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korso
Wirtschaft / Arbeit / Bildung |
Das
Informationsmagazin
der Steiermark
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06/2004
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In
Vielfalt vereint “ – aber bitte ohne Diskussion |
Vor nahezu einem Jahr, am 10. Juli 2003, hat der „Konvent für
ein neues Europa“ unter der Leitung des französischen Ex-Präsidenten
Valérie Giscard d’Estaing einen Verfassungsentwurf für die Europäische
Union nach dem Konsensprinzip verabschiedet, der einschneidende
Änderungen für Europa nach sich ziehen wird.
EU-Verfassung: Kein Thema im Wahlkampf
Es ist bezeichnend, dass die in Österreich zu den EU-Wahlen kandidierenden
Parteien in ihrer überwältigenden Mehrheit im Wahlkampf zu den
Europa-Wahlen am 13. Juni alles Mögliche thematisieren – von den
Problemen, die eine EU-Mitgliedschaft der Türkei mit sich bringen
könnte bis zum internationalen Kampf gegen die Kriminalität –
nur nicht die zentrale Frage der Inhalte des europäischen Konstitutionsentwurfes
und die mindestens ebenso wichtige, auf welchem Weg diese zu beschließen
sei.
Wenn in den Medien schon mal über die Verfassung diskutiert wird,
dann im Stil von Sportberichterstattung: Wie lange werden’s die
Spanier und Polen durchhalten, ihre Sonderinteressen gegen den
Rest der EU durchzusetzen …
Auch ein Blick auf die Homepages der kandidierenden Parteien
macht uns nicht klüger. Auf den Websites von SPÖ und ÖVP findet
sich keine Bezugnahme auf die Verfassungsdebatte, auf jener der
Grünen stößt man auf den Hinweis, dass sie eine Sondersitzung
des Nationalrates zur EU-Verfassung beantragt haben – die allerdings
erst für den 14. Juni anberaumt wurde. Die genauesten Informationen
zum Verfassungsentwurf bietet überraschenderweise die eher amateurhaft
gestaltete Website der Wahlplattform „Linke“ – die den Verfassungsentwurf
allerdings als einzige kandidierende Liste auch klar ablehnt.
Kompetente Kandidaten
Angesichts dieser insgesamt eher dürftigen Informationslage hat
KORSO Kandidaten zur EU-Wahl explizit zu ihrer Haltung zum Verfassungsentwurf
befragt. Wir dürfen zumindest in einem Punkt Entwarnung geben:
Die befragten Politiker sind durchwegs mit der Materie bestens
vertraut – was beim grünen Spitzenkandidaten Johannes Voggenhuber
und beim ÖVP-Kandidaten Reinhard Rack wenig überrascht,
weil beide Mitglieder des Verfassungskonvents waren. Aber auch
der steirische sozialdemokratische EU-Kandidat Jörg Leichtfried
und der Spitzenkandidat der Linken, Leo Gabriel, müssen
keine öffentliche Diskussion über die europäische Verfassung scheuen
– nur: Die hat’s ja bis jetzt leider kaum gegeben … Von den Freiheitlichen
und der Liste Hans-Peter Martin haben wir übrigens auf entsprechende
Anfragen keine Antwort erhalten – da dürfte der Stress des Anti-Privilegienwahlkampfes
wohl keine Zeit für derart minder wichtige Themen lassen.
Reinhard Rack: Für eine österreichische Volksabstimmung
Der Verfassungsjurist Prof. Reinhard Rack sieht den Verfassungsentwurf
pragmatisch: „Wir haben im Konvent eigentlich nur das in schriftlicher
Form festgehalten, was europäische Realisten für notwendig halten,
wichtig ist, dass der Entwurf konsensfähig ist.“ Zentral sei die
Ausweitung der Rechte des Europäischen Parlaments, das in Hinkunft
in allen 84 Bereichen der gewöhnlichen EU-Gesetzgebung mit entscheidungsberechtigt
sein werde (in 22 Bereichen, besonderer nationaler Empfindlichkeit‘
hat sich der Ministerrat die Entscheidung vorbehalten). „Vor allem
in der Regionalpolitik wird es ab der nächsten Reform volle Kodezision
(Mitbestimmung) geben“, freut sich Rack, „das betrifft immerhin
40% des Budgets“. Was die Beschlussfassung über den Verfassungsentwurf
angeht, sind der Politiker und der Europarechtler Rack unterschiedlicher
Meinung: „Als Politiker wäre ich für eine europäische Volksabstimmung,
weil ich mir davon einen enormen Zwang zur Information erwarte.
