korso Wirtschaft / Arbeit / Bildung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
10/2005
     
    UMDENKEN: Frauenqualifizierung gegen den Fachkräftemangel


Um mittelfristig den trotz Arbeitslosigkeit in manchen Regionen bzw. Branchen bestehenden Mangel an Fachkräften in der Steiermark abzudecken, ist es dem AMS ein Anliegen, das weibliche Potenzial an Arbeitskräften zu aktivieren – und zwar so, dass die Frauen sich stärker jenen Berufen zuwenden, in denen Arbeitskräftemangel herrscht. Die stellvertretende AMS-Landesgeschäftsführerin Dr. Herta Kindermann-Wlasak: „Durch ein Aufbrechen der traditionellen Rollenbilder bei der Berufswahl können wir nicht nur die Arbeitslosigkeit bei den Frauen senken sondern auch einen Teil des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft decken.

Herta Kindermann-Wlasak: Plädoyer für ein Aufbrechen der traditionellen Rollenbilder bei der Berufswahl

Hier muss – viel stärker als bisher – ein Umdenken auf allen Seiten greifen, in der Wirtschaft und den Betrieben ebenso wie bei den Frauen selbst, aber auch im Ausbildungssystem und im Elternhaus.“

Das Arbeitsmarktservice hat seine Aktivitäten heuer in Richtung „Frauen in technisch-handwerkliche Berufe“ verstärkt. In den neun steirischen Zentren für Ausbildungsmanagement (ZAM) werden Frauen Orientierungshilfe, Unterstützung, Beratung und Ausbildungsmöglichkeiten auf dem Weg in aussichtsreiche Karrieren geboten. Die ZAM verfügen über das entsprechende Know-how im Zusammenführen von jeweiligem Qualifikationsbedarf und bestehendem Ausbildungsangebot, wobei hier immer stark mit der regionalen Wirtschaft kooperiert wird. Mit Ende August waren etwa 700 der über 1200 geplanten Ausbildungsplätze für ZAM-Vorfeldmaßnahmen besetzt. In den Maßnahmen der ZAM-Frauenstiftung befinden sich derzeit etwa 280 Frauen. Der Zugang zum Angebot der ZAM führt über die regionalen Geschäftsstellen des steirischen Arbeitsmarktservice.

 

„Es ist Zeit, neuen Schwung in die ökologischen Bestrebungen des Landes zu bringen“
< Franz Voves: „Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen hat eine Neuorientierung der Bildungspolitik oberste Priorität“


Im Wahlkampf standen naturgemäß die zentralen Themen Wirtschaftspolitik und – angesichts der Skandale der letzten Monate – die Kontrolle im Vordergrund. Dennoch haben Sie auch in ein paar anderen Bereichen Akzente gesetzt. In der Umweltpolitik haben Sie mit einigen „grünen“ Vorstellungen aufhorchen lassen: Dazu gehörte die Forderung nach einer Energiepolitik, die längerfristig Energie-Autarkie anstrebt, ebenso wie die Aufwertung des Politikzieles „Nachhaltigkeit“ durch die Schaffung einer eigenen Abteilung. Welchen Stellenwert werden diese Vorstellungen in den nun beginnenden Parteienverhandlungen haben?

In meinen zehn Erneuerungsversprechen habe ich angekündigt ein Ressort „Umwelt und Zukunfts­energien“ einzurichten, das ohne Interessenskollisionen die Anliegen der Menschen und der Umwelt gleichermaßen vertritt. Es ist Zeit, neuen Schwung in die ökologischen Bestrebungen des Landes zu bringen. Am Sektor „Energie“ etwa eröffnet sich dafür ein weites Feld. Gerade die Steiermark mit ihrem Holzreichtum kann im Einsatz dieses Energieträgers zur Energiegewinnung Maßstäbe setzen; mit Fluss-Kleinkraftwerken, Biomasse- und Windkraftwerken, Solar- und Wärmepumpenanlagen können teure Energieabhängigkeiten reduziert und die „energieautarke Steiermark“ nach und nach Wirklichkeit werden. Die steirische Vorbildstadt Weiz mit ihren international gewürdigten Projekten zeigt, wie Wohnen in Niedrig-Energiehäusern ohne jeglichen Komfortverlust machbar ist. Die Umgestaltung der steirischen Wohnbauförderung nach solchen Kriterien (20 kWh/m2/p.a.) ist für die SPÖ Steiermark eine unbedingte Notwendigkeit. Ebenso wie das stärkere Mitwirken der EStAG bei umweltfreundlicher und alternativer Energieproduktion und die Einführung neuer Formen der Förderung für die einschlägige innovative Wirtschaft und die aufgeschlossenen Abnehmer. Diese unsere Vorstellungen werden daher einen sehr hohen Stellenwert bei den Parteienverhandlungen haben.

Ebenso hoch wie Ihr Wahlsieg sind nun natürlich auch die Hoffnungen nach einer „demokratischen Durchflutung“ des Landes, wie es Bruno Kreisky ausgedrückt hätte. Dazu gehört eine funktionierende regionale Presselandschaft. Mit der Abschaffung der Landespresseförderung hat sich aber die Abhängigkeit der Medien von den PR-Aktivitäten der öffentlichen Hand erhöht; kritische Stimmen wurden solcherart eingedämmt. Können Sie sich eine Wiedereinführung der Presseförderung unter besonderer Berücksichtigung kleinerer Medien – etwa durch Sockelbeträge – und der journalistischen Qualität – etwa durch Förderungen ausschließlich für Qualifizierung und Personal – vorstellen?

Ich möchte diese Frage erst beantworten, wenn nach den Regierungsverhandlungen die Zuständigkeiten geklärt sind.

