korso Stadtentwicklung
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
nov. 2002
Heimgarten-Sterben in Andritz? Der Heimgartenanlage „Zur Kanzel“ in Graz-Weinzödl droht das Ende – Die traditionsreichen Kleingärten sollen einem Wellnesszentrum weichen. Der Heimgartenverein fordert dringend einen neuen Pachtvertrag. An die 300 betroffene GrazerInnen hoffen nun auf politische Unterstützung – bislang ergebnislos.

 

Stadtwerke kündigen Pachtvertrag
Seit dem Ersten Weltkrieg besteht die Heimgartenanlage „Zur Kanzel“, welche vom damaligen Grundbesitzer Dennig ins Leben gerufen wurde. Die derzeit 40 Kleingärten bieten 200 – 300 GrazerInnen eine Ruheoase, einen grünen Ort abseits des hektischen Stadtlebens. Besitzer des nahezu gesamten Grundstückes sind die Grazer Stadtwerke/Wasserwerke, welche es seinerzeit von der Stadt Graz gekauft und an die Familie Dennig rückverpachtet haben. „Unterpächter“ sind seit anno dazumal die Heimgartenbesitzer, die aufgrund einer überraschenden Kündigung des Pachtvertrages ihre Gärten räumen sollen. „Diese plötzliche Kündigung widerspricht dem österreichischem Pacht- und Kleingartengesetz“, so Mag. Manfred Hohl, Schriftführer des Heimgartenvereins und seit vier Jahren Heimgartenbesitzer, „außerdem wurden wir nie über das anstehende Auslaufen des Generalpachtvertrages informiert. Laut aktuellem Flächenwidmungsplan ist die Fläche als ,Freiland/Kleingärten‘ ausgewiesen. Es wäre für die meisten älteren GartenpächterInnen eine psychische Überforderung, müssten sie aus ihrem Garten ausziehen, die meisten GärtnerInnen haben Hunderttausende Schilling in ihre Gärten investiert.“

Heimgartenvereinsobmann Walter Nöst: „Die Privatisierung der Stadtwerke darf nicht auf Kosten kommunaler Grünflächen vorangetrieben werden.“

Obmann Walter Nöst, seit 38 Jahren Heimgartenbesitzer, fordert die Zusicherung eines neuen Direktpachtvertrages: „Wir wünschen uns einen mindestens 10-jährigen Pachtvertrag zwischen dem Heimgartenverein und der Stadt Graz. Die Privatisierung der Grazer Stadtwerke darf nicht auf Kosten kommunaler Grünflächen kommerziell vorangetrieben werden.“ Und: „Ersatzflächen gibt es keine. Wir fordern die Einhaltung des Grazer Stadtentwicklungskonzeptes mit dem Sachprogramm Grünraum und Respekt vor dem bestehendem Flächenwidmungsplan“, so Nöst. Derzeit ist ein Rechtsanwalt mit der Überprüfung der Sachlage betraut – bis dato konnte festgestellt werden, dass die Pachtverträge nicht korrekt aufgesetzt wurden. Es fehle laut Rechtsanwalt ein ordnungsgemäßer Kündigungsschutz bzw. entsprechende Kündigungsfristen.

Politische Reaktionslosigkeit vor Wahlen
Die Heimgartenbesitzer sind ratlos: Trotz zahlreicher Anfragen, Mails, Aufforderungen zu Stellungnahmen und Briefen an die Grazer Stadtpolitiker scheinen nicht einmal die bevorstehenden Wahlen die Politiker zu einer Reaktion zu bewegen. Allein Hermann Candussi von den Grünen sicherte seine Unterstützung zu und Stadtrat Siegfried Nagl versprach Gespräche mit den Stadtwerken.