Als Europarechtsprofessor sage ich, wir haben mit gutem Grund
an diesem Konzept eines Europa der Bürger und der Staaten festgehalten;
man kann nicht gut von einem Europa der Subsidiarität sprechen
und dann über die Staaten drüberfahren. Die Bedingung für eine
subsidiäre Volksabstimmung in Österreich wäre, dass der europäische
Verfassungsentwurf eine Totaländerung der österreichischen Bundesverfassung
nach sich zieht. Von den inhaltlichen Veränderungen her betrachtet
ist das nicht der Fall. Anders verhält es sich mit der institutionellen
Neu-Systematisierung. Der langen Rede kurzer Sinn: Mir wäre lieber,
es gäbe eine nationale Volksabstimmung in Österreich, auch wenn
dies meine politische Führung nicht so sieht.“
Jörg Leichtfried: Nur ein Entwurf, den man ändern kann
Der steirische SP-Spitzenkandidat zum EU-Parlament, der Jurist
Jörg Leichtfried, beurteilt den Verfassungsentwurf „vorsichtig
positiv: Mein Ziel wäre, dass Europa eine demokratische Verfassung
mit Gewaltenteilung, Regierung und Opposition erhält – das ist’s
aber eben noch nicht.“ Er plädiert für eine europäische Volksabstimmung
über die Konstitution – „dann ist erstmals die Stimme jedes europäischen
Bürgers gleich viel wert.“ Die Verankerung von Aufrüstung und
Stabilitätspolitik in der Verfassung hält er für „problematisch“,
aber: „Es handelt sich ja um einen Entwurf, den man noch ändern
kann.“ Wenn die Stabilitätspolitik Verfassungsgrundsatz werde,
dann müsse dies auch für soziale Grundrechte wie das Recht auf
Arbeit gelten. In jedem Fall sei eine Höchstarbeitslosenquote
in die Reihe der Maastricht-Kriterien aufzunehmen. Etwaigen Out-of-Area-Einsätzen,
wie sie gemäß dem Verfassungsentwurf dann auch auf das östererreichische
Bundesheer zukommen könnten, hofft Leichtfried mit dem Instrument
des konstruktiven Veto begegnen zu können. „Eine EU-Verfassung,
die uns die Neutralität verbieten würde, wäre für mich unannehmbar.“
Abseits von der Verfassungsdebatte sieht er seine Tätigkeit als
Abgeordneter vor allem im „Eintreten für ein Ende des Steuerdumping-Wettbewerbs
in der Union – erst dann ist eine einheitliche Sozialpolitik möglich.“
Johannes Voggenhuber: Verfassung darf nicht ins nationale
Gezänk gezogen werden
Für den grünen Europa-Parlamentarier Johannes Voggenhuber ist
der Verfassungsentwurf nichts weniger als das „Fundament einer
supranationalen europäischen Demokratie“, das die EU-Parlamentarier
den Regierungen abgetrotzt hätten, die MEPs im Konvent hätten
in der Demokratisierung der Union noch viel weiter gehen und auch
ihre Kompetenzen stärker erweitern wollen als vorgesehen. Auf
welche Weise soll der Verfassungsentwurf Gesetzeskraft erlangen?
Voggenhuber spricht sich für eine gesamteuropäische Volksabstimmung
nach der Devise „one man / one woman – one vote“ aus – damit die
europäische Verfassung nicht ins „nationale Gezänk“ gezogen werde.
