korso Wirtschaft / Arbeit / Bildung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
02/2003
   
.................................................................................................................................................
 

ELDRA: Der Todeskuss des deutschen „Partners“ Traditionsreiches heimisches High-Tech-Unternehmen nach Joint Venture im Konkurs
Sieht Globalisierung so aus? Ein deutscher Konzern schluckt ein steirisches Industrieunternehmen, reißt dessen geachtetes Know-how und seine guten Kundenbeziehungen an sich, baut die Maschinen ab und bürdet die verbliebenen Schulden der öffentlichen Hand auf. In Graz stehen rund 80 Leute auf der Straße. (Foto: Traditionsbetrieb ELDRA: Nach Joint Venture im Konkurs)

 

Ein Drahtzieher aus Hameln
Der Kupferdraht-Hersteller Ernst Michael Hasse aus dem norddeutschen Lüdge (Landkreis Hameln) dürfte ein tüchtiger Globalisierer sein: In wenigen Monaten glückte es ihm als deren Geschäftsführer, die traditionsreiche Grazer Drahtfabrik ELDRA im Konkursweg zu liquidieren, Millionen Euro an Schulden auf öffentliche Kassen abzuwälzen, steirisches Know-how samt Kunden abzusaugen und den Maschinenpark ins deutsche Stammwerk zu verfrachten. Er wickelte dies so elegant ab, dass der ELDRA-Exitus den heimischen Medien bislang nur ein paar dürre Zeilen wert war … Das war das traurige Ende eines Unternehmens, das – vor einem halben Jahrhundert gegründet – in seiner Blütezeit 500 Menschen Arbeit gab. Noch vor kurzem wurden auf der Hannover Messe die Grazer Feinstdrähte, dünner als menschliches Haar, als High-Tech-Produkt bestaunt. Es wird in der Computer-, Kommunikations- und Medizintechnik verwendet – Menschen mit Herzschrittmacher tragen ein Stück steirischer Arbeit im Herzen.

Die Drahtziehmaschinen konnte S&H zu äußerst günstigen Konditionen erwerben

Die Chronologie des Untergangs
April 1999: Hasse übernimmt zur Hälfte das Unternehmen des ehemaligen ÖVP–Wirtschaftslandesrat Fuchs. Die Sprachregelung: ein zukunftsträchtiges Joint-Venture-Modell. Juli 2001: Der letzte steirische Mitgesellschafter scheidet aus, Hasse ist Alleinherrscher und degradiert das Werk zur verlängerten Werkbank des Schwerin&Hasse-Konzerns: Die Vorlieferungen werden fast ausschließlich von seiner Industriegruppe bezogen, der Verkauf der Produkte in ihre Vetriebsorganisation Synflex eingeliedert. Graz hat nichts zu melden, nur noch zu produzieren. Dann werden Teile der Produktpalette abgezogen … Im Herbst 2001 kommt es zum Eklat: Einer der Geschäftsführer tritt zurück. Denn es gibt Streit in der Frage, wie hoch S&H die abgetretenen Kundenbeziehungen abgelten soll – die Summe schien dem Geschäftsführer weit unter dem tatsächlichen Wert. Er will dafür die Verantwortung nicht übernehmen. Hasse selbst wird Geschäftsführer. Spätestens da befürchteten die leitenden und informierten Mitarbeiter des Unternehmens die baldige Schließung. Die Indizien häufen sich: Teile der Produktion werden aufgelassen. Den blauen Brief bekommen aber nicht nur Beschäftigte im betroffenen Bereich, sondern vor allem Leute, die keinen oder einen geringen Abfertigungsanspruch haben. So eine Maßnahme erscheint betriebswirtschaftlich nur sinnvoll, wenn man sich später Abfertigungen zu ersparen hofft. Der langjährige ELDRA-Betriebsleiter Gerhard Rauch wurde fristlos entlassen, nachdem er sich geweigert hatte, die Demontage samt Abtransport des Werks zu organisieren und seinen Arbeitsplatz nach Hameln zu verlegen. Übrigens: Seine Abfertigung, die bei einer ordnungsgemäßen Kündigung damals fällig gewesen wäre, hat sich sein deutscher Boß damit erspart. Die wird nach erfolgtem Konkursantrag der Insolvenz-Ausfallgeldfonds zahlen dürfen. Ein weiteres Indiz: Knapp vor der Konkursanmeldung lief das Werk auf Volllast. Wollte man noch die Lager füllen, um später nicht durch Liefer-Engpässe Kunden zu verärgern?