Die SPÖ wird nun den Vorsitzenden des Landesschulrates stellen: In der Bildungspolitik hat sich die steirische ÖVP in den letzten Jahren sozialdemokratischen Positionen angenähert – v.a., was die Forderungen nach der Ganztags- und der Gesamtschule betrifft. Unabhängig von der endgültigen Ressortaufteilung: Werden Sie diesem Prozess einer Neuorientierung der Bildungspolitik nun besondere Priorität beimessen?

Die Sozialdemokratie sieht in der Bildung die Voraussetzung für die Bewältigung der künftigen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir treten für ein Bildungssystem ein, das unterschiedliche soziale, regionale und geschlechtsspezifische Barrieren abbaut und die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit in solidarischer Beziehung zum Mitmenschen fördert. Dieses Bildungssystem basiert auf den Grundsätzen der Freiheit der Lehre und – im universitären Bereich – der Freiheit der Forschung. Wissen muss ein Allgemeingut sein, welches nicht exklusiv jenen vorbehalten bleibt, die sich den Erwerb leisten können. Nur das Grundrecht auf Bildung in allen Bereichen kann dafür sorgen, dass unser Land die Innovation vorantreibt und damit das Bildungsland Steiermark auch zum Lebensland Steiermark macht. Die steirische SPÖ setzt in diesem Zusammenhang auf ihr zukunftsweisendes Bildungskonzept „Schule ohne Schultasche“. Grundsätzlich geht es dabei um die Einführung einer Ganztagsschule für alle Schulstufen sowie einer Gesamtschule in Form einer modernen, fünfjährigen, allgemeinbildenden Oberstufe mit verschiedenen Schwerpunkten und Abschlüssen. Ferner enthält es die Vorschläge, dass künftig anstatt der teuren Schulbücher Internet-Skripten verwendet werden und – im Sinne der Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen – täglich mindestens eine Stunde Sportunterricht abgehalten wird. Unabhängig davon, wie die Regierungsverhandlungen ausgehen, kann ich versichern, dass eine Neuorientierung der Bildungspolitik für die steirische SPÖ oberste Priorität haben wird.

Eine ihrer zentralen Forderungen im Wahlkampf war die Errichtung einer so genannten „Steiermark-Holding“. Nun, mit den geänderten Mehrheitsverhältnissen, könnte diese Forderung realisiert werden. Ein Grund mehr, noch einmal genauer zu erklären, was Sie darunter verstehen …

Ziel der „Steiermark-Holding“ ist die langfristige Absicherung und die Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes Steiermark und somit von bestehenden und künftigen steirischen Arbeitsplätzen. Steirische Headquarter, vor allem im Klein- und Mittelbetriebsbereich mit Chancen auf Expansion, sind bei ihren Produkt- und Dienstleistungs-Innovationen zu unterstützen. Beteiligungen des Landes über die so genannte „Steiermark-Holding“ (Privat-Public-Partnership-Modell /PPP), vor allem im Forschungs- und Entwicklungsbereich, könnten langfristig diese Unternehmen zu europaweit bzw. sogar weltweit erfolgreichen Nischen-Spezialisten entwickeln. An dieser „Steiermark-Holding“, an der die öffentliche Hand mehr als 50% halten soll, können sich Finanz-Dienstleister, private Industriebetriebe etc. beteiligen. Diese Holding erwirbt dann schrittweise, unter Umständen gemeinsam mit Mitarbeiterbeteiligungs-Modellen, strategische Mehrheiten an künftigen steirischen Leitbetrieben im Industrie- und Dienstleistungsbereich. Diese Beteiligungen können auch zeitlich begrenzt sein. Das Land wird sich dabei keinesfalls in interne Abläufe der jeweiligen Unternehmen einmischen, sondern erst dann aktiv werden, wenn es um Standortentscheidungen zum Nachteil der Steiermark geht. Es geht schließlich darum, die steirischen Headquarter auf Dauer abzusichern. Denn wenn erst die Headquarter weg sind, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die Betriebsstätten verlagert werden. Derartige Beteiligungsmodelle werden übrigens in zahlreichen europäischen Ländern (z. B. in Finnland) bereits höchst erfolgreich gelebt.

 

 

„Erwartungen an die soziale Kompetenz nehmen zu“
< Univ.-Prof. Dr. Klaus Scala, Leiter des Zentrums für soziale Kompetenz


Univ.-Prof. Dr. Klaus Scala ist Leiter des Zentrums für Soziale Kompetenz, das von drei Grazer Universitäten (KFU, TU und Med-Uni) gemeinsam getragen wird. Mit ihm sprach Christian Stenner über die Bedeutung der sozialen Skills für (angehende) AkademikerInnen.

Stimmt der oft gehörte Eindruck, dass MaturantInnen heute tendenziell über geringere soziale Fertigkeiten verfügen als noch vor einer Generation?

Das würde ich so nicht sagen, Faktum ist, dass die Erwartungen an die soziale Kompetenz sowohl in der Arbeitswelt als auch bei der persönlichen Lebensgestaltung zunehmen. Und im Gegensatz zu früher wird sie nicht mehr nur von Führungskräften erwartet, sondern auch von MitarbeiterInnen. Dazu kommt, dass AkademikerInnen nicht so wie früher angestellt werden und dann bis zur Pensionierung an einem Arbeitsplatz tätig sind, sondern dass sie sich ihre Karrieren selbst stricken müssen. Das ist emotional und sozial sehr fordernd. Und schließlich verlangt eine reife Demokratie in immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Strukturen von den Bürgern zunehmend soziale Kompetenz.

Wie werden Ihre Kurse angenommen, aus welchen Bereichen kommt die stärkste Nachfrage?

