korso Stadtentwicklung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
dez. 2002
Integrative Stadtentwicklungvon DI Hansjörg Luser > Österreich besitzt im Gegensatz zu den wichtigen Industriestaaten Europas mit Ausnahme des Zentralraumes von Wien keine starke urbane Struktur – weder, was die überwiegende Siedlungsform, die gesellschaftliche Orientiertheit oder den überwiegenden Lebensstil anbelangt. Neben den Agglomerationsräumen um die größeren Landeshauptstädte, dem zentralen Inntal und dem Vorarlberger Rheintal gibt es kaum Siedlungsräume, in denen über die Verwaltungsgrenzen hinausreichende städtische Problemstellungen sichtbar werden. (Foto) DI Hansjörg Luser ist Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Stadterhaltung und Koordinator der URBAN-Projekte für Graz.

 

Städtepolitik: In Österreich ein unbeschriebenes Blatt
So ist es kaum verwunderlich, dass sich die österreichische Bundespolitik traditionellerweise wenig mit dem allgemeinen Befinden der österreichischen Städte befasste und Städtepolitik, wenn überhaupt, dann aus der Sichtweise der Bundeshauptstadt wahrgenommen wird. Initiativen, die sich auf Belange der Städte und auf die strukturellen Besonderheiten von Stadtregionen orientieren, sind im Vergleich mit anderen europäischen Staaten in Österreich selten. Spezielle Maßnahmen, wie etwa die Einbindung des Nahverkehrs in die übergeordneten Fachkonzepte und vor allem auch dessen aus zentralen Mitteln mitgetragene Finanzierung, fehlen in Österreich im Gegensatz zu anderen EU-Staaten. Eine der seltenen in diese Richtung gehenden Initiativen, die „Nahverkehrsmilliarde“, wurde zum Großteil für den Bau der Wiener U-Bahn verbraucht.

Standort-Management
Städte stehen heute im permanenten Vergleich. Sie werden nach wirtschaftlicher Produktivität, Lebensqualität, Unterhaltungs- und Freizeitwert, Verkehrsgunst, Sicherheit und vielen anderen Faktoren gemessen und miteinander verglichen. Dabei zeigt sich, dass die Strukturen internationaler Urbanität einander immer stärker ähneln – die hochgezonten Skylines der Büro- und Bankenviertel, die shopping-malls umlagert von riesigen Parkplätzen, die Altstadtviertel als Vergnügungsmeilen sind wesentliche Bestandteile des Repertoires. Durch besonderes Herausstreichen spezieller Inszenierungen und mit Großereignissen versuchen Städte immer häufiger, unverwechselbare Identität und Eigenständigkeit zu gewinnen. Städtekonkurrenz mit der Tendenz zur „Eventisierung“ bindet aber vielfach wertvolle Mittel, die für die permanente Strukturerneuerung benötigt werden. Dies ist umso verhängnisvoller, je weniger Unterstützung die Städte von übergeordneten Körperschaften und ausgleichenden Finanztöpfen erhalten.

Der neue FH-Campus > Im Grazer Westen wird auch die Wissensproduktion angekurbelt.

Nachhaltige Stadtentwicklung
Einen anderen Weg als die kurzatmige Tendenz zur Inszenierung umschreibt der leider viel zu sehr strapazierte Begriff der Nachhaltigkeit. Er kann im Hinblick auf Stadtentwicklung nur das umfassende Bestreben bedeuten, kurzlebige, Ressourcen verschlingende Entwicklungen zu vermeiden und solche Prozesse zu fördern, die längerfristig tragen, auf Erneuerbarkeit ausgerichtet sind und insgesamt die Stadt als zukunftsfähigen menschlichen Lebensraum manifestieren.

Dazu vier Thesen:

  1. Die marktorientierte Gesellschaft produziert von sich aus laufend Projekte, die Gewinn versprechen; die Definition von Ausmaß und Qualität des möglichen Gewinns, aber auch seiner jeweiligen Grenzen, gehört zu den wichtigsten übergeordneten Steuerungsaufgaben.

  2. Marktorientierte Vorhaben sind eher punktuell orientiert und kaum auf eine gesamtstädtische Zusammenschau ausgerichtet; berechnete Amortisierungszeiten schließen den Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit meist nicht mit ein. Solche Aspekte müssen von außen eingebracht werden.