Überfallsartig und undurchsichtig
„Überfallsartig“ fand der Betriebsrat die Aktion: „Vormittags hat’s geheißen: Wir sperren zu. Um zwei war schon der Masseverwalter da.“ Angegebener Grund für das Aus: Einbruch der Draht-Preise auf dem Weltmarkt. Der Hauptgeschädigte ist – neben der Belegschaft und deren Familien – die öffentliche Hand, der Insolvenz-Ausfallgeldfonds. Er muss für rund 4 Millionen Euro an Abfertigungsansprüchen und offenen Gehältern einspringen. Nahezu ungeschoren bleiben die Banken. Einige kleine steirische Unternehmer, die für Hasse gearbeitet haben, fallen um die Früchte ihrer Leistungen weitgehend um. Auch die steirische Wirtschaftsförderung muss 90 Prozent ihrer offenen Forderungen abschreiben … Die Gläubiger befürchten, dass die Verwertung des Vermögens durch das Konkursgericht kaum mehr abwirft als das Honorar für den Masseverwalter. Besonders empört die geschädigten heimischen Dienstleister: Kurz vor der Konkursanmeldung ließen Hasse und Mitgeschäftsführer Dr. von Stietencron Maschinen und Fahrzeuge tipp-topp instandsetzen. Bezahlt wurde dafür nicht mehr. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Besonders wer die undurchsichtige – und dabei so geradlinige – Insolvenz als strategisch brillant vorbereiteten Blitzkrieg zur Plünderung öffentlicher Kassen interpretiert. Gelänge denn ein solcher Nachweis, müssten sich die beiden Herren den Vorwurf der Gläubigerschädigung, Konkursverschleppung und Krida gefallen lassen. Und sie müssten für den angerichteten Schaden persönlich zur Kasse gebeten werden. << Betriebsleiter Gerhard Rauch wurde von Hasse in die Wüste geschickt.

Abtransport – Fotografieren verboten
Ende Jänner herrscht bei ELDRA geschäftiges Treiben: Laufend rollen Lastwagen mit säuberlich verpackten Maschinen aus dem Werkstor. Das Fotografieren ist verboten. Was bitte gibt es zu verbergen? Das Ziel der Transporte? Möglich, dass es eine nagelneue Produktionshalle in Lüdge ist. Die wird kaum in der kurzen Zeit errichtet worden sein, die der Gesetzgeber zwischen dem Erkennen der Zahlungsunfähigkeit und der tatsächlichen Insolvenzanmeldung einräumt … Jedenfalls ist die Halle fertig. Auf der Website von S & H ist übrigens nicht von Konkurs die Rede, sondern beschönigend von einer Schließung. Es wird jedoch versichert, für die Kunden ändere sich nichts.

Vollendete Tatsachen
Den Masseverwalter stellte die ELDRA-Geschäftsführung vor vollendete Tatsachen: Ein Teil des Maschinenparks war über ein maßgeschneidertes Finanzierungsgeschäft de facto an S & H verpfändet. Das Konkursgericht musste zustimmen, auch den Rest der Maschinen und den Lagerbestand – einzig verwertbares Vermögen – in Bausch und Bogen ausgerechnet der S&H-Gruppe zu überlassen. Beim gebotenen Tempo konnte – trotz Bemühungen des Masseverwalters – kein internationales Versteigerungsunternehmen mithalten. Bei einer Verzögerung des Verkaufs hätte die saftige Miete für die Hallen jeden eventuellen Erlös überstiegen.

Medieninteresse aus Deutschland
Nach Beginn der KORSO-Recherchen zeigen deutsche Medien Interesse am Fall. Schließlich lässt sich Ernst Michael Hasse daheim als Mäzen feiern und fungiert als Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer. Die dortigen Wirtschaftskreise werden fragen: Hat er 1999 in Graz – wie es nun heißt – einen „total verwahrlosten Betrieb“ gekauft, dann ist der Kämmerer als Geschäftsmann kein besonderes Licht. Sollte aber herauskommen, dass er den steirischen Betrieb vorsätzlich in den Exitus manövriert hat … Ein engagierter Staatsanwalt könnte dies klären, zum einen mit Hilfe der Gutachten, die das Konkursgericht in Auftrag gegeben hat, zum anderen mit direkter Erhebung bei der Belegschaft. Ebenfalls in Vorbereitung sind Strafanzeigen von Geschädigten.

