komplexen und in der Geschichte der Zweiten
Republik verankerten Entstehenszusammenhang, betont Guger.
Trotz dieser Vorbehalte sind in der Langfristanalyse zwei wesentliche
Faktoren als treibende Kräfte der Entwicklung auszumachen:
Die ungünstige Lage auf dem Arbeitsmarkt verbunden mit einer
enorm schnell wachsenden Zahl von Teilzeit- und geringfügigen
Beschäftigungsverhältnissen spielt für die Ausweitung
der Einkommensunterschiede eine wesentliche Rolle. Zum anderen
ist das bestehende Abgabensystem äußerst zurückhaltend
in Bezug auf Einkommen aus Vermögen und Kapitalzuwächse
und hat daher kaum eine im Sinne sozialer Gerechtigkeit umverteilende
Wirkung, erklärt Guger: „In Summe muss man sagen, das
Steuersystem in Österreich verteilt nicht um und kommt dem
System einer ,Flat Rate’ schon sehr nahe.“ Lediglich
durch Transferleistungen von Seiten des Sozialstaates sei die
materielle Lebenssituation bei den unteren Einkommensschichten
gemildert – wie lange noch, steht allerdings angesichts
anhaltender Kritik von Seiten neoliberaler Meinungsbildner an
„zu hohen Sozialbudgets“ in den Sternen.
Insbesondere Frauen sind stark benachteiligt
Trotz theoretischer Gleichstellung der Geschlechter bleiben die
Einkommen von Frauen noch immer deutlich hinter jenen der Männer
zurück. Im Jahr 2003 lagen sie im Durchschnitt bei 67,2%
der Männereinkommen; der Abstand war damit um 1,5 Prozentpunkte
größer als Mitte der neunziger Jahre. Während
im öffentlichen Dienst die Fraueneinkommen näher an
jene der Männer herankommen (80,9%), ist der Rückstand
in der Privatwirtschaft sehr groß (Einkommen der Arbeiterinnen
61,7%, der angestellten Frauen 59,5%). Im unteren Einkommensbereich
ist der Rückstand der Fraueneinkommen deutlich höher
und wächst weiter, während er im oberen Einkommens-
und Bildungssegment stabil ist.
Die Unterschiede zwischen der geleisteten Wochenarbeitszeit
erklären etwa die Hälfte des Einkommensrückstands
der Frauen – sie stellen in Österreich immer noch den
Großteil der Teilzeitarbeitskräfte: 37,1% der Frauen
sind teilzeitbeschäftigt, jedoch nur 3,9% der Männer.
Wegen dieses relativ großen Teilzeitanteils und der häufigen
Berufsunterbrechungen sind die Aufstiegschancen von Frauen im
Allgemeinen geringer als die der Männer – ein weiterer
wichtiger Grund für den Einkommensrückstand. In typischen
Männerbranchen sind zudem die Einkommen meist merklich höher
als in „Frauenberufen“.
Vermögen werden kaum besteuert
Die steuerliche Belastung von Vermögenswerten ist europaweit
gesehen in Österreich der eines Steuerparadieses gleichzusetzen,
denn die so genannte Vermögenssteuer wurde bereits 1994 abgeschafft.
Im Jahr 2000 lag in Österreich das Aufkommen aus den verbliebenen
Steuern auf Vermögen (u.a. Erbschaftssteuer, Grundsteuer)
bei nur ca. 0,6% des BIP bzw. 1,3% der Gesamtabgaben, das damit
den letzten Rang der EU und OECD belegt. In anderen europäischen
Ländern, die als traditionell vermögensfreundlich gelten,
erklärt Guger, liegen die entsprechenden Werte um ein Vielfaches
höher, in der Schweiz etwa bei 8,4% bzw. in Großbritannien
bei 12%.
Auch bei den Zinsen und Kapitalzuwächsen wird das heimische
Kapital mit Samthandschuhen angefasst: Bei den Kapitalerträgen
kommt bekanntlich nicht ein progressiver, sondern ein einheitlicher
Steuersatz von 25% (KEST) zum Tragen. Die Endbesteuerung der Kapitalerträge
mit 25 % bedeutet somit eine Begünstigung im Vergleich zu
den Arbeitseinkommen, wo der Spitzensteuersatz bei 50 % liegt.