Sie sei auch keine „endgültige Marmortafel“, sondern ein „erster
Schritt eines konstitutionellen Prozesses“. Europa würde mit der
Annahme der Verfassung zu einer Grundrechts-Gemeinschaft „mit
ungeheuren konstitutionellen Folgen“. Im diametralen Gegensatz
zur nun in den sozialen Bewegungen aufbrandenden Ablehnung des
Verfassungsentwurfes als neoliberale Festlegung der Union ist
Voggenhuber davon überzeugt, dass das von ihm mit erarbeitete
Dokument „eine empfindliche Niederlage des Neoliberalismus“ darstelle
– „wir haben die sozialen Rechte gegen den erbitterten Widerstand
der Regierungen in den Text aufgenommen.“
Leo Gabriel: Eine Verfassung, die keine ist
Für den Anthropologen und Publizist Leo Gabriel, den parteiunabhängigen
Spitzenkandidaten der Liste „Linke“, verdient der vorliegende
Entwurf „keineswegs den Ehrentitel Verfassung: Dieses Werk bewegt
sich bestenfalls auf der Ebene der bisherigen Unionsverträge.“
Das lateinische Wort constitutio werde ja üblicherweise für „die
Ordnung eines politischen Gebildes verwendet – in diesem Text
finden sich aber zu mehr als einem Drittel wirtschaftspolitische
Bestimmungen – von der Festlegung des schrankenlosen Freihandels
über die Marktwirtschaft, die bloß an einer Stelle durch das Wörtchen
,sozial‘ ergänzt wird, bis hin zur Stabilitätspolitik.“ Auch der
Prozess des Zustandekommens des Dokumentes sei zu kritisieren:
„Da hat man sich einen abgetakelten Präsidenten angelacht und
ihn mit der Einrichtung eines Konvents beauftragt, der in keiner
Weise demokratisch legitimiert war – ein Verfassungsentwurf, wie
ich ihn verstehe, muss vor seiner Beschlussfassung breit von den
Menschen diskutiert werden und nicht erst danach.“ Besondere Kritik
übt Gabriel an dem Passus, der eine Verbesserung der militärischen
Fähigkeiten der einzelnen Mitgliedsstaaten fordert: Das stehe
in klarem Gegensatz zur Charta der Vereinten Nationen. Auch Gabriel
fordert eine nationale Volksabstimmung über die Verfassung – „ich
tue das ganz offen in der Hoffnung, dass dieser undemokratische
Entwurf, der den Geist des Neoliberalismus atmet, dabei von der
Mehrheit der Menschen abgelehnt wird.“
Wie heißt das neue Leitmotiv der Union so schön: „In Vielfalt
vereint“. Ein sympathisches Motto – das aber eine breite öffentliche
Debatte voraussetzt, gerade über die EU-Verfassung. Sonst droht
eher vielfältige Einfalt.
cs
Was ist neu im Verfassungsentwurf?
Das formale Ziel, das dem „Reformkonvent“ unter der Leitung von
Valéry Giscard d’Estaing am 15.12. 2001 gesetzt wurde, war die
Schaffung eines verfassungsrechtlichen Fundaments, das die Fülle
der Einzelverträge ersetzen sollte. Einige Kernpunkte des Verfassungsentwurfs:
-
Die Mitentscheidungsmöglichkeiten
des Parlaments werden ausgeweitet.
-
Der Rat soll einen EU-Präsidenten
wählen, der vom Parlament bestätigt werden muss.
-
In jenen Bereichen, wo bislang
im Ministerrat Entscheidungen nur einstimmig getroffen werden
können, soll das „Prinzip der qualifizierten Mehrheit“ gelten.
Diese ist dann erreicht, wenn sich im Rat eine einfache Mehrheit
der Länder findet (50 Prozent), die gleichzeitig 60 Prozent
der EU-Bevölkerung repräsentieren (50-60-Regel).
-
Interessant ist, welche Bereiche
weiterhin dem Subsidiaritätsprinzip unterliegen: Der Kompetenz
der Union obliegt es, eine strikte Geld- und Wechselkurspolitik
zu betreiben, „die beide vorrangig das Ziel der Peisstabilität
verfolgen“ (§ 69.2) – eine für eine Verfassungsbestimmung zumindest
ungewöhnliche Konkretisierung von Politik; nicht zuständig ist
die Union dagegen für die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, diese
bleibt Sache der Nationalstaaten. Und: Während die Massensteuern
auf EU-Ebene harmonisiert werden sollen, bleibt die Festlegung
der Unternehmenssteuern weiterhin nationale Kompetenz.