Frischluft statt „Hochspannungszentrum“
Nicht nur die über das Heimgartenareal verlaufende Hochspannungsleitung widerspricht der Idee des geplanten Wellnesszentrums, auch die Frischluftzuhr, welche die 40 Heimgärten am Grazer Stadtrand gewährleisten, würde im Falle einer Bebauung unterbunden. Dass so ein kleines, stadtnahes Stück Natur die Bedürfnisse von zahlreichen Senioren, Familien und Kindern vollkommen befriedigt, kann Nöst nur bestätigen: „Es ist hier so angenehm ruhig, nur meine Nachbarin lacht manchmal a bissl laut.“

Claudia Windisch

 

 

Grünes Licht für den Grazer Verkehr Mit dem Ziel der Verdoppelung ihrer Mandate steuern die Grazer Grünen einen neuen Kurs. Wichtiges politisches Ziel: Dem Verkehrschaos soll mit einem neuen Verkehrskonzept der Garaus bereitet werden. Außerdem will die Grüne Fraktion die „Worthülse, Menschenrechtsstadt Graz" mit Inhalten füllen.

 

Sigrid Binder, Spitzenkandidatin der Grazer Grünen, Hauptschullehrerin und Gewerkschafterin, hat sich ein hohes Wahlziel gesteckt: „Wir wollen unsere Mandate verdoppeln“ (derzeit halten die Grünen drei Sitze im Gemeinderat), „die FPÖ überholen und dritte politische Kraft werden, um endlich in die Stadtregierung einzuziehen und lang anstehende Probleme zu lösen.“ Graz müsse eine moderne und zukunftsorientierte Stadt werden – das „Liebevolle“ solle erhalten bleiben, doch „der Schritt nach draußen gesetzt werden“. Graz solle sich aktiv den Nachbarn zuwenden und nachhaltige Beziehungen zu ihnen aufbauen.
Will die Grazer Grünen in die Stadtregierung führen: Spitzenkandidatin Sigrid Binder

Menschenrechte ins rechte Licht gerückt
Die Zweitplatzierte der Liste, die Diplom-Sozialarbeiterin Lisa Rücker, will sich vor allem „der Sicherung der Menschenrechte im Alltag“ widmen: „Das Prädikat Menschenrechtsstadt" muss mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung dürfen in Graz keinen Platz haben.“ Rücker fordert die Einrichtung einer eine Antidiskriminierungsstelle, einen Stadtrat für Integrationsfragen und verstärkte Frauenförderung.

Der einzige „Längergediente“ im neuen grünen Spitzenteam ist der AHS-Lehrer und Gemeinderat Hermann Candussi. Er kritisiert scharf die „Versäumnisse in der Umweltpolitik“: Diese sei durch ein „Zu- und Wegschauen gekennzeichnet: Zugeschaut wird bei Bauspekulationen, dem Flächenwidmungsplan und erpresserischen Landübernahmen – das Wegschauen bezieht sich vor allem auf die Grazer Luftgüte, die Grenzwerte wurden in kurzer Zeit 50-mal deutlich überschritten“, so Candussi.

Grünes Verkehrsmodell: Flott und sicher
Gegen die schlechte Luftgüte wollen die Grünen vorrangig mit dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt und in der Region vorgehen. „Der motorisierte Individualverkehr muss eingedämmt werden,“ so Binder, „Wir wollen den öffentlichen Verkehr, die Radwege und die Fußwege ausbauen.“ Straßenbahn und Bus müssten beschleunigt, der Sechser raschestmöglich ins Peterstal verlängert, mittelfristig eine Stadt-Regionalbahn verwirklicht – und das derzeitige Management der GVB abgelöst werden. Nachtbusse wollen die Grünen aus aktuellem Anlass sofort einführen – „oder soll Graz als Kulturhauptstadt um 24 Uhr schlafen gehen?“ fragt sich Binder.

