korso Wirtschaft / Arbeit / Bildung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
06/2005
     
    Frankreich: „NON“ zur Verfassung, „OUI“ zu Europa


„Sturm über Europa“, „Friedhof der europäischen Vision“, „Europa ohne Perspektive“ – die europäischen und regionalen Medien überschlugen sich, als es nach dem Nein der französischen Bevölkerung zum Verfassungsentwurf des Konvents darum ging, ein düsteres Zukunftsszenario zu zeichnen – und die undankbaren BürgerInnen zu geißeln. Das französische Nein wurde als nationalistisch und rückwärtsgewandt denunziert; der grüne Europaabgeordnete Johannes Voggenhuber, einst Radikaldemokrat, verstieg sich sogar beleidigt dazu, von den unbotsamen Franzosen eine Wiederholung der Abstimmung zu verlangen, weil sie den von ihm mit ausgearbeiteten Verfassungsentwurf abgelehnt hatten, ihr Nein habe „ein neues Europa unmöglich gemacht“, einzig in Spanien (wo 76,7% der Abstimmenden für die Verfassung votierten) habe es eine öffentliche Diskussion gegeben.

Die Verfassung wurde bis ins letzte Dorf gelesen.
Die Wahrheit ist indes eine andere, als sie Voggenhuber auszunehmen vermeint: Während in Spanien gerade 42,3% der Wahlberechtigten zur Urne gingen – noch nie in der Geschichte des demokratischen Spaniens war die Beteiligung so niedrig wie bei diesem Referendum – und sich sogar die Madrider Mitarbeiter des CDU-Think-Tanks Konrad-Adenauer-Stiftung fragten, ob die Spanier nun „europamüde oder gar europakritisch“ seien (www.kas.de/proj/home/pub/10/4/year-2005/dokument_id-6281/), ging der Entscheidung der Franzosen (Wahlbeteiligung: 70%) eine breite öffentliche Debatte voran. Zu den allerorten abgehaltenen Diskussionsveranstaltungen kamen Abertausende Menschen – 2000 in Grenoble, über 2000 in Clermont-Ferrrand, 550 in Brest, auch in kleineren Städten wie Carhaix im Finistère waren es noch 500, über 400 in Vitry-sur-Seine und sogar im 19.000-Einwohner-Städtchen Perthuis noch 400. Michael Mönninger, Frankreichkorrespondent des deutschen Wochenblattes „Zeit“ und selbst ein Befürworter des Verfassungsentwurfes, erklärt auf der Homepage der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung: „Eines muss man den Franzosen lassen: Die Verfassung wird derzeit bis ins letzte Dorf gelesen und diskutiert. Und überall verstehen sich die Bremser als Vorreiter einer gestärkten EU.“

Nicht Europa, der Neoliberalismus wurde abgelehnt.
Vollends unsinnig ist schließlich die Behauptung, das „Non“ der Franzosen sei ein „nationalistisches“, gar „europafeindliches“, gewesen: Ganz abgesehen davon, dass die Zurückweisung eines von einer Honoratiorenrunde – dem so genannten Konvent – entworfenen Dokumentes wohl ebenso wenig zwangsläufig auf die Ablehnung des europäischen Gedankens schließen lässt wie hierzulande die Ablehnung eines Gesetzesentwurfes der schwarz-orangen Koalition auf republikfeindliche Gesinnung, sprechen die Umfragen eine andere Sprache: 46% derjenigen Franzosen, die mit „Nein“ abstimmten, taten dies, weil sie befürchteten, dass „dieser Vertrag die Arbeitslosigkeit in Frankreich in die Höhe treiben wird“, 35% wollten damit explizit erreichen, dass der Vertrag neu verhandelt wird, 34% beurteilten den Text als „zu (wirtschafts)liberal“ (Umfrage von France 3 am 29. Mai). Europafeindlichkeit? Wohl eher realistische Einschätzung eines Textes, der in seinen Artikeln III-206 und III-179 die Beschäftigungs- und Sozialpolitik den „Grundzügen der Wirtschaftspolitik“ unterordnet, die sich wiederum in den Artikeln III-130, III-177, III-178 und III-314 der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, dem weltweiten Freihandel, einem Eigentumsrecht ohne soziale Bindungen und dem Vorrang der Stabilitätspolitik verpflichtet – und somit neoliberale Ideo­logeme in den Verfassungsrang erheben will.

Für ein soziales und demokratisches Europa.
Dieser Diagnose entspricht auch, dass laut Umfragen 78% der Arbeiter, 67% der Angestellten, 70% der Bauern und 71% der Arbeitslosen mit „Nein“ abgestimmt haben, weiters 66% der Angehörigen jener Haushalte, die über weniger als 1500 Euro Monatseinkommen verfügen – bei Haushalten mit Einkommen über 4500 Euro waren es nur mehr 26%.

Dass die Nein-Kampagne in Frankreich gemeinsam von Teilen der Sozialdemokraten und der Grünen (beide Parteien waren in der Verfassungsfrage gespalten), von Gewerkschaften, von ATTAC, von der Kommunistischen Partei und Organisationen der in Frankreich traditionell starken radikalen, internationalistischen Linken getragen wurde, dass 60% der WählerInnen der sozialistischen Partei für das Nein votierten, dass die Kampagne unter der Losung „Pour une Europe sociale et démocratique“ – „Für ein soziales und demokratisches Europa“ stand – all dies sind zusätzliche Hinweise darauf, dass dem französischen Nein der Wunsch nach einem europäischen Gegenentwurf zum ungezähmten Kapitalismus zugrunde lag – und nicht etwa nationalistische Einengung.

„Eine gute Nachricht für die europäische Wirtschaft“. Für Jacques Généreux, Ökonomieprofessor am renommierten Institut d’Etudes Politiques in Paris, Sozialdemokrat und überzeugter Verfechter des Nein zum Verfassungsentwurf, ist das Ergebnis des französischen Referendums „eine gute Nachricht für die europäische Wirtschaft“ (Libération vom 30.5.2005). Die Union müsse sich nun eine Reihe von Fragen stellen – zum Beispiel über die Rolle der Europäischen Zentralbank, deren Aufgabe in Hinkunft nicht nur in der Überwachung der Preisstabilität bestehen sollte; Vollbeschäftigung und die nachhaltige Entwicklung der europäischen Wirtschaft müssten ebenso in ihren Zielkatalog aufgenommen werden. Die Harmonisierung der Steuersysteme müsse vorangetrieben werden, um dem aktuellen Steuerdumping in der EU entgegenzutreten, die permanenten Steuererleichterungen für Unternehmen eingestellt werden. Das „Nein“ sei vielleicht keine sehr gute Neuigkeit für die multinationalen Konzerne – sehr wohl aber für arbeitenden Menschen und die KonsumentInnen: „Das französische Nein hat bewiesen, dass man aus Liebe zu Europa ein Projekt ablehnen kann, das die Union gegen die Wand gefahren hätte, weil es einer rein buchhalterischen und wirtschaftsliberalen Vision verpflichtet war.“

Christian Stenner

„Das französische NON – Bedrohung oder Chance für Europa?“
Vortrag und Diskussion mit
Jacques Généreux, Paris
Freitag, 24. Juni, 19.30
Spiegelsaal des ÖGB, Südtirolerplatz 13

Veranstalter:
KORSO in Kooperation mit dem Dr. Karl Renner Institut,
dem Bildungsreferat des ÖGB,
der steirischen Friedensplattform
und dem Institut für Romanistik der Universität Graz
Moderation: Mag. Christian Stenner, KORSO

Jacques Généreux ist Professor am renommierten Institut d’Etudes Politiques in Paris, Autor zahlreicher populärer Bücher über politische Ökonomie sowie des Buches „Les bonnes raisons de dire non à la constitution, Manuel critique du parfait Européen“ („Gute Gründe für ein Nein zur Verfassung, Kritisches Handbuch für den perfekten Europäer“). Am 10. Juni erscheint „Sens et Conséquences du Non Français“ („Sinn und Folgen des französischen Nein“). Généreux ist Mitglied von Leitungsgremien des Parti Socialiste, der französischen sozialdemokratischen Partei, und leitend in der Strömung „Nouveau Monde“ (Neue Welt) innerhalb der Partei tätig. Gemeinsam mit anderen So­zialdemokraten war er – im Widerspruch zur (knappen) Mehrheitsmeinung des Parti Socialiste – in der Kampagne für das französische Nein zum Verfassungsentwurf aktiv.