Wir sind generell überbucht und können im Schnitt aller Kurse nur 60% der Angemeldeten berücksichtigen. Derzeit zählen wir ca. 1200 TeilnehmerInnen pro Jahr, die sich auf 20 thematisch unterschiedliche Lehrveranstaltungen aufteilen. Am meisten nachgefragt sind die Basics wie Kommunikationstraining, Gruppendynamik, Rhetorik und Mediation. Das Angebot ist Teil der universitären Lehrveranstaltungen und daher mit keinen Mehrkosten jenseits der Studiengebühren für die Studierenden verbunden. Nur das Basiscurriculum Mediationslehrgang ist kostenpflichtig, weil es nicht Teil eines Studienplans ist. Alle Veranstaltungen laufen als hoch professionelle Trainings ab, alle Lehrenden sind ausgewiesene ExpertInnen. Die Studierenden können sich den Besuch eines Trainings am Zentrum als „Wahlfach“ bzw. als „Freies Wahlfach“ anrechnen lassen.

Reicht das Angebot an einem Zentrum für die Vermittlung sozialer Kompetenz im Studium aus oder sollte soziale Kompetenz nicht in allen Fachstudien mitvermittelt werden?

Das Zentrum wendet sich an alle Studierenden der beteiligten Universitäten. Dadurch kommt es zu einer interdisziplinären Vermischung in den Kursen, eine hervorragende Voraussetzung zum Lernen sozialer Kompetenz, denn um die Fähigkeit zu fachübergreifender Kommunikation geht es ja. Dennoch muss es auch im Fachstudium Gelegenheiten zur Entwicklung kommunikativer Kompetenzen geben. Dies wiederum geht leichter, wenn die Studierenden von einem Kurs am Zentrum schon gewisse Basics drauf haben. Das Zentrum hat eine „Schuhlöffelfunktion“, anders kommt die soziale Kompetenz gar nicht erst in die Lernkultur einer ganzen Universität hinein.

Von 17. bis 18. November organisiert das Zentrum für Soziale Kompetenz eine Tagung zum Thema „Lebensphasen und Karriere – Personalmanagement im Miteinander der Generationen“ … eine aktuelle Frage angesichts der Tatsache, dass wir alle länger arbeiten sollen …

Viele Unternehmen und Organisationen haben ein sehr großes Ungleichgewicht in der Altersverteilung, unter anderem wegen der Pensionsreform nimmt in vielen Organisationen der Anteil der älteren Arbeitskräfte stark zu. Bis jetzt wurden dieser Frage sehr wenig Ressourcen gewidmet; letztendlich geht es im Sinn der Effizienzsteigerung darum, wie man dieses breiter gewordene Altersspektrum sowohl besser nutzbar für die Unternehmens- oder Organisationsziele als auch attraktiver für die MitarbeiterInnen machen kann.

Info: www.uni-graz.ac.at/cscwww

Zentrum für Soziale Kompetenz, Merangasse 70/II, A-8010 Graz
T +43 (0)316-380 - 36 36 | Fax +43 (0)316-380–92 70 | cscwww@uni-graz.at

 


 

Die Entmachtung der Finanzindustrie


Das Renner-Institut Steiermark lud gemeinsam mit dem Leykam-Verlag am 13. September zur Präsentation des Buches „Das Geld als Zauberstab und die Macht der internationalen Finanzmärkte“ von Dr. Erich Kitzmüller und Dr. Herwig Büchele. Passenderweise wurde die BAWAG Annenstraße als Veranstaltungsort ausgewählt und mit dem SPÖ-Budgetsprecher Dr. Christoph Matznetter saß ein profunder Experte der Finanzwelt mit am Podium.

Erich Kitzmüller, Moderator Wolfgang Riedler, Christoph Matznetter

Experten-Autoren
Als Leiter des Renner-Instituts eröffnete Karl-Heinz Herper den Abend, anschließend präsentierte der Sozialwissenschafter und Wirtschaftsphilosophie-Professor Erich Kitzmüller die Thesen des Buches. Dass dabei zwei Kenner der Finanzwelt am Werk waren, wurde bereits nach kurzer Zeit klar – beschäftigen sich Kitzmüller und Co-Autor Büchele, seines Zeichens Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Universität Innsbruck, doch bereits seit gut 20 Jahren in zahlreichen Publikationen mit Fragen alternativer Ökonomie, sozialer Ethik und Konzepten wie Grundeinkommen ohne Arbeit. In der Überzeugung, dass Fragen des Geldes – im Kleinen wie im Großen – alle Menschen angehen, ist den beiden Autoren ein Buch gelungen, das nicht auf Binnenkommunikation unter Finanzexperten setzt, sondern auch für Laien die Dynamik der Gesellschaft durch ihren Umgang mit Geld verständlich macht.

Regulierung tut not
Aus drei Thesenpaketen – zu Funktionen des Geldes, der Rolle der Finanzindustrie und der Bedeutung des „kleinen Geldes“ – leitete Kitzmüller ab, was aus Sicht der Autoren zur Regulierung der globalisierten Finanzmärkte notwendig wäre. Im Zeitalter der „Selbstinstrumentalisierung der Politik im Sinne der Finanzindustrie“ gehen sie der zentralen Frage nach, wer mit welchen Mitteln dem zunehmenden Druck der Finanzmärkte auf Staat und Gesellschaft Einhalt gebieten soll. Dass die international verflochtene Finanzindustrie eines Regulativs bedarf, steht für die Autoren angesichts der großen Zusammenbrüche in den 90er Jahren in Südostasien, Südamerika oder Russland außer Zweifel.

