Die Steiermark hat einen neuen Wasserversorgungsplan – kürzlich
präsentiert vom zuständigen Landesrat Erich Pöltl. Mit Recht
ist der Ressortchef stolz auf dieses strategische Papier, das vom
Land Steiermark und den öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen
erstellt wurde und drei Ziele verfolgt: Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit
für die steirische Bevölkerung, die gegenseitige Aushilfe kommunaler
Versorgungsstrukturen in Notfällen und den innersteirischen Wasserausgleich
zwischen dem wasserreichen Norden und dem wasserarmen Süden. Insgesamt
ist ein Investitionsvolumen von 40 Mio Euro für Transportleitungen,
Netzzusammenschlüsse und Erschließungen vorgesehen, 6,5 Mio davon
wurden bereits verbaut.
Aber: Ob das hehre Ziel der Daseinsvorsorge, das ebenfalls im Wasserversorgungsplan
genannt wird, wirklich erfüllt werden kann, wird von den politischen
Entwicklungen auf lokaler, europäischer und globaler Ebene abhängen.
Denn der neoliberale Trend geht in Richtung Liberalisierung und
Privatisierung des Wasser-Sektors. Und unterläuft damit alle gemeinwirtschaftlichen
Ziele.
Ein EU-Kommissar spricht Klartext
Wie so oft klaffen dabei in der Öffentlichkeit geäußerte schöne
Worte und die reale Politik weit auseinander. So heißt es etwa in
der EU-Wasserrahmenrichtlinie: „Wasser ist keine Handelsware, sondern
ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt
werden muss.“ Ganz anders hört sich da an, was Frits Bolkestein,
EU-Kommissar für Binnenmarkt und Steuern, am 7.11. vor dem Londoner
Institute for Economic Affairs von sich gab: „In den Niederlanden
folgt der Wassersektor nicht dem Trend zur Liberalisierung“, kritisierte
der Kommissar sein Herkunftsland. „Was noch schlimmer ist: einige
Leute möchten damit absolut nichts zu tun haben […] Man sollte mit
der Öffnung des Marktes beginnen und den Verbrauchern eine Wahlmöglichkeit
geben, und erst dann die Regierungen und Unternehmen über die Struktur
entscheiden lassen, welche sie für die Unternehmenstätigkeit auf
diesem Markt übernehmen möchten. Um es kurz zu fassen: Erst liberalisieren
und anschließend, wenn Sie wollen, privatisieren.“ Nachzulesen ist
die Rede des EU-Regierungsvertreters, der sich bei dieser Gelegenheit
auch klar zum Ausbau der Kernenergie bekannte, auf der Homepage
der deutschen Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft VERDI.
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LR Erich Pöltl: Deutliche Absage an Wasser-Privatisierer
< Mag. Susanne Bauer, AK: „Wer die Wasserversorgung verkauft,
verliert Handlungsspielraum auch in anderen Bereichen“
Vorsorgender Wasserschutz ist gefährdet
Auf globaler Ebene geht’s im Rahmen der aktuellen GATS-(General
Agreement on Trade in Services)Verhandlungen auch darum, wie in
Hinkunft die Wasserversorgung organisiert sein soll – liberalisiert
und privat nach Rendite-Kriterien oder von der öffentlichen Hand
nach den Kriterien einer nachhaltigen Daseinsvorsorge zu sozial
verträglichen Tarifen. Das hat (noch) nichts mit dem von manchen
prognostizierten Ausverkauf des Wassers ins Ausland zu tun – aber
sehr viel damit, wie sauber und wie preisgünstig das lebensspendende
Nass in Hinkunft aus unseren Wasserhähnen sprudeln wird. Mag.
Susanne Bauer von der Arbeiterkammer Steiermark, Autorin einer
umfassenden Studie über die Wasserversorgung in unserem Bundesland:
„Eine Liberalisierung im Sinne des GATS würde bedeuten, dass die
Gemeinden den Betrieb der Wasserversorgung ausschreiben müssen.
Private, die sich da einkaufen, wollen Gewinne machen – sie werden
kein Geld für vorsorgenden Wasserschutz locker machen wollen, wie
ihn die öffentliche Hand in Österreich derzeit freiwillig betreibt.
Dann ist zu befürchten, dass wir auch bei uns wie in vielen anderen
Ländern der EU nur mehr aufbereitetes Wasser zu trinken bekommen.“
Die EU hat dem Vernehmen nach (die GATS-Verhandlungsinhalte sind
streng geheim) nicht vor, die Wasserversorgung für den globalen
Markt zu öffnen.