 

 

 

„Geht der Steiermark die Arbeit aus? Am steirischen Arbeitsmarkt macht sich Krisenstimmung bemerkbar – nach der Verlagerung der Produktion großer Unternehmen wie Philips oder Artesyn, einer Vielzahl von kleinen und mittleren Konkursen (siehe auch die Titelstory dieser KORSO-Ausgabe) und Umstrukturierungen in verschiedenen Bereichen lag die Arbeitslosenquote im Jänner 2003 bei 10,5% und damit deutlich über dem österreichischen Durchschnitt von 9,3%.

 

„Erstmals dürfte auch das Volumen der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden zurückgegangen sein“, stellt AMS-Steiermark-Chef Dr. Helfried Faschingbauer fest. „Das lässt sich daraus ableiten, dass bei den Männern die Zahl der Beschäftigten klar sinkt, während die Zahl der beschäftigten Frauen nur leicht ansteigt. Da aber Frauenbeschäftigung zu rund einem Drittel Teilzeitbeschäftigung ist, muss wohl die Zahl der geleisteten Stunden gesunken sein.“ Schon die Frage, worauf dieser Rückgang primär zurückzuführen sei, entzweit die Experten. AK-Wirtschaftsfachmann Mag. Karl Snieder und Faschingbauer führen – entsprechend der Formel, dass in etwa 2% Wirtschaftswachstum für 1% Beschäftigungswachstum nötig sind – die Flaute am Arbeitsmarkt primär auf den Konjunkturrückgang zurück; WiKa-Experte Dr. Hans Jaklitsch macht dafür in gleichem Ausmaß auch die durch die Osterweiterung notwendige Umstrukturierung verantwortlich. Besonders bedenklich scheint die Zunahme der Konkurse – allein im letzten Quartal 2002 haben 870 Personen infolge von Insolvenzen ihren Arbeitsplatz verloren. Snieder: „Unseren Erfahrungen nach findet ein Drittel von ihnen keinen Job mehr.“

   
(Foto/v.l.n.r.) Hans Jaklitsch (WiKa), Helfried Faschingbauer (AMS), Karl Snieder (AK): Auf der Suche nach Gegenstrategien zur Flaute am Arbeitsmarkt

Krisenbranchen
Welche Branchen sind besonders betroffen? Den gröbsten „Ausreißer“ in der Statistik stellt jener Sektor, dem viele zugetraut hatten, er werde die Arbeitsmarktkrise abfedern können – nämlich die Arbeitskräfte-Überlasser. Hier stieg die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahr um über 85% bzw. 333 Personen. Für Jaklitsch ist dies allerdings nicht verwunderlich: „In dieser Branche arbeiten inzwischen in etwa gleich viele Menschen wie in der Holzindustrie – nämlich an die 6000 Personen. Hier liegt einfach die Pufferzone für alle anderen Sektoren, die auf Flexibilität angewiesen sind.“

Sieht man von der KFZ-Branche ab, die ein Spezifikum darstellt – mit der Wiederaufnahme der Produktion bei Magna Steyr sollte ja hier wieder Entspannung einkehren – so ist besonders der Sektor der unternehmensnahen, aber auch jener der persönlichen Dienstleistungen von der Zunahme der Arbeitslosigkeit betroffen – aus die Mär von der Dienstleistungsgesellschaft, in der die klassischen Industriebetriebe nur mehr die Ausnahme von der Regel darstellen?

Snieder: „Wenn die Industriebetriebe abwandern, verschwindet à la longue auch der Dienstleistungssektor, weil nach wie vor in den meisten Dienstleistungsbranchen die lokale Nähe einen wichtigen Wettbewerbsvorteil darstellt.“ Das führt so weit, dass etwa Engineering-Dienstleister wie TCM – einer der Träger des Automobilclusters mit ca. 140 Beschäftigten – ihren Beschäftigtenstand nur mehr im Ausland ausweiten.

Gegenstrategien
Auch Jaklitsch unterstreicht die Notwendigkeit, die Sachgüterproduktion im Lande zu halten; aber wie kann man der gegenwärtigen Entwicklung – alles, was wo anders billiger produziert werden kann, wird auch wo anders produziert – entgegentreten? Für Snieder liegt die Alternative in einer Vernetzung des KMU-Bereiches: „Über eine Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe könnte auch Importsubstitution betrieben werden. Gleichzeitig muss alles getan werden, um die Ingenieurs- und Ausbildungskompetenz zu erhalten.“ Die öffentliche Hand müsse – ähnlich wie bei den bestehenden Clustern – Managementkapazitäten für diese Form der Vernetzung zur Verfügung stellen.