Claudia Windisch

 

 

Neutorgasse: Systematisierte Bürgerbeteiligung
(Foto) Gerhard Rüsch initiiert Planungszelle

 

Die kleine Neutorgasse in Graz, der Abschnitt vom Andreas-Hofer-Platz bis zur Murbrücke wird nach den Ergebnissen eines so genannten Planungszellen-Bürgerbeteiligungsverfahrens neu gestaltet. Stadtrat Gerhard Rüsch hat aus Informationen eines im Vorjahr abgehaltenen Symposions („Stadt findet statt“, Korso berichtete) die Anregung zu einem streng formalisierten Verfahren aufgegriffen und will dieses erstmals in Graz in einem „überschaubaren Bereich“ (Rüsch) anwenden. Die Prozedur verläuft in mehreren Phasen, von der Erstinformation der Anrainer, weiter über eine Zukunftswerkstatt, in der die betroffenen BürgerInnen ihre Vorstellungen unter Anleitung professionell verwertbar machen. Diese beiden Abschnitte sollen bis Ende 2002 mit Vorlage eines Berichts fertiggestellt sein.

In Phase 3 des Planungszellenverfahrens beraten zwei Tage lang 4 x 25 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Grazer BürgerInnen über die verschiedenen Positionen: Anrainervorschläge, Wünsche von Wirtschaft und Kommune etc. Die Ergebnisse dieses „Schöffenrates“ sind letztlich für die Planung des Projekts verbindlich. Das Planungszellen-Verfahren wurde in mehreren deutschen Städten erfolgreich angewandt. Rüsch will damit der Bürgerbeteiligung ihren Ruf der Protestprävention nehmen und sie als Werkzeug der Interessenvertretung wahrnehmen. Die Gesamtkosten für Verfahren, in denen die (patentierte) Methode nicht zur Anwendung kommt, liegen im Durchschnitt höher, weil bei der Planungszelle durch die konsequente Abfolge und geplante Einbindung unkontrollierte und ausufernde Gutachtertätigkeit hintangehalten wird.

Die Sprecherin der Plattform der Grazer Bürgerinitiativen, Eveline Kirchner, meint zur Planungszelle Neutorgasse: „Es ist erfreulich, dass sich die Grazer Politiker endlich mit dem Thema Bürgerbeteiligung befassen. Besser spät als nie! Man sollte aber die Bürger schon bei der Erarbeitung eines Gesamtprojektes einbeziehen und nicht erst bei der Detailplanung. Was passiert, wenn es ein Gesamtkonzept gibt und die Bürgerentscheidung dann nicht hineinpasst?“

Info: BürgerInnenbüro, Kurt Hörmann, Landhausgasse 2, 8010 Graz
Mail: buergerbuero@stadt.graz.at | Parteienverkehr: Mo–Fr 8.00–14.00 Uhr

 

 

URBAN_GrazWest: BürgerInnen-Informations-Startfest

 

Das EU-Stadtteilprogramm URBAN_GrazWest „Raum für Zukunft“ startet jetzt mit voller Kraft. URBAN_GrazWest setzt mit einem Startfest einen ersten großen Schritt in die breite Öffentlichkeit. Aktuelle Urban-Projekte stellen sich vor (Helmut List-Halle, FH Joanneum, Start up center, etc.). Zusätzlich gibt es ein attraktives Unterhaltungsprogramm, Gratisschmankerl und Getränke.

Zeit: Freitag, 15. November 2002, 10.00–17.00 Uhr | Eröffnung: 11.00 Uhr
Ort: URBAN-Zelt am Reininghausgelände, Reininghausstraße 1–7 (Parkplätze sind in ausreichender Anzahl vorhanden)
Eintritt frei!

 

 

Sozialer Wohnbau neu

 

Ausgangspunkt für eine Neuregelung der Wohnbaubeihilfe ist eine Studie, wonach nur 20% der Wohnbauförderungsmittel Personen des untersten Einkommensdrittels zugute kamen. Hier sieht Wohnbaulandesrat Gerhard Hirschmann dringenden Handlungsbedarf. Statistisch gesehen gibt es in der Steiermark keinen zusätzlichen Wohnungsbedarf, laut Hirschmann geht es um bessere, menschenwürdigere Wohnungen sowie um deren Finanzierbarkeit. Angesetzt soll dort werden, wo „das Grundbedürfnis Wohnen noch nicht erfüllt ist“. Es gibt Bedarf an Wohnungen ohne Einstiegskosten (Anzahlungsleistung) bei einer monatlichen Belastungen von maximal Eur 1,50 (ATS 20,-) pro m² netto exklusive Betriebskosten. Der neue soziale Wohnbau soll zuerst in Graz zum Tragen kommen, da hier in den letzten fünf Jahren keine Sozialwohnungen mehr gebaut wurden. Das Projekt sieht zunächst den Bau von 500 Sozialwohnungen vor.