Nur: Sie hat selbst Ende Juni 2002 im Rahmen der Verhandlungen von
72 Staaten – darunter viele Entwicklungsländer – eine Liberalisierung
der Trinkwasserversorgung gefordert. Damals erklärte Mag. Angela
Orsolits vom ÖGB gegenüber KORSO: „Wer solche Forderungen stellt,
kann nicht ernsthaft damit rechnen, dass seine Verhandlungspartner
ihn von der selbst verlangten Verpflichtung ausnehmen.“
50% Gebührenerhöhung und lecke Leitungen
Dort, wo Kommunen die Wasserversorgung an Private abgegeben haben,
sind die Erfahrungen zum großen Teil negativ. In Deutschland war
Rostock Vorreiter bei der Wasserprivatisierung; 1996 schloss die
Stadt einen auf 25 Jahre befristeten Versorgungsvertrag mit der
deutsch-französischen Eurowasser (SUEZ und Thyssen/Krupp).
Die Preise sind seither um 24% gestiegen. Potsdam hat Eurowasser
bereits nach drei Jahren wieder vor die Tür gesetzt, weil die Gebührenerhöhungen
unzumutbar waren; die Kündigung des Kooperationsmodells soll die
Stadt mehr als 5 Mio Euro gekostet haben.
Immer wieder zitiertes Musterbeispiel für die Folge von Privatisierungen
ist Großbritannien: 1989 wurden – außer in Schottland – alle Wasserversorger
privatisiert, die neuen Betreiber erhielten Verträge für eine Mindestdauer
von 25 Jahren. Die Regierung hatte den Betrieben vor der Privatisierung
die Schulden erlassen. Das Anlagevermögen betrug damals etwa 150
Milliarden Pfund, wurde aber für nur 6,5 Milliarden an der Börse
verkauft. Gleichzeitig erhielten die privaten Unternehmen eine Steuergutschrift
in der Höhe von 7 Milliarden Pfund. Da für die ersten 5 Jahre eine
maximale Preiserhöhung von 5% Prozent über der Inflation vereinbart
wurde, stiegen die Preise dann in den neunziger Jahren um real 50
Prozent. Die Gewinne machten 40% der Gebühren aus und stiegen um
durchschnittliche 140%, die Gehälter der Spitzenmanager dagegen
um magere 70 Prozent. 19.000 Haushalten wurde das Trinkwasser abgedreht,
weil sie die Rechnungen nicht bezahlen konnten. Investiert wird
kaum mehr, die Leitungen lecken und verlieren an die 25% Wasser.
Gegen die Versorger ergingen bereits 128 Urteilssprüche wegen Vernachlässigung
der Infrastruktur und minderer Wasserqualität. Die Hepatitis A-Fälle
haben sich um 200% erhöht, die von Dysenterie um 600%.
Ähnliche Berichte gibt es aus Frankreich, wo die Wasserversorgung
durch Konzerne wie SUEZ oder Vivendi eine lange Tradition hat; diese
Unternehmen sorgen auch in den Entwicklungsländern immer wieder
für negative Schlagzeilen. Dass noch immer 85% der urbanen Wasserversorger
weltweit noch in öffentlicher Hand sind, schürt die Begehrlichkeit
der privaten Wasser-Riesen - daher auch die immer wiederkehrenden
Versuche, Liberalisierung und Privatisierung via internationale
Verträge hinter dem Rücken der Betroffenen zu erzwingen.
„Dann zünd’ i ihnen selber die Hütt’n an“.
In der Steiermark ist die Wasserversorgung zum allergrößten Teil
noch in öffentlicher Hand – wenn auch in vielen Fällen – wie in
Graz – privatrechtlich organisiert. Niemand könnte jedoch nach geltendem
Recht eine Gemeinde oder einen Wasserwirtschaftsverband daran hindern,
die Wasserversorgung an ein Privatunternehmen zu übertragen, weiß
HR DI Bruno Saurer von der Abteilung für Wasserwirtschaft
der steiermärkischen Landesregierung. Aber: „Die Stimmung unter
den steirischen Bürgermeistern ist sehr gegen eine Privatisierung.“
Finanznöte, teure Prestigevorhaben und die Hoffnung auf’s schnelle
Geld könnten diese Stimmung allerdings kippen lassen. Dagegen setzt
die Arbeiterkämmerin Bauer auf „ein Wiedererstarken des Selbstbewusstseins
der Gemeinden und des Bewusstseins für den Stellenwert kommunaler
Leistungen. Wer die Wasserversorgung verkauft, verliert ja Handlungsspielraum
auch in anderen Bereichen – etwa bei der Raumordnung, weil die Erschließung
neuer Siedlungsflächen nicht gewährleistet ist.“ Ähnlich sehen es
die Autoren des eingangs zitierten steirischen Wasserversorgungsplans:
„Es bleibt auch die Frage, ob Fortschritt und Wettbewerb darin bestehen,
die demokratische Kontrolle der kommunalen Selbstverwaltung aus
der Hand zu geben, um sich als Gemeinde auf Gedeih und Verderb der
Steuerung und Willkür eines Großunternehmens auszusetzen.“ Landesrat
Pöltl hat jedenfalls kürzlich in bekannt rustikaler Art seinen Widerstand
gegen etwaige Wasser-Privatisierungen so formuliert: „Wenn da irgendwelche
Bürgermeister das Wasser verkaufen wollen, zünd’ i ihnen selber
die Hütt’n an.“
Christian Stenner
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Donnerstag,
13. März 2003:
Europaweiter
Aktionstag gegen das GATS!