Auch Jaklitsch nennt einige Maßnahmen, die nach Ansicht der Wirtschaftskammer wirtschaftsbelebend wirken könnten: So müsse zB die Regelung abgeschafft werden, dass in der Industrie erzeugter Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung nicht als Ökostrom gelte. Ebenso sei auf den Ausbau der Infrastruktur zu achten – im Besonderen auch auf die Errichtung der umstrittenen 380-kV-Leitung. Und schließlich unternehme die Kammer im eigenen Wirkungsbereich alles, um die Aufrechterhaltung und Neugründung von Unternehmen zu unterstützen – etwa durch Hilfe bei der Unternehmensnachfolge.

Das AMS setzt in dieser Situation vor allem auf Qualifizierungsmaßnahmen, um der Arbeitslosigkeit Herr zu werden: „Wir gehen dabei immer mehr in Richtung maßgeschneiderter Angebote“, betont Faschingbauer. „So sind zB die Unternehmen in die Erstellung der Lehrgänge in den IT-Labs eingebunden und bekommen daher MitarbeiterInnen mit genau jener Qualifikation, die sie benötigen.“ Ob die Konjunktur wieder anspringt, wie es etwa das WiFo für das dritte und vierte Quartal 2003 prognostiziert, ob dann das Wirtschaftswachstum ausreichend sein wird, um beschäftigungswirksam zu sein, oder ob wir einer länger dauernden Konjunkturdelle bis Rezession entgegensehen, wird von vielen, von der Steiermark aus wenig beeinflussbaren Faktoren abhängen – unter anderem von den geopolitischen Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate. Kommt es wirklich zum worst case in Form eines Krieges gegen den Irak, dann wäre antizyklische Wirtschaftspolitik gefragt, die in der EU allerdings schon lange aus der Mode gekommen ist …

Christian Stenner

 

 

  Insider und Outsider(innen)


Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist in den letzten Jahren stark angestiegen, doch: Ihre Integration in den Arbeitsmarkt ist nur quantitativ gelungen. Qualitative Defizite zeichnen sich vor allem in Bezug auf die Ungleichheit des Gehalts ab – hier nimmt Österreich eine blamable Spitzenreiterrolle ein: Frauen verdienen im Schnitt 21,2% weniger als Männer. Bei der vom AMS Steiermark initiierten und finanzierten Denkwerkstätte „Insider und Outsider“ ging es diesmal um die Frage, warum Frauen kraft ihres Geschlechts fast automatisch zu den „Outsidern“ des Arbeitsmarktes zählen.

(Problem)gruppe Frau?
Nicht zuletzt durch die intensiven beschäftigungspolitischen Anstrengungen in den letzten Jahren konnte die Erwerbstätigkeit von Frauen kontinuierlich gesteigert werden. Trotzdem ist der so genannte gender pay gap gestiegen. Diese Ungleichheit am Arbeitsmarkt drückt sich in einem durchschnittlichen Gehaltsminus von 21,2% zu Lasten der weiblichen Erwerbstätigen aus. Mag. Andrea Leitner vom Institut für Höhere Studien, Wien (IHS): „Zum einen werden Frauen von vornherein als Problemgruppe angesehen und behandelt, d.h. sie werden Minderheitengruppen gleichgesetzt; zum anderen bestehen große Forschungsdefizite, was die Lage der Frauen am Arbeitsmarkt betrifft.“

Ausweitung der Chancengleichheitspolitik notwendig
„Durch die Defizite in den Verlaufsdaten konnte bis dato keine Makroanalyse der Risiken im Karriereverlauf von Frauen erstellt werden. Dazu kommen noch die unterschiedlichen individuellen Benachteiligungs-Risiken und die Schwierigkeit, ein Regionalkonzept zu erstellen“, erklärt Leitner. Österreich müsste sich stärker an die europäische Beschäftigungsstrategie anhängen, die grundsätzlich auf die Förderung von Frauenerwerbstätigkeit abzielt. Ob Insider oder Outsider, „...Frauen müssen als Gruppe angesehen werden und nicht als Problemgruppe“, so Leitner, „die Chancengleichheitspolitik muss ausgeweitet werden.“
Andrea Leitner, IHS: „Frauen müssen als Gruppe und nicht als Problemgruppe angesehen werden“ >>