 

Reformpädagogin Enja Riegel – Gesamtschule als Erfolgsmodell

< Reformpädagogin Enja Riegel: „Eine wichtige Rolle für den Unterricht in unserer Schule spielt das Theater.“


Der Begriff „PISA-Studie“ hat als Reizwort in der jüngst heftiger werdenden Diskussion um eine notwendige Reform unseres Schulsystems zusätzliche Schärfe erhalten: Die Ergebnisse des „Programme for International Student Assessment“ vom Dezember 2004 stellen Österreich ein noch schlechteres Zeugnis als in der letzten Studie von 2001 aus. So fielen die österreichischen SchülerInnen in Mathematik von Rang 11 auf Rang 15 zurück, beim Lesen vom 10. auf den 19. Rang und in den Naturwissenschaften verschlechterten sich die 16-Jährigen von Rang acht gar auf
Rang 20.

In der andauernden Schuldebatte und für Reformen zuständigen „Zukunftskommission“ werden zwar Maßnahmen eingefordert, das Wort „Gesamtschule“ wird aber – insbesondere von konservativer Seite – meist peinlich gemieden. Dass das hierzulande oft abschätzig betrachtete Modell viel Positives leisten kann, erläuterte kürzlich die auf Einladung der sozialdemokratischen Fraktion des steirischen Landesschulrates (ÖSL) und des BSA in Graz weilende deutsche Reformpädagogin Enja Riegel: Die unter ihrer Leitung in eine Gesamtschule umstrukturierte Helene-Lange-Schule in Wiesbaden (Hessen) rangierte beim ersten PISA-Test auf absoluten Spitzenrängen, obwohl die SchülerInnen wegen der zahlreichen kreativen und fächerübergreifenden Aktivitäten fast ein halbes Jahr weniger Fachunterricht als andere haben. Dieses Vorbild belegt für Dr. Dietmar Dragaric, Vizepräsident des LSR für Steiermark, dass auch ohne verordnete Schulreform die „pädagogisch unsinnige Trennung der Schüler“ aufgehoben werden kann. Ansätze dafür seien in den rund 50 österreichischen Modellschulen vorhanden, jedoch wäre es wünschenswert, diese Zahl durch eine Stärkung der Schulautonomie deutlich zu erhöhen.

Mit Enja Riegel sprach Josef Schiffer über die Erfolgsgeheimnisse der autonomen Helene-Lange-Schule :

Nach welchen Prinzipien läuft der Unterricht an der Helene-Lange-Schule ab?

Riegel: Bei uns werden die Kinder der Schulstufen 5 bis 10, also die Elf- bis Sechzehnjährigen, in allen Fächern gemeinsam unterrichtet. Pro Jahrgang gibt es vier Klassen mit zusammen etwa 100 Schülern, woraus eine vergleichsweise niedrige Klassenstärke resultiert. Der Unterricht erfolgt durch Lehrerteams, die sich aus jeweils sechs bis acht Mitgliedern zusammensetzen und ihre Klassen über die gesamte Schulzeit hinweg begleiten. Dadurch gibt es keine unnötigen Lehrerwechsel mehr und als äußert erstaunliche positive Folge davon hat sich die Dauer von Krankenständen im Lehrkörper mehr als halbiert.
Der Unterricht selbst wird von zwei zentralen Elementen geprägt, erstens wird immer eine freundliche und ermutigende Atmosphäre geschaffen, um Frustration zu vermeiden, und zweitens gilt das Prinzip, dass jeder selbst nach Lust und Laune forschen und entdecken kann, was die Freude am Lernen ganz wesentlich fördert. In den ersten beiden Stufen gibt es noch kein Ziffernzeugnis, sondern nur eine Beschreibung des Lernfortschritts.

Welche Aktivitäten erwarten die Schüler neben dem Fachunterricht?

Eine ganz zentrale Rolle spielt das Theater an unserer Schule: es gibt intensive Theaterprobezeiten mit Aufführungen, insgesamt etwa acht Wochen, darunter Workshops unter der Anleitung von professionellen Künstlern. Meine Erfahrung ist, dass sich das Theaterspielen sehr positiv auf die Entwicklung der Schüler auswirkt, Ängste werden abgebaut und das Bewusstsein, etwas Besonderes geleistet zu haben, stärkt das Selbstvertrauen ungemein und hilft später in schwierigen Situationen.

In jedem Halbjahr gibt es eine achtwöchige Projektphase, ein fächerübergreifender Unterricht von bis zu sieben Gegenständen, z.B. zum Thema „Wasser“, wo Chemie, Physik, Musik, Geschichte, Geografie usw. zusammenarbeiten. Das heißt, eben nicht nur im Klassenraum zu lernen, sondern auch an Lernorten, die sie vielleicht selbst ausfindig machen wie im Klärwerk, im Wald oder am Flussufer. Das heißt auch, dass sie in Büchereien und im Internet forschen, sich selbst Material zusammensuchen und Experten ausfindig machen.

Wie finanzieren Sie die z.T. sehr aufwändigen Projekte?

Wir halten sehr viel auf Eigenverantwortung: Daher haben die Schüler gemeinsam mit den Lehrern die Reinigung der Schule anstelle eines privaten Putzdienstes übernommen, dadurch ersparen wir uns etwa 27.000 Euro jährlich. Mit dem zurückgelegten Geld können die Schüler u.a. ihren Theaterpädagogen bezahlen.

Welche Schüler nehmen Sie auf bzw. was wird aus den Absolventen?

Wir haben etwa 400 Anmeldungen jährlich, davon können wir leider nur etwa hundert Schüler aufnehmen. Dabei sind wir bestrebt, ausführliche Vorgespräche zu führen und eine möglichst große Leistungsbreite abzubilden, was unsere Klassen durchaus repräsentativ für den Durchschnitt der Bevölkerung macht. Dazu werden in jedem Jahrgang behinderte Schüler aus anderen schulischen Institutionen integriert. Von unseren Absolventen geht etwa die Hälft direkt ins Berufsleben, während die andere Hälfte weiterführende Schulen besucht. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass diese im Vergleich zu ihren Altersgenossen ein hervorragendes Wissensniveau erreicht haben.

 

  Geheimwissenschaft Wirtschaft?
„Wir zählen mit Akribie die Anzahl der Obstbäume, aber wir behandeln die Vermögen sehr diskret, und das ist kein Zufall. In diesem Bereich sind eben die politischen Widerstände besonders groß.“ (Ferdinand Lacina)

Vom „Kumpelkapitalismus“ und dem Schweigen der ÖkonomInnen

Beim Science Talk der Neuen Galerie werden renommierten WissenschaftlerInnen sieben ModeratorInnen-Fragen und natürlich auch einige Publikumsfragen gestellt, diesmal (Science Talk 03 am 9.5.2005) stellte Christian Eigner die Fragen an den Wiener Ökonomen Dr. Martin Schürz im Beisein von ca. 40 interessierten ZuhörerInnen.