Die Spekulationsgewinne natürlicher Personen werden steuerlich
praktisch nicht erfasst und Privatstiftungen ermöglichen
die Steuerfreiheit von großen Vermögen.
Dabei sind die Vermögenswerte in Österreich ohnehin
sehr ungleich verteilt, vor allem beim Unternehmensvermögen,
wo 1% der Bürger 90% des Vermögens besitzen, aber auch
beim Immobilienvermögen, wo nur 10% über 70% des Vermögens
besitzen, ist einem kritischen Bericht der Menschenrechtsorganisation
FIAN Österreich / Evangelische Entwicklungszusammenarbeit
vom September 2005 zu entnehmen. Darin werden auch Versäumnisse
der Politik in Bezug auf die Steuerreform moniert: „Im Zuge
der Steuerreform wurde leider auch darauf verzichtet, eine Grundsicherung
in Form einer Negativsteuer bereitzustellen und damit eine äußerst
wirksame Methode der Armutsbekämpfung aus der Hand gegeben.“
Dumpinglöhne sind keine Lösung
Mit dem Schlagwort von der „Flexibilisierung der Arbeitszeit“
sprechen sich die Spitzen der Industrie für einen Weg aus,
dem seriöse Wirtschaftsforscher wenig abgewinnen können.
Durch eine Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich
wird letztlich nur die die Kaufkraft reduziert, diese schwächt
wiederum die Binnenkonjunktur weiter.
„Das bedeutet, dass eine Arbeitszeitverlängerung
auf jeden Fall kein taugliches Mittel gegen die ohnehin dramatisch
hohe Arbeitslosigkeit und eine gebremste Wachstumsrate ist“,
lehnt der steirische AK-Präsident Walter Rotschädl
entschieden eine „kalte Lohnsenkung“ ab. Die österreichische
Wirtschaft zeichnet sich seiner Ansicht nach schon seit den vergangenen
Jahren durch ein hohes Maß an Flexibilisierung und eine
kräftige Steigerung der Produktivität aus. Der AK-Präsident
wendet sich vor allem gegen die Beispielwirkung einzelner Verlängerungsmodelle.
Längere Arbeitszeiten machen die Wirtschaft im internationalen
Wettbewerb nicht konkurrenzfähiger, wie ein Vergleich der
Arbeitsproduktivität zeigt.
„Kurze Arbeitszeiten sind eine Produktivitätspeitsche
für die Unternehmen, während längere Arbeitszeiten
nur einen Anlass zur Zeitverschwendung geben“, haben auch
die Untersuchungen des Gelsenkirchener Instituts Arbeit und Technik
ergeben. Wirtschaftswissenschafter weisen auf den Zusammenhang
zwischen Arbeitsplatzmangel und erhöhter Flexibilisierung
in der wirtschaftlichen Organisation hin. Die Arbeitszeit in einigen
Branchen zu erhöhen bedeute, dass die Personen, die Arbeit
haben, ihren Job behalten, während die Arbeitslosigkeit weiter
ansteige.
Binnenkaufkraft schwächelt
Das Sinken der Einkommen in den unteren Schichten bleibt nicht
ohne Folgen für den Binnenkonsum. Guger: „Stagnierender
Konsum ist eindeutig eine Folge stagnierender Löhne.“
Eine aktuelle Kaufkraftstudie von der KMU Forschung Austria zeichnet
diesbezüglich ein ambilvalentes und keineswegs rosiges Bild,
insbesondere was die Situation in der Steiermark betrifft. Die
nominelle Kaufkraft ist in Österreich von 2001 auf 2004 zwar
um 8,1% gestiegen, aber die Erhöhung der nationalen Kaufkraft
ist dabei ungleicher auf die Bevölkerung verteilt als die
Jahre zuvor, was sich auch im gleichzeitigen Anstieg bei den staatlichen
Aufwendungen für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ausdrückt,
die im selben Zeitraum um rund 21% bzw. rund 46 % gestiegen sind.