<< Heide Cortolezis, NOWA: Durch Qualifikation zur Arbeitsmarktinsiderin

Arbeitsmarktpolitik wirkt bei Frauen besser
Heide Cortolezis (NOWA) ist eine von jenen Frauen, die den Weg zur „Insiderin“ geschafft hat. Gemeinsam mit Gertrude Peinhaupt entwickelte sie im Frühjahr 1994 das Netzwerk für Berufsausbildung NOWA und spezialisierte sich inzwischen vor allem auf den strategisch-inhaltlichen Bereich, EU-Förderungen und EU-Projekte, Projekt-Konzeptentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit. Sie behob ihre qualifikatorischen Mankos u.a. durch die Konzeption, Organisation und Teilnahme an der ersten Ausbildung für Sozial- und Berufspädagogik, an Berufsorientierungskursen und Wiedereinsteigerinnengruppen. „Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen haben auf Frauen eine bessere Wirkung“, konstatiert Leitner.

Kinder: Kein Grund zum Outsider am Arbeitsmarkt
Ausgenommen von dieser Diskussion sind die nicht erwerbstätigen Frauen. Dass allerdings nicht Kinder der Hinderungsgrund für Erwerbstätigkeit sind, sondern vorrangig Arbeitsmarktgründe, konnte im Rahmen von Befragungen eindeutig festgestellt werden. Von den nicht erwerbstätigen Frauen bleiben 25 Prozent aufgrund des Wunsches des Partners daheim, wobei es sich dabei meist um ältere Frauen handelt. Unter den teilzeitbeschäftigten Frauen haben nahezu gleich viele Kinder wie kinderlos sind. Alle diese Fakten sprechen für eine weitere Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Richtung gezielter Frauenförderung, so Leitner.

Claudia Windisch

 

  Emanzipation „made in Styria“: FIT – Frauen in die Technik! Im Gründungsjahr 1992 waren es gerade einmal 35 interessierte Mädchen, die den Informationstag „Frauen in die Technik“ in Graz nutzten, um sich über akademische Professionen außerhalb der herkömmlichen weiblichen Berufskarrieren (wie etwa Lehrerin oder Dolmetscherin) zu informieren.

 

Mädchen, fallt mal aus der Rolle!
Heute, nach elf Jahren des Bestehens dieser Institution, nutzen allein in der Steiermark über 500 weibliche Studiumsanwärterinnen die Angebote von FIT. Die von Graz ausgegangene und mittlerweile auf alle österreichischen Universitätsstädte ausgeweitete Initiative hat wesentlich dazu beigetragen, den im gesellschaftlichen Konsens beklagten Status der Unterrepräsentation der Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen zu heben. „Mädchen, fallt mal aus der Rolle“ lautet der diesjährige Slogan, mit dem jungen Frauen alternative und aussichtsreiche Karrieren im technischen Bereich nahegebracht werden soll.

Ob Maschinenbauerin oder Toningenieurin, Fahrzeugtechnikerin oder Bauingenieurin, ob IT-Fachfrau oder Diplomingenieurin für Markscheidewesen, ob Biologin oder Mathematikerin: die Nachfrage nach Naturwissenschafterinnen und Technikerinnen steigt, nicht zuletzt auch weil die Erkenntnis gereift ist, dass Frauen in technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen meist ein besonders kreatives Potenzial entfalten. Industrie bzw. Wirtschaft haben den „Kreativ- und Produktivfaktor Frau“ kennen und schätzen gelernt. Johanna Klostermann, steirische FIT-Koordinatorin und „Projekt-Frau der ersten Stunde“, will aber auch den eigentlichen und grundlegenden Gender-Aspekt, sozusagen den kategorischen Imperativ der Unternehmung in den Vordergrund stellen: Die Gestaltung von Wirklichkeit über Technik muss von beiden Geschlechtern gleichermaßen wahrgenommen werden. FIT hat sich zur Aufgabe gemacht, junge Frauen auf die Möglichkeit eines technischen Studiums mit allfälliger Folge einer entsprechenden Berufslaufbahn aufmerksam zu machen. Einmal im Jahr haben in der Woche vor den Semesterferien Schülerinnen der 11. bis 13. Schulstufe die Gelegenheit, sich hautnah Einblicke in technische und naturwissenschaftliche Studienrichtungen zu verschaffen. Die Technische Universität Graz (TUG), die Karl-Franzens-Universität Graz mit ihren naturwissenschaftlichen Richtungen, die Montanuni Leoben, die steirischen Fachhochschulen Joanneum sowie die Kollegausbildungen der HTLs werden im Rahmen von FIT präsentiert. 