In
Graz findet zwischen 13.00 und 14.00
auf der Hauptbrücke unter dem Motto:
Jetzt schlägt's dreizehn!
die „symbolische Versteigerung des Volkseigentums“ statt.
Unter den Hammer kommen: Wasser, öffentlicher Verkehr, Gesundheit,
Energie, Bildung, Demokratie
Der
Aufruf wird von einer breiten zivilgesellschaftlichen Plattform
getragen
vom ÖGB über Künstler-Vereinigungen bis zum Grazer Büro für Frieden
und Entwicklung
|
17 Frauen aus 13 Nationen haben in Graz die österreichweit einzigartige
Ausbildung zur interkulturellen Logistik-Assistentin erfolgreich
abgeschlossen; die Mehrzahl von ihnen ist bereits in den Arbeitsprozess
integriert. Das innovative Ausbildungsmodell, das bessere Voraussetzungen
für Migrantinnen am Arbeitsmarkt schafft, wurde von NOWA und ISOP
im Auftrag des AMS und des Landes Steiermark konzipiert.
Ein kleiner, aber äußerst erfolgreicher Schritt zur interkulturellen
Öffnung des Arbeitsmarktes ist getan. 17 Frauen aus 13 unterschiedlichen
Herkunftsländern – von China bis Rumänien – konnten am 28. Februar
ihr Zertifikat zur „Interkulturellen Logistik-Assistentin“ in Empfang
nehmen. Die von nowa, Netzwerk für Berufsausbildung, und
ISOP, innovative Sozialprojekte, entwickelte einjährige wirtschaftsnahe
Ausbildung baut auf bereits vorhandenen Qualifikationen der Kursteilnehmerinnen
auf – unter den ersten Absolventinnen befinden sich zB. eine Werbekunstmalerin,
eine Software-Entwicklerin und eine Bankangestellte. Heide Cortolezis,
nowa: „Basierend auf einer eingehenden Grundqualifizierung
u.a. mit den Kernthemen BWL, EDV-Grundlagen, Deutsch und Projektmanagement
wurde der zweite Block der Modellausbildung in dualer Form angeboten.
Dadurch konnte sehr früh praxisnahe Qualifizierung gewährleistet
werden.“
AMS-Steiermark-Chef Dr. Helfried Faschingbauer >
bei der Zertifikatsverleihung: Förderung von Chancengleichheit und
Abbau von Diskriminierung durch wirtschaftsnahe Qualifizierung.
Akademikerin als Putzfrau: Vergeudetes Potenzial!
Die Ausbildungsplanung ging von der Annahme aus, dass in Zeiten
der Globalisierung ein erhöhter Bedarf an Mitarbeiterinnen mit interkultureller
Kompetenz bestehen müsse. Dr. Helfried Faschingbauer, Landesgeschäftsführer
des AMS Steiermark: „Die Idee, ,heimische AusländerInnen’, welche
trotz hoher Qualifikation keine Arbeitschance bekommen, als Fachkräfte
auszubilden, fand einheitlichen Anklang unter den Arbeitgebern.
Akademikerinnen, die als Putzfrauen arbeiten, sind eine Vergeudung
von Potenzialen am Arbeitsmarkt!“ Oft liegt es „nur“ an den anfänglichen
Sprachbarrieren, dass Migrantinnen unabhängig von ihren tatsächlichen
Qualifikationen in Niedriglohnbranchen beschäftigt werden, weiß
Mag. Sylvia Göhring von ISOP.
Faschingbauer weist auf die arbeitsmarktpolitische Relevanz der
Modellausbildung hin: „Neben der Förderung der Chancengleichheit
und dem Abbau von Diskriminierung konnte das erste Mal eine am Arbeitsmarkt
gefährdete Zielgruppe wirtschaftsnah qualifiziert werden.“ „Gut
investiertes Geld“, lobt auch Landesrat DI Herbert Paierl.
Guter Lohn für harte Arbeit
Das AMS hat mehr als 80% der Kosten für die Ausbildung übernommen,
den Rest bezahlt das Land. „Ziel dieser Ausbildung war es“, so Faschingbauer,
„Menschen, die fähig und bereit sind zu arbeiten nicht nur in hohem
Maße zu qualifizieren, sondern sie so zu qualifizieren, dass sie
sicher Beschäftigung finden.“ So gelang etwa der Absolventin Olena
Stoff der Sprung von der Küchenhilfe
zur wertgeschätzten Logistik-Assistentin. „Das Ansehen der Logistik-Assistentin
ist stark gestiegen“, bekräftigt Josef Schmalhardt von den
Grazer Stadtwerken. „Entsprechend gut sind auch die Verdienstmöglichkeiten.“
Die ausländischen Frauen sind stolz auf ihre Erfolge – „trotzdem
war diese Ausbildung neben Familie und Haushalt eine enorme Kraftprobe“,
so eine Absolventin.
Claudia Windisch
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