Geld und Finanzindustrie als Herrschaftsinstrumente
Da die „Zauberstab“-Funktion des Geldes durch sein Potenzial „anzusaugen und zu peitschen“ darin liegt, Macht und anonyme Herrschaft zu ermöglichen, wird die Politik zugunsten der Wirtschaft über kurz oder lang zu einem Auslaufmodell werden – so sie das nicht bereits ist. Die Finanzindustrie bestimmt als Taktgeber den Erfolg: Nicht die Inhalte stehen dabei im Vordergrund, sondern was schnellstmöglich maximalen Profit bringt. Obwohl die Finanzindustrie von der Realwirtschaft abgekoppelt ist – Siemens bezeichnete Kitzmüller als „Finanzunternehmen mit angehängtem Elektrogeschäft“ –, handelt es sich bei den großen Aufblähungen und Zusammenbrüchen nicht um „Casinokapitalismus“. Die Auswirkungen jeder Krise spüren ganz real die ArbeitnehmerInnen. Die Instabilität der Finanzmärkte macht im Zusammenspiel mit ihrem sozial destruktiven Auftreten durch ihre Interesselosigkeit an den Stakeholdern eine Regulierung notwendig. Dass dabei auch die Gesellschaft eine Rolle spielt, veranschaulicht der Themenkomplex zum „kleinen Geld“. Das Begehren nach Gütern zur sozialen Positionierung führt zwangsläufig zu einer Sucht nach Geld – herrscht doch stets Übertrumpfungsdruck. Somit sind gerade wir Menschen Schwachpunkte der Demokratie, weil wir mit Geld nicht umgehen können.

Der „Rat transnationaler Akteure“
Aus dieser Analyse des Status quo ergibt sich für die Autoren als Anforderung für die Zukunft einerseits eine Regulierung der Finanzmärkte, die aber nicht die Politik alleine leisten kann, und eine Repolitisierung der Gesellschaft im Sinne einer „Demokratie neu“, die mit Funktionen der Zivilgesellschaft angereichert werden muss. Zentraler „Kompass“ für die Regulierung ist für Kitzmüller und Büchele das gemeinsame Wohl der Menschen. Die Dringlichkeit des Anliegens unterstreichen drei Faktoren, die in Bewegung gekommen sind: Unternehmen sind unter den immer repressiver werdenden Vorgaben der Finanzindustrie fast nicht mehr führbar, die Politik versagt als Steuerungsinstrument, da sie sich vom Kapital selbst instrumentalisieren lässt, und eine globale Zivilgesellschaft ist im Entstehen, die bereits einige Erfolge, wie den Fall des MAI-Abkommens, für sich verbuchen konnte. Als Instrumente zur Regulierung kommen für die beiden Experten vor allem Kapitalverkehrskontrollen wie die Tobin-Steuer infrage. Bleibt nur die Frage, wer für deren Durchsetzung verantwortlich zeichnet. Da keiner der drei angesprochenen Bereiche Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft für sich allein den Steuerungsprozess leiten kann, plädieren die Autoren für die Schaffung eines sozialen Ortes, der alle Gruppen vernetzt – in Kitzmüllers und Bücheles Diktion der „Rat transnationaler Akteure“.

Bewusstseinsbildung jedes Einzelnen
Zusätzlich muss eine Repolitisierung der Gesellschaft abseits der klassischen Funktion der Politik auch von jedem Einzelnen selbst ausgehen. Neben einer Gruppensolidarisierung als Produzenten, Konsumenten oder Wähler wünschen sich die Autoren „eine neue Qualität in und zwischen den Personen“, die sie mit den Begriffen Wachheit, Freude, Selbstgefühl, Spiritualisierung, Anerkennung, Anerkennung geben und Kampf umschreiben.
Wie wichtig das Verhalten jedes Einzelnen im Zusammenhang mit der letztlich globalen Macht des Geldes ist, kann bereits jetzt an Erfolgen von Konsumenten in den Fällen Shell oder Nike abgelesen werden. Auch ethisches Investieren könnte Änderungen bringen, allerdings nur dann im gewünschten Ausmaß, wenn eine gesellschaftsübergreifende Vision geschaffen werden kann, die politische Willensbildung im Sinne human verträglicher Finanzpolitik ermöglicht.

Fehlende Theorien
In der anschließenden, von SP-Finanzstadtrat Dr. Wolfgang Riedler geleiteten Podiumsdiskussion hob Dr. Christoph Matznetter ein wesentliches Problem hervor: „Es fehlt ein Theoriegebäude zur Verteilung des Wohlstands. Wem steht der Mehrwert der Arbeit zu, die mit immer weniger Produzenten immer mehr erzeugt?“ Hier ortete der Bundesfinanzpolitiker der SPÖ die Chance der Sozialdemokratie, sprach sich aber nicht wie Kitzmüller für ein allgemeines Grundeinkommen aus, sondern für bedarfsorientierte Grundsicherung.

Iris Hipfl


Das Buch: Erich Kitzmüller, Herwig Büchele > Das Geld als Zauberstab und die Macht der internationalen Finanzmärkte.
2. Aufl. Berlin u.a.: LIT Verlag 2005 (= Beiträge zur mimetischen Theorie 18), 480 Seiten / 22,90 Euro

 

 

Bürgerkarte und USB-Stick in einem


Digitale Identifikationssysteme wie die Bürgerkarte haben gegenüber Passwörtern einen großen Vorteil: Sie sind nicht so leicht zu hacken und vielfältiger einsetzbar – im Idealfall könnte eine „Card“ als Legitimations„ausweis“für eine ganze Reihe von Identifikationsfällen – etwa gegenüber Behörden, Banken, Online-Shops etc – gelten. Die Notwendigkeit, sich Unmengen an Passwörtern und Usernamen zu merken, würde entfallen.