  3. Ein wirksames Mandat für die Begrenzung individueller Interessen zu Gunsten der städtischen Gemeinschaft kann heute nicht mehr aus bloßer fachlicher Voraussicht oder der Anwendung politischer Entscheidungsmacht gezogen werden. Es erfordert den Rückhalt einer breiten Öffentlichkeit.

  4. Die Zustimmung der Öffentlichkeit für übergeordnete Ziele kann nur über einen transparenten Kommunikationsprozess zwischen den verschiedenen Trägern von Interessen und der Suche nach dem gemeinsamen Besten gewonnen werden. Kommunikation wird zur Vorraussetzung für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung.

Unter diesen Aspekten gewinnen grundlegende Fragen der objektiv messbaren, vor allem aber der subjektiv empfundenen Lebensqualität, aber auch die lokalen Unterschiede zwischen einzelnen Stadtgebieten, stärker an Bedeutung. Aus ihnen kann für die jeweilige Stadt, für den jeweiligen Stadtteil eine spezifische Wertschöpfung geschehen. Stadtentwicklung hat sich daher mit dem planmäßigen Ausloten der Möglichkeiten vorhandener und verfügbarer Potenziale zu befassen.

URBAN, eine Initiative der EU
Die Europäische Union hat erkannt, dass sich die Städte immer mehr zum eigentlichen menschlichen Lebensraum entwickeln, in dem sich die Zukunft unserer Zivilisation entscheidet, sich ihre Vor- und Nachteile, Chancen und Probleme zuerst und am deutlichsten zeigen. Sie bietet daher mit der Gemeinschaftsinitiative URBAN ein Programm des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, das für große städtische Entwicklungsinitiativen ein maßgeschneidertes Förderungsinstrument darstellt. Urban II, die zweite Phase dieser Gemeinschaftsinitiative, läuft von 2000 bis 2007. Sie zielt besonders auf die Entwicklung und Umsetzung innovativer Entwicklungsmodelle zur zukunftsfähigen wirtschaftlichen und sozialen Belebung von Stadtgebieten ab. Die Leitlinie für die neue Förderungswelle finanziert Projekte zur Verbesserung der städtischen Lebensbedingungen, zur Schaffung von Arbeitsplätzen vor allem in den Bereichen Umwelt, Kultur und Dienstleistungen, zur Integration Benachteiligter, zur Entwicklung umweltfreundlicher Verkehrsmittel, zur Schaffung von effizienten Möglichkeiten der Nutzung erneuerbarer Energie und zur Erschließung des Potenzials der Informationsgesellschaft. Für die Zielgebiete einer solchen Förderungsmaßnahme eröffnet sich dadurch die Chance, aus einer Situation der Bedrängnis den Aufschwung zu einem zukunftsfähigen Stadtteil mit besonderen Qualitäten zu schaffen. In Österreich werden zwei Programme in jeweils gleicher Höhe von der EU unterstützt: „Urban Wien Erdberg“ und „ Urban_link Graz_West“.

Urban_Link Graz_West
Die Veränderung der Arbeitsprozesse am Ende des 20. Jahrhunderts und die Umstrukturierung der Industrie im Zuge der einsetzenden Globalisierungstendenzen brachte für den Grazer Westen entscheidenden Umbrüche. Die für die entstandenen Leerräume entwickelten unterschiedlichsten Projektideen – überwiegend von privaten Initiatoren – blieben meist ohne Chance auf Konkretisierung, verunsicherten aber Unternehmen und BürgerInnen. Der Grazer Gemeinderat beschloss daher mit Beginn des neuen Jahrtausends die „Initiative Stadtteilentwicklung Graz West“ mit dem Auftrag einer zielgerichteten, mit den verschiedenen Interessensträgern, aber auch mit den Anliegen des Gemeinwesens abgestimmten Vorgangsweise. Als innovatives Abwicklungsmodell dieser neuen Form der strategischen Planung wurde ein kommunikationsorientierter Entwicklungsprozess in Gang gesetzt, dessen übergeordnetes Ziel es ist, einen für alle attraktiven Standort zu entwickeln: „Graz-West, Raum für Zukunft“.