„Frauen in die Technik“ ist – als „Erfindung“ der TU Graz – inzwischen längst eine instititionenübergreifende österreichweite Einrichtung geworden. Seit dem Studienjahr 2001/2002 besteht für AHS und BHS die Möglichkeit, über das FIT-Mentoring Technik-Studentinnen an die einzelnen Schulen und zu den Maturantinnen zu holen. In Gesprächen im unmittelbaren Kontakt mit Studierenden wird versucht, den Maturantinnen möglichst authentische Information als Entscheidungshilfe für die Wahl eines Studiums zu liefern.

Informationswoche 2003 in Graz
Infotag: Montag, 10. 2. 2003 | Beginn 9.00 Uhr | Technische Universität Graz, Hörsaal P1, Petersgasse 16

  • generelle Information über Studienmöglichkeiten an der TU Graz,
    der Karl-Franzens-Universität Graz, der Montanuni Leoben und den steirischen Fachhochschulen
  • Kontakt und Erfahrungsaustausch mit Technikstudentinnen und Diplomingeneurinnen
  • Buchung für die Teilnahme am detaillierten Informationsprogramm der darauf folgenden Tage

Kontakt:
Institut für anorganische Chemie – Johanna Klostermann, Stremayrgasse 16/4. Stock, 8010 Graz
T (0 316) 873-8205 oder 8201 FDW-8701 > Mail: klostermann@anorg.tu-graz.ac.at > Web: www.cis.tu-graz.ac.at/fit

 

 

 

  Gleichstellung: Verkannter Innovationsfaktor Während in Deutschland zunehmend Bildungsinstitutionen des tertiären Sektors auf strikte Gleichstellung von Frauen und Männern orientieren, hat Österreich hier noch gewaltigen Nachholbedarf. Nun versucht ein Personalentwicklungsprogramm an der Grazer Universität die männerdominierten Strukturen aufzubrechen, um den Anteil von nur 5% Frauen an der Professorenschaft zu erhöhen.

 

„Männerüberschuss“ an den Unis
„Im Großen und Ganzen sieht es an Deutschlands Universitäten ähnlich aus wie an österreichischen“, berichtet Monika Goldmann von der Sozialforschungsstelle Dortmund, „es gibt zahlreiche wissenschaftlich hoch qualifizierte Frauen und dennoch einen beschämend geringen Anteil an Professorinnen. Andererseits existieren in Deutschland jedoch bereits hochkarätige Institutionen wie das Forschungszentrum Jülich, welche ihre Personalpolitik mit Erfolg der Gleichstellung verschrieben haben.“ Dass Gleichstellung als Innovationsfaktor begriffen wird, davon kann in Graz noch nicht die Rede sein: „Bei wichtigen Entscheidungen besetzt man(n) nur männlich – es wird wieder auf alte Strukturen zurückgegriffen“, so Barbara Hey, Leiterin der interuniversitären Koordinationsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung Graz, ernüchtert von den jüngsten „männlichen Ernennungen“.

Diffuse Spielregeln und kein Durchblick
Zwar steigt der Frauenanteil an Österreichs Studierenden seit 30 Jahren kontinuierlich an und liegt derzeit bei 52%, trotzdem liegt Österreich unter den EU-Staaten an drittletzter Stelle, was den Frauenanteil an der Professorenschaft betrifft. Im Rahmen des Programms „Frauen an der Universität. Potenziale, Barrieren, Chancen“ wurden die Ein- bzw. Aufstiegsmuster an den Universitäten analysiert und man versuchte, Förder- und Rekrutierungsmuster, welche Männer privilegieren, zu identifizieren. Auch wenn Frauen enormes wissenschaftliches Potenzial aufweisen – für eine Karriere reicht das oft dennoch nicht. Je höher die Karrierestufe, desto rasanter nimmt der Frauenanteil im Wissenschaftsbetrieb ab. Laut Ada Pellert, Vizerektorin der Karl-Franzens-Universität Graz, liegt es vorrangig an den diffusen männlich dominierten Spielregeln: „Das Feld der Spielregeln ist für Frauen nicht leicht zu durchschauen bzw. es ist nicht klar erkennbar, worauf Erfolg oder Misserfolg beruhen.“

 „Mehr Frauen an die Lehrkanzeln“, fordern Programmkoordinatorin Ilse Wieser, Koordinationsstellenleiterin Barbara Hey und Vizerektorin Ada Pellert (v.l.n.r.)