Vier der zehn kaufkraftschwächsten Bezirke liegen mit Feldbach,
Murau, Fürstenfeld und Hartberg in der Grünen Mark.
Trotz relativ hoher Kaufkraft in der Landeshauptstadt Graz belegt
die Steiermark damit im Bundesländerranking nur hauchdünn
den 7. Platz vor dem Burgenland und Kärnten. Der Grenzbezirk
Feldbach in der Steiermark verfügt mit nur 75% der nationalen
Kaufkraft über das geringste Einkommen pro Einwohner in der
Steiermark.
Weiterhin alarmierende Arbeitslosenzahlen
Sinkende Löhne verursachen geringere Kaufkraft – und
diese wiederum wirkt sich negativ auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt
aus. Im Oktober 2005 waren nach offiziellen Zahlen 237.582 Personen
bundesweit arbeitslos gemeldet, das ist der höchste Stand
in der Zweiten Republik. Auch hier macht die Steiermark keine
sehr gute Figur, liegt sie doch mit einer Zunahme im Jahresvergleich
von 8,3 Prozent nur knapp hinter Kärnten und damit deutlich
höher als der Bundesschnitt von 5,8 Prozent. Damit sind in
diesem Herbst 30.700 Menschen in der Steiermark ohne Job. Besonders
betroffen sind auch diesmal die Leih- und Leasingarbeiter mit
einem Plus von 35 Prozent sowie die Tourismus- und Gesundheitsbranche.
Zurück zu gerechterer Einkommensverteilung
Die Ansichten über Möglichkeiten für eine Rückkehr
zu einer sozial ausgewogeneren Gesellschaft sind naturgemäß
geteilt. Während die Apostel einer heilen (Markt)Wirtschaftswelt
meinen, dass Markt und Wettbewerb als regulative Systeme funktionieren
können, fordern kritische WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen
die Renaissance des Sozialstaates. „Die Herausforderungen
einer globalisierten Arbeitswelt müssen nicht zu mehr Ungleichheit
führen“, betont Guger: „Es kommt darauf an, von
Seiten des Staates den Ausbau der sozialen Grundelemente nicht
weiter zu vernachlässigen, z.B. kann nur ein breites, allen
sozialen Schichten zugängliches Qualifizierungs- und Bildungsangebot
Armut nachhaltig verhindern helfen.“
Dazu bedarf es aber finanzieller Mittel. Angesichts des Anstiegs
der Kapitaleinkommen und des Rückgangs der Lohneinkommen
fordert die „Steuerinitiative“ im Österreichischen
Gewerkschaftsbund (www.steuerini.at) zur Finanzierung der Aufgaben
des Sozialstaates unter anderem die (Wieder)einführung der
Vermögenssteuer, die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe,
die Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer, die
Tobin Tax und die Schließung von Steueroasen und Steuerschlupflöchern
(z.B. bei Stiftungen).
Ausweg Grundeinkommen?
Vor kurzem wurde in Wien der Kongress „Grundeinkommen –
in Freiheit tätig sein“ auf Initiative von Attac und
den Netzwerken Grundeinkommen (siehe Interview mit Dr. Lieselotte
Wohlgenannt auf Seite 3) abgehalten. 300 WissenschafterInnen und
VertreterInnen politischer und sozialer Initiativen erörterten
Perspektiven für eine Gesellschaft jenseits der Chimäre
Vollbeschäftigung. Im Mittelpunkt standen bei den kontrovers
geführten Diskussionen die Realisierungschancen für
ein bedingungsloses Grundeinkommen und Fragen nach dessen Höhe
und Finanzierung im Vordergrund.
Volkswirt Dr. Gerhard Wohlfahrt:
„Grundeinkommen für alle ist bei entsprechendem politischem
Willen realisierbar.“
Dr. Gerhard Wohlfahrt vom Institut für
Volkswirtschaftslehre der Uni Graz sieht die Voraussetzungen für
ein solches Grundeinkommen abseits aller moralischer Implikationen
bei entsprechendem politischen Willen gegeben, denn dieses ist
in Österreich (wenn auch auf niedrigem Niveau) zumindest
für nicht arbeitsfähige Personen ohnehin „nahezu
verwirklicht“. Schwer vorauszusehen seien aber die Nebeneffekte,
so Wohlfahrt, denn „nur bei konstantem Arbeitsangebot und
Produktionsniveau sei der Kuchen (BIP) ausreichend“ für
die Finanzierung dieses gesellschaftlichen Experiments.