Der Nachteil: Die notwendigen Lesegeräte sind noch kaum in Standardcomputern eingebaut. Das in Graz und Berlin tätige Unternehmen „icomedias“ hat nun eine innovative Lösung gefunden: Die „Bürgercard“ ist in Form einer Sim-Card in einem USB-Stick integriert, der an jeden USB-Port angeschlossen werden kann. Eingesetzt wird der Stick im Bereich des Katastrophenschutzes des Landes Steiermark, wo es um hoch sensible Daten geht. MitarbeiterInnen des Katastrophenschutzes können sich auch im Einsatz mit dem Stick identifizieren und erhalten so unverzüglich Zugang zum Datenmaterial.

www.icomedias.com

 

  „JASG“: Leichterer Einstieg in die Lehre


Jugendliche sehen sich bereits seit Jahren mit einer äußerst angespannten Situation am Arbeitsmarkt konfrontiert. Insbesondere Pflichtschulabgänger sind in hohem Maße davon betroffen. Das Angebot an Lehrstellen geht immer stärker zurück, der Überhang der Lehrstellensuchenden wird immer größer: Den jüngsten Zahlen (August 2005) zufolge stehen allein in der Steiermark 1557 Lehrstellensuchenden stehen nur 332 offene, sofort verfügbare Ausstellungsplätze gegen über. Damit ist die Lage in unserem Bundesland für Jugendliche auf der Suche nach Ausbildungsplätzen besonders verzweifelt, denn um eine Lehrstelle bewerben sich durchschnittlich fünf Jugendliche.

J ASG-Kursanbieter mit LR Prof. Gerald Schöpfer, AMS-Geschäftsführer Karl-Heinz Snobe und ausgezeichneten Lehrlingen

Gute Chancen auf einen beruflichen Einstieg
Mit Hilfe des „JASG“ (Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz) soll allen Schulabgängern mit positivem Abschluss, die keinen Platz gefunden haben, die Möglichkeit geboten werden, sich mindestens zwölf Monate lang begleitet von Berufs- und Sozialpädagogen auf Lehrstellen vorzubereiten. Während der Maßnahme können die Auszubildenden „On the fly!“ auf einen Lehrplatz in der Wirtschaft oder in einen anderen Job wechseln. Die Vermittlungsquote von JASG-Teilnehmern in Lehrstellen oder neue Jobs beträgt stolze 60%. Die Maßnahme leistet damit nicht nur einen wichtigen  Beitrag zur Entspannung am Lehrlingsmarkt, sondern sie „trägt auch zur Stabilisierung unserer Gesellschaft bei, indem sie eine große Zahl junger Menschen, die am Beginn ihres Arbeitslebens nach unentbehrlicher Ausbildung streben, nicht einfach allein zurücklässt“, betont AMS-Landesgeschäftsführer Mag. Karl Heinz Snobe und fügt hinzu: „Ohne den JASG sähe der Lehrstellenmarkt weit schlimmer aus. Immerhin werden von der Maßnahme pro Durchgang österreichweit etwa 6000 Jugendliche erfasst.“

Erfolgsbilanz
Im Herbst vergangenen Jahres waren 1.167 steirische Jugendliche ohne Lehrplatz verblieben, für die im Rahmen des JASG 7 das Steirische Arbeitsmarktservice und das Wirtschaftsressort des Landes rund 1.000 Ausbildungsplätze in 83 Berufen und 14 Berufsfeldern zur Verfügung gestellt haben. Viele Jugendliche konnten so mit einer Lehre beginnen, bevor sie in der Wirtschaft einen Platz als Lehrling gefunden haben, die übrigen durften bei den vier steirischen Ausbildungspartnern Jugend am Werk, bfi, LFI oder im B.I.T. Schulungscenter die JASG-Ausbildung fortsetzen. Diese, so bestätigt Snobe – „erhöht in jedem Falls die Chancen von der Wirtschaft übernommen zu werden, erheblich, da Qualifikationen erworben werden, die beim Schulabgang oft fehlen.“

Insgesamt haben 120 TeilnehmerInnen am JASG 7 im Rahmen ihrer Ausbildung besondere Leistungen erbracht (überwiegend Berufsschul-jahrgangsabschlüsse aber auch Lehrabschlüsse mit ausgezeichnetem oder gutem Erfolg). Aus dieser Gruppe wurden am 22. September im Rahmen einer kleinen Feier in der Grazer Burg 70 junge Männer und Frauen ausgezeichnet. Wirtschaftslandesrat DDr. Gerald Schöpfer betonte ebenso „die Bedeutung einer praxisnahen Ausbildung, durch die der Einstieg in das angestrebte Berufsfeld für die Jugendlichen wesentlich erleichtert wird.“

Startschuss für JASG 8
Am 17. Oktober startet der 8. Durchgang der JASG-Lehrgänge. Bis Ende des Jahres werden sich mindestens 855 junge SteirerInnen auf diesen Ausbildungsplätzen befinden. Jede(r) Auszubildende erhält 150,- Euro pro Monat an Ausbildungsentschädigung und ist zudem sozialversichert. Finanziert wird die Maßnahme aus Mitteln des AMS-Förderbudgets und Zuschüssen vom Land Steiermark. Das Budget für das JASG-8-Projekt beträgt insgesamt 7,57 Mio Euro, etwa 21% davon trägt das Land Steiermark.

– js –

 

 

  Gewerkschaft klärt Schlecker-Angestellte über Rechte auf


In einer konzertierten Aktion haben VertreterInnen der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) alle Filialen der Firma Schlecker in Österreich aufgesucht, um die dort Beschäftigten über ihre Rechte aufzuklären. In der Steiermark besuchte die GPA 239 Schlecker-Filialen mit rund 800 Beschäftigten.

GPA-MitarbeiterInnen klärten das Schleckerverkaufspersonal über seine Rechte auf

Hintergrund der Aktion sind Arbeitsbedingungen bei Schlecker, die nach Ansicht der GPA zum Teil rechtswidrig sind und zum Teil jeder Menschenwürde entgegen laufen. So wussten auch einige – vor allem weibliche Beschäftigte – zu berichten, dass sie sehr oft allein im Geschäft stehen, was dazu führt, dass sie sich unsicher fühlen. In vielen Filialen besteht keine Möglichkeit angerufen zu werden; es sind nur Notrufnummern freigeschaltet. „Derartige Beschwerden werden in aller Regel anonym vorgetragen, weil die Beschäftigten Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren“, berichtet Gerda Bacher, steirische AK-Vizepräsidentin.