Schwache Frauenlobby: Stärkung in Sicht
Hey sieht die Barrieren gegen den Aufstieg von Frauen vor allem in der Schwäche der Frauenlobby. „Wichtig sind die potenziellen Förderer. In der Regel fördern Männer wiederum Männer – das Vertraute wird unterstützt, die Frauenlobby ist viel zu schwach. Darum legen wir den Schwerpunkt unserer Arbeit auch nicht auf eine Verbesserung der wissenschaftlichen Qualifikation von Frauen, weil die bei den Betroffenen ja ohnehin vorhanden ist“, erläutert Ilse Wieser, Programmkoordinatorin von „Frauen an der Universität“. „Wir versuchen nun in unseren Kursen statt dessen Führungskompetenzen und ähnliche Schlüsselqualifikationen zu vermitteln und gleichzeitig möglichst eng mit den Leitungsgremien der Universität zusammenzuarbeiten.“ Die 60 TeilnehmerInnen der Seminare werden sich in Kürze an den Sprossen der universitären Karriereleiter drängen …

Claudia Windisch

 

 

 

  Wie viel Bildung braucht der Markt?

 

... ist eine der zentralen Fragen, die sich mit den aktuellen Veränderungen unseres Bildungssystems auseinandersetzt. Dass Bildung im nächsten Jahrhundert vor allem eine intelligente Abwehr unnötiger Informationen erfordert, damit befasst sich einer der Themenschwerpunkte mit dem Titel „Bildung im 21. Jahrhundert“ des umfangreichen Bildungsprogramms der URANIA 2003.

Weitere Programmdetails zu insgesamt 29 wissenschaftlichen Seminaren, 75 Berufsbildungs-, 76 Lebensgestaltungs-, 27 kreativen Freizeitgestaltungs- und 168 Sprachkursen, Musikkursen und Ausstellungen etc. bietet die Informationsbroschüre der URANIA

> Burggasse 4/I, | Tel 0316/82 56 88-0 | Fax 0316/81 42 57 | Mail: urania@urania.at | Web: www.urania.at

 

 

 

„Topologie“ und Qualität des lebensbegleitenden Lernens

(< Foto) Erwachsenenbildner Bitzer-Gavornik: Notwendigkeit einer raschen Erarbeitung von internationalen Qualitätsstandards

 

Europa soll noch am Ende dieses Jahrzehnts der weltweit wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum sein. Die anlässlich der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres in Graz weilende EU-Bildungs- und Kulturkommissarin Viviane Reding betont in diesem Zusammenhang die notwendigen Reformen der Bildungssysteme in den Mitgliedsländern. Dazu wurde im Vorjahr ein Bericht über Qualitätsindikatoren für lebensbegleitendes Lernen in 35 europäischen Ländern (Beitrittskandidaten) vorgelegt. Der Bericht belegt, dass die Ausgangsbedingungen für die „Fähigkeit“ zur Nutzung der Möglichkeiten lebensbegleitenden Lernens in vielen Ländern nicht ausreichend gegeben ist. Vorzeitiger Abbruch der Primärausbildung und geringe Effizienz des Primärsystems werden häufig als Ursachen geortet. Als weiteres Moment wird die geringe Teilnahme der erwerbstätigen Bevölkerung an Ausbildungsmaßnahmen genannt.