Die beinahe gleichzeitige erfolgreiche Bewerbung um Förderungsmittel für das Programm Urban_link Graz_West, dessen Zielgebiet mit der Entwicklungsinitiative identisch ist, macht es nun möglich, die in einem intensiven Kommunikationsprozess erarbeiteten Strategien der Entwicklungsinitiative durch konkrete Leitprojekte umzusetzen. In diesem Sinne wurde daher, was die Erstellung und die Durchführung des Programms Urban betrifft, Kommunikation zu einem zentralen Angelpunkt. Als Grundlage für die Programmerstellung wurden vor allem die gemeinsam selektierten Vorhaben und Projektideen von Institutionen und Privaten herangezogen und zugleich Wünsche und Befindlichkeiten der Bevölkerung berücksichtigt. Im Programmdokument selbst ist Kommunikation als eigener Programmschwerpunkt festgehalten, werden entsprechende Maßnahmen dazu beschrieben und Mittel dafür zugeteilt. Die Erfahrung von Urban 1 zeigte, dass die Zielsetzung, städtische Lebensqualität nachhaltig zu verbessern, auch eine sehr subjektive Komponente hat. Selbst Aktionen mit den besten objektiv messbaren Resultaten erreichen nur dann ihr Ziel, wenn ihre positive Wirkung von den Adressaten auch so empfunden wird.

Die Stadt Graz nimmt mit dem Programm Urban_link Graz_West die Chance wahr, in diesem Labor für zukunftsfähige Stadtentwicklung zu agieren und die Vorteile daraus zu ziehen. Die kommenden fünf Jahre der Programmumsetzung sollen den Bewohnerinnen und Bewohnern des Grazer Westens zeigen, wie integrative strategische Planung durch gezieltes Handeln zur positiven Wirklichkeit werden kann.

 

 

 

Tiefgarage mit Ausblick auf die (Vor)GeschichteMitten in Graz wird die Vorgeschichte lebendig: Die Ausgrabungen im Pfauengarten anlässlich des bevorstehenden Baus einer Tiefgarage bringen neue Erkenntnisse über das Leben der Ur-GrazerInnen. Und sie wecken die Hoffnung, dass in Zukunft die Stadtarchäologie nicht primär als Feind von Bauvorhaben, sondern als Partner und als unerlässlicher Bestandteil einer Kulturstadt betrachtet wird.

 

Was ist das Besondere an den Funden im Pfauengarten? „Wir haben eine geschlossene Siedlung, einen Weiler aus dem 9. vorchristlichen Jahrhundert vor uns“, erläutert Grabungsleiter Univ.-Doz. Dr. Diether Kramer vom Landesmuseum Joanneum, der sich allerdings nicht auf allzu präzise Datierungen einlassen will, „weil eine abschließende Beurteilung erst nach eingehender Analyse aller Funde möglich ist.“ Über die genaue Zuordnung zu Kultur-Epochen sind sich die Archäologen noch uneins: Kramer sieht die Funde als „eindeutig der Hallstatt-Periode“ zugehörig, andere ordnen sie eher einer Übergangsperiode zwischen der früheren Urnenfelder- und Hallstattzeit zu.



(Mitte) Archäologin Mag. Christine Feichtenhofer vor den freigelegten Grundmauern der Renaissance-Kurtine
(re) EGT-Geschäftsführer DI Jörg Krasser fühlt sich der Geschichte der Stadt verpflichtet

Eine bedeutende Siedlung
Die genaue Ausdehnung der Ortschaft wird weiterhin unbekannt bleiben; die einzige zu Tage geförderte Begrenzung ist ein – wenig wehrhafter – Holzzaun an ihrer Ostseite, der genau parallel zur Renaissance-Kurtine verläuft. Beim Bau des Tiefenspeichers des Landearchivs vor einem Jahrzehnt wurden bereits Funde gemacht, die auf eine Siedlung hindeuteten, und Kramer vermutet, dass sich diese unter dem Bereich der Burg fortsetzt. Im Gegensatz zu seinem Fachkollegen Univ.-Doz. Dr. Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt misst er ihr allerdings keine „zentralörtliche Bedeutung“ zu: „Es war ein großes Weilerdorf, wie es damals im Grazer Feld deren viele gab, man hat ja auch Siedlungsreste beim Reinerhof, am Schlossberg und bei St. Johann und Paul gefunden.“ Zwischen hundert und dreihundert Menschen dürften hier gelebt haben. Der bislang spektakulärste Fund: Ein Haus aus Flechtmauerwerk, das einem Brand zum Opfer fiel, dazu drei Gräber – vermutlich aus noch älterer Zeit, die schon erwähnte Palisade und eine Vielzahl verschiedenster Gebrauchs- und Schmuckgegenstände aus Ton und Bronze. Die Grabungen haben aber auch noch wesentlich ältere Funde zutage gefördert: Ca. 5000 Jahre alte Scherben von jungsteinzeitlichen Gefäßen sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Grazer Feld auch schon damals besiedelt war.