Martin Schürz: „Medien vermitteln häufig nur unwichtige Wirtschaftsinformationen“

Die erste Frage galt gleich der Entwicklung der letzten 10 bis 15 Jahre. Kann das Zurückdrängen des Staates als Ideologisierung der Gesellschaft gesehen werden, gibt es dafür auch andere Erklärungen? Martin Schürz sieht in dieser Entwicklung vor allem den (erfolgreichen) Kampf wirtschaftlicher, politischer und kultureller Eliten gegen den Sozialstaat. Die Machtposition dieser Eliten hat sich natürlich auch durch die Globalisierung verbessert – und wird es wahrscheinlich auch weiterhin tun. Die Entwicklung stützt sich jedoch keinesfalls nur auf Fakten, sondern auch auf Normen. Die zunehmende Verflechtung und Kooperation zwischen wirtschaftlichen und politischen Eliten hat Charakteristika eines Kumpelkapitalismus. Nahe liegend war somit die nächste Frage: Warum schweigen die meisten ÖkonomInnen zu dieser Entwicklung? Die Antwort darauf war vielfältig. Eine Ursache ist in der Entwicklung innerhalb der Ökonomie zu sehen; die Ökonomie hat sich von einer Sozialwissenschaft in Richtung Naturwissenschaft bewegt, da bleibt wenig Platz für Aussagen über die Gesellschaft und gesellschaftliche Prozesse. Andererseits will die Gesellschaft die ÖkonomInnen vielleicht auch gar nicht hören – oder zumindest geben viele Medien den ÖkonomInnen wenig Platz. Zusätzlich ist eine massive Reizüberflutung mit ökonomischen Informationen – aber nach Ansicht von Martin Schürz und des Großteils des Publikums leider den eher unwichtigen Informationen – zu erkennen. Als Beispiele dafür seien nur der Umfang der täglichen Börsenberichte in den meisten Medien, die permanenten Hinweise auf die (angebliche) Notwendigkeit einer privaten Altersvorsorge oder eines Nulldefizites erwähnt.

Diese neue Bildungswelle zeigt jedoch keinesfalls den gesellschaftspolitischen Gestaltungsspielraum auf, ganz im Gegenteil, sie dient eher dazu, gesellschaftspolitische Entscheidungen als Notwendigkeiten zu vermarkten. Außerdem verändert diese Bildungswelle natürlich nichts an bestehenden Ungleichheiten. Selbst wenn alle Armen die ökonomischen Zusammenhänge gut verstehen würden, von der Notwendigkeit von Vorsorge überzeugt wären, usw. … ohne Einkommen könnten sie sich trotzdem keine hinreichende Altersvorsorge leisten.

Wichtiger ist die Einbindung breiterer Bevölkerungskreise in wirtschaftspolitische Entscheidungen (z.B. in staatliche Ausgabenplanung) und ein Abbau des derzeit gelebten Experten-Kults. In Bereichen, in denen Werte, Normen und Fakten von einander kaum unterscheidbar sind, ist ExpertInnenwissen jedenfalls durch breite Diskussionen zu ergänzen.

Und dafür, dass das sogenannte ExpertInnenwissen fehlbar ist, gibt es deutliche Evidenz. Nicht nur immer wieder falsche Wirtschaftsprognosen (das Wirtschaftswachstum wird meist überschätzt, die Arbeitslosigkeit unterschätzt), auch grundsätzliche Fehleinschätzungen sind zu beobachten. Beispielsweise führen die Budgetdefizite im Euroraum offensichtlich nicht zu der immer wieder vorhergesagten Euro-Schwäche, das Gegenteil trifft derzeit zu.

In der Diskussion wurde die Frage von Steuersenkungen und Steuererhöhungen erörtert. Einerseits sind die immer wieder geforderten Steuersenkungen aus der Sicht der Massen nahezu irrelevant (mangels Betroffenheit), die damit meist untrennbar verbundenen Ausgabensenkungen führen jedoch in vielen Fällen zu spürbaren Einbußen. Andererseits fehlt ein gesellschaftspolitischer „Diskurs des Wegnehmens“, der vielfach verwendete Hinweis auf Neid-Komplexe ist jedenfalls zurückzuweisen. Aber natürlich fehlen auch wichtige Grundlagen für einen solchen Diskurs. Fragen nach der derzeitigen Vermögensverteilung in Österreich konnte auch Martin Schürz nicht beantworten – es fehlen einfach die notwendigen Daten. Hier liegt nach wie vor vieles im Geheimen … ob das ein Zufall ist?

– gw –

 

 

Internet-Literacy: Bewertung von Information


Schätzungen sprechen von einigen Milliarden Dokumenten, die im Internet zu finden sind. Gezielte Recherche nach relevanter Information ist also geboten.
Im Lehrgang „Internet & politische Bildung“ kann man sich in Strobl am Wolfgangsee mit diesen Fragen in drei Präsenz- und zwei Onlinephasen anhand politischer Themen auseinandersetzen. Die Kursmodule widmen sich Suchmaschinen, Online-Katalogen, Politischen Aspekten des Internet („Digital Divide“, politischer Aktivismus, Zensur, Open Source) und Evaluierung der Qualität von Information. Ziel ist es, das Internet für Recherchen besser nutzen zu können, die Qualität der aufgefundenen Dokumente einschätzen und die Fertigkeiten mit Hilfe eines Content-Management-Systems zu üben.

Termine:
Basiskurs: 12.-14. September 05, Aufbaukurs: 12.-14. Oktober 05, Fortgeschrittenenkurs: 21.-23. November 05
Kosten: Euro 100,- (+ Unterkunft)

Infos: Mag. Wolfgang Russ | 01-504 68 58-12 | russ@politischebildung.at | www.politischebildung.at

 

  Bildung kennt kein Alterslimit – Bildung erfolgreich vernetzt Seit einem Jahr existiert in der Steiermark die von Mag. Margareta Dorner geleitete Koordinationsstelle des Bildungsnetzwerkes Steiermark.

„Das große Ziel der Bildung ist nicht das Wissen, sondern das Handeln“, formulierte Landesrätin Mag. Kristina Edlinger-Ploder anlässlich der Präsentation der Ein-Jahres-Bilanz des von ihr initiierten Bildungsnetzwerkes Steiermark. Dieses hatte – abgesehen von der Tatsache – dass die Agenden der Erwachsenenbildung vom Bund auf die Länder übertragen wurden, ohne dabei die Länder auch mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen auszustatten – gute Startbedingungen: Schließlich wurde das EU-Ziel für 2010, wonach bis zu diesem Zeitpunkt 12,5% der Bevölkerung am lebenslangen Lernen teilnehmen sollen, in der Steiermark schon 2003 erreicht – also noch bevor das Bildungsnetzwerk seine Tätigkeit aufgenommen hatte.

Setzen auf Vernetzung der steirischen Erwachsenenbildungs-Institutionen: Margareta Dorner, Leiterin der Geschäftsstelle des Bildungsnetzwerkes und < LRin Kristina Edlinger-Ploder.

Weiterbildungsdatenbank im Netz: www.eb-stmk.at „Mit dem Bildungsnetzwerk wurde eine neue Organisationsform geschaffen, in deren Rahmen über 50 gemeinnützige Einrichtungen ihre Bildungsprogamme anbieten“ nennt Dorner einen der Erfolgsfaktoren des Netzwerkes. Vom bfi über die Volkshochschule bis zur Urania, vom Ländlichen Fortbildungsinstitut über das Wifi bis zur Grünen Akademie sind alle wichtigen Anbieter im Netzwerk vertreten. Aus ihren Reihen kommt auch der – ehrenamtliche – Vorstand des Bildungsnetzwerkes, Vorsitzender ist DI Franz Riebenbauer, Leiter des Bildungszentrums Raiffeisenhof.