-
In der Außen- und Sicherheitspolitik
gilt weiterhin das Prinzip der Einstimmigkeit. In diesem Politikbereich
kommt es allerdings zu einer überraschenden Festlegung: In Artikel
I, 40, Absatz 3 verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, ihre
militärischen Fähigkeiten zu verbessern – also zur Aufrüstung.
-
Auf der Positiv-Seite stehen
eine Grundrechtscharta mit einklagbaren Rechten der EU-Bürger
gegen Übergriffe von EU-Institutionen und ein gemeinschaftsweites
Initiativrecht: Mindestens eine Million EU-Bürger aus einer
„erheblichen“ Zahl von Mitgliedsstaaten können mit einem Bürgerbegehren
die Kommission auffordern, zu einem bestimmten Thema einen Gesetzgebungsvorschlag
vorzulegen.
-
Sollten die Staatschefs am 17./18.
Juni in Brüssel ihre Unterschrift unter den Entwurf setzen,
beginnt der übliche Ratifizierungsprozess – in manchen Ländern
über parlamentarische Abstimmungen, in anderen über Volksabstimmungen.
In Österreich ist die Debatte über die rechtlichen Rahmenbedingungen
noch nicht abgeschlossen.
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„Lokales
Umweltbewusstsein ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche
Öko-Wirtschaft“ |
Mit dem Amtsantritt von Landesrat Prof. Gerald Schöpfer als neuem
Verantwortlichen für das Wirtschaftsressort verbindet sich die Hoffnung
auf eine Neuorientierung der Wirtschaftspolitik des Landes in Richtung
auf mehr Nachhaltigkeit. Im wachsenden Sektor der Öko-Wirtschaft
und vor allem im besonders stark expandierenden Sektor jener Betriebe,
die sich mit der Bereitstellung erneuerbarer Energieträger beschäftigen,
erwartet man eine stärkere Berücksichtigung bei der Umsetzung wirtschaftspolitischer
Maßnahmen – nicht zuletzt, weil die Branche sich im Gegensatz zu
den kapitalintensiven Betrieben der Automobilwirtschaft als kommender
Arbeitsplatz-Motor sieht.
Debatte über Bedeutung und Perspektiven des nachhaltigen Sektors
der steirischen Wirtschaft: (von links) Stenner, Schöpfer >
Hochfellner, Kalcher, Holter >
KORSO-Herausgeber Christian Stenner bat Landesrat Dr. Gerald
Schöpfer zum Gespräch mit Mag. Trude Kalcher vom Ökotechnik-Netzwerk
Eco & Co / Trigon Entwicklungsberatung und mit Dr. Christian
Holter, Geschäftsführer des international tätigen Solarunternehmens
SOLID. Weitere Teilnehmer an der Gesprächsrunde: HR Mag. Stefan
Hochfellner, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Arbeit, und
Mag. Christoph Ludwig, politischer Sekretär für Wirtschaftsangelegenheiten.
Stenner: Herr Landesrat, die steirische Wirtschaftspolitik
war unter Ihrem Vorgänger sehr stark auf die Förderung des Automobilclusters
ausgerichtet. Nun soll das Motorsportzentrum des Herrn Mateschitz
mit 90 Mio Euro aus Steuergeldern subventioniert werden – ist
das nicht eine sehr einseitige Orientierung der Förderpolitik
des Landes?
Schöpfer: Beim Automobilcluster geht’s ja nicht nur um die
großen Unternehmen MAGNA und Steyr-Daimler, sondern auch um Klein-
und Mittelbetriebe, die mir besonders am Herzen liegen, weil sie
bekanntlich konjunkturresistenter sind; sie können auf der einen
Seite nicht so viel zum Aufschwung beitragen wie die großen, auf
der anderen Seite sind sie aber auch im Fall von Absatzrückgängen
zumeist flexibler. Was den A-1-Ring betrifft, so war es früher doch
so, dass nur einmal im Jahr ein Rennen gefahren wurde, in das relativ
viel an öffentlichem Geld investiert wurde. Im Gegensatz dazu kommen
jetzt mehr als 85% der Investitionen von privater Seite, und mit
dem Motorsportzentrum und der Stuntmen-Akademie wird eine dauerhafte
Auslastung möglich sein, die auch die Einkommen in der Region auf
Dauer sichert. Natürlich muss man sich die Umweltverträglichkeit
genau ansehen, aber das passiert ohnehin. Aber der Automobilbereich
ist keineswegs der einzige, wo die öffentliche Hand unterstützend
– auch im Sinn von Vernetzung – wirkt: Der Holzcluster beschäftigt
insgesamt 50.000 Arbeitnehmer und im Bereich der Humantechnologie
haben wir einen Cluster aus der Taufe gehoben, der sehr gut funktioniert,
weil er private Betriebe und private und öffentliche Forschungseinrichtungen
vernetzt.