Spätbronzezeitliche Funde aus dem Pfauengarten: Spule, Miniaturgefäß, Bronzefibel > rechts: JungsteinzeitlicheSpuren: Furchenstich-Keramik

Die Grundmauern der Festung bleiben sichtbar
Dass die Wiege der Stadt Graz im heutigen Sinne im Gebiet des heutigen Pfauengartens gelegen sein könnte, wird durch die Funde widerlegt: Zwischen den jungsteinzeitlichen Funden und der spät-bronzezeitlichen Siedlung klafft eine Lücke von mehr als zwei Jahrtausenden, und nach der Aufgabe der Siedlung dauerte es wiederum zweieinhalb Jahrtausende, bis das Gebiet des Pfauengartens wieder zum Zentrum menschlicher Aktivität wurde. „Während des Mittelalters lag das Gebiet ja außerhalb der Stadtmauer“, erklärt die Archäologin Mag. Christine Feichtenhofer. Alle späteren Funde stehen in Zusammenhang mit der Errichtung der Festungsanlage im 16. Jahrhundert. Auch über diese wurden neue Erkenntnisse gewonnen. Feichtenhofer: „Die Kurtine zwischen der Burg- und der Karmeliterbastei ist in drei Phasen gebaut worden, sie verlief zunächst gerade und hat erst später einen ,Knick‘ bekommen.“ Die Archäologen haben an der Südseite des Pfauengartens Teile der alten Kurtine ausgegraben und dabei auch zwei Kanonenscharten entdeckt. Diese Stelle, wo die Stützmauern der Befestigungsanlage imposante 14 Meter hoch sind, soll auch in Zukunft nach dem Bau der Tiefgarage sichtbar bleiben, verlangt Landeskonservator HR Dr. Friedrich Bouvier. Hier soll auch ein Ausgang entstehen, der in den Stadtpark führt.

Tiefgarage mit Ausblick
Alle Beteiligten äußern sich besonders lobend über die problemlose Zusammenarbeit zwischen der Archäologie und dem bauausführenden Unternehmen Pongratz/Mandlbauer. Dass die Stadtgeschichte nicht unter die Bagger-Raupen gerät, dafür ist im Besonderen ein Mann verantwortlich: Der Geschäftsführer der Ersten Grazer Tiefgaragen-Errichtungsgesellschaft, DI Jörg Krasser, den wir bei unserer Fundstätten-Begehung trotz miserablen Wetters bei der fachkundigen Freilegung von Gebäudespuren antrafen. Krasser, früher Mitglied der Altstadt-Sachverständigenkommission, hat sich im Lauf seiner Tätigkeit auf der Tiefgaragen-Baustelle mit dem Virus der Archäologie infiziert und hilft in seiner Freizeit bei den Ausgrabungen: „Ich fühle mich der Geschichte der Stadt gegenüber verpflichtet und versuche, der Stadtarchäologie gute Bedingungen zu bieten.“ Die Forderungen des Landeskonservators seien bereits in die Planung eingeflossen, die Einfahrt in die Tiefgarage werde durch ein Stützensystem transparent gestaltet und erlaube so den Blick auf die Grundmauern der Kurtine; den prähistorischen Funden werde eine große Schauvitrine in der Garage gewidmet sein. Der größte Teil davon – wie etwa die Fundamentlöcher von Pfählen, Spuren von Feuerstellen usw. – wird allerdings durch die Ausgrabung selbst zerstört – hier ist eine Konservierung weder möglich noch sinnvoll, wichtig ist die genaue Dokumentation. Die Schmuck- und Gebrauchsgegenstände werden dem Landesmuseum zufallen. Eine erste Gelegenheit zur Betrachtung der Kleinodien aus der Grazer Vorgeschichte werden Interessierte bei der Ausstellung „Graz in Funden“ ab 9. Jänner im Landesarchiv haben. Neben Fundstücken aus dem Pfauengarten werden auch solche vom Hauptplatz-Umbau, vom Bau des Tiefenspeichers des Landesarchivs, von der Restaurierung der Leechkirche und vom Schlossberg gezeigt.