Infos: www.gpa.at/schlecker | Benutzername schlecker | Kennwort atwork

 

 

 

BSA-Stipendien für Studierende und SchülerInnen


Ein zentrales Anliegen des Bundes Sozialdemokratischer AkademikerInnen in der Steiermark ist es kommende AkademikerInnengeneration zu fördern. Bei der diesmal in Leonen stattfindenden Veranstaltung „Brain-Power für die Steiermark“ wurden die Stipendien an die Studentinnen überreicht.

Mag. Franz Voves, Dr. Wolfgang Messner und Mag. Bettina Vollath im Kreis der geförderten Jungakademiker- und SchülerInnen

Insgesamt erhielten vier JungakademikerInnen Studienabschlussstipendien bzw. das Maria-Matzner-Stipendium für frauenpolitische Arbeiten oder den Franz Voves Innovationspreis überreicht (mit je 1.000 Euro dotiert). Acht Studierende erhielten einen BSA-Würdigungspreis und drei SchülerInnen Preise für ihre hervorragenden Fachbereichsarbeiten. Die Stipendiengelder belaufen sich insgesamt auf 7.000 Euro.

„Der BSA setzt seine Mittel zur Förderung von jungen Menschen ein. Ihre Ideen und ihre Arbeit gestalten unsere Zukunft. Gemeinsam können wir die Solidarität fördern und dazu unsere Werthaltungen im Dialog weiterentwickeln“, erklärte Dr. Wolfgang Messer im Eröffnungsreferat. „Diese Studienabschlussstipendien, die von privaten Sponsoren mitgetragen werden, sind gedacht als Unterstützung für gesellschaftspolitisches und wissenschaftliches Engagement.“

Mag. Franz Voves überreichte den nach ihm benannten Innovationspreis an Roswitha Baumgartner, Jürgen Gutzelnig und Georg Höber, während Mag. Bettina Vollath den Maria Matzner-Preis an Ute Sonnleitner übergab. Sie erklärte dabei: „Es ist dringend nötig, das Bildungswesen den Erfordernissen und Gegebenheiten unserer Zeit anzupassen.“

 

 

  Investigationsjournalismus und Unabhängigkeit


Im Rahmen des „ELEVATE-Festivals“ (8.9. bis 11.9.2005) am und im Grazer Schlossberg wurden neben einem abwechslungsreichen Musikangebot an zwei Nachmittagen zahlreiche Workshops, Diskussionen, Performances, Installationen und Präsentationen unabhängiger Labels und KünstlerInnen zum Thema „Independent People and Independent Movements“ angeboten. Das Veranstaltungskonzept, dem die „Kulturinitiative Schlossberg“ – Verein zur Förderung der interkulturellen Begegnung am Grazer Schlossberg folgte, war die Verbindung von musikalischen und außermusikalischen Inhalten zu einem großen Ganzen, mit dem Ziel das Publikum nicht nur zur Unterhaltung anzulocken, sondern zu Reflexionen zu diesem Thema anzuregen und Motivierten die Möglichkeit des Aktiv-Werdens nahe zu legen.

Stephen Marshall (gnn.tv / USA), Paulo Moura (Público / Portugal): „Now we know that we are manipulated“

Die Diskussionsrunde „Investigationsjournalismus und Unabhängigkeit“, moderiert von Thomas Wolkinger (Falter/Graz), fand in unkonventioneller und entspannter Atmosphäre auf der Terrasse des Schlossbergrestaurants statt. Die Gäste Paulo Moura (Público/ Portugal), Stephen Marshall (gnn.tv/ USA) und Florian Klenk (Falter/ Österreich) arbeiten unter völlig unterschiedlichen journalistischen Rahmenbedingungen und beleuchteten verschiedenste Fragen von ihrem jeweiligen Standpunkt. Paulo Moura, ein vielfach ausgezeichneter Journalist – u.a. nominiert für den prestigeträchtigen Ulysses-Award 2004 for the Art of Reportage – schreibt seit mehr als fünfzehn Jahren Reportagen und Berichte über verschiedenste Themen aus Kultur und Politik für das Magazin „Pública“.

Seine Zugangsweise zur Frage der Unabhängigkeit ist eine sehr persönliche: Den Feldzug der afghanischen Nordallianz begleitete er von Kadja Baudin bis Kabul und im Irak folgte er den US-Truppen auf ihrem Weg von Kuwait bis Bagdad. Immer wieder selbst in Krisengebieten direkt vor Ort (u.a. auch in Algerien, Angola, Jugoslawien, Tschetschenien, Kosovo) betreibt er einen teilweise sehr risikoreichen Investigationsjournalismus, der ihm aber durch seinen großen persönlichen Einsatz auch das Vertrauen der Leser sichert. Für seine Berichte über die unmenschlichen Daseinsbedingungen der subsaharischen Flüchtlinge wurde ihm der „Journalism for Tolerance“-Preis des UN-Hochkommissars für Einwanderung und ethnische Minderheiten zuerkannt.