Stenner: Letzteres gilt ja im Besonderen auch für
den Ökotechnik-Bereich – ein Grund mehr, auf den Ökotechnik-Cluster
zu setzen?
Schöpfer: Im Öko-Bereich fehlen mir die großen Leitbetriebe,
die für einen Cluster nötig wären; aber wir haben natürlich expandierende
Unternehmen vor allem im Abfallwirtschaftsbereich, die den halben
Balkan säubern.
Kalcher: Das Besondere am Ökotechnik-Bereich ist in der
Tat, dass es sich dabei um keinen Cluster, sondern um kooperierende
Netzwerke handelt, innerhalb derer es wiederum Stärkefelder gibt.
Interessant ist, dass über die Hälfte der 624 Organisationen mit
insgesamt 35.000 Arbeitsplätzen, die wir auf der Plattform www.ecoundco.at
erfasst haben, mit Engineering, Planung, Forschung und Entwicklung
beschäftigt sind, und eine Engineering-Firma wie etwa die AEE Intec
in Gleisdorf mit 30 Ingenieuren ist eigentlich kein kleines Unternehmen
mehr – andererseits natürlich auch kein Großbetrieb.
Schöpfer: Das ist vom Standpunkt der Konjunkturresistenz
her kein Nachteil. Ich denke auch, dass das bei uns vorhandene Umweltbewusstsein
eine Marktchance bedeutet, die sich letztlich auch in Exportchancen
niederschlägt: Ich hatte kürzlich eine Unterredung mit dem stellvertretenden
russischen Außenhandelsminister, der den ungeheuren Nachholbedarf
unterstrichen hat, den allein die Region um Moskau – wo mehr als
zehnmal so viel Menschen wohnen wie in der Steiermark – in Bezug
auf Mülltrennung und Recycling hat.
Kalcher: Ich möchte das bekräftigen – gerade in der Ökotechnik-Branche
gehen Wachstum und Internationalisierung Hand in Hand. Wir hatten
am Freitag einen Betriebsbesuch beim Pelletskessel-Erzeuger KWB,
der 1994 gerade 4 Mitarbeiter hatte und heute 80; jene Firmen in
unserem Netzwerk, die exportieren, haben einen durchschnittlichen
Exportanteil von 43%. Der Automobilbereich wird allein wegen der
Konkurrenz aus den Niedriglohnländern bei uns kaum mehr wachsen
– im Bereich der Ökotechnik ist hingegen unglaubliches Potenzial
vorhanden.
Stenner: Hier möchte ich einhaken und Dr. Holter zu
Wort kommen lassen: Sein Unternehmen hat weniger Probleme mit
dem Export als mit schlechten Bedingungen am Heimmarkt – und dagegen
ließe sich ja wirtschaftspolitisch etwas unternehmen.
Holter: Der europäische Solarmarkt ist im Schnitt in den
letzten 10 Jahren um 28% jährlich gewachsen, der Trend ist ungebrochen.
Die Wachstumsziele werden auch in einem Weißbuch der EU bekräftigt:
Danach ist zwischen 2004 und 2010 ein Investitionsvolumen von 50
Mrd Euro vorgesehen – keine geringe Summe. Gleichzeitig haben wir
in der Steiermark weltweit noch die Führerschaft, was Solartechnologie
betrifft – das merkt man etwa daran, dass am Weltsolarkongress von
fünf Hauptvorträgen zwei von Steirern gehalten werden. Oder: Nächste
Woche ist SOLID als eines von sechs Unternehmen weltweit bei der
Kyoto-Nachfolgekonferenz in Bonn eingeladen, um dort innovative
Konzepte zu präsentieren.