Christian Stenner

„Graz in Funden“ | Landesarchiv, Karmeliterplatz 3, 8010 Graz
9. Jänner bis 14. März 2003 | Mo, Di, Do 9.00 bis 17.00 | Mi 9.00 bis 19.00 | Fr 09.00 is 13.00
Anmeldung für Gruppenführungen/Schulklassen: 0316/877–3004 | jeden Mittwoch um 18.00 finden ab 15. Jänner zudem Fachvorträge statt

 

 

 

  Ein neues Landeskrankenhaus für Graz

 

Seit 2. Dezember arbeitet das Grazer „LKH West“ beim UKH Eggenberg im Vollbetrieb. Den 261 Betten im neuen Landeskrankenhaus steht eine Rücknahme von 411 Betten im alten LKH in Leonhard gegenüber. Der rechnerischen Bettenreduktion von 150 Einheiten steht aber wiederum eine geballte Ladung an innovativer Logistik im regionalen Gesundheits-Management entgegen: Etwa eine neue Form der Anamnese-Modi, die lange Stationärzeiten während Untersuchungsserien vermeidet oder die offensive Anbindung an die niedergelassenen ÄrztInnen, die Kooperation /Komunikation mit Pflegediensten, Altenheimen und dgl. Auch der verkehrstechnische Vorteil der Erreichbarkeit für die rechts der Mur ansässigen PatientInnen ist hier zu nennen. Die bauliche Gestaltung des neuen LKH soll die Absicht der Proponenten bestätigen: Abschied von „hospitalisierender Architektur“: Die PatientInnen müssen sich als Gäste fühlen, wenn sie emanzipatorisch-aktiv am eigenen Gesundungsprozess teilnehmen. Landesrat Günter Dörflinger freut sich, mit dem LKH-West eines der modernsten Gesundheitseinrichtungen Europas der Öffentlichkeit übergeben zu haben.

Info: www.lkh-grazwest.at

 

 

 

„Wie eine Hausfrau, die ihre Küche verkauft“
(Foto) Klubobmann Hermann Candussi: „Es gibt Alternativen zum Verkauf“

 

Die Gemeinderatsmehrheit aus ÖVP, SPÖ und FPÖ hat kürzlich einen Teil der Grazer Liegenschaften, Gebäude und Freizeiteinrichtungen an die stadteigene GBG (Grazer Bau- und Grünlandsicherungsgesellschaft) um 29,5 Mio Euro verkauft, um sie dann von der GBG zurückzumieten. Die Grazer Grünen haben dagegen gestimmt – KORSO befragte dazu Klubobmann Mag. Hermann Candussi:

Der Verkauf von öffentlichem Eigentum liegt im Trend der Zeit – warum stellen sich die Grünen dagegen?

Keiner Hausfrau – mit der sich Finanzstadtrat Nagl in Inseraten vergleicht – würde es einfallen, die Küche zu verkaufen, sie dann vom neuen Eigentümer zurückzumieten und die Raten mit dem Taschengeld der Kinder abzudecken, indem man ihnen das Essen verrechnet. Und wenn man wieder Geld braucht, verkauft man halt Bade- und Schlafzimmer. Nichts anderes ist es aber, was die großen Stadtregierungsparteien zurzeit tun – sie veräußern Stück für Stück die Vermögenswerte der Stadt. Zuerst die Stadtwerke, jetzt Liegenschaften, Gebäude und Bäder. Als nächster Schritt folgen – selbstverständlich erst nach den Wahlen – Schulen, Kindergärten und städtische Wohnhäuser.

Sie haben auch die Befürchtung geäußert, die Kosten für ehemals kommunale Leistungen könnten steigen …

Klar ist, dass für die neuen Eigentümer, auch wenn es wie die GBG 100-Prozent-Töchter der Stadt sind, andere Kriterien gelten als für die Stadt selbst. Was Finanzstadtrat Nagl als großartiges Einsparungspotenzial bezeichnet, ist die Differenz zwischen sozial- und gemeinwirtschaftlich ausgerichteter Politik und gewinnorientierter Maklertätigkeit. Alles, was schnelles Geld bringt, wird an Private weiterverkauft, vieles, was Kosten verursacht, wird unter dem Titel „Kostenwahrheit“ als kommunale Leistung in Frage gestellt werden: Wer allerdings Gemeindewohnungen nur nach den Kriterien der Wirtschaftlichkeit verwalten möchte, übersieht, dass kommunale Wohnungspolitik in erster Linie Sozialarbeit ist.