Stephen Marshall, der Direktor des international operierenden „Guerrilla News Network“ (GNN), hingegen vertritt die Meinung, dass unabhängige Nachrichten nur von unabhängigen Medien gemacht werden können. „GNN“ ist ein News-Network, das seit fünf Jahren alternative Nachrichteninhalte mittels Homepage und Videos verbreitet. Die „core group“ besteht aus 20- bis 30 000 Mitgliedern, welche als Autoren und Filmemacher wirken und dadurch auch selbst für die Inhalte und deren Richtigkeit verantwortlich sind. Die Palette reicht dabei von äußerst gut fundierten Hintergrundgeschichten über die Machenschaften internationaler Konzerne bis hin zu professionellen Videos über die Rolle des CIA im Drogenkrieg oder das „Marketing“ von US-Militäreinsätzen seit dem Golfkrieg. Marshall vertraut mehr auf die unabhängigen und von vielen verschiedenen Mitgliedern gelesenen und bewerteten Artikel auf seiner Homepage als auf „offizielle“ Nachrichten, deren Inhalte systematisch auf Faktenwissen, erstellt von internationalen Presseagenturen oder Machtinstanzen wie Regierungen, beruhen. Auf die kritische Frage „Wie journalistisch ist diese Art von Journalismus noch“, da jegliche journalistische Codes zur Aufbereitung und Interpretation wegfallen, antwortete er „GNN is the Reality-TV of journalism.“

Falterredakteur Florian Klenk, der in diesem Jahr den Kurt-Vorhofer-Preis erhielt, beschäftigt sich mit dem Thema auf lokaler Ebene. Seine Artikel im „Falter“ handeln vor allem von der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien, der Rolle der Strafjustiz und dem Flüchtlingswesen. Er kritisiert das Modell von „GNN“, da es seiner Meinung nach den Standards „of old-school-journalismn like checking facts“ nicht entspricht. Stephan Marshall argumentiert dagegen, dass der Journalismus in Europa differenzierter und unabhängiger als in den USA sein mag, doch „a channel like FOX-TV doesn’t care about standards. They just want to excite.“ Ein Sinn stiftendes Schlusswort zu der Thematik lieferte Paulo Moura, als er eine Änderung der Wahrnehmung von Seiten des Medienkonsumenten in den vergangenen Jahren konstatierte: „The situation didn’t change, but now we know that we are manipulated.“

Barbara Korak

http://www.g24.at

 

 

 

Podiumsdiskussion zum steirischen Arbeitsmarkt


Unter dem ambivalenten Motto „Probleme und Perspektiven“ fand am 26. 9. 2005 – gemeinschaftlich von Korso und der Akademie Graz organisiert – im Kleinen Minoritensaal eine Podiumsdiskussion mit AMS-Landesgeschäftsführer Mag. Karl Heinz Snobe, Wirtschaftslandesrat DDr. Gerald Schöpfer und SP-Landtagskanditat Klaus Zenz statt. An die 100 interessierte Besucher sorgten für eine anregende und von hoher Diskussionsfreudigkeit geprägte Stimmung im Saal.

BU: Karl Heinz Snobe, Moderator Christian Stenner (KORSO), Gerald Schöpfer und Klaus Zenz diskutierten über Probleme und Perspektiven des steirischen Arbeitsmarktes

Unerfreuliche Lage am Arbeitsmarkt
AMS-Chef Snobe wies in gleich seinem Eingangsstatement darauf hin, dass die Zunahme der Arbeitslosigkeit in der Steiermark mit 7,7% (28.977 Personen) gegenüber August 2004 zwar nur knapp über dem Bundesschnitt liegt, insbesondere aber die westlichen und südöstlichen Bezirke, wie Deutschlandsberg, Feldbach und Weiz, durch alarmierend hohe Zuwachsraten von 15 bis 20% betroffen sind.

Aus seinem historischen Rückblick ging hervor, dass es nach Zeiten hoher Arbeitslosigkeit in den neunziger Jahren zwischen 2000 und 2002 zu einer deutlichen Besserung der Lage gekommen war. Leider habe sich die positive Entwicklung in den vergangenen Jahren wieder abgeschwächt, so Snobe: „Es gab zwar auch diesmal einen Anstieg der Beschäftigungsverhältnisse von 1,5% gegenüber dem Vorjahr, allerdings zum überwiegenden Teil für Frauen in Teilzeitjobs.“ Bei stark stagnierenden Einstellzusagen über den Sommer hinweg hat sich ein „stabiler Satz“ von etwa 22.000 Personen als schwierig vermittelbare Gruppe herauskristallisiert.

Qualifizierungsmängel als Hauptübel
Die mangelnde Qualifizierung im Großteil dieser Gruppe spielt dabei eine zentrale Rolle, denn über 48% aller Arbeitslosen verfügen nur über einen Pflichtschulabschluss, aber nur 3,1% darunter haben einen Hochschulabschluss. Ein großes Handikap für eine aktive Arbeitsmarktpolitik bildet auch das in den vergangenen Jahren stark gesunkene Budget des AMS Steiermark, das von etwa 120 Mio Euro im Jahr 2003 auf 90,5 für 2006 gekürzt wurde. Landesrat Schöpfer verwies auf den starken Wachstums­impuls im Jahr 2004 von knapp 3,8% und auch darauf, dass die Steiermark sich im Bundesvergleich „seit Jahren auf der wirtschaftlichen Überholspur befindet“. Trotz struktureller Probleme komme es in Österreich zu keiner Nettoabwanderung von Arbeitsplätzen, „vielmehr würden pro Tag hundert neue geschaffen, was vor allem den stark gestiegenen Investitionen in Forschung und Entwicklung zu verdanken ist“. Klaus Zenz von der FSG äußerte Zweifel an positiven Impulsen für den steirischen Arbeitsmarkt durch das Wirtschaftswachstum: „Abgesehen von einzelnen Branchen kommt es zu einer merklichen Nachfrage nur bei Berufen, die eine höhere Qualifikation erfordern, während bei ungelernter Arbeit insgesamt starke Einbußen zu verzeichnen sind. Sorge bereitet Zenz daher auch die mangelhafte Ausbildung der Pflichtschulabgänger, die deswegen meist nur geringe Aussicht auf einen Job hätten: „Mindestens 10 bis 15% der Pflichtschulabgänger weisen gravierende Mängel in den Elementartechniken auf, d.h. sie können nur unzureichend lesen, schreiben oder rechnen.“