Auf der anderen Seite sind die Solar-Unternehmen nach wie vor
kleine Unternehmen mit geringer Eigenkapitaldecke, für die ein funktionierender
Heimmarkt vital ist. Da stehen wir in der Steiermark aber ganz schlecht
da: In der Solarförderung liegen wir österreichweit an siebenter
Stelle, in den letzten sechs Jahren ist der steirische Solarmarkt
um 40% gesunken. Meine Schlussfolgerung ist unter anderem, dass
sich auch die Player in der Politik – Umwelt-, Wirtschafts- und
Forschungsressort – clustermäßig vernetzen sollten, um gemeinsame
Strategien zur Stärkung des Marktes zu entwerfen.
Hochfellner: Wir haben statt der Clusterbildung – die wegen
der Unterschiedlichkeit der Produkte schwierig ist – auf die Internationalisierungsschiene
gesetzt, um die Öko-Unternehmen zu stärken. Dabei haben wir ein
zentrales Problem – nämlich die Finanzierung. Aber: Die Steiermark
hat 1,2 Mio Verbraucher und Zuwachsraten von 2 bis 3%, dort, wo
sie jetzt tätig werden können, gibt es 25 Mio Verbraucher und Zuwachsraten
von 10 bis 15%.
Stenner: Dennoch bleibt die Frage bestehen: Kann die
Wirtschaftspolitik des Landes etwas dazu beitragen, die Marktverzerrungen
zu korrigieren, die dadurch entstehen, dass andere Sektoren –
z.B. der gesamte Bereich, der sich auf fossile Energieträger stützt
– ihre Kosten zum Teil externalisieren.
Schöpfer: Das Problem sind hier die Kompetenzverteilungen:
Da gibt es leider Überschneidungen. Mit Kollegen Seitinger habe
ich bereits gesprochen, mit ihm wird es eine gemeinsame Aktion zur
Stärkung des Ökoclusters geben. Was die erneuerbare Energie betrifft,
so kann ich nicht in die Agenden des zuständigen Landesrates Schöggl
eingreifen.
Kalcher: Eine Vernetzung von Wirtschafts-, Umwelt- und
Forschungspolitik und der abgestimmte Einsatz der Mittel würde den
Unternehmen enorm helfen. So unter dem Motto: Nicht nur die Firmen
vernetzen sich und kooperieren, sondern auch die relevanten Stellen
in Verwaltung und Politik.
Holter: Es geht oft weniger um Geld als um eine Verbesserung
der Bedingungen. In Salzburg werden durch eine entsprechende Klausel
bei der Wohnbauförderung heute 80% aller neu gebauten Wohnungen
mit Solarthermie oder Biomasse-Heizungen ausgestattet, ohne dass
das Land dafür zusätzliches Geld in die Hand nehmen muss. Eine weitere
Möglichkeit ist die Förderung von Betriebsansiedelungen, wie sie
etwa Kärnten betreibt, wo inzwischen das Gros der europäischen Solarkollektoren-Erzeuger
beheimatet ist. Und schließlich müsste das Land als Mehrheitseigentümer
an der ESTAG durchsetzen, dass in deren Bereich erneuerbare Energieträger
stärker Verwendung finden.
Kalcher: Ähnliches gilt für den gesamten Bau- und Sanierungsbereich:
Auch hier müsste man den Unternehmen die Chance geben, Referenzprojekte
am Heimmarkt zu entwickeln. Im Übrigen teile ich die Meinung von
Hofrat Hochfellner nicht, dass Clusterstrukturen im Ökotechnikbereich
viel zusätzliche Mittel erfordern würden: De facto gibt es in diesem
Sektor ja schon funktionierende Netzwerke wie die Wirtschaftsinitiative
Nachhaltigkeit, das Netzwerk Ökoenergie Steiermark oder eben Eco
& Co. Es geht hier nun um die Bündelung der Kräfte und Potenziale
und um die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und Parallelentwicklungen
– und das zum Wohle der Unternehmen und Forschungseinrichtungen.
Schöpfer: Um noch einmal auf die Rahmenbedingungen zurückzukommen:
Ich bekenne mich ausdrücklich zur Notwendigkeit, diese zu verbessern
– etwa durch Änderungen in der Bauordnung. Diesbezüglich wird es
eine gemeinsame Initiative von mir und Landesrat Seitinger geben.