Zentrale Plattform für die Präsentation des Angebotes ist die Weiterbildungsdatenbank, auf die unter www.eb-stmk.at zugegriffen werden kann – im ersten Jahr wurde diese Möglichkeit von 600.000 Personen genutzt. Derzeit sind im Schnitt zwischen 8000 und 12.000 Angeboten abrufbar – der Löwenanteil davon entfällt auf die Bereiche Sprachen (dzt. ca. 1200 Kurse) und Informatik/EDV (zur Zeit ca. 2400 Angebote).

Qualitätssicherung wird in Angriff genommen.
Für Nicht-Internet-User gibt es aber noch andere Möglichkeiten sich über das steirische Weiterbildungsangebot beraten zu lassen: Am Weiterbildungstelefon unter 0810 900 320 gibt’s Auskünfte zum Ortstarif. Und in den Infostellen für Weiterbildung – Gemeindeämtern und öffentlichen Büchereien – besteht die Möglichkeit der Bildungsberatung in einem persönlichen Gespräch.

„Erwachsenenbildung bedarf der permanenten Evaluierung und Qualitätssicherung“, betont Dorner. Darum wird das Netzwerk heuer ein Projekt zur Qualitätssicherung unter besonderer Berücksichtigung kleinerer und mittlerer Bildungseinrichtungen vorbereiten, das ab März 2006 starten soll.

– cs –

 

 

  Elite-Universität oder Elite-Netzwerk?


Die Diskussionen rund um eine Reform der heimischen Universitätslandschaft sind in den vergangenen Jahren trotz mancher parteipolitischer Grabenkämpfe bisher immer mit einer gewissen Behäbigkeit verlaufen, da wurde nun mit einer für österreichische Verhältnisse ungewohnten Hast das fertige Konzept für eine „Exzellenz-Universität“ vorgelegt. Das vom Experimentalphysiker und Starwissenschaftler Prof. Anton Zeilinger im vergangenen Herbst angeregte Projekt einer Elite-Forschungseinrichtung nach dem Vorbild der ETH Zürich oder des MIT (Massachusetts Institute of Technology) wurde von einer aus 27 Experten bestehenden Arbeitsgruppe im Bildungsministerium in nur wenigen Monaten ausgearbeitet und Anfang Juni Bildungsministerin Elisabeth Gehrer präsentiert. Die „Elite-Universität“, die nach dem Willen ihrer Schöpfer „Austrian Institute of Advanced Science and Technology“ (AIST) heißen wird, soll am 1.10.2006 den Betrieb aufnehmen. Das Konzept betont, dass hier eine Vorzeigeinstitution innerhalb Europas geschaffen werden soll, die sich – zumindest in einer ersten Aufbauphase – ausschließlich dem naturwissenschaftlichen Bereich widmen wird. Die Kosten für den Aufbau der Forschungseinrichtung werden auf 82,3 Mio. Euro geschätzt, an jährlichen Kosten sind zunächst 21,6 Mio. vorgesehen, nach zehn Jahren sollen die Betriebskosten dann rund 73 Mio. Euro betragen, wobei betont wird, dass das Geld von Bund, Ländern, Gemeinden und privaten Geldgebern aufgebracht und nicht den bestehenden Universitäten weggenommen wird.

ÖH-Vorsitzender Philipp Funovits im kontroversen Gespräch mit Gerhart Wielinger und Hellmut Fischmeister

In Reihe TopThink_4 des „Forum Technik und Gesellschaft“ fand in der Aula der Karl-Franzens-Universität Graz kurz vor Bekanntwerden dieser Entscheidung eine prominent besetzte Podiumsdiskussion darüber statt, ob es sinnvoller ist, eine „Spitzenuniversität“ quasi aus dem Boden zu stampfen oder die bestehenden Forschungs-Netzwerke konsequent auszubauen.

Prof. Dr. Franz-Josef Durst, Leiter der Bayerischen Elite-Akademie, bekannte sich in seinem Referat zu einem positiv besetzten Elitebegriff: „Eliten gibt es in allen Gesellschaftsbereichen und zu ihrer Förderung sind spezielle Programme notwendig.“ In Bayern werden exzellente Studenten nach strikt objektivierten Kriterien ausgewählt und in den so genannten „Elite-Akademien“ nicht nur fachlich, sondern auch in Kreativität und „soft skills“ ausgebildet. Durch die Vernetzung mit ausländischen Spitzenhochschulen konnte in Partnerschaften von Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen ein Elite-Netzwerk geschaffen werden, das ohne Neugründung einer eigenen Universität auskommt, von der Durst eher wenig hält. Die Ergebnisse solcher Versuche seien, wie im Falle der Graduiertenkollegs in Bonn, oft recht medioker, weil man ohne attraktive Forschungsfelder meist nur eine zweite Garnitur von Professoren bekomme.

Univ.-Prof. Dr. Hellmut Fischmeister, Mitglied des Österreichischen Wissenschaftsrates, verteidigte die geplante Elite-Universität mit dem Argument, dass Österreich dringenden Bedarf an einer den Max-Plank-Instituten analogen Forschungseinrichtung habe. Eine Gefahr, die er dabei allerdings sieht, ist, dass mit halben Mitteln ein halbherziges Projekt umgesetzt werden könnte, daher bestehe er auf dem „strengen Schutz der objektiven Auswahlkriterien, die nicht durch Korruption und politischen Proporz aufgeweicht werden dürften“, denn nur so könne eine internationalen Standards entsprechende Forschungseinrichtung funktionieren.

Philipp Funovits, Vorsitzender der Hochschülerschaft, meldete gegen beide Konzepte Bedenken an. Er hält wenig von „einem dem 19. Jahrhundert entstammenden“ Elitegedanken: „Zuerst muss die universitäre Grundausbildung funktionieren, damit weniger junge Leute das Studium abbrechen. Erst danach kann man daran gehen und sich über die Förderung von exzellenten Forschen unterhalten.“ Univ.-Prof. Dr. Gerhart Wielinger kritisierte, dass in Österreich seit den siebziger Jahren keine koordinierte Wissenschaftspolitik mehr stattfände, ein Projekt wie das der „Elite-Uni“ drohe am Mangel von Zielgerichtetheit zu scheitern, der Ausbau bestehender Netzwerke sei der Erfolg versprechendere Weg. Ebenfalls zu einer besseren Nutzung vorhandener Stärkefelder bekannten sich die Rektoren der Universität Graz und der Technischen Uni, Univ.-Prof. Dr. Alfred Gutschelhofer und Univ.-Prof. Dr. tech. Hans Sünkel. Der Forschungskoordinator der AVL List, DI Josef Affenzeller, strich heraus, dass für ein tragfähiges Konzept die Interessen der Industrie stärker eingebunden werden sollten. Dieser Faktor werde im Vergleich zu den USA hierzulande oft vernachlässigt.

Gegen die rein ökonomische Betrachtung von Forschungsprojekten wandte sich Funovits, der – selbst Mathematiker – dafür plädierte, dass auch für die Industrie nicht verwertbare Disziplinen, wie die Geisteswissenschaften, ihre Existenzberechtigung haben müssen. Durch die mangelhafte Finanzierung und Ausstattung der Grundstudien an den bestehenden Universitäten drohe zudem die Gefahr, dass man unter Umständen irgendwann nicht über genug eigene Absolventen für den Eintritt in eine Elite-Uni verfügen werde. Das Grundproblem sei, so formulierte er pointiert, dass in „Österreich nicht zu wenig Marketing für die Wissenschaft passiert, sondern nur mehr Marketing statt Lösung der Hausaufgaben stattfindet“.