Dr. Günther Bitzer-Gavornik, Leiter der steirischen Akademie für Lebens- und Sozialberatung, verweist auf einen anderen Umstand: Unter den viel zitierten Soft Skills, den sozialen Schlüsselfähigkeiten, ist vor allem personale Kompetenz eine Mangelware. Die Fähigkeit zur „Mitmenschlichkeit“, zum Umgang mit dem anderen droht gegenüber überbordendem Fach- und Sachwissen ins Hintertreffen zu geraten. Kommunikationsunfähigkeit kennzeichnet all zu oft den Alltag in Unternehmen und kostet diesen enorm viel Geld. Nach einer aktuellen US-Studie ersetzen fünf wertschätzende Äußerungen in einer Paarbeziehung eine Kritik, am Arbeitsplatz ersetzen drei lobende Anmerkungen eine kritische Bemerkung. D.h. dass das Verhältnis ein Viertel Kritik zu drei Viertel Lob im Regelfall angebracht ist. Die Wirklichkeit in den Beziehungen zwischen Führungskräften und Team spricht sehr oft eine andere Sprache. Für das Erreichen der hochgesteckten EU-Ziele in diesem Zusammenhang ist eine rasche Erarbeitung von internationalen Qualitätsstandards in der Erwachsenenbildung (etwa für die Coachingausbildung) dringend notwendig . Europa soll noch am Ende dieses Jahrzehnts der weltweit wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum sein. Die anlässlich der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres in Graz weilende EU-Bildungs- und Kulturkommissarin Viviane Reding betont in diesem Zusammenhang die notwendigen Reformen der Bildungssysteme in den Mitgliedsländern. Dazu wurde im Vorjahr ein Bericht über Qualitätsindikatoren für lebensbegleitendes Lernen in 35 europäischen Ländern (Beitrittskandidaten) vorgelegt. Der Bericht belegt, dass die Ausgangsbedingungen für die „Fähigkeit“ zur Nutzung der Möglichkeiten lebensbegleitenden Lernens in vielen Ländern nicht ausreichend gegeben ist. Vorzeitiger Abbruch der Primärausbildung und geringe Effizienz des Primärsystems werden häufig als Ursachen geortet. Als weiteres Moment wird die geringe Teilnahme der erwerbstätigen Bevölkerung an Ausbildungsmaßnahmen genannt. Dr. Günther Bitzer-Gavornik, Leiter der steirischen Akademie für Lebens- und Sozialberatung, verweist auf einen anderen Umstand: Unter den viel zitierten Soft Skills, den sozialen Schlüsselfähigkeiten, ist vor allem personale Kompetenz eine Mangelware. Die Fähigkeit zur „Mitmenschlichkeit“, zum Umgang mit dem anderen droht gegenüber überbordendem Fach- und Sachwissen ins Hintertreffen zu geraten. Kommunikationsunfähigkeit kennzeichnet all zu oft den Alltag in Unternehmen und kostet diesen enorm viel Geld. Nach einer aktuellen US-Studie ersetzen fünf wertschätzende Äußerungen in einer Paarbeziehung eine Kritik, am Arbeitsplatz ersetzen drei lobende Anmerkungen eine kritische Bemerkung. D.h. dass das Verhältnis ein Viertel Kritik zu drei Viertel Lob im Regelfall angebracht ist. Die Wirklichkeit in den Beziehungen zwischen Führungskräften und Team spricht sehr oft eine andere Sprache. Für das Erreichen der hochgesteckten EU-Ziele in diesem Zusammenhang ist eine rasche Erarbeitung von internationalen Qualitätsstandards in der Erwachsenenbildung (etwa für die Coachingausbildung) dringend notwendig .

 

 

 

Offizieller Startschuss für den Science Park Graz Feierlich wurde am 17. Dezember 2002 das Akademische Gründungszentrum im Kreise ausgewählter Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik im Weißen Saal der Burg eröffnet: Der Science Park Graz unterstützt Personen mit wissenschaftlicher Vorbildung, viel versprechende technologiebezogene Unternehmen zu gründen.


(Foto) Science-Park-Geschäftsführerin Tangemann, LR Paierl

„Zu den Hauptaufgaben unseres Gründerzentrums gehört es, den akademischen Unternehmergeist zu fördern und interessante Perspektiven für AkademikerInnen aufzuzeigen“, schildert Geschäftsführerin Kirsten Tangemann die Ziele des Science Park. Unabhängig von Studienort und -richtung steht die Einrichtung allen Interessierten mit innovativen Geschäftsideen offen. Entscheidend ist in erster Linie die Qualität des Geschäftsplanes. Den aufgenommenen GründerInnen werden Mentoren aus den Universitäten und der Wirtschaft zur Seite gestellt. Weiters stehen Büroräume, eine umfassenden Forschungsinfrastruktur sowie betriebswirtschaftliche und rechtliche Beratung zur Verfügung.

Im Konsortium des Science Park Graz sind über die Gesellschafter der Technischen Universität Graz, der Universität Graz und der Innofinanz GmbH der Steirischen Wirtschaftsförderung hinaus alle akademischen Institutionen der Steiermark als Partner eingebunden. Der Antrag auf Genehmigung des Science Park stand im Spätherbst 2002 im Wettbewerb mit vier weiteren und wurde von einer internationalen Jury nicht nur genehmigt, sondern auch an die erste Stelle gereiht. Bis Juni 2007 stehen dem Science Park Graz 3,6 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln zur Verfügung. In dieser Zeit sollen 37 Firmen zur erfolgreichen Unternehmensgründung geführt werden.

Kontakt: Science Park Graz GmbH | www.sciencepark.at | Tel. 0316-873 9101