Bessere Perspektiven durch mehr Qualifikation
In der anschließenden Diskussion nahm das Podium Stellung zu Fragen der Globalisierung, neoliberalen Tendenzen und der Sinnhaftigkeit von massiven Fördergeldern für Unternehmer, die neue Arbeitsplätze schaffen bzw. alte sichern. Einig war man sich unter den Teilnehmern jedenfalls weitgehend darin, dass das Budget für Arbeitsmarktpolitik wieder kräftig wachsen muss, um die Höherqualifizierung von Arbeitssuchenden wieder verstärkt zu fördern. Kontroverse Äußerungen gab es in Bezug auf das umstrittene Kombilohnmodell. Snobe selbst plädierte angesichts dessen baldiger Einführung darauf, dem Modell eine Bewährungsfrist einzuräumen, es könnte „durchaus eine Alternative zum zweiten Arbeitsmarkt darstellen“. Die Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe auf die Gewinne von Betrieben, die vom Abbau von Arbeitskräften profitieren, stieß bei Schöpfer auf Ablehnung, weil sie sich „extrem standortschädigend“ auswirken würde.

Josef Schiffer

 

 

Europäisches Fremdsprachenzentrum in Graz feiert 10-Jahres-Jubiläum

< Adrian Butler, Europäisches Fremdsprachenzentrum: Förderung von Mehrsprachigkeit muss auch die Situation von MigrantInnen in Rechnung stellen.


Einer der wichtigsten Bestandteile der europäischen Integration ist angesichts der Sprachenvielfalt auf unserem Kontinent zweifellos die Sprachenpolitik und hier wiederum die Spracherziehung. Mit der Wende in den osteuropäischen Staaten Anfang der neunziger Jahre wurde ein Hindernis für gemeinsame sprachenpolitische Anstrengungen beseitigt und gleichzeitig die Notwendigkeit für solche Bemühungen größer, ging es doch um die rasche Integration der Staaten des Glacis der ehemaligen Sowjetunion. Die Diskussionen um die Unterstützung von Bildungsreformen in Mittel- und Osteuropa führten zum Vorschlag der Gründung eines europäischen Sprachenzentrums im Rahmen des Europarates und schließlich dazu, dass sich 1992 die damalige österreichische Bundesregierung erbötig machte, für diese Institution die Rolle des Gastlandes zu übernehmen. Am 9. Mai 1995 wurde das Europäische Fremdsprachenzentrum in Graz eröffnet. Seine zentrale Aufgabe: die Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Implementierung sprachenpolitischer Maßnahmen und die Verbreitung innovativer Ansätze für das Sprachenlernen und -lehren.

Am Rande der Zehn-Jahres-Feierlichkeiten sprach KORSO-Herausgeber Christian Stenner mit Adrian Butler, dem Leiter des Europäischen Fremdprachenzentrums.

Die Arbeit des Zentrums ist in jeweils mehrjährigen Programme strukturiert, die v.a. aus Workshops mit den Verantwortlichen der Mitgliedstaaten für Sprachenpolitik und für die Lehrerausbildung bestehen …

Ja, das zweite Programm, das bis 2007 läuft, hat die Entwicklung von Konzepten zum Ziel, wie man Menschen am besten mit den kommunikativen und interkulturellen Kompetenzen ausstatten kann, die ihnen die Teilhabe an unseren komplexen Gesellschaften möglich machen. Wir diskutieren derzeit über die Schwerpunkte des dritten Programmes, dabei werden wir nicht nur von der Politik des Europarates, sondern auch von jener der Union ausgehen. Die EU will ja jetzt ein Aktionsprogramm für Mehrsprachigkeit umsetzen.

Die Förderung von Mehrsprachigkeit war von Beginn an einer der Schwerpunkte des Zentrums …

Ja, wir leben ja auch in mehrsprachigen Gesellschaften – zusätzlich zu den Amtssprachen gibt es Minderheitensprachen, regionale Sprachen und – nicht zu vergessen – die Sprachen der ImmigrantInnen. Es existieren Sprachen, die in der Arbeit verwendet werden neben Sprachen, die für den Tourismus Bedeutung haben und solchen, deren Verwendung auf die Familie reduziert ist. Nicht alle müssen auf dem gleichen Niveu beherrscht werden. Die reale Situation ist ein wenig komplexer als es die offizielle EU-Linie vorgibt, die das Erlernen von zwei europäischen Sprachen zusätzlich zur Muttersprache als wünschenswert bezeichnet. Das ist natürlich begrüßenswert, aber es berücksichtigt z.B. nicht die Situation der Kinder von MigrantInnen, die ohnehin – wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus – ihre Muttersprache, Deutsch und oft auch noch eine weitere Sprache ihres Herkunftslandes beherrschen. Diese Sprachen dürfen in der offiziellen Rechnung nicht unberücksichtigt bleiben, das kommt ja auch einer Abwertung des Sprachenreichtums dieser Kinder gleich.

Ein weiterer Punkt, der uns wichtig ist: Sprachenlernen darf nicht an dem Tag aufhören, an dem sich das Schultor hinter uns schließt. Ich selbst bin als Fünfzigjähriger in ein Land – nämlich Österreich – gekommen, dessen Sprache ich nicht beherrschte; es müssen also sowohl die strukturellen Möglichkeiten als auch die Methoden vorhanden sein, die ermöglichen, dass man in jedem Alter eine neue Sprache erlernen kann.

Das ECML steht über seine internationale Arbeit hinaus auch all jenen offen, die sich im Bereich der Spracherziehung weiterbilden wollen …

Ja, wir laden vor allem alle SprachlehrerInnen ein, einmal in unserem Ressourcenzentrum am Nikolaiplatz 4 vorbeizukommen. Unser Bibliothekskatalog kann online unter www.ecml.at eingesehen werden, Interessierte finden bei uns die neueste Literatur zur Spracherziehung.