Letztendlich wurde die Entscheidung unter dem Diktat der leeren Stadtkassen getroffen – haben die Grünen Alternativen zur Erhaltung von Budget-Spielräumen anzubieten?

Gerade die Grünen haben hier einige Vorschläge gemacht: Die Möglichkeit der Finanzierung großer öffentlicher Nahverkehrsprojekte durch den Bund aus jenen Mitteln, die bisher für den Ausbau der Wiener U-Bahn reserviert waren, die Einführung der Nahverkehrsabgabe für Verkehrserreger wie Einkaufszentren an der Peripherie, die Ökologisierung des Gebührensystems und – nicht zuletzt – der Verzicht auf einzelne großmannsüchtige Prestigeprojekte zugunsten der Sicherung dringend nötiger Infrastruktur. Hier geht’s um die Frage: Was braucht die Stadt dringender: Straßenbahnausbau oder Schlossberglift? Grünraumsicherung oder Tiefgaragenförderung? Sicherung der Sozialbudgets oder Millionenbeträge für Sturm und GAK?

 

 

 

Grazer Westen: Die Menschen im Mittelpunkt Bis 2007 soll das EU-Stadtteilprogramm Urban Graz-West „Raum für Zukunft“ verwirklicht werden. Eine Finanzspritze von rund 20 Millionen Euro garantiert eine Vielzahl nachhaltiger Leitprojekte.

 

Als Zentralraum des Landes hat Graz nicht nur langjährige Erfahrung bei der Abwicklung von EU-Projekten, sondern diese auch immer mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Stadtrat DI Franz Josel unterzeichnete am 22. November 2001 den Vertrag über das Urban II-Projekt, dessen Programm unter Einbezug der Grazer Bevölkerung in zweijähriger Vorbereitung ausgearbeitet wurde.

DI Luser (links), Stadtrat DI Josel und der Grazer Westen >

Programmleiter DI Hansjörg Luser, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Stadterhaltung, über das Projekt Urban Graz-West. „Es geht in der Stadtentwicklung um die Aufwertung strukturschwacher Bereiche. Der Grazer Westen ist solch ein Bereich, der aufgrund der wirtschaftlichen Umstrukturierungen wie eine der Stadt zugefügte Wunde wirkt“, betont Luser, der insbesondere auf die Erhaltung der Eigenständigkeit dieses Stadtteiles Wert legt. Das Projektgebiet umfasst Teile der Bezirke Gries, Lend, Wetzelsdorf und vor allem Eggenberg – rund 32.000 direkt berührte GrazerInnen dürfen sich auf interessante Projekte freuen: Die neue multifunktionelle Konzerthalle von AVL in der Waagner Biro-Straße, die geplante und bereits beschlossene Unterführung der Eisenbahnkreuzung Alte Poststraße/GKE, der „Start-up-Center Urban_Link“ für UnternehmensgründerInnen, die „Wissensstadt“ als Sammelpunkt der ersten neuen Technologieunternehmen der Stadt und die Realisierung des Fachhochschul-Campus u.v.m. werden den Westen in ein neues Licht tauchen.

Die Urban-Kommunikationsstrategie zeichnet sich durch die Integration der Wünsche und Vorstellungen der Grazer BürgerInnen aus. So wurden z.B. im Vorlauf auf kommunaler Ebene mehr als 200 Gespräche geführt und dabei festgestellt, wo die GrazerInnen der Schuh drückt. „Es wurden Kompromisse zwischen den Wünschen der Bevölkerung und den institutionellen Interessen gesucht und gefunden“, so Luser. „Viele Beschlüsse wurden durch Arbeitsgruppen mit der Bevölkerung ausgearbeitet.“ In der Planungsphase befinden sich u.a. Fuß- und Radwege und ein Gesamtverkehrskonzept Graz-West, ein StudentInnenheim, betriebsnahe Qualifikationskurse und ein Datenterminal-Monitor. Die Stadtwunde im Westen von Graz ist zwar noch nicht geheilt, die Operation hat jedoch bereits begonnen und der Patient hat gute Heilungschancen.

Claudia Windisch