Josef Schiffer
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„Ein
Grundeinkommen würde heißen, dass jene, die jetzt zu
wenig haben, einigermaßen genug haben.“
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Wenn ich die Leute frage: "Würden Sie selber nicht
mehr arbeiten?" Dann bekomme ich zur Antwort: "Ich natürlich
schon, aber die anderen wahrscheinlich nicht."
Grundeinkommen für alle?
Am 9. Oktober ging in Wien der internationale Kongress „Grundeinkommen
– in Freiheit tätig sein“ zu Ende. 300 ExpertInnen
diskutierten über ihre Standpunkte aus gesellschaftlicher und
wirtschaftlicher Sicht. Gerlinde Knaus war vor Ort und sprach für
KORSO mit Lieselotte Wohlgenannt, Netzwerk Grundeinkommen
und sozialer Zusammenhalt Österreich und wissenschaftliche
Mitarbeiterin der Katholischen Sozialakademie Österreichs.
Lieselotte Wohlgenannt >
wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Netzwerk Grundeinkommen und
der Katholischen Sozialakademie Österreichs;
< Wolfram Otto, Ralf Welter und Gerhard Wohlfahrt beschäftigten
sich mit Finanzierungsmodellen
Bei dem Kongress kamen ganz unterschiedliche Ansätze
und Vorstellungen zur Sprache. Welches Grundeinkommens-Modell
stellen Sie sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin des österreichischen
Netzwerkes Grundeinkommen und Vertreterin der katholischen Soziallehre,
vor?
Die Positionen der TheoretikerInnnen zeigen eine große Spannbreite.
Das eine Extrem sieht eine Veränderung von Gesellschaft und
Wirtschaft vor und das andere Extrem ist das Liberale: Wir ersetzen
den Sozialstaat durch das Grundeinkommen-Modell, dann können
die Leute selber entscheiden, was sie tun. Die ganze Gesellschaft
revolutionär umzukrempeln, ist hoffentlich nicht realistisch.
Außerdem hat sich z.B. im früheren Osteuropa gezeigt,
dass solche Versuche meist fehlschlagen.
Beim anderen Extrem beruft man sich auf die Idee der Negativsteuer
des amerikanischen Nobelpreisträgers Milton Friedmann, der
gemeint hat, dass es eine Schande sei, dass in Amerika Menschen
trotz Erwerbsarbeit in Armut leben. Demnach sollen Geringverdiener
eine Negativsteuer ausbezahlt erhalten. Das Modell der katholischen
Sozialakademie und des Netzwerkes sieht vor, dass das Grundeinkommen
im Sozialstaat integriert ist. Das hieße, einerseits die Sozialversicherung
und andererseits das Steuersystem anpassen. Im Moment ist es so,
dass der gesamte Sozialstaat fast ausschließlich über
erwerbszentrierte Abgaben finanziert wird.
Wenn für die Einführung eines Grundeinkommens eine
Steuer- und Abgabereform notwendig wäre, welche Quellen müsste
der Staat anzapfen?
Der Umbau des Steuersystems ist wichtig, weil Erwerbsarbeit zurückgeht
und es deshalb immer schwieriger wird, die Sozialversicherung über
Erwerbsarbeit zu finanzieren. D.h. man muss die Abgaben für
die Finanzierung des Sozialstaates auf eine breite Basis stellen.
Darüber hinaus könnten manche Formen von Gewinn stärker
besteuert werden v.a. dann, wenn es um reine Geldkapitaltransfers
geht (Stichwort Tobin-Steuer). Weiters bedürfte es einer vermehrten
Besteuerung von Energie und nicht-erneuerbarer Ressourcen.