– js –

 

 

  Der Geist kam in die Steiermark


Zum ersten „Pfingstdialog Steiermark“ mit dem Titel „Die Entdeckung Europas“ diskutierten ca. 100 ReferentInnen – PolitikerInnen, KünstlerInnen, WissenschafterInnen, MedienvertreterInnen und UnternehmerInnen – auf sehr unterschiedlichem Niveau, die Themen reichten von Zukunftsvisionen für Europa und die EU über allgemeine Debatten über Sinn und Funktionalität der Demokratie bis zu Fragen der kulturellen Vielfalt.

Referenten bei „Geist und Gegenwart“: Vorzeige-Europäer Hans-Dietrich Genscher (o.F.) Stefan Schulmeister > , Ökonom mit klaren Positionen gegen den neoliberalen Zeitgeist; Hermann Nitsch > – der nicht zu Wort kommen durfte

Ex-BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher betonte bei der Plenardiskussion die Bedeutung der Wissenschaft und die verbindende Kraft der westlichen Werte für Europa. Wirtschaftsforscher Stefan Schulmeister unterstützte ihn in seiner Forderung den Weg der sozialen Marktwirtschaft nicht zu verlassen. Am nächsten Tag wurde die Diskussion allerdings von Industriellen-Präsident Veit Sorger in eine andere Richtung gelenkt, der längere Arbeitszeiten und größere Flexibilität von Seiten der ArbeitnehmerInnen einforderte.

Statt Diskussion: Tribunal über Hermann Nitsch
In der Diskussionsrunde zu kulturellen Dimensionen im Integrationsprozess hätte sich die Möglichkeit einer kontroversen Diskussion ergeben können, fanden sich doch Hermann Nitsch und Bischof Egon Kapellari auf einem Podium. Dieses geriet stattdessen durch die tätige Mithilfe des Moderators (Kapellaris Berater Harald Baloch) zum Tribunal über Nitsch: So wurden alle DiskutantInnen außer Nitsch zu einem längeren Einleitungsstatement aufgefordert, Nitsch hatte kaum zu sprechen begonnen, wurde er schon von Kapellari unterbrochen. In der Folge bestand die Moderation durch Baloch darin, Nitsch zu maßregeln und seine Wortmeldungen zu unterbinden um Kapellari und andere DiskutantInnen zu Wort zu bitten.

Bei der Osterweiterung zu wenig vorausgedacht
In der Diskussionsrunde zur Wirtschaftskultur in Europa kritisierte Schulmeister, dass bei der EU-Erweiterung zu wenig vorausgedacht wurde. „Man hätte vor dem Beitritt der östlichen Länder Bedingungen schaffen sollen, die den Migrationsdruck mindern. Als Modell dafür hätte der Beitritt Portugals vor 20 Jahren dienen können.“ Besonders kritisch sei, so Schulmeister, auch die extrem neoliberale Politik der östlichen Staaten mit einem daraus folgendem Steuerdruck für viele andere EU Staaten zu bewerten.

Die Antwort auf die Frage, ob der steirische Pfingst-Dialog seinem Anspruch ein „steirisches Alpbach“ zu sein gerecht wurde und ob die kurzen Statements mit darauf folgenden Diskussionen ausreichend Raum für die Erörterung der komplexen Themen boten, möge der Beurteilung der TeilnehmerInnen überlassen bleiben. Weniger dürfte allerdings gerade bei solchen Events mehr sein.

– jm –

 

 

„Marshallplan“ gegen die Globalisierung von oben


Ex-Vizekanzler Josef Riegler gilt als einer der Väter des Begriffs „ökosoziale Marktwirtschaft“. Am 11. Mai plädierte er auf einem Symposion der Christgewerkschafter in der Steirischen Arbeiterkammer für einen globalen Marshallplan zu deren Durchsetzung.

Fordert den Global Marshallplan: Josef Riegler, Präsident des Ökosozialen Forums

Riegler zitiert Mirko Kovats, der die Politik auffordert zu handeln, denn er, Kovats, müsse sich im jeweils vorgegebenen Handlungssystem Wirtschaft bewegen. Riegler: „Nach der Enttäuschung darüber, dass die Globalisierung keine Jobmaschine hervorbrachte, hat die Politik aufgehört zu handeln.“ Die EU gilt aber als Hoffnungsträger dafür, sowohl stabile politische Rahmenbedingungen herstellen als auch deren Mißachtung sanktionieren zu können.

Der historische Marshallplan beruhte auf dem Prinzip, dass die Politik die Wirtschaft sozusagen in die Pflicht nehmen konnte: Eine (politische) Großmacht erreichte über angebotene wirtschaftliche Unterstützung eine Neuordnung Europas. Die politische Neuausrichtung vollzog sich entlang der Annahme/Nichtannahme der angebotenen Hilfe. Staaten wie die Tschechien oder Ungarn nahmen ihre anfängliche Zusage der Teilnahme am Marshallplan später wieder zurück.

Im heutigen Szenario transnational agierender Konzerne sind derartige Projekte vermutlich kaum wiederholbar. Solidarität wollen die Global-Marshall-Planer vor allem über exzessives Netzwerken erreichen.

Das Projekt Marshallplan will zunächst das Erreichen der im Jahr 2000 beschlossenen Millennium-Ziele der Vereinten Nationen unterstützen. In acht Punkten werden hier Positionen wie Verbesserung im Zugang zur Bildung, Gender Mainstreaming, Halbierung der Zahl jener Menschen, die keinen Zugang zu trinkbarem Wasser haben (derzeit eine Milliarde) oder die Eindämmung von Pandemien wie AIDS formuliert und gefordert, mit Zielerreichung im Jahr 2015. Die Kosten für den Global Marshallplan würden das im Augenblick weltweit aufgebrachte Volumen an Entwicklungshilfe von 0,2% des BIP der Geberländer auf etwa 0,6% erhöhen.

www.globalmarshallplan.org | www.oekosoziales-forum.at | info@globalmarshallplan.org

 

  Raiffeisensektor baut Marktführerschaft aus


Ganz dem Thema „Menschen“ gewidmet ist die Bebilderung des heurigen Geschäftsberichts der Raiffeisenlandesbank Steiermark, nicht zuletzt als Zeichen, dass auch Banker nicht nur in Zahlen denken, „sondern für die ganz konkreten Anliegen ihrer Kunden und Mitarbeiter da sind“, wie Generaldirektor Georg Doppelhofer betont. Er äußerte sich bei der Bilanz-Pressekonferenz trotz der eher mäßigen Zuwächse im Jahr 2004 zufrieden: „Wir sind nach wie vor die stärkste Kraft in der steirischen Finanzlandschaft und damit zugleich Seriensieger bei den Marktanteilen.“

RLB-Generaldirektor Dr. Georg Doppelhofer > und < Gen.Dir.Stv. Mag. Friedrich Lengger sind mit der Bilanz für 2004 „durchaus zufrieden“

Wie schon in den letzten Jahren konnte die Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark in allen wichtigen Sparten zulegen: So wurde von der Raiffeisengruppe Steiermark mit ihren Filialen 2004 erstmals die 20 Milliarden-Grenze bei der Bilanzsumme überspringen. Als Konzern (zusammen mit der Hypobank) erwirtschaftete die RLB 2004 eine Bilanzsumme von 10,6 Mrd. Euro, das entspricht einem Plus von 6,6%. Bei einem Marktanteil von 44,5% bei den Spareinlagen und 31% bei den Finanzierungen ist Raiffeisen damit weiterhin die bestimmende Kraft in der Steiermark. Dazu der RLB-Generaldirektor: „Wir haben in den letzten Jahrzehnten den Sparkassen die Marktführerschaft abgenommen und es ist daher nur verständlich, dass wir alles daran setzen, dass die Situation bleibt, wie es das Kundenvertrauen festgeschrieben hat.“

Die derzeitige Wirtschaftslage stellt sich für Doppelhofer aus Sicht der Banken zwiespältig dar: „Damit die Konjunktur spürbar anzieht, müsste mehr konsumiert werden.“ Es werde aber tendenziell eher mehr gespart, vor allem für die Altersvorsorge. Die Spareinlagen bleiben auf hohem Niveau stabil, „es gibt praktisch keine Abflüsse“. Auf der Kreditseite seien die Kunden „sehr selektiv“, die Gelder fließen weniger in den Konsum, sondern in dauerhafte Güter und in die Schaffung von Wohnraum.