Gleichzeitig müssen wir uns auf das hoch entwickelte lokale Umweltbewusstsein
stützen; dieses stellt ja eine der wichtigsten Vorbedingungen für
eine erfolgreiche Ökowirtschaft dar.
Stenner: Ich danke allen Beteiligten für das Gespräch.
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GRAWE:
Beste Bilanz-Zahlen, nur Einbrüche und Wetterkatastrophen bereiten
Sorgen |
Erfreuliche Bilanz beim steirischen Traditions-Versicherer Grazer
Wechselseitige: Das vergangene Geschäftsjahr sei das bisher erfolgreichste
in der 175-jährigen Firmengeschichte gewesen, berichtet Generaldirektor
Mag. Dr. Othmar Ederer. Bei den Prämien liegt das Wachstum
der GRAWE (+ 6,3%) deutlich über jenem des Marktes, das EGT stieg
um 50% auf 19,2 Mio Euro, der gesamte Jahresüberschuss wurde den
Reserven zugeführt und damit die Sicherheit für die KundInnen weiter
erhöht. Ederer: „Unser Solvabilitätsgrad lag 2003 bei 260%, der
durchschnittliche Wert liegt bei 163%.“ Als in den zentral- und
osteuropäischen Raum expandierendes Unternehmen – 2003 wurde nach
den Töchtern in Slowenien, Kroatien, Ungarn, BiH, Jugoslawien und
Rumänien eine moldawische Tochtergesellschaft gegründet – erwirtschaftet
die GRAWE bereits mehr als 26% ihres Prämienaufkommens im Ausland.
Sorgen – die sich einstweilen aber noch nicht in Einschränkungen
bei den versicherten Risiken niederschlagen – machen dem GRAWE-Vorstand
nur zwei Geschäftsbereiche: Die stark zunehmenden Einbruchsdiebstähle
– hier soll vor allem mit Aufklärung der Kunden gegengesteuert werden
– und die Folgen der Klimaerwärmung: „Während früher größere Sturmschäden
maximal alle sieben Jahre auftraten, verzeichnen wie in jüngster
Zeit Intervalle von drei bis vier Jahren.“
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AMS integriert den EBDL ins Bildungsprogramm
< AMS-Landesgeschäftsführer Mag. Karl Heinz
Snobe:
„Wissen über ökonomische Vorgänge zählt zu den Schlüsselkompetenzen,
die wir mit dieser Initiative forcieren wollen!“
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Zur Erhöhung der Beratungskompetenz des Service für Unternehmen
(SfU) im Arbeitsmarktservice Steiermark hat AMS-Landesgeschäftsführer
Karl Heinz Snobe eine Ausbildung zur Erlangung des Zertifikates
des europäischen Wirtschaftsführerscheins für SfU-BeraterInnen empfohlen.
70 steirische AMS-BeraterInnen haben von dieser Möglichkeit Gebrauch
gemacht und bereiten sich gerade auf die Abschlussprüfung vor bzw.
haben diese Prüfung bereits abgelegt.
Der europäische Wirtschaftsführerschein (EBDL – European Business
Driving License) ist ein international standardisierter Lehrgang
zur Vermittlung von betriebswirtschaftlichem Kernwissen. Um das
Zertifikat zu erwerben, ist eine zweistündige schriftliche Prüfung
in einem akkreditierten Wirtschaftsführerschein-Prüfungszentrum
abzulegen. Der Lernzielkatalog umfasst Bilanzierung, Kennzahlen,
Kostenrechnung und Gesellschaftsrecht.
Übrigens: Unternehmen, die ihre Beschäftigten mittels Wirtschaftsführerscheins
fortbilden wollen, können beim AMS um eine Förderung ansuchen. Förderbar
sind allerdings nur Frauen und ältere Männer ab 45 Jahren. Infos
zum EBDL unter www.wirtschaftsfuehrerschein.at
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Zwei
Bewerber für neue Thermen in der Steiermark |
Der steirische Thermen-Tourismus hat sich in Österreich und über
die Grenzen hinaus eine führende Position geschaffen. Um auf dieser
Erfolgswelle weiter zu schwimmen, wurde von Tourismus-Landesrat
Hermann Schützenhöfer eine Studie zur Bedarfsanalyse in Auftrag
gegeben mit dem vorläufigen Ergebnis: In Bad Aussee oder in Bad
Mitterndorf wird noch heuer „thermal erweitert“.