Könnte ein Grundeinkommen nicht eine Falle sein auf
dem Weg zur solidarischen Verteilung der Arbeit? Arbeitszeitverkürzung
wäre ja dann nicht nötig.
Wir haben ja schon Arbeitszeitverkürzung in Form von Arbeitslosigkeit,
von Teilzeitbeschäftigung, von Werkverträgen von befristeten
Verträgen, geringfügigen Beschäftigungen. Arbeit
wird mehr verteilt, als uns bewusst ist. Ein Großteil der
Frauen ist sowieso schon teilzeitbeschäftigt, während
Männer ja auch weniger arbeiten, wenn die Tendenz zur Teilzeitarbeit
und die Zeiten der Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden.
Die Tatsache, dass ohnehin schon viel gekürzt wurde, wird bei
der Diskussion um die 35-Stunden-Woche übersehen. D.h. die
Frage der 35-Stunden-Woche wurde durch die Flexibilisierung und
durch die einzelnen Kollektivverträge bereits unterlaufen.
Auf der anderen Seite gibt es große Bereiche unbezahlter Arbeit,
die nicht als Arbeit gelten, etwa soziale Tätigkeiten.
Die Meinungen gehen, was die Höhe des Grundeinkommens
betrifft, auseinander. Welchen Betrag sehen Sie als akzeptabel
bzw. realistisch?
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist klar, dass es nicht viel mehr
als das zum Leben Notwendige sein kann. Die Höhe würde
sich etwa zwischen Sozialhilfe und Ausgleichszulagen bewegen. Das
wären etwas über 600 Euro pro Monat, wobei zu bedenken
ist, dass jede einzelne Person in einer Familie oder in einer Gemeinschaft
ein Grundeinkommen beziehen würde. Dieses Modell sieht vor,
dass man dazu verdienen darf, was man will. Für das zusätzliche
Einkommen müssten Steuern an das Finanzamt bezahlt werden,
allerdings bleibt das Grundeinkommen in jedem Fall unangetastet.
Ein Grundeinkommen bringt viele Freiheiten. Deshalb taucht
auch die Frage auf, wie der Anreiz, weiterhin einer Lohnarbeit
nachzugehen, gesteigert werden könnte.
Wenn ich die Leute frage: „Würden Sie selber nicht
mehr arbeiten?“ Dann bekomme ich zur Antwort: „Ich natürlich
schon, aber die anderen wahrscheinlich nicht.“ Die Menschen
arbeiten gerne, schon deswegen, weil mit der Arbeit ein soziales
Umfeld verbunden ist. Es werden sicherlich Leute vorübergehend
aussteigen, um Dinge zu tun, die ihnen wichtig sind, wie z.B. eine
Familie gründen, eine Ausbildung nachholen, Haus bauen etc.
Ich denke, dass es zukünftig mehr von den Arbeitsbedingungen
abhängen wird. Die Arbeitgeber werden sich bemühen müssen,
ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen, so dass die Leute gerne
arbeiten. Die Arbeit hat eine ganz andere Qualität, wenn sie
vom Zwang der Einkommenserzielung befreit wird.
Wenn es um das Grundeinkommen geht, gibt es immer wieder
heftige Diskussionen. Auch bei diesem Kongress war das so und
man hat den Eindruck, dass die Realisierung eines Grundeinkommens
bei so vielen unterschiedlichen Positionen noch weiter in die
Ferne rückt.
Bleibt es vorerst bei der Diskussion oder welche weiteren Schritte
wären für die Umsetzung notwendig?
Grundsätzlich ist es wichtig, dass man über die Idee
diskutiert dann wird man schon sehen, in welche Richtung es sich
realistisch entwickeln kann. Ein Grundeinkommen würde natürlich
heißen, dass jene, die jetzt zu wenig haben, einigermaßen
genug haben. Es wird für Grundbedarfsgüter ausgegeben
und das gibt wieder Steuern und Abgaben für den allgemeinen
Topf.