Das erste Quartal 2005 hat durchaus schon einiges Erfreuliche für das Haus gebracht „Vor allem der gelungene Börsegang von Raiffeisen International (RI), hat uns viel Freude gemacht.“ Doppelhofer sieht den Erfolg des Börseganges als „das Ergebnis vieler Jahrzehnte Arbeit im Dienste der Menschen und der Wirtschaft.“

Persönlich große Freude dürfte dem Raiffeisen-Chef auch die Verleihung der Ehrensenatorwürde der Karl-Franzens-Universität Graz bereiten. Georg Doppelhofer – er promovierte 1970 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät – unterstützt seit Jahren zahlreiche Aktivitäten der Grazer Universität.

– js –

 

Ein neuer „CV“ – in roter „Wichs“

< Voves, Zeiler, Dörflinger beim „Club Voves“


„CV“ ist zunächst die Abkürzung für die burschenschaftliche Organisation „Cartellverband“, „Club Voves“ nennt sich nicht nur ein französischer Judokaclub, Club Voves heißt neuerdings auch ein Personenkomitee, eine Plattform zur Förderung der Behandlung von Zukunftsthemen in der Steiermark, für die Steiermark. Mentor und Vorsitzender des „CV“ ist Günter Dörflinger, ausgerechnet jener Mann, der im „Nachfolge-Christi-Spiel“ um den steirischen SP-Vorsitz Peter Schachner-Blazizeks Willen zufolge im Jahr 2001 zugunsten Franz Voves weichen musste.

Club Voves, eine unbezweifelbar im Vorfeld der Landtagswahlen ins Leben gerufene Einrichtung, will vor allem über den Einsatz parteifernerer Persönlichkeiten, die allesamt jedoch in Franz Voves einen Garanten für notwendige Erneuerung in der Steiermark sehen, über deren intellektuelles und argumentatorisches Potenzial entsprechende Impulse setzen.

„Mutmaßungen über Hoffmann“
Als sich der Club Voves am 21. Mai in der Grazer Stadthalle erstmals in der Öffentlichkeit inszenierte, gelang dies in erster Linie über den Auftritt einer bis zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit wohl unbekannten Grazerin, der in der EU-Kommission tätigen Finanzmärkteexpertin Eva Hoffmann, die in den wenigen Sätzen ihres Statements schneidende Kritik zu den bestehenden Verhältnissen in der Steiermark fand. Inszeniert oder nicht – im „Abgang“ des Ereignisses stahl sie damit sogar dem Ehrengast und Hauptredner der Veranstaltung, RTL-Boss und Alt-ORF-Generalindendant Gerhard Zeiler, die Show. Zurück blieben Mutmaßungen über Hoffmann als eine Hoffnungsträgerin der steirischen SP.

Die österreichische Fernsehlandschaft
Zeiler referierte über die TV-Landschaft in Österreich – und dass hier drei Privatkanäle ideal für die Belebung wären und so weiter. Die politische Einflussnahme aufs Fernsehen habe viele Gesichter. Tatsache sei, dass die Öffentlich-Rechtlichen praktisch unter Interventions-Dauerbeschuss stünden, die Privaten dagegen diesbezüglich prinzipiell weniger gefährdet seien. Der Mix aus mehreren Nachrichtenredaktionen (öffentlichen und privaten) schaffe laut Zeiler positive Konkurrenz in Richtung mehr Objektivität und weniger politisch gesteuerter Berichterstattung. Aufmerksam folgten ORF-Steiermark-Direktor Edgar Sterbenz (vormals: Intendant) und sein Chefredakteur Gerhard Koch auf den Publikumsrängen diesen Ausführungen.

Vom Club Voves, der mittlerweile bereits weit über 100 Persönlichkeiten zählt, sprachen bei der Initialveranstaltung etwa zehn ProponentInnen über ihre Motive für die Teilnahme. Zu Wort kamen BildungsexpertInnen, SportlerInnen und Chefs öffentlicher Einrichtungen. Voves selbst will „mit all diesen Persönlichkeiten die Erneuerung schaffen“. „Wir müssen die Gesellschaft öffnen und alle Menschen mit ihren Visionen und ihrem Mut mitnehmen.“

– ko –

Kontakt: Tel. (0 316) 32 78 90 | office@clubvoves.at

 

  GraWe entwickelt sich „nachhaltig und ertragreich“


Eine äußerst positive Bilanz kann die traditionsreiche Grazer Wechselseitige Versicherungs AG über ihr Geschäftsjahr 2004 ziehen: Die Kapitalerträge sind von netto 58,3 auf 63,8 Mio Euro gestiegen, der Jahresüberschuss – der zur Gänze den Reserven zugeführt wird – von 14,6 auf 19,3 Mio, der Solvabilitätsgrad von 260,5 auf 275,8%. Generaldirektor Mag. Dr. Othmar Ederer: „Wir gehören damit zu den kapitalstärksten Unternehmen Österreichs.“
Der Aufbau der Tochterunternehmen in den ost- und südosteuropäischen Ländern schreite planmäßig voran, „alle Töchter haben positiv bilanziert, schon 30% der Prämien werden im Ausland erwirtschaftet“, betont Ederer.

Die konservative Anlagepolitik der GRaWe – geringer Aktien- und hoher Immobilienanteil – mache sich auch im Bereich der privaten Vorsorge und Lebensversicherungen durch hohe Stabilität der Gewinnerwartung bezahlt. Man stehe „nicht unter Druck, das am schnellsten wachsende Unternehmen der Branche zu sein – wir wollen uns nachhaltig und ertragreich entwickeln.“ Handlungsbedarf ortet Ederer v.a. wegen der rasanten Zunahme der Einbruchsdiebstähle – man versuche die KundInnen zu entsprechender Vorsorge anzuhalten.

Aus aktuellem Anlass erläuterte GD-Stellvertreter Dr. Siegfried Grigg schließlich, warum kein Versicherungsunternehmen – auch nicht die GraWe – gegen Schäden aus dem Einsatz von Gentechnik versichere: „Es gibt einfach kein versicherungsmathematisches Modell, nach dem wir unser Risiko berechnen könnten.“

– cs –

 

  Grazer Stadtwerke bilanzieren: „Strategische Neuausrichtung gelungen“


Das Geschäftsjahr 2004 war für die Grazer Stadtwerke AG vor allem durch den Aufbau strategischer Partnerschaften und die Neustrukturierung durch eine Formierung in Richtung „Stammhauskonzern“ gekennzeichnet. Parallel dazu wurde die Erschließung neuer und viel versprechender Geschäftsfelder weitergeführt: Ein Meilenstein auf dem Weg zu einer Internationalisierung der Aktivitäten des Konzerns ist die Übernahme des Flughafens Graz und die Expansion der Werbemittelfirma Ankünder GesmbH im Ausland wird ebenfalls mit großem Erfolg vorangetrieben.