Um eine effektive Entwicklungsstrategie für die steirischen Thermen
erstellen zu können, hat LR Schützenhöfer die Erstellung einer Bedarfsanalyse
in Auftrag gegeben. „Das Thermenland ist für die Steiermark eine
einzigartige Erfolgsgeschichte“, so LR Schützenhöfer bei der Präsentation
der Ergebnisse, „aber: Wir stagnieren derzeit auf hohem Niveau.“
Schützenhöfer bestätigt, dass zehn Vorhaben untersucht und schließlich
zwei Projekte als zukunftsträchtig beurteilt wurden, nämlich Bad
Mitterndorf und Bad Aussee. Bestehende ausgeprägte Tourismusstrukturen,
Saisonausweitung und Steigerung der Wertschöpfung waren Kriterien,
die für die genannten Standorte sprechen. Das Finanzvolumen der
beiden Konzepte ist mit 40 Mio bzw. 43 Mio Euro budgetiert, der
Zuschuss vom Land Steiermark wird sich auf eine Höhe von vier Mio
Euro belaufen. Noch vor dem Sommer soll entschieden werden, wer
von den beiden Bewerbern letztlich den Zuschlag erhält.
cw
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Jetzt
Informationstechnologie studieren! Jetzt
ist die beste Zeit, um ein FH-Studium am IT-Sektor zu beginnen: Der
große Ansturm auf die Studienplätze ist vorüber, aber die Nachfrage
nach IT-Experten wächst wieder, weiß man an der FH JOANNEUM. Die steirische
Fachhochschul-Institution bietet für IT-Interessierte mehrere Studienmöglichkeiten
an, darunter erstmals auch ein berufsbegleitendes Studium. Bewerben
kann man sich noch bis 10. September 2004 |
„Unsere Absolventen haben sich am Arbeitsmarkt sehr gut bewährt“,
sagt Werner Fritz. Der Studiengangsleiter von „Informationsmanagement“
in Graz kann stolz darauf sein, dass Arbeitslosigkeit für seine
Absolventen ein Fremdwort ist. „Unsere Leute, die als Generalisten
ausgebildet werden, sind von Einbrüchen am IT-Sektor kaum betroffen.
Ca. 80 Prozent unserer Absolventen haben schon zum Zeitpunkt der
Diplomprüfung realistische Job-angebote in der Tasche.“ Bei „Informationsmanagement“
in Graz werden heuer 60 Studierende neu aufgenommen. Die BewerberInnen
haben sehr gute Aussichten auf einen Studienplatz.
Gute Aussichten auf einen Studienplatz haben auch die BewerberInnen
bei „Internettechnik und -management“. Ab Herbst 2004 bietet der
Kapfenberger FH-Studiengang die berufsbegleitende Vertiefungsrichtung
„Software Design“ an. Das Studium wird NeueinsteigerInnen und Berufserfahrene
für die Anforderungen der zukünftigen Software-Entwicklung qualifizieren.
„Auf Grund der Veränderungen in der IT-Branche ist ein steigender
Bedarf im Bereich Software-Redesign in webbasierten Umgebungen abzusehen“,
meint Sonja Gögele, Studiengangsleiterin von „Internettechnik und
-management“ und „Software Design“ in Kapfenberg. Das neue, berufsbegleitende
Studienangebot dauert 4 Jahre, schließt mit dem Titel Dipl.-Ing.
(FH). Es richtet sich auch an Präsenz- und Zivildiener, die parallel
zu ihren Verpflichtungen ein IT-Studium beginnen wollen. Sie können
im 3. Semester nach Ablegung von Prüfungen ins Vollzeitstudium „Internettechnik
und -management“ wechseln.
IT-Studien an der FH JOANNEUM, bei denen man sich noch bis 10.
September bewerben kann:
- Informationsmanagement
- Internettechnik und -management
- Software Design (berufsbegleitende Vertiefungsrichtung, geplanter
Start: Herbst 2004)
- Industrielle Elektronik / Electronic Engineering
Weitere Informationen: T (0316) 5453-8800 | M info@fh-joanneum.at
| www.fh-joanneum.at
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