Möglichst viele Menschen sollen zur Überzeugung kommen,
dass ein Grundeinkommen der nächste soziale Schritt ist, den
wir brauchen. Genauso wie niemand mehr das allgemeine Wahlrecht
oder das Recht auf Bildung in Frage stellt, müsste das Recht
auf Leben, das wir ja mit der Sozialhilfe haben, außer Streit
gestellt werden. Es ist klar, dass Kranken- und Pensionsversicherung
so gestaltet sein muss, dass Arbeit zum Grundeinkommen dazu kommt
und dass ein gewisser Lebensstandard gegeben ist. Ich würde
es etwa so kombinieren: Grundeinkommen als Fundament, Erwerbsarbeit
und die damit verbundenen Sozialversicherungen als Lebensstandardsicherung.
Danke für das Gespräch!
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Währungskonkurrenz
und Supermachtsrivalität:
Euro contra Dollar |
Vortrag und Diskussion mit: Dr. Winfried Wolf,
Herausgeber der „Zeitung gegen den Krieg“, Mitglied
des wissenschaftlichen Beirats von Attac Deutschland, ehemaliger
PDS-Bundestagsabgeordneter, BRD
Sonntag 13. November, 15 Uhr | Grüne Akademie, Paulustorgasse
3/I, Graz
Alle reden von Globalisierung. Tatsächlich war die Macht der
weltweit operierenden Konzerne noch nie so groß wie heute.
Doch es gibt im Rahmen der globalen Ökonomie auch eine andere
Realität: die neue Herausbildung einer Triade von drei großen
Blöcken – Nordamerika, Japan und Europa – und die
verstärkte Blockkonkurrenz zwischen USA und EU.
Veranstalter: Steirische Friedensplattform |
Verein für soziale Stadtentwicklung | Grüne Akademie
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Steiermärkische eröffnet ihr „s Beratungscenter“
in der City
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Nach dem in Rekordzeit von nur zweieinhalb Monaten abgeschlossen
Umbau wurde in der ehemaligen Hauptanstalt der Steiermärkischen
Sparkasse die neue Beratungsabteilung eröffnet, die vielfältige
Serviceleistungen unter einem Dach vereint. Damit kann das nunmehr
größte Beratungscenter im Süden Österreichs
seinen Betrieb aufnehmen, wie Vorstandsvorsitzender Mag. Gerhard
Fabisch stolz verkündete.
Geballte Beratungskompetenz
Das neue s BeratungsCenter reicht vom Erdgeschoß
bis zum neuen Zwischengeschoß und bietet auf 2.200 m²
die Fachbereiche wohn2Center, Regionalzentrum City, FreiberuflerCenter,
GründerCenter und den zuvor im Rathaus angesiedelten Münzshop.
Im Foyer befinden sich neben dem Nachttresor zahlreiche Geldausgabe-
und Überweisungsautomaten. Das klassische Servicegeschäft
der alten Hauptanstalt können die Kunden bereits seit Juni
2005 in der Filiale Rathaus abwickeln. Im s BeratungsCenter stehen
den rund 17.000 Kunden über 60 Mitarbeiter zur Verfügung,
dessen Leitung der bisherige Chef des wohn2Center Kurt Suppan
übernimmt. Neben der gewohnt professionellen Beratung
will er das s BeratungsCenter als Kommunikations- und Veranstaltungszentrum
für die Kunden anbieten, wodurch in der Innenstadt wesentliche
Impulse gesetzt werden können.
Moderne Architektur – multimedial und barrierefrei
Die Revitalisierung des Gebäudes war aus verschiedenen Gründen
unumgänglich, erläutert Fabisch: „Mit dem neuen
s BeratungsCenter wollen wir uns kein Denkmal setzen! Der Umbau
war notwendig, weil die Gebäudesubstanz unbedingt zu optimieren
war, nicht zuletzt aufgrund der hohen Energieverluste in der kalten
Jahresszeit.“
Für die Innenarchitektur wurde Architekt Martin Kiesel
verpflichtet, während für Fassade und die Gestaltung des
Sparkassenplatzes das Architekturbüro Szyszkowitz-Kowalski
verantwortlich zeichnet. Die Eingangshalle ist barrierefrei gestaltet
und symbolisiert durch ihre hohe Glasfassade die Öffnung nach
außen. Mit elf LCD-Bildschirmen und einem Videobeamer besteht
eine vielseitig nutzbare multimediale Infrastruktur. Die Kosten
für das s BeratungsCenter betragen Euro 2,3 Mio. sowie Euro
620.000,- für die Revitalisierung des Sparkassenplatzes, der
wieder weitläufiger und damit attraktiver werden soll. Funktion,
Design und Architektur sind nun mit dem Umbau auf einen Nenner gebracht.