Stadtwerke-Vorstandsduo Wolfgang Malik und Wolfgang Messner: „Wir planen in den kommenden Jahren verstärkt in die Beitrittsländer zu expandieren.“

Solide Bilanz
Die beiden Stadtwerke-Vorstände Dr. Wolfgang Messner und DI Wolfgang Malik blicken trotz eines relativ mageren Gesamtgewinnes von 1,2 Mio. Euro zufrieden auf das abgelaufene Jahr zurück: Nach einem schwierigen Jahr 2003 überstiegen die Umsatzerlöse 2004 aus den Geschäftsbereichen der AG erstmals die 80 Mio. Euro-Grenze. Die Sparten Bus und Straßenbahn, Bestattung und Freizeit schreiben nach wie vor rote Zahlen, gutes Geld wird dagegen mit der Wasserversorgung und dem im Dezember 2003 erworbenen Flughafen sowie im Abfallbereich gemacht. Diese Stärkefelder sollen künftig weiter ausgebaut werden, denn das Wachstum von rund 1,4% ist Messner noch zu wenig dynamisch: „Wir sind bestrebt unsere Aktivitäten in das Umland von Graz, weitere Regionen der Steiermark und die Nachbarländer im Südosten Europas auszuweiten, um neue und gewinnträchtigere Geschäftsfelder zu erschließen.“ Auch innerhalb der Stadtgrenzen kann sich Messner die Übernahme von Aktivitäten vorstellen, etwa dem Kanal, der Medienfabrik oder der Parkraumbewirtschaftung. In der Steiermark soll vor allem der Geschäftsbereich Wasser weiter ausgebaut werden, wie es durch die Anbindung der Oststeiermark an die „Wasserdrehscheibe“ bereits vorexerziert wurde. Der Flughafen von Graz soll, so Malik, „als Standort in den nächsten Jahren zu einem „Wirtschaftszentrum Südösterreichs ausgebaut werden.“ Unter anderem soll dort nach der Fertigstellung des neuen Terminalbereichs ein großzügig angelegtes Tagungshotel entstehen.

Rege Aktivitäten in Südosteuropa
Mit Gründung der Auslandstöchter in Kroatien und Slowenien prägt die Konzerntochter Ankünder seit den frühen 90er Jahren die Werbelandschaft wesentlich mit: Die Europlakat-Proreklam d.o.o. (Zagreb) errichtet in allen größeren Städten City-Light-Vitrinen und -Wartehäuschen sowie Großplakattafeln. Durch Investitionen in Dubrovnik wurde bereits Ende 1993 – erst 1995 war der Krieg in Kroatien zu Ende – ein deutliches Zeichen gesetzt: Nur kurze Zeit später wurde Dubrovnik die Schwesterstadt von Graz.

Die Proreklam-Europlakat d.o.o. (Ljubljana) betreibt in 48 Städten Außenwerbung, daneben werden landesweit zahlreiche City-Lights, Großplakatflächen etc. betrieben. Auch im Kosovo haben die Ankünder-Aktivitäten Tradition: Nach dem Ende der militärischen Auseinandersetzung war die Situation vor Ort alles andere als rosig: In Prishtina gab es Wasser- und Strom meist nur wenige Stunden am Tag. Die in der Nacht leuchtenden Werbemittel des Ankünders, mit eigener Stromversorgung gespeist, wurden ein weithin sichtbares und ermutigendes Signal für den Neubeginn. Das Unternehmen Proreklam-Europlakat (Prishtina) wurde 2001 gegründet; eine Expansion in weitere Städte ist geplant.

Ein Expertenteam der SAS (Styrian Aqua Systems, Vorstand Mag. Klaus Zausinger) wird in Kürze Beratungstätigkeiten für das Wassermanagement der bosnischen 220.000-Einwohner-Stadt Banja Luka aufnehmen. Die aktuellste Kooperation kommt aus dem Bereich der Grazer Verkehrsbetriebe: Gemeinsam mit der „Forschungsgesellschaft Mobilität“ konnten die GVB einen international ausgeschriebenen Beraterauftrag gewinnen. Die herausfordernde Aufgabe besteht in der Beratung des Verkehrsunternehmens „Libertas–Dubrovnik d.o.o.“ beim Einsatz moderner EDV-Systeme für die Verkehrsplanung, in der Fahrzeugwartung und beim Marketing. Finanziert durch die „European Bank of Reconstruction and Development“ konnte das Unternehmen in einem ersten Schritt 30 neue Busse anschaffen. Der Transfer von Know-how stellt für die Stadtwerke auch in Zukunft ein wichtiges Element für die Erschließung von neuen Märkten im Ausland dar.

Citycom – Weltweit vernetzt
„Wir verbinden Unternehmen“ lautet das Motto von Citycom, das als Unternehmen der Grazer Stadtwerke AG seinen Kunden umfassende Kommunikationsdienstleistungen anbietet. Alle dafür notwendigen Kompetenzen sind in einem Unternehmen vereint: Qualifizierte Kundenbetreuer erarbeiten mit Supportbetreuern Kommunikationslösungen für Unternehmen. Mit innovativen Produkten wie „CC:LAN“ – direkter Datentransfer ohne Zeitverlust, „CC:SAFE“ – sicheres Outsourcen von Daten und „CC:NET“ – highspeed business Internetlösung bietet die Citycom maßgeschneideerte Business IT-Lösungen aus einer Hand.

Infos: Grazer Stadtwerke AG, Andreas-Hofer-Platz 15, A-8010 Graz | T 43 316 887-2009 | Fax +43 316 887-2005 | www.grazer-stadtwerke.at

 

  Wirtschaftliche Kontakte mit China verbessert


Eine chinesische Delegation aus der Provinz Jilin war jüngst zu Besuch in Graz: Wirtschafts-LR DDr. Gerald Schöpfer führte die Gäste in das Messecenter Graz, wo Gouverneur Wang Yunkun einen Kooperationsvertrag mit einer Firma des steirischen Autoclusters unterzeichnete. „Wir möchten die Beziehungen zwischen der Provinz Jilin und der Steiermark weiter ausbauen.“, betonte der Leiter der chinesischen Delegation. LH Waltraud Klasnic empfing anschließend die Delegation. In den von Herzlichkeit geprägten Gesprächen mit u.a. den Präsidenten der Industriellenvereinigung Mag. Jochen Pildner-Steinburg und Dr. Gilbert Frizberg, sowie dem Leiter der Europaabteilung des Landes Steiermark, Mag. Ludwig Rader, kamen die Autoindustrie, das Bildungssystem und der Schienenbau in Donawitz auf das Tapet. Eine künftige Zusammenarbeit zwischen der Provinz Jilin und der Steiermark wurde vereinbart.

 

 

  Steiermärkische auf 1. Platz der Landeshauptstadt-Sparkassen


Im Rahmen eines Galaabends der Erste Bank im Wiener Rathaus hat das renommierte Institut kürzlich den von ihm ins Leben gerufenen und mit 1 Million Euro dotierten Sparkassen Award verliehen. Dieser wird in verschieden Kategorien nach den erreichten Kennziffern für Spitzenleistungen im Verkauf, in der Führung der Sparkasse und im Optimieren des Ressourceneinsatzes vergeben.

Die Gewinner in den insgesamt sechs Größengruppen werden anhand von Unternehmenskennzahlen und Messzahlen aus dem Vertriebsunterstützungstool „Retail Success“ ermittelt. Die Bewertungskriterin sind u.a. das Betriebsergebnis je Mitarbeiter, Eigenkapitalrendite, Aufwands-Ertragsrelation, Kernkapitalquote und durchschnittlich legitimiertes Kundenvolumen.

Erste Bank-Generaldirektor Andreas Treichl übergab die vom Künstler Franz Kuppelwieser gestaltete Trophäe und gratulierte den Vorständen stellvertretend für alle Mitarbeiter zu ihren hervorragenden Leistungen.

 

  Stölzle-Oberglas, Bärnbach: Aus nach 200 Jahren?


Die Befürchtungen im weststeirischen Bärnbach, dass die eingeleitete Schließung der Maschinenglaserzeugung in der traditionsreichen Glashütte Stölzle-Oberglas nur den Anfang vom Ende markiert, sind groß.