Ein weiterer Schwerpunkt der Fördermaßnahmen ergibt sich aus der Überalterung der Bevölkerung: Bis zum Jahre 2007 sollen insgesamt 1097 Plätze in Seniorenheimen von Organisationen wie Caritas, Volkshilfe oder Lebenshilfe gefördert werden. Dazu müssen noch 350 Seniorenwohnungen gebaut werden. Diese Grundlagen für die Realisierung des neuen Modells werden von einer Arbeitsgruppe unter Wolf-Dieter Dreibholz und Siegfried Kristan erarbeitet.

 

 

Badekultur-Hauptstadt 2003? Kulturprojekte sind oft vergänglich. Viele „Events“ werfen keinen langen Schatten. Ein Projekt im Rahmen der Kulturhauptstadt 2003 wird zumindest einigen GrazerInnen und Grazer täglich erneut in Erinnerung gebracht werden: Ein Badezimmer in ihrer Wohnung.

 

Der Grazer KP-Wohnungsstadtrat Ernst Kaltenegger hatte gleich nach der Bekanntgabe, dass Graz im Jahr 2003 Kulturhauptstadt werde, vorgeschlagen, als Beitrag zur Kultur die noch fehlenden Badezimmer in Gemeindewohnungen einbauen zu lassen. Kaltenegger: „Viel Geld fließt in reine Prestigeprojekte. Auch in eine schwimmende Insel, die mehr als fünf Millionen Eure kosten wird. Daneben gibt es in dieser Stadt viele Menschen, die kein eigenes WC und keine eigene Bade- oder Duschmöglichkeit haben. Die Bezeichnung ,Kulturhauptstadt‘ ist da wohl verfehlt.“ Die Kuratoren von „Kulturhauptstadt 2003“ unterstützen das „Projekt Nasszelleneinbau“ und steuerten Fliesen mit dem Logo „0003“ bei. Auch Gemeinderat und Stadtregierung machten mit und so ist seit dem Jahr 1999 für dieses Projekt immer ein wenig Geld im Gemeindesäckel. Heuer ist es deutlich mehr als eine halbe Million Euro – in alter Währung an die 8 Mio Schilling. Auch das Land Steiermark finanziert im Rahmen des Steiermärkischen Wohnbaugesetzes mit.

Dank 2003 und Wohnungs-Stadtrat Ernst Kaltenegger: Neue Badekultur in der Triestersiedlung

In bisher 302 Gemeindewohnungen können die MieterInnen jetzt endlich an der zeitgemäßen „Bade-Kultur“ teilhaben. Der Wohnungsstadtrat ist auch dabei, im Rahmen der so genannten „umfassenden Wohnungssanierung“ einiges weiterzubringen. Das bedeutet, dass bei der notwendigen Sanierung von Gemeindebauten auch gleich eine entsprechende moderne Heizung plus Bad und WC eingebaut werden. Das passiert gerade mit einem großen Wohnblock am Anfang Triesterstraße, der wohl seit seiner Errichtung in der Zwischenkriegszeit nicht mehr renoviert wurde. Laut Stadtrat Kaltenegger ist die Dunkelziffer der Substandardwohnungen in Graz noch viel zu hoch. Es werde zwar in der steirischen Landeshauptstadt in absehbarer Zeit keine Gemeindewohnung ohne WC und Bad mehr geben, aber auf dem privaten Wohnungssektor gäbe es noch viel zu viele Domizile, die sich in einem menschenunwürdigen Zustand befänden. „In Graz muss in Bezug auf die Wohnraumsanierung noch etliches getan werden“, betont Kaltenegger.