„Die Steiermärkische Sparkasse bekennt sich zum Standort
Grazer Innenstadt“, so Fabisch und will diesen durch ihre
Investition aufwerten. Integriert in das Center ist das neue Cafe-Restaurant
„blounge“, das innen 80 Sitzplätze und 100 Sitzplätze
am Sparkassenplatz bietet.
– js –
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Gründerinnenzentrum
Steiermark goes Slovenia |
Das Gründerinnenzentrum Steiermark lud am 28. Oktober zur Auftaktveranstaltung
des steirisch-slowenischen Kooperationsprojektes „Female Entrepreneurship
– Ein Vergleich der Strukturen Sloweniens und der Steiermark“.
NRAbg. Ridi Steibl und Mag. Gerhild Janser
vom Gründerinnenzentrum organisierten das Treffen mit slowenischen
Unternehmerinnen
NRAbg. Ridi Steibl, Initiatorin des Gründerinnenzentrums,
begrüßte die steirischen und die slowenischen Unternehmerinnen:
„Mit diesem innovativen Projekt möchten wir den Austausch
zwischen weiblich geführten Unternehmen in Slowenien und in
der Steiermark intensivieren. Überregionale Partnerschaften
und Kooperationen mit anderen Gründungsinitiativen sind wichtige
Elemente unserer Arbeit im Gründerinnenzentrum“, betonte
Steibl.
Mag. Vida Perko vom slowenischen Partnerprojekt
„Ekonomski Institut Maribor“ stellte in ihrem Referat
die slowenische Gründungslandschaft vor: „Was in Slowenien
noch fehlt, ist die intensive Betreuung von Unternehmensgründerinnen
in Form von Coachings und auch Infrastrukturangebote wie ein Gründerinnenzentrum.“
Die Gründerinnenexpertin Irmgard Pelzmann
zur steirischen Gründungslandschaft: „Im Bereich der
Gründungsförderung sind frauenspezifische Beratungsansätze
von großer Bedeutung, da Frauen großteils in anderen
Branchen gründen als Männer und anders strukturierte Unternehmen
führen.
Am Nachmittag präsentierten die Teilnehmerinnen in einer südsteirschen
Buschenschank ihre Dienstleistungen und Produkte, um die thematische
Vernetzung zu vertiefen. Im Rahmen einer Abschlussdiskussion wurde
die Kooperation zwischen der Steiermark und Slowenien konkretisiert.
Infos:
Gründerinnenzentrum Steiermark, Nikolaiplatz 4/II, 8020 Graz
| T +43-316-720 810 | Fax +43-316-720 810-12 | office@gruenderinnenzentrum-stmk.at
| www.gruenderinnenzentrum-stmk.gv.at
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Das
BIC auf Erfolgskurs – gelungenes „Come Together“! |
Das BIC auf Erfolgskurs – gelungenes „Come Together“!
Nach dem Motto „Bau dir deine Kontakte auf, bevor du sie brauchst!“
startete das Bildungscenter Steiermark (BIC) den vierten Durchgang
des höchst erfolgreichen „BUSINESS Cross Mentoring“-Projekts.
Aufstrebende Jungakademikerinnen lernten erstmals ihre hochkarätigen
MentorInnen kennen. Beim so genannten „Come Together“
haben sich viel versprechende Tandems zusammengefunden! Im Rahmen
eines Netzwerkes von über 700 steirischen MentorInnen aus den
unterschiedlichsten Wirtschaftssparten finden Arbeitsuchende, Berufstätige,
WiedereinsteigerInnen und UnternehmerInnen berufliche Unterstützung
und zahlreiche Serviceangebote. Bettina Stein,
Leiterin des BIC, zeigt sich besonders stolz über die großartigen
beruflichen Erfolge der „high potential Akademikerinnen“,
welche diese aufgrund der Berufsbegleitung durch MentorInnen vergangener
„BUSINESS Cross Mentoring“-Projekte erzielen konnten.