Dass sie nicht ganz unbegründet sind, scheint durch die stille und nahezu heimliche Vorgangsweise der Konzernführung, die die angebahnte Schließung als Konzentration der Ressourcen darstellt, eine Bestätigung zu finden. Schon im März teilte Konzern-Pressesprecherin Carmen Bischof lapidar mit: „Der Grund, warum 75 der derzeit 198 Beschäftigten mit September des Jahres gekündigt werden, liege darin, dass man die maschinelle Produktion zusammenfassen müsse, um eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.“ (Kl.Ztg., 17.3.2005).

Betriebsschließung hätte gravierenden Folgen für Bärnbach
Dass die Fakten betreffend Bärnbach etwas anders gelagert sind als von der Konzernleitung dargestellt, wird nun bekannt, weil enttäuschte Mitarbeiter des Bärnbacher Werkes laut über andere mögliche Hintergründe nachdenken: Zehn Jahre seien keine Investitionen mehr erfolgt, die nachweislichen Gewinne der letzten Jahre sollen vom „global player“ Cornelius Grupp seit 2001 in das neu erworbene polnische Werk investiert worden sein, weil die dortigen Lohnkosten nur ein Sechstel der steirischen betragen. Dass die Produktion in Bärnbach sehr wohl konkurrenzfähig ist, bestätigen dem KORSO gegenüber inzwischen ausgeschiedene Entscheidungsträger von Stölzle-Oberglas. Auch Betriebsratobmann Erich Lienhart ist von der Konkurrenzfähigkeit der Bärnbacher Hütte überzeugt: „Eine Weiterführung der Produktion ist möglich und wäre – in welcher Form auch immer – erstrebenswert.“

Der Bärnbacher Bürgermeister Max Kienzer hofft, dass wenigstens die übrigen 120 Arbeitsplätze bestehen bleiben: „Und natürlich wäre mir lieber, die Maschinen würden hier in Bärnbach bleiben.“ Immerhin sind in Bärnbach 500 bis 1000 Menschen direkt oder indirekt über Familienangehörige mit dem Werk verbunden, sodass ein Aus für die 5000-Einwohner-Stadt gravierende Folgen hätte. Eine Tourismusorientierung allein reicht vielen nicht aus. Das Arbeitsmarktservice hat vorsorglich eine Unternehmensstiftung eingerichtet. AMS-Steiermark-Chef Mag. Karl Heinz Snobe: „Die Stiftung ist für 55 TeilnehmerInnen konzipiert, von den Jüngeren hoffen wir, dass sie rasch unterkommen, die anderen erhalten Angebote der Berufsorientierung und Schulungsmaßnahmen und können danach aus arbeitsmarktpolitisch sinnvollen Qualifikationen auswählen.“ Zwischen Betriebsrat, Gewerkschaft und Unternehmen sei ein Sozialplan vereinbart worden, auch das Land sei offen für eine Beteiligung.

Weiterführung durch ArbeitnehmerInnen?
Angestellte des Bärnbacher Werkes, die einstweilen noch ungenannt bleiben wollen, plädieren nun für eine Weiterführung der Produktion in Eigenverantwortung. Robert Fath von der Gewerkschaft der Privatangestellten hält dies für eine sinnvolle Möglichkeit: „Ich halte eine derartige Option für eine Rettung der Bärnbacher Glasindustrie, die dank des Einsatzes der Mitarbeiter bis dato äußerst positive Betriebsergebnisse liefert, für unterstützenswert. Auch kann damit der Gefahr einer gänzlichen Schließung des Werkes – immerhin entfallen auf jene Linie, die nach Polen verlegt werden soll, ca. 60% des Produktionsvolumens – vorgebaut werden. Die Fortführung des Betriebes durch die Mitarbeiter könnte mit notwendiger politischer Unterstützung eine reale Chance haben.“ Der von den SP-Bürgermeistern in einem Papier geforderte „Gründer- und Betriebsansiedlungspool“ sollte hier bereits aktiv werden, ehe noch der Betrieb absiedelt. Grupp habe seinerzeit das Unternehmen um einen symbolischen Kaufpreis vom Staat erworben, nun könnte er es eigentlich den Arbeitnehmer- Innen um einen ebenso symbolischen Euro weiter verkaufen. Das wäre nur zu gerecht und Grupp könnte damit seine immer wieder hervorgehobene Steiermark-Verbundenheit unter Beweis stellen: Schließlich hat er einiges an öffentlichen Mitteln für seine Werke verbuchen können. Dass damit nur eine Arbeitsplatzgarantie bis genau 2005 für Bärnbach vereinbart, jedoch keine Investitionsverpflichtung verbunden war, stößt bei vielen Werksangehörigen auf großes Unverständnis.

GPA-Sekretär Robert Fath: „Fortführung des Betriebes durch die Mitarbeiter könnte mit notwendiger politischer Unterstützung eine reale Chance haben.“

Der globale Techno-Kapitalismus bestraft beste Arbeitsleistungen.
Derzeitiges Fazit: Obwohl ein hervorragendes Betriebsergebnis für das Werk Bärnbach vorliegt, die Auftragslage nach wie vor gut ist – laut Glasstatistik ist im Bereich Verpackungsglas sogar noch ein weiterer Produktionszuwachs zu erwarten – in Bärnbach das beste Produktionsergebnis aller Stölzle-Werke (Bärnbach, Köflach, England, Tschechien, Polen) erzielt wird (angeblich um einen sechsstelligen Euro-Betrag über dem Soll), hoch motivierte Mitarbeiter als bestes „Humankapital“ im Einsatz sind, Wettbewerbsfähigkeit also eindeutig gegeben ist, soll die Bärnbacher Maschinenglasproduktion eingestellt und damit der erhofften Gewinnmaximierung in einem Billiglohnland Osteuropas geopfert werden. Der Grupp-Konzern wird damit ein Paradefall dafür, wie technokapitalistische Globalisierung auch einen traditionsreichen und gut gehenden steirischen Industriezweig befällt, wurde doch die Bärnbacher Glashütte heuer genau vor 200 Jahren gegründet (1805).

75 Beschäftigte des Traditionsunternehmens Stölzle-Oberglas werden im September ihren Arbeitsplatz verlieren – weil die Produktion in Polen „zusammengefasst“ werden soll

Einen etwas seltsamen Beigeschmack gewinnt in diesem Zusammenhang die unlängst erfolgte Präsentation des Grupp-Konzerns im Rahmen des „fast forward success“ der steirischen Wirtschaftsförderung – wessen „vorwärtsweisender Erfolg“ sollte damit wohl gefeiert werden?
Noch aber scheint es nicht zu spät zu sein, könnten sich die Betriebsräte/innen und die Belegschaft für eine Fortführung des Betriebes in Eigenverantwortung entschließen, so wäre wohl auch Grupp gezwungen auf eine Auslagerung zu verzichten. Denn, so Fath: „Ohne das personelle Know-how der hoch qualifizierten Mitarbeiter, die nach Polen gehen müssten, kann dort die Produktion mit den Bärnbacher Maschinen nicht hochgefahren werden.“

– gb –

 

 

  Weltrekord der Abfallentsorger


Wie viele Personen passen in einen Saubermacher-Container? Diese Frage wurde am 21. Mai beim großen Saubermacher-Mitarbeitertag in Wien geklärt. Ein Weltrekordversuch war einer der Höhepunkte des großen „Familienfestes“, alle Mitarbeiter eingeladen waren. Unter notarieller Aufsicht versuchten sich möglichst viele in einen 1100 Liter-Container zu zwängen. Schließlich fanden 19 (!) Personen Platz – das ist Weltrekord und kommt in das Guinness-Buch der Rekorde. Der Saubermacher-Mitarbeitertag war auch davon abgesehen ein voller Erfolg.