Die Chance, die „gläserne Decke“ zu durchbrechen,
hat sich nun für 22 neue Mentees ergeben.
Bettina Stein (BIC)
freut sich über den Start des neuen Durchganges ihrer „BUSINESS
Cross Mentoring“-Projekte
Am 28. September 2005 startete ein neuer Projektdurchgang: MentorInnen
wie Mag. Ludwig Rader, KoR Anton van Heesen, Mag. Thomas
Böck, Dr. Hella Ranner, Mag. Herwig Straka und Dir.
Hans Jörg Langer haben sich bereit erklärt ihre
Mentees bestmöglich zu unterstützen.
Nähere Infos über die Angebote des BIC – Bildungscenter
Steiermark: www.bic.cc und www.bildungspass.net
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Lernfest
2005 war ein voller Erfolg! |
270 aktiv Mitwirkende und an die 2500 TeilnehmerInnen haben am 26.
Oktober beim Lernfest im Stift St. Lambrecht einen spannenden „Lerntag“
erlebt. Bereits zum zweiten Mal veranstaltete das Bildungsnetzwerk
Steiermark in Kooperation mit dem Stift St. Lambrecht und regionalen
Einrichtungen diesen Event, bei dem das Thema Bildung und Lernen
im Mittelpunkt stand. Monatelang hat ein engagiertes Team zusammen
mit regionalen Bildungs- und Kultureinrichtungen, Museen, Schulen,
innovativen Betrieben und Institutionen ein spannendes Programm
vorbereitet. Eröffnet wurde das Lernfest durch Landesrätin
Mag. Kristina Edlinger-Ploder, Abt Otto
Stromaier, Mag. Grete Dorner und den Bürgermeister
von St. Lambrecht, Johann Pirer.
Lernen als Entwicklungsfaktor Nummer Eins. An Hand der für
die Region aktuellen Themenbereiche wie „Holz“, „Geschichte
und Erinnerungen“, „Gesundheit und Ernährung“,
„Kreativität“, „Persönlichkeitsbildung“
und „interkulturelles Leben“ wurde der Blick für
die damit verbundenen Lerndimensionen geschärft. Alle Besucherinnen
und Besucher waren zum Mitmachen und Mitwirken eingeladen. In Workshops,
Schnupperkursen und zahlreichen Aktionen wurde vermittelt, dass
Spaß und Lernen zusammengehören. Ein Rahmenprogramm garantierte,
dass jede(r), unabhängig vom Alter und Vorbildung, mit Sicherheit
etwas Passendes für sich entdecken konnte.
Mag. Grete Dorner
Leiterin des Bildungsnetzwerkes Steiermark
Baustein einer „lernenden Region Steiermark“
Lernfeste sind eine wichtige Initiative, um Menschen jeden Alters
zum Lernen zu motivieren. Sie bieten die Möglichkeit, das breite
Spektrum der Angebote – die „Wissens-Schätze einer
Region“ sichtbar zu machen. Der Erfolg und die große
Zahl der TeilnehmerInnen liegen im Zusammenwirken vieler in der
Region engagierter Menschen begründet.
Mit den Lernfesten zeigt das Bildungsnetzwerk Steiermark als Koordinationsstelle
der steirischen Erwachsenenbildung, wie mit geringen finanziellen
Mitteln, die zielgerichtet und effizient in Koordinationstätigkeit
investiert werden, starke Impulse zum Thema Lernen in einer Region
gegeben werden kann. „Gerade im Hinblick auf die Bedeutung
des lebensbegleitenden Lernens werden Lernfeste auch in Zukunft
wichtige Initiativen darstellen“, ist Grete Dorner, die Leiterin
des Bildungsnetzwerkes, überzeugt. Über das von Land Steiermark,
bmbwk und aus Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds unterstützte
Pilotprojekt „lernende Region Steiermark“ können
bis Ende 2006 weitere Aktivitäten durchgeführt werden.
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